08.06.2022

Scooter-Riese Bird entlässt 23 Prozent der Belegschaft

Einst das "schnellste Unicorn der Welt" wird nun auch Scooter-Riese Bird von der VC-Krise getroffen und ist zu massiven Kosteneinsparungen gezwungen.
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Bird schluckt Circ - Sieg des Kapitals bei der E-Scooter-Konsolidierung
(c) Adobe Stock - steheap

13 Monate, von April 2017 bis Mai 2018, brauchte der US-E-Scooter-Anbieter Bird von der Gründung bis zum Unicorn-Status. Damit war das Scaleup damals (abhängig von der Definition) das schnellste Unicorn der Welt. Doch der rapide Aufstieg sollte nicht allzu lange währen. Zahlreiche andere E-Scooter-Anbieter, die damals weltweit gleichsam aus dem Boden schossen, sorgten für viel Konkurrenz. Und dann gab die Coronakrise dem Unternehmen einen massiven Dämpfer. Im April 2020 verkündete man, sich von 30 Prozent der Mitarbeiter:innen trennen zu müssen. 406 Personen wurden damals via Zoom entlassen.

US-VC-Krise zwingt Bird, schnell profitabel zu werden

Nach einer Erholungsphase wird Bird, das mittlerweile weltweit in mehr als 400 Städten aktiv ist, nun abermals von einer Krise gepackt. Diesmal ist es die VC-Krise in den USA: Die großen Risikokapitalgeber sind zuletzt extrem zurückhaltend. Unternehmen, die wie Bird aufgrund eines aggressiven Expansionskurses noch nicht profitabel sind, versuchen nun, wo die nächste Kapitalrunde unsicher ist, durch Einsparungen möglichst schnell schwarze Zahlen zu erreichen. Beim Scooter-Riesen werden daher nun 23 Prozent der Belegschaft entlassen. Momentan hat das Unternehmen rund 600 Mitarbeiter:innen, also noch immer deutlich weniger als vor der Corona-Krise. Nun dürfte man wieder um rund 140 Arbeitskräfte reduzieren.

Noch im April un Mai viele neue Hires

In einem Statement des Unternehmens gegenüber dem US-Magazin TechCrunch heißt es dazu unter anderem: “Während der Bedarf an und der Zugang zu Transporten mit Mikro-Elektrofahrzeugen noch nie so groß war, haben makroökonomische Trends, die sich auf alle auswirken, zu einer Beschleunigung unseres Weges zur Profitabilität geführt”. Dabei wurden laut Ex-Mitarbeiter:innen, die sich gegenüber TechCrunch äußerten noch im April und Mai wöchentlich neue Leute eingestellt. Viele dieser kürzlich erfolgten Hires dürften nun zurückgenommen werden, wird nun gemutmaßt. Diesmal gehe Bird dabei aber sehr behutsam vor, nachdem die Massenentlassung via Zoom 2020 für negative Schlagzeilen gesorgt hatte.

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(c) Anyline vlnr.: David Dengg, Entwickler, Daniel Albertini, CTO, Lukas Kinigadner, CEO, und Jakob Hofer, CMO
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Schon Jahre vor dem aktuellen KI-Hype konnte das Wiener Scaleup Anyline mit seiner Bilderfassungs-Lösung via Smartphone große Erfolge erzielen. In den Jahren 2016 bis 2021 kam das Unternehmen auf ein Wachstum von durchschnittlich 200 Prozent pro Jahr. Platzierte man die Lösung zunächst in unterschiedlichsten Branchen, wurden die Autoindustrie und im Speziellen das Erfassen von Daten zu Autoreifen immer mehr zum Fokus.

“Als wir uns entschieden haben, uns auf weniger Branchen zu konzentrieren, wurde klar, dass wir die neue Ausrichtung so schnell wie möglich im Team verfestigen mussten”, erzählt Co-Founder und CEO Lukas Kinigadner. Wie viele Wachstumsunternehmen setzte auch Anyline daraufhin auf OKRs (Objectives and Key Results), um Strategie, Ziele und Organisation zu strukturieren.

OKRs “zu strukturiert für ein Scaleup”

Doch erfolgreich war die Einführung der Methode im Rückblick nicht, wie Natasha Sotomayor, Head of Growth Strategy, erklärt: “OKRs waren dazu gedacht, uns zu verbinden, aber sie haben einfach nicht funktioniert. Sie waren zu strukturiert für ein Scaleup. Für mich waren OKRs zu starr und zu sehr top-down ausgerichtet. Und sie haben sich nicht gut mit den übergeordneten Zielen verbunden.”

Fehlendes “why”

Auch mit anderen Methoden wie “North Star” sei das “why” nicht ausreichend bei den Mitarbeiter:innen angekommen und es nicht gelungen, die Motivation zu steigern. “In einem Startup oder Scaleup sind die Dinge immer in Bewegung. Man lernt ständig dazu. Deshalb ist es wichtig, dass man als Mitarbeiter:in versteht: Worauf arbeite ich hin?”, so Sotomayor.

Umstieg auf AOA bei Anyline

Seit einiger Zeit nutzt Anyline mit Art of Acceleration (AOA) von GrowthSquare (brutkasten berichtete bereits) eine neue Methode. Davon versprach man sich eine schnelle und klare Kommunikation von Zielen und Erwartungen, einen flexiblen Bottom-up-Ansatz und einen Fokus auf den Weg selbst, nicht nur auf die Endergebnisse. “Wir brauchten einen schnellen Weg, um Zielsetzungen, Erwartungen und Grenzen zu kommunizieren, um den Mitarbeiter:innen von Anyline Kontext und Ziele zu geben”, sagt CEO Kinigadner. Einer der zentralen Vorteile der AOA-Methode sei, dass sie schnell Orientierung gebe, wo das Unternehmen gerade steht und welche Überzeugungen darin herrschen.

“Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt”

Doch natürlich wurde – nach mehreren gescheiterten Versuchen mit anderen Methoden – auch AOA von den Anyline-Mitarbeiter:innen nicht einfach mit offenen Armen empfangen. “Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt. Als Führungskraft war für mich klar: ‘Wenn sie mich nicht hassen, dann bin ich schon auf dem richtigen Weg'”, sagt Kinigadner. Vor allem auch seitens des Management-Teams habe es ein klares Commitment zur neuen Methode und die Bereitschaft, selbst Hand anzulegen, gebraucht.

Canvas, Retros und vierteljährliche Workshops

Generell setzt die AOA-Methode auf einen Bottom-up-Ansatz, legt einen Fokus auf das “why” und den Prozess auf dem Weg zum Ziel und soll eine größere Flexibilität im Vergleich zu anderen Methoden wie OKRs bieten. Konkret umgesetzt wird das unter anderem mit dem sogenannten “AOA Canvas” in den zwei Formaten “Company” und “Team”, wo Insights zum Status Quo, zu Überzeugungen, Herausforderungen, Vision, Zielen und einigem mehr geboten werden. Damit sollen Mitarbeiter:innen die Ziele im Auge behalten, während sie gleichzeitig viel Selbstbestimmung am Weg dorthin haben.

Monatlich gibt es “Retros” und quartalsmäßig Workshops, in denen die Teams über das Zurückliegende reflektieren und gemeinsam das weitere Vorgehen definieren. “Die Teams schätzen es sehr, wenn sie die Möglichkeit haben, zu reflektieren, einen Schritt zurückzutreten, ein wenig kreativ zu sein und darüber nachzudenken, was sie als Team in diesem Quartal erreichen möchte. Wenn man immer nur umsetzt, geht im Bereich Ideen nichts weiter”, meint Natasha Sotomayor. In diesen Diskussionen spielen Hierarchien keine Rolle, wodurch die Kommunikation zwischen Führungsebene und Mitarbeiter:innen an vorderster Front verbessert werden soll.

Hohe Zufriedenheit im Anyline-Team

Und was kam dabei bislang heraus? Nach drei Quartalen mit monatlichen Retros und vierteljährlichen Workshops gaben jeweils mehr als 80 Prozent der Anyline-Mitarbeiter:innen in einer internen Befragung an, dass sie die Zeit zur Reflexion schätzten, sich in ihren Teams wohlfühlten, ihre Stimme gehört wurde und sie wussten, worauf das Unternehmen hinarbeitete. “Sagen wir mal, von den 22 Teams sind 20 begeistert und die anderen beiden mögen es. Wohingegen ich glaube, dass im Großen und Ganzen niemand die OKRs mochte”, so Sotomayor.

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