01.06.2022

Frechheit? – Gastkommentar Martin Rohla

Martin Rohla reagiert auf die Kritik der VitraCash-Gründer an seinen 2m2M-Kollegen und offenbart nebenbei einen spannenden Aspekt zu seiner Zukunft.
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Martin Rohla - Habibi & Hawara
(c) Habibi&Hawara - Investor Martin Rohla.

Gestern wurde im brutkasten ein Artikel zum Auftritt der VitraCash-Founder in der Startup-Show 2 Minuten 2 Millionen (2M2M) veröffentlicht, in dem diese ihrem Unmut über das als besonders unfreundlich empfundene Feedback der Investoren sehr deutlich Ausdruck verliehen haben.

Ein Abschied aus dem TV

Ich selbst bin seit vier Jahren bei 2M2M dabei und habe mich heuer entschlossen, nun schon im 60. Lebensjahr stehend und zukünftig eher lieber weniger als mehr arbeiten wollend, für die nächsten Staffeln nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Die Sendung hat mir eine großartige Plattform gegeben, nicht nur das Thema „nachhaltiges Unternehmertum“ breit zu kommunizieren, sondern es war aus den unterschiedlichsten Gründen eine große Freude und Ehre, dabei gewesen zu sein. Daher möchte ich dieses G`schichtl rund um VitraCash zum Anlass nehmen, ein paar Dinge richtig- oder klarzustellen. Nun schon aus der distanzierten Sicht des Ex-Investors.

2M2M ist eine großartige Sache. Ganz und gar unabhängig davon, dass es immer wieder zu so interessanten Erfahrungen kommt, als doch schon halbwegs etablierter und recht erfolgreicher erwachsener Mensch, als „frech“ bezeichnet zu werden. Aber auch das trägt man in unserem Alter (sorry, Felix) mit Gelassenheit und Fassung.

2M2M als Chance

2M2M hat jedoch durch die Aufmerksamkeit und die stetig hohen Zuschauerquoten, an denen sich die Sendung nun schon seit zehn Jahren erfreut, in diesem Land eine sehr wichtige Funktion bekommen. Nämlich vor allem selbständiges Unternehmer:innentum als höchst relevante und sehr mögliche Lebens-Option darzustellen und junge oder auch ältere Zuseher:innen auf die Idee zu bringen, sich aus der Abhängigkeit des Salärempfängers zu lösen und es doch als Entrepreneur zu versuchen. Abgesehen davon bietet 2M2M neben der Chance, ein Funding für seine Idee zu bekommen, auch die besondere Gelegenheit, sein Projekt einem breiten Publikum vorzustellen. Der umgerechnete Medienwert des 20-30-minütigen Auftritts beträgt ca. € 150.000. Für viele Startups bedeutete der Pitch bei 2M2M den Durchbruch, auch wenn sie kein Funding mitnehmen konnten.

Wir Investoren sind uns dieser Umstände und der sich daraus ergebenden Verantwortung sehr bewusst und reden intern sehr oft und sehr ernsthaft darüber. Aus diesem Grund herrscht bei uns auch das – nicht einmal stille – Agreement, dass wir jedes Startup respektvoll und freundlich behandeln, ganz im Gegenteil zu anderen ähnlichen Sendeformaten in anderen Ländern der Welt.

Wenn man sich die Sendung öfter und regelmäßig zu Gemüte führt, wird man diese Grundhaltung wohl auch gut feststellen können. Wir verbeißen uns nicht nur oft ganz bewusst spitze oder überkritische Kommentare und sind nicht nur besonders ernsthaft bei der Sache, sondern versuchen vielmehr in voller Konzentration, das präsentierte Geschäftsmodell rasch zu verstehen und dann unser bestmögliches auch inhaltlich g`scheites Feedback zu geben. Die auf uns gerichteten vielen Kameras sind dabei völlig ausgeblendet.

Input nicht unterschätzen

Das, was die Pitcher:innen vom Investoren-Podium oft in den wenigen Minuten an substantiellem Input bekommen, sollte man auf keinen Fall unterschätzen. Oft drehen wir durch unser Feedback Geschäftsmodelle in die richtige Richtung und schaffen es, nicht nur durch Kapital oder Medienpräsenz, sondern durch strategische Weichenrichtigstellungen einem Projekt zum Erfolg zu verhelfen. Die vielen vielen Erfolgsstories, die in diesen zehn Jahren zusammengekommen sind, sprechen hier Bände. Am Ende eines langen Drehtages von 8.00 bis 20.00 Uhr, mit oft bis zu zwölf Pitches am Stück, sind wir alle miteinander übrigens immer wahrhaft „rechtschaffen müde“.

Und auch zwei weitere Punkte sollen den Zuseher:innen und auch den Foundern bewusst sein:

Erstens haben wir – bis auf ganz wenige Ausnahmen – vorher keine Ahnung, was da gleich aus der Türe kommen wird. Puls 4 hat sehr richtig erkannt, dass es unsere spontane Überraschung und die authentischen Reaktionen sind, die der Sendung ihre Attraktivität und ihren Spirit verleihen. Darum wird sogar während des Umbaus zwischen den Pitches ein Paravent zwischen dem Investoren-Podium und der Präsentatoren-Bühne aufgebaut, damit wir anhand der Präsentations-Utensilien ja nicht schon eine Vorahnung bekommen, was uns gleich erwartet.

Zweitens investieren wir unser eigenes Geld. Hinter uns stehen keine Vehikel mit „other peoples money“, wir sind keine professionellen auf Exit fokussierte Venture Capital- oder Private Equity Fonds, wir sind alle Unternehmer:innen, die selber Unternehmen gegründet und aufgebaut und irgendwann im Laufe Ihres Lebens beschlossen haben, als Business Angels auch in die Ideen anderer zu investieren.

Selbstverständlich bekommen wir auch keine Gage vom Fernsehsender. Wir investieren nicht nur unser eigenes Geld, sondern sehr viel eigene Zeit während der vielen Drehtage und noch deutlich mehr bei der Nachbearbeitung.

Das Wesen des Investorendaseins

Jeder von uns beschäftigt mittlerweile spezielle Mitarbeiter:innen, die sich ausschließlich den Projekten aus der Sendung widmen. Und ob hier einmal etwas zurückkommt, steht – und das ist das Wesen des Investoren-Daseins – in den Sternen. In Summe werden sich wohl im besten Fall, die von uns investierten und die dann irgendwann vielleicht zurückverdienten Gelder die Waage halten. Aber nur im allerbesten Fall und über alle zehn Jahre, alle Investoren und alle Startups hinweg.

In diesem Zusammenhang muss nun auch die leidige Bewertungsdiskussion gesehen werden. Wir Investor:innen wissen alle miteinander, aus eigenem oft leidvollen Erfahren, wie schwer es ist, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Wir wissen, wieviel Arbeit, Mühe und oft auch schlaflose Nächte notwendig sind, um Produkte oder Dienstleistungen zu erfinden und zu etablieren, durch deren Verkauf man relevante Umsätze erzielen und ein profitables Unternehmen machen kann.

Darum haben wir eine natürliche Vorsicht bei Projekten, die noch keinerlei Umsätze vorweisen können, sondern deren Wert sich nur aus der eventuellen Möglichkeit ergibt, einmal so hohe Umsätze zu generieren, dass sie auch alle variablen und fixen Kosten bedienen können. Und am Ende auch noch ein Gewinn übrig bleibt.

Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass manche gute Ideen oft auch gerade am Anfang einen sehr hohen Kapitalbedarf haben und die meisten hohen Bewertungen daher nicht wertorientiert, sondern vielmehr bedarfsgetrieben sind. Ob man nun daran glaubt oder nicht, hängt sehr oder fast ausschließlich an der Glaubwürdigkeit der Founder. Gerade bei 2M2M gilt – wegen der nur kurzen Zeit, die wir die Möglichkeit haben, uns mit einer Idee vertraut zu machen – der schöne Spruch „people invest in people“.

Wer die Sendung kennt – die Gründer:innen, die auf die Idee kommen, sich für einen Pitch zu bewerben, sind gut beraten, sich mit der Sendung und den Investoren vertraut zu machen – , weiß auch, wie wir ticken und wie die Sendung funktioniert.

Reale, nicht digitale Welt

Ganz bewusst kommt ja ein größerer Teil der Projekte aus der „realen“, nicht-digitalen, Welt, denn das ist es auch, was die Zuseher:innen mehr interessiert, als die tausendste App, die irgendein marginales Problemchen, das übertrieben dargestellt wird, lösen soll. Aber für die digitalen Projekte haben wir ja mit Florian Gschwandtner und nun Felix Ohswald wahrhaft kompetente Unternehmer und jetzt auch Investoren mit großartigen Erfolgsgeschichten am Podium. Felix sogar mit einer eigenen Vergangenheit als 2M2M–Pitcher.

Den Gründern von Vitra Cash ist es halt nicht gelungen, uns ihre Idee so zu präsentieren, dass wir an eine Bewertung von € 16 Millionen glauben konnten und da spielt es auch keine Rolle, ob andere schon daran geglaubt haben. Wir halt nicht.

Wenn man für gerade 1,25 Prozent an einer Idee noch ohne konkretes Geschäft 200.000 Euro aufruft, müssen kritische Nachfragen wohl erlaubt sein. Gerade, wenn sie von so besonders kompetenten und mit der digitalen Welt auch viel mehr als ich vertrauten Investoren wie etwa Alexander Schütz oder Philipp Maderthaner kommen.

Und zum Abschluss noch ein kleiner Tipp – nicht nur im Geschäftsleben, sondern auch im Privaten ist „leicht beleidigt sein“ weder eine besonders erfolgversprechende, noch eine besonders sympathische Eigenschaft…

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Plasmateria, Angels United
(c) Plasmateria - Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros von Plasmateria.

Die Investmentgruppe Angels United von Karl Büche, Markus Ertler, Niki Futter, Hermann Futter und Michael Edtmayer hat einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag in das Wiener Startup Plasmateria investiert. Das Investment der Business Angels wird von aws Start-up Invest gehebelt.

Plasmateria: Alternative für bisherige Verfahren

Plasmateria wurde von Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros gegründet und hat etwas geschafft, was man in der Branche nicht für möglich gehalten hat. Das Startup fokussiert auf eine Entwicklung innerhalb der PVD (Physical Vapor Deposition)-Technologie. Finanziert mit Unterstützung von aws Preseed sowie aws Seedfinancing konnten die Founder beweisen, dass auch Bauteil-Innenflächen bis zu einem Durchmesser von nur vier Millimetern mit PVD beschichtet werden können.

Konkret entwickelt Plasmateria neuartige Beschichtungstechnologien für Innenflächen als eine umweltfreundliche Alternative zu bisherigen Verfahren, welche größtenteils durch das Verbot von hexavalentem Chrom durch die EU betroffen sind.

Die Oberflächentechnologie der Wiener biete dementsprechend nicht nur eine grüne Alternative zur galvanischen Verchromung von Innenflächen, sondern könne auch die Lebensdauer von Bauteilen durch moderne keramische Beschichtungen verbessern. Klassische Verchromungsprozesse sind umweltgefährdend und dürfen in der EU nur mit Ausnahmegenehmigungen weiter eingesetzt werden. Plasmateria setzt daher auf ihr Plasma-basiertes PVD-Verfahren, das in der Lage ist, vergleichbare Chrombeschichtungen gänzlich ohne die Verwendung von problematischen Chemikalien abzuscheiden, wie es heißt.

“Game Changer”

“Plasmateria ist ein echter Game-Changer in der Beschichtungsindustrie”, sagt Karl Büche, der bei diesem Investment den Lead der Angels United innehat. “In den letzten Jahrzehnten war hier technologischer Stillstand. Es gab weder grundlegende Innovation bei den Verfahren noch merkliche Bewegungen bei den Anbietern und in der gesamten Struktur dieser Industrie. Das Gründerteam besteht aus ausgewiesenen Experten, die viel Erfahrung in der Industrie gesammelt haben und motiviert sind, ihr Wissen für eine nachhaltigere Zukunft einzusetzen. Das Timing von Plasmateria ist, nicht zuletzt durch das EU-Verbot bestehender Verfahren, hervorragend.”

Plasmateria
(c) patrickmuennich.com – (vl.l.n.r.) Karl Büche, Business Angel & Co-Founder Angels United, Hermann Futter, Geschäftsführer Compass Gruppe & Co-Founder Angels United, Niki Futter, Business Angel & Co-Founder Angels United, Markus Ertler, Business Angel & Co-Founder Angels United, Michael Edtymayer, Geschäftsführer und Co-Founder Angels United und Alexandra Ruzsa, Geschäftsführende Gesellschafterin der Compass Gruppe.

Die Beschichtungstechnologien von Plasmateria zielen, wie betont wird, nicht darauf ab, Marktteilnehmer zu verdrängen, sondern neue Anwendungsgebiete zu eröffnen. Besonders spannend sei vor allem der Einsatz der IDC-Technologie im Bereich der wasserstoffbasierten Energie- und Mobilitätslösungen. Hier könnten keramische Beschichtungen dazu beitragen, Leitungen und andere Innenflächen mit Diffusionsbarrieren zu versiegeln, um Materialversprödung und den Verlust von Wasserstoff zu minimieren.

Zu den potenziellen Anwendungsbereichen der neuen Beschichtungsverfahren gehören unter anderem Formwerkzeuge, Extruder, Stoßdämpfer, Aktuatoren, Gleit- oder Wälzlager und Wärmetauscher. Durch den Einsatz der IDC-Technologie können auch Bauteile beschichtet werden, die bislang nicht für solche Verfahren geeignet waren.

Plasmateria mit dreiphasigem Markteintritt

Das Startup plant seinen gestaffelten Markteintritt in drei Phasen. In der ersten Phase wird eine umweltfreundliche Alternative zur Chrombeschichtung angeboten, die bis hinunter auf fünf Millimeter Innendurchmesser angewendet werden kann. In weiteren Schritten sollen keramische Beschichtungen sowie spezielle Lösungen wie Wasserstoffdiffusions-Barrieren und Schichten für größere Bauteile folgen.

“Mit Angels United holen wir uns ein Team aus erfahrenen Unternehmern mit exzellentem Netzwerk und viel Erfahrung beim Company Building ins Boot”, sagt Co-Founder Kohlhauser. “Zusammen werden wir mit Plasmateria ein Unternehmen bauen, welches für frischen Wind in der Beschichtungsindustrie sorgen wird. Wir haben ehrgeizige Pläne für nachhaltige Oberflächentechniken – auch über die Innenbeschichtungen hinaus.”

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