29.05.2018

FMA-Prüfung für die “faire” Artis-Blockchain
: Malta als Plan B

Das hinter dem Projekt Artis stehende Lab10 Collective will sich und seine InvestorInnen zur anstehenden Token-Ausgabe mit einer Anfrage bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) absichern. Notfalls setze man auf den Standort Malta.
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Artis
(c) Lab10 Collective eG: Das vielköpfige Team der Genossenschaft hofft auf ein positives Ergebnis der laufenden FMA-Anfrage, ansonsten man das Projekt von Malta aus starte.

Die Wahl der Rechtsform scheint nur konsequent: Als eingetragene Genossenschaft macht das Lab10 Collective, das hinter dem Projekt Artis steckt, noch deutlicher als andere Blockchain-Unternehmungen klar, dass die Schaffung und Etablierung einer Kryptowährung nicht zwingend mit dem Wunsch nach rasantem Wachstum und sensationellen Investments einhergehen muss. Natürlich: Über das anstehende Initial Token Offering (ITO) will das Grazer Kollektiv mit Hilfe der Crowd auch einiges an Kapital zur Umsetzung seiner Ideen generieren. Allerdings stehe das Projekt Artis vor allem auch für Begriffe wie Fairness, die Idee der “Sharing Economy” und den nachhaltigen Einsatz von Energie und Verteilungsgerechtigkeit. Sozialismus statt Kapitalismus in der Digitalisierung, wenn man es überspitzt formulieren will.

+++ Grazer Blockchain mit “fließendem Geld” und ohne Plutokratie +++

Vom Abo bis zur Gehaltsauszahlung

In der Praxis sollen EntwicklerInnen auf Basis von Artis jede Form von zeitabhängigen Zahlungen verwirklichen können. Vorstellbar wäre alles vom Zeitungs-Abonnement über das Begleichen von Parkplatzgebühren bis hin zur Auszahlung von Gehältern und Löhnen. Der reale Geldfluss von einem zum anderen Konto – bei Artis sind das die so genannten Streems – soll dabei nur jeweils zu Beginn und zur Beendigung mittels Transaktion definiert werden. So könnte man mit der neuen Infrastruktur “beispielsweise eine dezentrale Carsharing-Plattform Sekunden-genau abrechnen und Geld in Echtzeit vom Nutzer direkt an den Fahrzeughalter überweisen”.

Mit der Artis-Blockchain nehme man in diesem Sinn “den Wachstumsmarkt der ‘Subscription-based’-Geschäftsmodelle ins Visier”: Egal, ob Dienstleistungen der analogen Welt – wie eben Mobilität, Energie oder Medien und Kommunikation – den Digital Natives gehe es nicht um Besitz und Konsum, “sondern um Zugang zu smarten und flexiblen Dienstleistungen”, ist man bei Lab10 Collective überzeugt. Maximale Usability will man mit einer anonymen Ein-Klick-Lösung schaffen: “Durch diese neuartige Technologie können alle Abonnements innerhalb weniger Sekunden abgeschlossen werden – ganz ohne Registrierung, ausfüllen langer Formulare oder Einrichtung eines Dauerauftrags.”

Augenzwinkernde Österreich-Nostalgie

Als Grundlage setzt Artis auf den ERC20-Standard der Ethereum-Blockchain, und will zwischen 31. Mai und 26. Oktober 2018 ATS-Token im Wert von zumindest fünf Millionen Euro verkaufen. Bis zum “Lock date” am 30. September kann man sein Investment dabei auch jederzeit wieder annullieren. Verbindlich wird die Einlage, die mittels Ether getätigt wird, erst mit dem Folgetag. Am 26. Oktober, dem Nationalfeiertag, erfolge schließlich die Ausschüttung des ATS zum dann gültigen Ether-Kurs. Ein ATS-Token, dessen absolute Menge mit 21 Milliarden begrenzt ist, werde mit 1,5 Euro-Cent bewertet und könne in weiterer Folge, voraussichtlich zum Jahresende, über eine eigene App in die Artis-Coin gewandelt werden.

Artis sichert sich bei der FMA ab – oder geht nach Malta

Ganz unkompliziert ist dieser Ablauf freilich nicht. Weshalb sich das Lab10 Collective über die vergangenen Wochen auch intensiv mit Rechts- und Steuerexperten ausgetauscht habe, um sich selbst sowie die angesprochenen Investoren abzusichern. “Wegen eines möglichen Interpretationsspielraums” bezüglich der Ausgabe von ATS bzw. von Artis als “Zahlungsmittel” habe man die ursprünglich für 31. Mai geplante Token-Ausgabe auch auf den 26. Oktober verschoben und den Antrag auf eine “verbindliche Rechtsauskunft” an die Finanzmarktaufsicht gestellt. Die Antwort müsste jedenfalls bis zum “Lock Date” am 30. September vorliegen, bestätigt Artis-Spokesman Bernhard Wladkowski.

Ansonsten werde man trotz der Österreich-lastigen Symbolik mit dem Nationalfeiertag und dem ATS – die nicht mehr ganz jungen LeserInnen erinnern sich an diese internationale Währungsbezeichnung für den Schilling – das Projekt schweren Herzens ins Ausland verlegen, nämlich nach Malta. Dort sei der rechtliche Rahmen definitiv gegeben, so Wladkowski, der dennoch zuversichtlich auf eine österreichische Lösung hofft. Auf lange Sicht soll mit Artis, so der Plan, ein globales Netzwerk entstehen, in dem bis zu einer Milliarde Nutzer gemeinsam in eine wirtschaftliche Beziehung treten können.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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