12.07.2021

Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz: Diese Hürden müssen jetzt gemeistert werden

Der Nationalrat hat am vergangenen Mittwoch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) beschlossen, das die Rahmenbedingen für den Ökostromausbau für die nächsten zehn Jahre festlegt. Brutkasten Earth hat mit den zwei österreichischen Energie Startups Dachgold und NobileGroup über Chancen und Hürden gesprochen, die der Gesetzesentwurf beinhaltet.
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EAG
(v.l.n.r.) Lorena Skiljan und Peter Gönitzer (NobileGroup) sowie Cornelia Daniel (Dachgold & Tausendundein Dach) | (c) NobileGroup / TauseindundeinDach

Die Regierungsparteien ÖVP und Grüne haben sich vergangene Woche nach langen Verhandlungen mit der SPÖ über letzte Nachbesserungen im Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) schlussendlich doch geeinigt. Am Mittwoch konnte das Gesetz mit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Das Gesetz schafft die Rahmenbedingungen dafür, dass Österreichs Strombedarf bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt wird. Zudem ermöglicht das Gesetz das Bilden von privaten Energiegemeinschaften, die ein wichtiges Puzzlestück für das Erreichen des Klimaziels sind.

Um das große Ziel innerhalb der nächsten zehn Jahren zu erreichen, werden 27 Terawattstunden (TWh) an zusätzlicher Stromerzeugungskapazität notwendig sein. Elf TWh aus Photovoltaik, zehn TWh Wind, fünf TWh Wasserkraft und eine TWh Biomasse. Das, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, entspricht einer Steigerung um 50 Prozent zur bestehenden Ökostromproduktion. Im Vergleich: Zwischen 1970 und 1998 wurden in Österreich rund 30 TWh zugebaut.

Verordnungen müssen noch folgen

Das EAG wurde von vielen Seiten als wichtiger Meilenstein für die Klimawende gelobt. Auch heimische Energie-Startups begrüßen das Gesetz und die damit einhergehende Rechtssicherheit. “Ich habe sehr gehofft, dass das EAG noch vor der Sommerpause im Nationalrat beschlossen wird, da sehr viele Projekte in der Luft gehangen sind”, so Cornelia Daniel, Gründerin von Dachgold und Tausendundein Dach. Die Solarinitiative hat sich zum Ziel gesetzt 1001 Unternehmensdächer in Österreich mit einer PV-Anlage auszustatten.

Wichtig sei allerdings, dass jetzt auch noch die nötigen Verordnungen folgen, da die tatsächlichen Förderhöhen per Verordnung festgelegt werden, so Daniel. Die Marktprämien, die der Fördermechanismus für das EAG sind, werden nämlich laut Daniel schlussendlich dafür sorgen, dass es die nötige Investitionssicherheit gibt.

Netzkapazitäten schaffen

Neben den besagten Verordnungen müssen laut der Gründerin zudem die benötigten Netzkapazitäten geschaffen werden. “Die Netzkapazitäten und die damit einhergehenden Baukapazitäten werden in den nächsten ein bis zwei Jahren die Engpässe”, so Daniel. Zudem braucht es in der Bevölkerung auch noch einer Menge an Aufklärungsarbeit, was insbesondere die Energiegemeinschaften angeht. Hier gibt es beispielsweise noch Fragen zu klären, wo sich welche Größe einer Anlage rechnet.

In Bezug auf das Ziel, elf Terawattstunden mittels Photovoltaik zu gewinnen, meint Daniel: “Die elf Terawattstunden aus der Solarenergie sind schaffbar, wenn wir das selbe Tempo wie Deutschland in den 2000er Jahren an den Tag legen”. Wichtig sei allerdings, dass dafür die nötigen Arbeitskräfte und Rahmenbedingungen vorhanden sind. “Wir sehen, dass der Markt für PV-Anlagen exponentiell wächst, sofern er nicht gedeckelt wird, was bis lang der Fall war”, so Daniel.

Aufklärungsarbeit leisten

“Wir sehen in den Energiegemeinschaften einen echten Motor für den Ausbau der erneuerbaren Energien”, so Peter Gönitzer und Lorena Skiljan von der NobileGroup. Mit elene haben die beiden Gründer eine Plattform entwickelt, die für Interessenten an Energiegemeinschaften das nötige Werkzeug bereitstellt – mehr über die Plattform und das Geschäftsmodell könnt ihr hier lesen.

Ähnlich wie Daniel sieht auch Skiljan in Bezug auf die Aufklärung in der Bevölkerung noch großen Aufholbedarf. “Viele Menschen beschäftigen sich oftmals nur einmal im Jahr mit ihrem Stromverbrauch, nämlich, dann wenn die Jahresabrechnung zu zahlen ist”, so die Gründerin. Um dies zu ändern, bedarf es in den nächsten Monaten und Jahren eine Menge an Kommunikation, damit das Thema greifbarer wird. Mit der Plattform elene möchten die beiden Gründer nicht nur einen Teil dieser Übersetzungsarbeit leisten, sondern auch das nötige Know-How bieten.

Netzbetreiber müssen nun rasch handeln

Kritisch sehen Skiljan und Gönitzer hingegen die jüngsten Reaktionen der Netzbetreiber, die nun auf Übergangsfristen pochen, da zunächst die technischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Als Argument wird beispielsweise die Abrechnung mit den eigenen Systemen ins Spiel gebracht. “Hier muss ich sagen, dass die Netzbetreiber genügend Zeit hatten sich vorzubereiten”, so Gönitzer. Der Gründer plädiert dafür, dass sich jetzt die ganze Branche aufraffen muss, um die Energieversorgung in Österreich zu stärken “Dezentrale Energie heißt, dass wir Energie weniger weit transportieren müssen und die Netze dadurch stabiler werden. Das sollten im Endeffekt alle wollen, auch die Energieversorger”, so Gönitzer.


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PÜSPÖK
(c) PÜSPÖK/Alex Lang Photography - PÜSPÖK Agrar-Photovoltaikpark Nickelsdorf II.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) stellt der Püspök Unternehmensgruppe 80 Millionen Euro für die Errichtung von sechs Agrar-Solarfarmen im österreichischen Burgenland zur Verfügung. Dieses Vorhaben wird gemeinsam mit der Erste Bank der österreichischen Sparkassen realisiert, die zusätzlich ein Darlehen von 43 Millionen Euro bereitstellt. Davon wiederum werden 28 Millionen Euro durch die EIB refinanziert.

Püspök: Ausbau erneuerbarer Energien

Bis Mitte 2026 werden in Nickelsdorf, Parndorf, Gattendorf und Mönchhof Agri-PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 257 Megawattpeak entstehen, ergänzt durch ein Batteriespeichersystem mit einer Kapazität von 4,1 Megawatt/8,6 Megawattstunden.

Diese Anlagen sollen in der Lage sein, den Strombedarf von 71.000 Haushalten zu decken und damit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von Energieimporten leisten.

“Ein schneller Ausbau der erneuerbaren Energien ist entscheidend für die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Die von Püspök geplanten Solarfarmen stellen einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung einer klimaneutralen Energieversorgung dar und tragen dazu bei, Europas Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten zu reduzieren”, sagte Thomas Östros, Vizepräsident der EIB.

REPowerEU

Die Projekte werden auf Grundlage von Marktprämienverträgen gemäß dem österreichischen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz realisiert. Zusätzlich unterstützt der REPowerEU-Plan der Europäischen Union dieses Vorhaben mit dem Ziel, die europäische Abhängigkeit von fossilen Energieträgern rasch zu reduzieren. Dank REPowerEU kann die EIB 72 Prozent der Gesamtkosten von 144 Millionen Euro finanzieren.

“Die Unterstützung der Europäischen Investitionsbank und der Erste Bank ermöglicht uns die Realisierung von sechs Agrar-Photovoltaikparks, die einen Meilenstein auf unserem Weg zu einer nachhaltigen Energiezukunft darstellen. Mit einer Leistung von 257 Megawattpeak beschleunigen wir nicht nur den Weg zur Energieunabhängigkeit Österreichs, sondern leisten auch einen Beitrag zur Erreichung unserer Klimaziele. Durch die Integration eines leistungsfähigen Batteriesystems sorgen wir für eine stabilere Einspeisung und entlasten damit die Netze”, erklärt Lukas Püspök, CEO von Püspök und Founding Partner von Push Venures. “Dieses Projekt ist ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz und eine lebenswerte Zukunft.”

Hans Unterdorfer, Firmenkundenvorstand Erste Bank Österreich, sieht die grüne Transformation der Wirtschaft als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit: “Gleichzeitig ist sie eine enorme Wachstumschance für innovative Unternehmen”, sagt er. “Mit dem Bau der Solarparks adressiert Püspök einen entscheidenden Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Zukunft, nämlich eine verlässliche und nachhaltige Energieversorgung. Daher freut es uns besonders, Partner dieses zukunftsweisenden Projekts sein zu dürfen.”

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