09.04.2024
INVESTOREN-SUCHE

First Contact: So spricht man Investoren richtig an

Ungefragt Pitch Decks an potentielle Investor:innen senden - und das gleich bei der ersten Kontaktaufnahme per Social Media? Laura Raggl, Managing Partner bei ROI Ventures, erklärt, warum dies selten eine gute Idee ist und gibt Tipps, wie man es richtig macht.
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Investoren ansprechen, Investoren
Laura Raggl | (c) brutkasten / martin pacher

“Hi. Dein Profil hat mich gleich angesprochen. Ich bin Founder eines Startups und auf der Suche nach Investoren, um richtig durchzustarten. Wir wollen den Bereich revolutionieren und haben dafür eine innovative und weltweit einzigartige Lösung entwickelt. Im Anhang findest du unser Pitch Deck. Ich freue mich auf eine baldige Antwort und ein persönliches Treffen.” Solche und ähnliche Nachrichten bekommen potentielle Kapitalgeber:innen immer wieder auf Kanälen wie LinkedIn oder Facebook ungefragt zugeschickt. So ergeht es auch regelmäßig Laura Raggl, Managing Partner bei ROI Ventures. Sie erklärt, warum “cold inbound” meist keine gute Idee ist und der “First Contact” anders stattfinden sollte.

Die Aufmerksamkeit von Investoren

“Ich erhalte viele Kontaktanfragen gefüllt mit Pitch Decks”, schrieb die Founderin vor kurzem auf LinkedIn. “Die meisten davon weise ich sofort zurück. Ich kenne viele Investoren, die nicht viel Zeit in ‘cold inbound deals’ hineinstecken. Es gibt bessere Wege, die Aufmerksamkeit von Investoren zu erhalten.”

Für Raggl sind Startup-Investments keine reinen Finanztransaktionen. Es gehe eher um den Aufbau einer langfristigen Beziehung und um Zusammenarbeit: “Vor allem in der Frühphase sind viel mehr die Gründer:innen und nicht das Pitch Deck wesentlich für eine Investmententscheidung. Zudem ist ein ‘Cold Outreach’ nicht ideal, um neue Investor:innen kennenzulernen. Es ist eine wichtige Kompetenz als Gründer:in, ein Netzwerk aufbauen zu können. Dazu gehört auch, ‘Warm Intros’ zu Investor:innen erhalten zu können”, erklärt sie gegenüber brutkasten.

Zu übereifrig…

Am skurrilsten findt Raggl Gründer:innen, die nicht nur eine Nachricht verschicken, sondern danach sehr hartnäckig noch fünfmal nachfassen. Das sehe dann oft so aus, als hätte kein anderer Investor Interesse an der Runde.

“Außerdem ist das Minimum, den Investitionsfokus vorher zu recherchieren”, betont sie. “Wenn mir etwa B2C-Gründer schreiben, dann antworte ich meistens gar nicht, weil ich nicht verstehe, wie man ‘B2B’ in meinem Profil übersehen kann.”

Investor:innen lieber mit Qualität ködern

Gerade Angel-Investor:innen hätten zudem meist sehr begrenzte Ressourcen, sodass der Weg über die Quantität der Pitch Decks zeitlich meist gar nicht möglich wäre. Zudem sei es alleine bzw. mit einem kleinen Team unmöglich, alles zu sehen und viele Geographien abzudecken.

“Der effektivste Weg ist daher, die Qualität zu erhöhen” rät sie. “Wir machen zum Beispiel viel Deal-Sharing mit Angels und Pre-Seed VCs mit ähnlichem Investmentfokus, scouten selbst aktiv vor allem auf Events sowie Demo Days, und unser Portfolio schickt uns auch immer wieder spannende Startups. Gerade als Pre-Seed Investor ist es sehr wichtig, selbst aktiv zu sein und auch direkt auf Gründer:innen zuzugehen.”

Netzwerke aufbauen

Raggl weiß, dass die Anfänge für Gründerinnen und Gründer nicht leicht sind. Im Sinne ihres Ratschlags auf “Warm Intros” zu setzen, empfiehlt sie, Investor:innen auf Events kennenzulernen und auch andere Founder:innen um Investor:innen-Intros zu bitten. Im nächsten Schritt könne man potentielle Financiers nach weiteren Kontakten fragen. “So baut man sich Stück für Stück ein Netzwerk auf,” sagt sie.

Individueller Kontext für Investoren

Möchte man Investoren dennoch via LinkedIn “kalt” kontaktieren, so sollte stets ein individualisierter Kontext in der Nachricht enthalten sein. “Die meisten VCs haben auch Formulare. Da ist es sinnvoll, diese ergänzend auszufüllen. So ist das Startup schon im ‘Dealflow Management-System’ des Investors. Ich würde aber nicht empfehlen, das für zehn VCs auszufüllen und dann einfach abzuwarten.”

“Die beste Kontaktaufnahme über LinkedIn sind personalisierte Nachrichten wie etwa, ‘in deinem Post fand ich diesen oder jenen Punkt sehr spannend’. Und dann sollte man noch weiteren Input zum Thema liefern. Im Verlauf des Chats kann man später auch über das eigene Startup sprechen” so Raggl abschließend. “Das Schlechteste ist alles, das einfach klar nicht zu unserem Investmentfokus passt. Und Personen, die mich fünfmal kontaktieren und irgendwann ‘böse’ Nachrichten schreiben.”

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Das Gründerteam von Kern Tec | (c) Kern Tec
Das Gründerteam von Kern Tec | (c) Kern Tec

Der Marketed Innovation Prize, verliehen von EIT Food, wählt Startups aus der Lebensmittelbranche aus, die „den Übergang zu einem gesünderen und nachhaltigeren Lebensmittelsystem unterstützen“. Insgesamt wurden Preisgelder in Höhe von 55.000 Euro vergeben. EIT Food wird vom Europäischen Innovations- und Technologieinstitut (EIT) gefördert, einer Einrichtung der Europäischen Union.

Eines der ausgezeichneten Startups ist das niederösterreichische Unternehmen Kern Tec. Es verwandelt Obstkerne, die normalerweise als Abfall gelten, in hochwertige Zutaten für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Diese finden zudem auch Anwendung in kosmetischen und industriellen Produkten.

Kern Tec: “Die Anerkennung bestärkt uns in unserer Mission”

Luca Fichtinger, Co-Gründer von Kern Tec, freut sich gemeinsam mit seinem Team über den Marketed Innovation Prize. Er sagt: „Die Anerkennung bestärkt uns in unserer Mission, Lebensmittelabfälle in wertvolle, nachhaltige Produkte umzuwandeln. Indem wir Aprikosenkerne zu nahrhaften Snacks aufwerten, wollen wir Abfälle reduzieren und gleichzeitig ein zirkuläreres und nachhaltigeres Lebensmittelsystem fördern. Dieser Preis bestätigt nicht nur unsere Bemühungen, sondern inspiriert uns auch, weiterhin innovative und skalierbare Lösungen zu entwickeln, die zu einem besseren Lebensmittelsystem für alle beitragen“.

Preise für “innovative Lebensmittel-Startups”

Insgesamt vergab EIT Food acht Preise an europäische Startups im Bereich Lebensmittelinnovationen. Mit dem Preis sollen „innovative und einflussreiche Agrar- und Lebensmittel-Startups“ ausgezeichnet werden, die „wirkungsvolle Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt” brachten, wie die Organisation erklärt.

„Diese Gewinner des Marketed Innovation Prize führen den Wandel in unserem gesamten Lebensmittelsystem an, von der Förderung der Proteindiversifizierung bis hin zur Entwicklung KI-gestützter landwirtschaftlicher Lösungen. Sie bieten den Verbrauchern spannende, gesündere Alternativen und geben Lebensmittelproduzenten innovative und nachhaltige Techniken an die Hand, um Effizienz und Produktivität zu steigern“, betont Richard Zaltzman, CEO von EIT Food.

2023: Kern Tec erhielt Investment von 12 Mio. Euro

Kern Tec rund um Gründer-Team Michael Beitl, Luca Fichtinger, Sebastian Jeschko und Fabian Wagesreither startete 2019 mit einer Technologie, um Öle und Proteine aus Obstkernen zu gewinnen. Dabei verwendete man Obstkerne von Marillen, Kirschen und Zwetschken – typische Abfallprodukte der heimischen Obstindustrie. Inzwischen brachte das Startup pflanzliche Alternativen von Milch, Joghurt, Eis und Käse auf Basis von Obstkernen auf den Markt.

Im vergangenen Jahr sicherte sich Kern Tec in einer Series-A-Finanzierungsrunde ein Investment von 12 Millionen Euro – brutkasten berichtete. Die Finanzierungsrunde wurde von Telos Impact angeführt, mit Beteiligung des PeakBridge Growth 2 Fonds und des European Innovation Council (EIC) Fonds. Mit diesem Kapital plante das Unternehmen, international zu expandieren und seine Produktpalette weiter auszubauen.

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