07.04.2022

Flexibles Reskilling als Accelerator für die eigene Karriere

Im brutkasten-Paneltalk diskutieren die Teilnehmer:innen über Umschulungen und Weiterbildungen im Tech-Bereich. Google und the female factor haben dazu eine Initiative ins Leben gerufen.
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V.L.: Dejan Jovicevic, Martin Kocher, Christine Antlanger-Winter, Mahdis Gharaei, Mardis Karlsdottir
V.L.: Dejan Jovicevic, Martin Kocher, Christine Antlanger-Winter, Mahdis Gharaei, Mardis Karlsdottir © Google Austria GmbH/APA-Fotoservice/Juhasz

“Reskilling” und “Upskilling” ist in Europa, wie auch in Österreich, ein wichtiges Thema für den Arbeitsmarkt. Speziell technologisches und digitales Know-how wird in den kommenden Jahren immer mehr gebraucht – laut dem World Economic Forum werden bis 2025 sogar 1,67 Millionen Fachkräfte in diesem Bereich auf dem europäischen Markt fehlen. Gemeinsam mit the female factor hat Google ein Projekt ins Leben gerufen, das diesem Fachkräftemangel in Form von Umschulungs- und Weiterbildungsoptionen entgegenwirken möchte. In der brutkasten-Panel-Diskussion spricht Dejan Jovicevic mit Country Director Google Austria, Christine Antlanger-Winter, dem österreichischen Arbeitsminister, Martin Kocher, Co-CEO und Co-Founder von the female factor, Mahdis Gharaei und der Weiterbildungsteilnehmerin und -absolventin Mardis Karlsdottir.

Christine Antlanger-Winter betont die Notwendigkeit für kostenlose Trainings und Tools in diesem Bereich. Google habe daher bereits 2020 die Zukunftswerkstatt in Österreich gestartet. Im vergangenen Jahr kamen dann gemeinsam mit dem Partner the female factor die Google Career Certificates hinzu. Die Zertifikate seien dabei für sehr spezifische Jobskills designed und dementsprechend in vier Bereiche unterteilt – es gebe daher die Zertifikate: IT Support, UX Design, Digital Project Management und Data Analytics.

Man sucht Potential, keine Expert:innen

Mahdis Gharaei betont hierbei, dass der Fokus in erster Linie auf dem Potential liegen müsse. Beim Upskilling gehe es also darum, dass man mit dem bestehenden Portfolio bzw. Können der Person arbeitet. Vorkenntnisse oder Eignungstests sind für die Trainings nicht notwendig – sie sollen für jeden zugänglich sein. Daher werde hier ebenso auf Flexibilität als auch auf Angebote in englischer Sprache gesetzt. “We think across borders”, so Gharaei.

Das Ziel sei hier ein Impact für diejenigen zu schaffen, die sich in ihrer Karriere weiterentwickeln und ihre Kenntnisse ausbauen wollen – letztendlich würden davon schließlich auch die Unternehmen profitieren. Zudem hebt Gharaei hervor, dass auch Faktoren wie Altersgruppe oder Lebenssituation keine Rolle spielen würden – egal ob man beispielsweise nach der Elternkarenz wieder im Arbeitsleben einsteigt, oder ob man eine höhere Position im Unternehmen anstrebt. Aktuell seien noch circa 100 Positionen für die Certificates offen.

Ein Accelerator für die eigene Karriere

Die Projektmanagerin Mardis Karlsdottir erzählt in der Panel-Diskussion von ihren eigenen Erfahrungen nach Erhalt des “Digital Project Management”-Zertifikats. Nach ihrem Umzug nach Österreich wollte sie ihre Qualifikationen ausweiten, hätte dazu aber neben ihrem Berufsalltag keine Zeit gehabt. Ihre Empfehlung sei daher, sich in so einer Situation direkt an den eigenen Chef bzw. die Chefin zu wenden – in den meisten Fällen zeige sich der Arbeitgeber für solche Trainings nämlich unterstützend. Das Training versteht Karlsdottir als Accelerator für ihre Karriere. Besonders die flexible Einteilung der Zeiten habe ihr dabei geholfen. Obwohl das Programm für sechs Monate ausgelegt ist, habe sie es beispielsweise in circa einem Monat abschließen können.

Reskilling als das Thema der nächsten 10 Jahre

Auch Arbeitsminister Kocher zeigt sich begeistert von dem Projekt. Upskilling und Reskilling sehe er als das Thema der kommenden 10 Jahre. Sowohl in Österreich, als auch in ganz Europa erkenne er hier eine immer größer werdende Debatte. Da sich der Technologie-Bereich sehr stark weiterentwickele, brauche es viele solcher Initiativen. Der Vorteil hierbei sei auch, dass man nicht in drei Jahresschritten denken müsse, sondern ein ständiger Weiterbildungsprozess ermöglicht werde. Die Verantwortung für solche Weiterbildungen sehe Kocher sowohl bei der Regierung als auch bei den Unternehmen. Von dieser Seite müssten Wege gefunden werden, Arbeitnehmer:innen dazu zu motivieren, sich weiterzubilden.

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Startups Upper Austria: “Silohafte Communities helfen nicht”

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Startups Upper Austria
© Startups Upper Austria - Mathias Fink von Startups Upper Austria.

Es war der Exit von Runtastic im Jahr 2015, der besonders in Oberösterreich für eine Aufbruchsstimmung in der Startup-Szene gesorgt hat. Jene war damals im nördlichen Bundesland sehr aktiv, wie sich Mathias Fink, Vorstandsvorsitzender Startups Upper Austria, noch erinnert. Er selbst betrat die Startup-Welt vor rund acht Jahren und erlebte eine emsige Community, aus der er einiges mitgenommen hat. Doch dann kam die Pandemie.

Startups Upper Austria als Anlaufstelle

“Über die Corona-Zeit ist die Community etwas eingeschlafen, es gab kaum Events und die Vernetzung litt auch daran”, sagt er. Mit Ende 2022 war dann Austrian Startups auf Fink zugekommen und hatte ihn gefragt, ob er denn nicht die Zuständigkeit für Startups in Oberösterreich übernehmen wolle.

Fink war sofort Feuer und Flamme für seine neue Aufgabe, hatte bereits davor Events organisiert, wusste aber, dass das Ganze einen Rahmen bräuchte. Er belebte die Community wieder und schuf eine lokale Anlaufstelle für Gründer:innen. Das war die Geburt von Startups Upper Austria.

“Ich habe ein Team zusammengestellt und gemeinsam haben wir Strukturen geschaffen und den Fokus stark auf die Mitgliederzahl gelegt”, erklärt Fink. Innerhalb des ersten Jahres konnte man 100 Interessierte für sich gewinnen und damit ein Fundament schaffen. Man erweiterte schließlich den Vorstand und rief neue Event-Formate ins Leben. Darunter eine Möglichkeit für einen “niederschwelligen Austausch”, quasi einen Stammtisch ohne Programm, wo Gründer:innen vorbehaltlos über ihre Projekte sprechen konnten.

“Ganze Bandbreite einer Startup-Journey abdecken”

“Für Informationsaustausch und Weiterbildung organisieren wir zudem Meetups zu aktuellen und für die Community relevanten Themen, die vor den Stammtischen stattfinden”, erklärt Fink. “Und für Personen gedacht sind, die konkreten Input suchen.” Weiters entwickelte man “Kamingespräche” für erfahrene Founder:innen und Podiumsdiskussionen mit Speakern, die größere Themen wie Finanzierung oder Internationalisierung bei zielgerechten Veranstaltungenin den Fokus rücken.

“Damit decken wir die ganze Bandbreite der Startup-Journey ab”, so Fink weiter. “Von der Ideenphase bis zum Scaleup. Eine Community lebt vom Austausch. Wichtig ist, dass unsere erfahrenen Gründer als Mentoren dabei sind. Und etwas zurückgeben können.”

Nun, da man zwei wird und in die Zukunft blickt, möchte man künftig den eigenen Scaleups und erfolgreichen Startups noch mehr Mehrwert bieten. “Eine Expansion etwa ist nicht immer leicht. Wenn man aber die richtige Ansprechperson hat, die sich etwa mit Marktregulatorik auskennt, mit der Produkt-Thematik und der Konkurrenz, Wissen zum Zugang für Förderungen bieten kann, Multiplikatoren finden, dann hilft das alles extrem in der Wachstumsphase. Es spart Zeit und Fehler”, sagt Fink, der in diesem Sinne die Kooperation mit der aws hervorhebt. “Unseren Startups ist nicht immer bewusst, was alles möglich ist.”

Das brauchen Startups

Genau jene Startups brauchen Zugang zu Investoren-Netzwerken, Marken-Experten oder Standort-Agenturen in Zielländern, weiß Fink. Deshalb hat Startups Upper Austria bereits Kontakte zu internationalen Communities aufgebaut und sogar eine Agentur von zwei ehemaligen Gründern als Partner, die zwei Exits hinter sich haben und nun den Fokus auf Support setzen. Aktuell ist der Verein aus Oberösterreich in Deutschland und den USA aktiv ist, UK werde der nächste Schritt sein. Auch Indien soll künftig eines der Zielländer werden, um den asiatischen Markt abzudecken -inklusive Austauschprogramm oder Online-Veranstaltungen.

Startups Upper Austria versteht sich dahingehend allgemein als Vermittler zwischen Startup-Organisationen bzw. als ehrenamtlicher Verein, der von Gründer:innen für Gründer:innen gegründet wurde. Sowie unabhängig von politischen Interessen agieren und für Startups zur Wirtschaft auftreten kann. “Zudem sind wir ein ‘Safe Space’, dem man aufsuchen kann, wenn es einem schlecht geht”, betont Fink.

Nach zwei Jahren der Arbeit im oberösterreichischem Ökosystem weiß er auch, dass vor allem Risikokapital ein generelles Thema ist und bleiben wird. Zwar seien die gängigen Förderungen in Oberösterreich “top”, wie er sagt, dennoch brauche die Szene eine stärkere Positionierung zwecks Internationalisierung und generell bei österreichischen Investoren.

Startups Upper Austria für Kooperation statt Isolationismus

“Wir haben Startups, die Cashflow-positiv sind, gebootstrapped, aber mehr Kontakte zu Kapitalgebern und Experten wäre essentiell”, so Fink weiter. Ein inniger Wunsch von ihm bleibt, Fördermöglichkeiten für Kollaborationen zwischen Industrie und Startups aufzubauen. “Unternehmen bekommen ein Pilotprojekt bewilligt und gefördert und das Startup kann dann offiziell Rechnungen stellen und Umsatz verzeichnen”, erklärt er seine Vorstellung.

Zudem plädiert er dafür, die Netzwerkkomponente auszubauen und gemeinsam Symbiosen zu nutzen. “Aktuell ist es so, dass es viele eigene Kriterien zu erfüllen gibt, dabei aber wenig über den Tellerrand geschaut wird. Jeder von uns möchte die Startup-Szene erfolgreich machen, da helfen silohafte Communities nicht.”

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