08.02.2024

EY: Fokus von internationalen Investor:innen verschiebt sich in Österreich auf frühphasige Investments

Das jüngste "Startup Investment Barometer" von EY zeigt: Das Wachstumskapital von internationalen Investor:innen für Österreichs Startups ging 2023 stark zurück. Zugleich gab es so viele heimische Investments wie noch nie.
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Head of Startup bei EY-Österreich | (c) EY

Kurz vor dem Jahreswechsel 2023/24 veröffentlichte die Beratungsorganisation EY bereits ihr Startup Barometer für 2023. Darin werden traditionsgemäß die wichtigsten Kennzahlen zu Finanzierungsrunden für Startups in Österreich genannt. So gab es im vergangen Jahr beispielsweise mit 184 Finanzierungsrunden eine neue Rekordanzahl an Finanzierungsrunden, gleichzeitig sank das Finanzierungsvolumen gegenüber 2022 um fast ein Drittel von rund einer Milliarde Euro auf 695 Millionen Euro.

Zudem verzeichnete das heimische Startup-Ökosystem im vergangen Jahr einen Rückgang bei großen Finanzierungsrunden von mehr als 100 Millionen Euro. “Nach zwei Boom-Jahren mit neuen Bestmarken bei Finanzierungsvolumina und Bewertungen sieht man überall auf der Welt den Trend Back to the Old Normal”, wie Florian Haas, Head of Startup bei EY-Österreich, die Ergebnisse bereits Mitte Jänner in einem brutkasten-Talk analysierte.

Rund zwei Monate nach der Veröffentlichung des “Startup Barometers” veröffentlichte EY nun sein “Startup Investment Barometer”. Darin wird regelmäßig die Bedeutung internationaler Investor:innen für das österreichische Startup-Ökosystem analysiert. Auch in diesem Jahr hat EY dafür mit invest.austria zusammengearbeitet, einem führenden Netzwerk für Investor:innen am vorbörslichen Kapitalmarkt in Österreich.

Die Ergebnisse zeigen eine “gefährliche Entwicklung” für Scaleups

Das “Startup Investment Barometer” zeigt: Der Rückgang bei großen Wachstumsrunden lässt sich auf die deutlich kleineren Summen zurückführen, die internationale Investorengruppen in heimische Startups stecken. Erstmals seit Erhebungsbeginn kommt weniger als die Hälfte (45 Prozent) des Gesamtfinanzierungsvolumens von rein ausländisch besetzten Investorengruppen. Im Vorjahr waren das noch 68 Prozent.

Die Gesamtsumme, die rein ausländisch besetzte Investorengruppen für Österreichs Startups
mobilisieren, ist im Vergleich zu 2022 zudem um 54 Prozent von 688 Millionen Euro auf 314 Millionen Euro gesunken. Nur elf Prozent der Gesamtfinanzierungssumme bzw. 73 Millionen Euro Risikokapital stammen von Investorengruppen, die ausschließlich mit österreichischen Investor:innen besetzt sind. Weitere 294 Millionen Euro (42 Prozent) wurden beigesteuert von Investorengruppen, die teils mit österreichischen, teils mit ausländischen Investor:innen besetzt sind.

“Zwar gab es 2023 so viele rein von internationalen Investorengruppen getragene Runden wie noch nie, allerdings in früheren Phasen und mit deutlich geringeren Volumina“, kommentiert Haas die Ergebnisse. Und er merkt an: “Internationale Geldgeber:innen sind nach wie vor sehr aktiv in Österreich, der Fokus verschiebt sich aber auf frühphasigere Investments und kleinere Finanzierungsrunden.” Diese Entwicklung sei insbesondere für Scaleups eine “gefährliche Entwicklung”. “Bei Wachstumsfinanzierungen können einheimische Investor:innen oft (noch) nicht, internationale Geldgeber:innen wollen aktuell nicht”, so der Experte weiter.

Woher stammen die Investoren?

An den ingesamt 165 Finanzierungsrunden in 2023 waren mindestens 478 öffentlich kommunizierte Investor:innen beteiligt. Immerhin 291 dieser namentlich bekannten Investor:innen haben ihren Firmenhauptsitz in Österreich – das sind wie im Vorjahr 61 Prozent. Am zweithäufigsten waren Investor:innen mit Hauptsitz in Deutschland vertreten (59). Es folgen Investor:innen aus den USA (40) und der Schweiz (15).

Der Anteil an Finanzierungsrunden, bei denen (auch) österreichische Investor:innen beteiligt waren, sank laut EY 2023 auf 62 Prozent nach 75 Prozent im Vorjahreszeitraum. Auch der Anteil an Finanzierungsrunden, die rein von österreichischen Investor:innen getragen werden, ging von 48 Prozent im Jahr 2022 auf 40 Prozent zurück. Dementsprechend gab es beim Anteil an Finanzierungsrunden mit rein internationalen Investor:innen auch fast eine Verdoppelung von 15 Prozent in 2022 auf 28 Prozent. Bei 19 der 184 insgesamt gezählten Deals liegen keine Angaben zu den Investor:innen vor.

Zudem wurde erhoben, in welche Branchen Investor:innen aus dem In- und Ausland investieren. Am höchsten war laut EY 2023 der Anteil an Inlandsinvestor:innen im Bereich AgTech, wo 83 Prozent der Kapitalgeber:innen ihren Hauptsitz in Österreich haben. Ebenfalls überdurchschnittlich hoch lag die Quote der Inlandsinvestor:innen in den Bereichen Hardware (71 Prozent), PropTech (67 Prozent), FinTech/InsurTech (65 Prozent) und Software & Analytics (62 Prozent). Am niedrigsten war 2023 der Anteil der Inlandsinvestor:innen übrigens im Bereich Energy mit nur einem Drittel (33 Prozent).


Videotipp: Warum 2023 ein gutes Jahr für die Startup-Szene war und 2024 das “IPO-Fenster” entscheidend ist

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Plasmateria, Angels United
(c) Plasmateria - Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros von Plasmateria.

Die Investmentgruppe Angels United von Karl Büche, Markus Ertler, Niki Futter, Hermann Futter und Michael Edtmayer hat einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag in das Wiener Startup Plasmateria investiert. Das Investment der Business Angels wird von aws Start-up Invest gehebelt.

Plasmateria: Alternative für bisherige Verfahren

Plasmateria wurde von Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros gegründet und hat etwas geschafft, was man in der Branche nicht für möglich gehalten hat. Das Startup fokussiert auf eine Entwicklung innerhalb der PVD (Physical Vapor Deposition)-Technologie. Finanziert mit Unterstützung von aws Preseed sowie aws Seedfinancing konnten die Founder beweisen, dass auch Bauteil-Innenflächen bis zu einem Durchmesser von nur vier Millimetern mit PVD beschichtet werden können.

Konkret entwickelt Plasmateria neuartige Beschichtungstechnologien für Innenflächen als eine umweltfreundliche Alternative zu bisherigen Verfahren, welche größtenteils durch das Verbot von hexavalentem Chrom durch die EU betroffen sind.

Die Oberflächentechnologie der Wiener biete dementsprechend nicht nur eine grüne Alternative zur galvanischen Verchromung von Innenflächen, sondern könne auch die Lebensdauer von Bauteilen durch moderne keramische Beschichtungen verbessern. Klassische Verchromungsprozesse sind umweltgefährdend und dürfen in der EU nur mit Ausnahmegenehmigungen weiter eingesetzt werden. Plasmateria setzt daher auf ihr Plasma-basiertes PVD-Verfahren, das in der Lage ist, vergleichbare Chrombeschichtungen gänzlich ohne die Verwendung von problematischen Chemikalien abzuscheiden, wie es heißt.

“Game Changer”

“Plasmateria ist ein echter Game-Changer in der Beschichtungsindustrie”, sagt Karl Büche, der bei diesem Investment den Lead der Angels United innehat. “In den letzten Jahrzehnten war hier technologischer Stillstand. Es gab weder grundlegende Innovation bei den Verfahren noch merkliche Bewegungen bei den Anbietern und in der gesamten Struktur dieser Industrie. Das Gründerteam besteht aus ausgewiesenen Experten, die viel Erfahrung in der Industrie gesammelt haben und motiviert sind, ihr Wissen für eine nachhaltigere Zukunft einzusetzen. Das Timing von Plasmateria ist, nicht zuletzt durch das EU-Verbot bestehender Verfahren, hervorragend.”

Plasmateria
(c) patrickmuennich.com – (vl.l.n.r.) Karl Büche, Business Angel & Co-Founder Angels United, Hermann Futter, Geschäftsführer Compass Gruppe & Co-Founder Angels United, Niki Futter, Business Angel & Co-Founder Angels United, Markus Ertler, Business Angel & Co-Founder Angels United, Michael Edtymayer, Geschäftsführer und Co-Founder Angels United und Alexandra Ruzsa, Geschäftsführende Gesellschafterin der Compass Gruppe.

Die Beschichtungstechnologien von Plasmateria zielen, wie betont wird, nicht darauf ab, Marktteilnehmer zu verdrängen, sondern neue Anwendungsgebiete zu eröffnen. Besonders spannend sei vor allem der Einsatz der IDC-Technologie im Bereich der wasserstoffbasierten Energie- und Mobilitätslösungen. Hier könnten keramische Beschichtungen dazu beitragen, Leitungen und andere Innenflächen mit Diffusionsbarrieren zu versiegeln, um Materialversprödung und den Verlust von Wasserstoff zu minimieren.

Zu den potenziellen Anwendungsbereichen der neuen Beschichtungsverfahren gehören unter anderem Formwerkzeuge, Extruder, Stoßdämpfer, Aktuatoren, Gleit- oder Wälzlager und Wärmetauscher. Durch den Einsatz der IDC-Technologie können auch Bauteile beschichtet werden, die bislang nicht für solche Verfahren geeignet waren.

Plasmateria mit dreiphasigem Markteintritt

Das Startup plant seinen gestaffelten Markteintritt in drei Phasen. In der ersten Phase wird eine umweltfreundliche Alternative zur Chrombeschichtung angeboten, die bis hinunter auf fünf Millimeter Innendurchmesser angewendet werden kann. In weiteren Schritten sollen keramische Beschichtungen sowie spezielle Lösungen wie Wasserstoffdiffusions-Barrieren und Schichten für größere Bauteile folgen.

“Mit Angels United holen wir uns ein Team aus erfahrenen Unternehmern mit exzellentem Netzwerk und viel Erfahrung beim Company Building ins Boot”, sagt Co-Founder Kohlhauser. “Zusammen werden wir mit Plasmateria ein Unternehmen bauen, welches für frischen Wind in der Beschichtungsindustrie sorgen wird. Wir haben ehrgeizige Pläne für nachhaltige Oberflächentechniken – auch über die Innenbeschichtungen hinaus.”

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