21.10.2021

Forschungsrat: Bei diesen Technologien muss Österreich unabhängiger werden

Die Pandemie hat gezeigt, dass Technologiesouveränität ein wichtiger Faktor ist. Der Forschungsrat empfiehlt, vorhandene Stärken zu nutzen.
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Sabine Herlitschka ist stellvertretende Vorsitzende des Rats für Forschung und Technologieentwicklung © RFTE/Johannes Zinner
Sabine Herlitschka ist auch stellvertretende Vorsitzende des Rats für Forschung und Technologieentwicklung © RFTE/Johannes Zinner

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) berät die Regierung, wenn es darum geht, wie Österreich in Sachen Innovation an die Spitze europäischer Rankings gelangen kann. 80 Prozent der Empfehlungen des Rates würden umgesetzt, wie RFTE-Geschäftsführer Ludovit Garzik in Bezug auf einen Rechnungshof-Bericht betont. Trotzdem scheint das Ziel kaum näher zu rücken: “Wir werden in den Rankings zwar besser”, so Garzik. “Aber andere Länder werden schneller besser”. Im European Innovation Scoreboard hat sich Österreich seit 2019 beispielsweise jedes Jahr um einen Platz verschlechtert und liegt 2021 auf Platz 10 – laut Leistungsbericht des Rates wäre Platz 5 das Ziel.

Technologiesouveränität

Nun hat sich der RFTE mit der Industriestrategie auseinandergesetzt und dafür ein umfangreiches Empfehlungsprogramm vorgelegt. Die Pandemie habe die Notwendigkeit der Technologiesouveränität noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie die stellvertretende Ratsvorsitzende und Infineon-Austria-Chefin Sabine Herlitschka betont. Eine größere Unabhängigkeit von internationalen Konzernen bei Schlüsseltechnologien sei deshalb ein wichtiger Punkt in den Empfehlungen zur Industriestrategie. Dabei gehe es keinesfalls um eine Abschottung, sondern darum, bestimmte Bereiche, in denen Österreich und Europa bereits Stärken hat, gezielt zu fördern.

In Österreich sieht der RFTE ein besonders großes Potenzial im Quantencomputing – eine Technologie, die für die staatliche Handlungsfähigkeit besonders kritisch werden könnte, wie es in der Ratsempfehlung heißt. Genannt werden außerdem Technologien wie neue Antriebsformen oder autonomes Fahren, die für die starke Autozulieferindustrie in Österreich und damit für die Sicherheit der volkswirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit wichtig seien.

Nicht nur Green Tech, sondern Tech For Green

Nicht zuletzt liege auch großes Potenzial im Green Deal und da könne Österreich mit Technologien punkten, die eine nachhaltige Transformation ermöglichen. “Dabei geht es nicht nur um Umwelttechnologien an sich”, sagt Herlitschka. “Es geht auch um Tech For Green wie beispielsweise Mikroelektronik, die Viel an Nachhaltigkeit ermöglicht”. Damit spielt die stellvertretende Ratsvorsitzende auch auf Infineon an, die in Österreich Microchips vor allem für Anwendungsfälle im Bereich Energie produziert: “Auf solchen Stärken müssen wir aufbauen”. Nur drei der 20 größten Halbleiter-Unternehmen der Welt seien noch aus Europa heraus gesteuert. “Ohne Halbleiter ist keine Digitalisierung möglich”, sagt Herlitschka, um die Notwendigkeit einer gewissen Technologiesouveränität zu betonen. Für Europa sieht sie neben Mikroelektronik großes Potenzial in Batterietechnologien, Wasserstoff und Biotech/Medizin.

Der Rat hat sich auch damit auseinandergesetzt, was es brauche, um diese Bereiche zu stärken. Neben bekannten Forderungen wie der Stärkung des vorbörslichen Kapitalmarkts zur besseren Finanzierung von Startups, legt der RFTE da beispielsweise einen Fokus auf die öffentliche Beschaffung. Die öffentliche Hand müsse einen Markt schaffen, wenn bestimmte Bereiche in Österreich oder Europa aufgebaut oder zurückgeholt würden. Dafür hat Herlitschka ein prominentes Beispiel aus der Pandemie: “Wenn man die Maskenproduktion nach Europa holt und die öffentliche Beschaffung dann erst wieder Masken in China kauft, wird das nicht funktionieren”. Die öffentliche Beschaffung müsse auf Innovation und Nachhaltigkeit ausgerichtet werden, so die Ratsempfehlung.

Stelle für strategische Intelligenz

In jenen Bereichen, in denen Österreich oder Europa keine Unabhängigkeit von internationalen Lieferketten anstreben kann – etwa bei bestimmten Rohstoffen wie Seltene Erden – da empfiehlt die Ratsvorsitz-Stellvertreterin einerseits “die Abhängigkeit durch Innovation zu reduzieren” und langfristige Verträge, auf die man sich verlassen könne. Um diese Abhängigkeiten richtig einschätzen zu können und langfristig auf Krisen vorbereitet zu sein, brauche es zudem eine eigene “Stelle für strategische Intelligenz”, die im Wirtschaftsministerium angesiedelt sein könne. Hier empfiehlt der Rat zudem einen Beirat aus Unternehmer:innen, Forscher:innen und Investor:innen.

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ready2order, Schweiz
(c) ready2order - Markus Bernhart und Arnold Blüml von ready2order.

Das Wiener Fintech ready2order hat sich seit 2015 auf die Entwicklung modularer Point-of-Sale- und Payment-Anwendungen für kleine Unternehmen spezialisiert und zählte im Vorjahr bereits über 10.000 Firmen in Deutschland und Österreich zu seinen Kunden. Nun aber wird die Kassensoftware des Fintechs auch gezielt in der Schweiz angeboten, um den Bedürfnissen von kleinen Unternehmen in Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungssektor gerecht zu werden, wie es heißt.

ready2order: Schweiz als Ausgangspunkt

“Die Schweiz war für uns immer ein interessanter Markt”, erklärt ready2order CEO Markus Bernhart. “Trotz fehlendem Marketing haben wir bereits eine dreistellige Zahl an Kunden gewinnen können. Dies zeigt klar, dass es den Bedarf gibt und es ist für uns auch der richtige Zeitpunkt, unsere Präsenz im Markt auszubauen und unsere Kassenlösung offiziell anzubieten. Zudem sehen wir die Schweiz durch ihre Mehrsprachigkeit als perfekten Ausgangspunkt für eine Expansion in weitere europäische Länder.”

Zuchetti-Exit 2023

Eine wichtige Rolle bei der Expansion spielt die Unterstützung durch die Zucchetti-Gruppe, zu der ready2order seit Juli 2023 gehört – brutkasten berichete.

“Zucchetti ist bereits seit vielen Jahren mit der Kassensoftware TCPOS in der Schweiz vertreten und kennt den Markt sehr gut. Diese Erfahrung und das starke Partnernetzwerk vor Ort sind für uns von großem Vorteil”, so Bernhart weiter. Zudem würden sich durch die Synergien innerhalb der Gruppe zusätzliche Möglichkeiten eröffnen: „Als Zucchetti-Gruppe können wir verschiedene Kassensysteme für unterschiedliche Kundensegmente anbieten, was uns hilft, neue Marktchancen gemeinsam zu nutzen.”

ready2order: Zunächst nur Deutsch und Englisch

Zu Beginn wird sich ready2order auf die deutschsprachige Schweiz konzentrieren. “Unser Kassensystem unterstützt mehrere Sprachen, aber um den Markteintritt zu vereinfachen, setzen wir zunächst auf Deutsch und Englisch. Diese Region bietet uns operative Synergien, die den Start erleichtern”, erklärt Chief Growth Officer Arnold Blüml.

Die langfristigen Ziele von ready2order in der Schweiz sind für Blüml klar: “Als Innovationsführer möchten wir in den nächsten Jahren einen signifikanten Marktanteil erreichen”, sagt er. “Dabei spielt neben der Kundenzahl vor allem die Kundenzufriedenheit eine zentrale Rolle, die wir kontinuierlich messen werden.”

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