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Seit 1. Jänner gibt es in Österreich mit der FlexKapG bzw. FlexCo bekanntlich eine neue Gesellschaftsform. Gleich mehrere Startups wollten zur “ersten FlexCo” werden – brutkasten berichtete. Mehrere flexible Kapitalgesellschaften befinden sich also bereits in Gründung. Doch ganz reibungslos verläuft der Prozess noch nicht. Denn einige Standards stehen für die neue Rechtsform noch nicht zur Verfügung, wie Startup-Anwalt Keyvan Rastegar gegenüber brutkasten ausführt.
Rastegar: “Bin begeistert, dass es überhaupt so etwas wie einen Wettbewerb um die erste Gründung gibt”
Seine Kanzlei hatte ursprünglich gleich mehrere Gründungen umsetzen wollen, habe dann aber darauf verzichtet, das gleich am 1. Jänner zu tun, erzählt der Jurist. “Ich hatte mit den Präsident:innen einiger Handelsgerichte Rücksprache gehalten und bin zum Entschluss gelangt, dass es sinnvoller ist, noch ein wenig zuzuwarten, um dem System Zeit zu geben, die notwendigen technischen und personellen Vorkehrungen zu treffen”, so Rastegar.
Doch er räumt ein: “Fairerweise muss man sagen, dass das GesRÄG 2023 erst im Dezember im Parlament beschlossen wurde, weshalb zum Inkrafttreten Anfang Jänner zumindest in der Justiz noch nicht alle Vorbereitungen getroffen sein können“. Gleichzeitig betont Rastegar, der die letzten Jahre intensiv am Reformprozess mitgearbeitet hat, das Positive: “Ich bin begeistert, dass es überhaupt so etwas wie einen Wettbewerb um die erste Gründung gibt. Das ist ein perfektes Signal an die Politik, dass ihre Bemühungen von Tag Eins an fruchten und die Richtung dieser Reform stimmt.”
“Strukturierter Antrag” und “vereinfachte Gründung” bei FlexCo noch nicht möglich
Kurzfristig braucht es laut dem Startup-Anwalt noch einiges. “Der Gesetzgeber hat trotz Bitte des OGH keine sogenannte ‘Legisvakanz’ eingeräumt. Das heißt, seit 1. Jänner sind Anträge theoretisch möglich, nur das System ist nicht darauf vorbereitet”, erklärt Rastegar. Der sogenannte “strukturierte Antrag”, der für andere Gründungen eingeführt wurde, sei etwa bei der FlexCo noch nicht möglich. Auch die “vereinfachte Gründung” über das Unternehmensserviceportal ist technisch derzeit noch nicht eingerichtet.
“Banken haben den Reformprozess auch weitestgehend verschlafen”
Auch die entsprechenden Neugründungsformulare der Wirtschaftskammer werden erst dieser Tage erwartet. “Ein weiterer Punkt ist, dass die Banken den Reformprozess auch weitestgehend verschlafen haben und noch kaum FlexCo-Konten anbieten, weshalb man beim Gründen das Geld vorerst am Treuhandkonto eines Notars hinterlegen muss. Damit ist die Gründung zwar ermöglicht, aber trotzdem benötigt man nachher ein normales Geschäftskonto bei der Bank, ist also keinen Schritt weiter”, erläutert Rastegar.
Rastegar sieht grundlegend Reformbedarf beim Firmenbuchverfahren
“Ich bin zuversichtlich, dass die Rechtspflegerschaft jetzt schnell auf die Novellen reagieren wird, damit die entsprechenden Dienste am Markt serviceorientiert zur Verfügung stehen können“, meint der Anwalt. Im Reformprozess sei auch deutlich geworden, dass das Firmenbuchverfahren grundlegend reformiert gehöre, da es nicht auf eine moderne Wirtschaft ausgelegt sei: “Verfahren dauern beliebig lange, sind oft uneinheitlich und letztlich fehlt für Gründer:innen und Investor:innen effektiver Schutz gegen Verzögerungen, Fehlentscheidungen und leider auch Willkür”, so Rastegar.
“Es ist ein schwerer Standortnachteil, dass nur in Österreich beinahe sämtliche unternehmerischen Entscheidung, auch lange nach der Gründung, einer hundertprozentigen gerichtlichen Vorab-Prüfung unterworfen werden. Das ist international unüblich, inhaltlich sachfremd und gehört dringend reformiert”, so der Anwalt. “Wir wissen alle, dass diese Reform nur ein erster Schritt in die richtige Richtung ist.”
Rechts-Kommentar soll Klarheit zur FlexCo schaffen
Obwohl er auf FlexCo-Gründungen am 1. Jänner verzichtete, beschäftigte die neue Gesellschaftsform Rastegar übrigens in den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester intensiv, wie er erzählt: “Wir haben über die Feiertage unsere Energie darauf konzentriert, den ersten Kommentar, den FlexKapGG-ON im Manz Verlag, fertigzustellen, um möglichst rasch bei den Anwendern und den Firmenbuchgerichten Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen.”