02.06.2020

Q&A mit Dorothee Bär: Wie Deutschland auf Startups und Hightech setzt

Dorothee Bär, Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Digitalisierung, gastierte vergangene Woche bei der WeAreDevelopers Live Week, bei welcher der brutkasten Medienpartner war. Im Q&A beantwortet sie Fragen zur Förderung von Digitalisierung, dem Projekt Gaia-X und der Bedeutung von Startups im Kampf gegen die Coronakrise.
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Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär
Dorothee Bär ist Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. (c) Jesco Denzel
kooperation

Zuletzt wurde bekannt, dass China HighTech und AI mit 1,3 Billionen Euro fördern möchte. Mit welcher staatlichen Unterstützung kann Deutschland – und Europa – dem entgegen halten?

In Deutschland und Europa setzen wir auf Kooperation und Wissenschaftsfreiheit. Ein guter Wissens- und Technologieaustausch zwischen Deutschland und China ist uns dabei wichtig.

Was unsere Investitionen in Forschung und Entwicklung betrifft, brauchen wir uns nicht hinter China zu verstecken. In Deutschland liegen unsere Investitionen seit 2017 über 3% des Bruttoinlandsprodukts. Diesen Anteil wollen wir weiter steigern: auf 3,5% bis 2025. Im Vergleich dazu investiert China aktuell etwa 2% seines Bruttoinlandprodukts in Forschung und Entwicklung.

Wichtig ist uns auch ein guter Zugang zu Wagnis- und Wachstumskapital – für HighTech-Unternehmen und Startups. Unsere Förderstrategie setzt darauf, private Investitionen zu mobilisieren und zu verbreitern. Hierzu investiert der Staat zusammen mit Privaten zu gleichen Bedingungen. Dafür haben wir Wagniskapital-Fonds bei der KfW Capital und dem Europäischen Investitionsfonds. Mit dem Zukunftsfonds sind wir dabei, für diese Fonds weitere Wachstumsfazilitäten zu schaffen.

Auf welche Technologien sollte Europa sich konzentrieren, um global wettbewerbsfähig zu sein?

Zunächst einmal ist für uns Technologieoffenheit ein wichtiges Grundprinzip. Welche Technologiefelder wirklich zukunftsfähig sind, sollte in der Regel der Markt entscheiden. Wichtig ist aber auch, dass das Know-How für Schlüssel-Technologien in Europa bleibt. Hierfür haben wir europäische Förderprojekte: zum Beispiel für die Mikro-Elektronik und Batteriezell-Produktion.

Forschungsschwerpunkte sind für uns zum Beispiel Künstliche Intelligenz, Quanten-Computing und Data Science. Wichtig ist auch, dass wir diese Technologien in die Anwendung bekommen und sowohl für Industrie als auch für kleinere und mittlere Unternehmen nutzbar machen.

Die Entwicklung der Tech-Szene ist auch eine Systemfrage: Das Silicon Valley setzt auf unternehmerische Freiheit, in China ist der Erfolg staatsgetrieben. Welchen Weg sollte Europa einschlagen?

Die Frage ist klar zu beantworten: entscheidend ist die unternehmerische Freiheit – natürlich unter Berücksichtigung ethischer Standards. Unsere europäischen ethischen Standards, zum Beispiel bei KI, können uns mittel-bis langfristig zu den großen Gewinnern bei diesem Thema machen. Es ist wichtig, dass wir beim Einsatz von KI unseren eigenen Weg gehen. KI „Made in Europe“ ist auf den Menschen ausgerichtet.

In Deutschland plant man das Projekt Gaia-X für die Etablierung einer europäischen IT-Infrastruktur. In Österreich plant die Regierung eine “Ö-Cloud” zur Erhöhung der Resilienz und Unabhängigkeit. Doch können solche Projekte überhaupt gelingen, wenn es kaum noch Soft- und Hardware aus Europa gibt? Sind wir dadurch nicht schon per se abhängig?

Wir erkennen gerade in vielen Bereichen die Grenzen unserer deutschen und europäischen Souveränität. Wir wollen die deutsche Ratspräsidentschaft nutzen, um zu zeigen, dass digitale Zusammenarbeit auch auf europäischer Ebene möglich ist, und, um durch die Krise noch virulenter gewordene Themen, wie digitale Souveränität und Datenpolitik, voranzutreiben.

+++Projekt Ö-Cloud: Schramböck setzt auf “wirtschaftliche Landesverteidigung”+++

Die große Resonanz gerade von Unternehmen auf das Projekt Gaia-X zeigt den Bedarf für eine sichere vernetzte Dateninfrastruktur, die auf europäischen Stärken und Werten basiert. Ein gleichartiges Angebot wie von großen US-amerikanischen und chinesischen Anbietern, sog. Hyperscalern, wäre in der Tat ökonomisch nicht sinnvoll. Es soll kein Konkurrenzprodukt zu bereits existierenden Angeboten geschaffen werden.

Der Kern von GAIA-X ist die Vernetzung bestehender Infrastrukturen beteiligter Unternehmen über Open Source-Anwendungen und interoperable Standards (Referenzarchitektur). Es geht sowohl um Infrastruktur als auch Anwendungen. Da das Projekt europäisch angelegt ist, können wir die Governance-Regeln mit europäischen Standards und Werten festlegen und damit sowohl die digitale Souveränität der Nachfrager von Cloud-Dienstleistungen als auch die Skalierungsfähigkeit und Wettbewerbsposition europäischer Cloud-Anbieter stärken. Das Projekt ist zwar europäisch angelegt, ist aber offen für Nutzer und Anbieter weltweit.

Die Coronakrise schafft Chancen für neue Geschäftsfelder und Lösungen. Welche Rollen können Startups dabei spielen…?

Startups können die Chancen neuer Geschäftsfelder für sich nutzen und sich bei der Suche neuer Lösungen engagieren. Dass sie dazu bereit sind, hat unser Hackathon #WirVsVirus gezeigt. Mehr als 2500 Unternehmen haben den Hackathon unterstützt – darunter auch viele Startups. Viele hundert Mentoren kamen aus der Startup Szene. Darunter Stephanie Kaiser, Gründerin von Heartbeat Labs und Mitglied im Digitalrat der Bundesregierung, Verena Pausder, die Gründerin von Fox&Sheep, und jetzt – in der Phase des Company Buildings – auch Susanne Klatten als erfolgreiche Geschäftsfrau. Die 130 besten Projekte, die aus dem Hackathon entstanden sind, werden nun durch das Umsetzungsprogramm mit einem Company Builder und Matching Fonds selbst zu Startups aufgebaut. Und auch hier werden viele von Frauen geführt, etwa PIRAT (Pandemic Important Resource Allocation Tool), das derzeit nicht benötigte Geräte und Verbrauchsmaterial sowie Personal von Universitäten und Forschungseinrichtungen an COVID-19-Testlabore vermittelt, um die Testkapazitäten in Deutschland um ein Vielfaches zu steigern.

…und was muss passieren, damit der Anteil der Frauen bei Startup-Gründungen und in der Tech-Branche steigt?

Richtig ist, Gründerinnen sind unterrepräsentiert: Nur 16 Prozent der Startups werden von Frauen gegründet. Wir brauchen noch mehr weibliche Vorbilder, um den Anteil der Frauen bei Startup-Gründungen und in der Tech-Branche zu steigern. Hierfür haben wir die Initiative „FRAUEN unternehmen“ ins Leben gerufen, um Frauen zur beruflichen Selbständigkeit zu ermutigen und Mädchen für das Berufsbild Unternehmerin zu begeistern. Wichtig ist aber auch, dass diejenigen, die Risikokapital geben oder Gründer unterstützen, Frauen eine Chance geben. Im Jahr 2019 haben weibliche Gründer in den USA nur 2,8% des gesamten Risikokapitals erhalten, das an Startups ging. Mehr als 97% ging an männliche Gründer. Studien zeigen: Das liegt daran, dass Risikokapitalgeber gerne Typen fördern, in denen sie sich selbst wiedererkennen. Und die meisten sind nun einmal Männer. Dafür ein Bewusstsein zu schaffen, kann weiblichen Gründern helfen. Es ist aus soziologischer und wirtschaftlicher Sicht eine vertane Chance, Frauen beim Gründen nicht zu unterstützen.

Technik, Digitalisierung, Hackathons – das klingt zunächst nach Schlagwörtern, die vor allem Männer ansprechen könnten. Beim Hackathon „#WirVsVirus“ waren aber immerhin 45 Prozent der Teilnehmer Frauen. Bei den Fellows ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen. Das Kernteam, das die Fellows und Projekte auswählt und Aktivitäten wie den Hackathon organisiert, besteht aus elf Personen, darunter neun Frauen. Die Digitalisierung in Deutschland ist viel weiblicher, als viele womöglich annehmen. Das macht mir Hoffnungen.

Um dauerhafte Veränderungen zu erreichen, müssen wir allerdings schon ganz früh anfangen, Mädchen für die IT- und Gründungsbranche zu motivieren. Das fängt schon in der Grundschule an, in der Programmieren Pflichtfach sein sollte, damit Berührungsängste für vermeintlich männlich dominierte Themen abgebaut werden. Ich möchte andere Frauen dazu aufrufen, mit Mut eigene Ideen zu verfolgen und mit Selbstvertrauen die Wertigkeit der eigenen Fähigkeiten zu erkennen.

Video: WeAreDevelopers mit u.a Dorothee Bär und Margarete Schramböck

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Andreas Bierwirth, AVCON, neuer Job, magenta,
(c) Marlena König

Erst im Sommer letzten Jahres gab Andreas Bierwirth bekannt, dass er nach nur acht Monaten die Erste Group verlassen möchte, um einen neuen Job als CEO von Avcon Jet zu werden. Bierwirth war zudem seit über zehn Jahren Pilot und Aufsichratsmitglied im Unternehmen (brutkasten berichtete).

Am Dienstag veröffentlichte der Top-Manager dann das überraschende Posting über seinen privaten LinkedIn-Account: “Ich habe den Aufsichtsrat der Avcon Jet AG gebeten, meine Funktion als CEO der Avcon Jet AG niederzulegen”. Auf die näheren Hintergründe geht Bierwirth nicht ein. Dazu schreibt er lediglich: “Meine private Passion als Pilot der Business Aviation mit einer Managementfunktion zu verbinden, war eine sehr besondere Erfahrung.”

Management-Stationen von Andreas Bierwirth

Bierwirth hat bereits zahlreiche Management-Stationen hinter sich. Von 2002 bis 2006 war Geschäftsführer von Germanwings und später unter anderem als CFO bei Austrian Airlines tätig. Einer breiteren Öffentlichkeit in Österreich wurde der gebürtige Deutsche über seine Postion als CEO von Magenta Telekom bekannt. Dazu schreibt er in seinem LinkedIn-Posting über seine berufliche Zukunft auch: “Meine Leidenschaft für transformatorische und komplexe Managementthemen wie bei Magenta, Germanwings und der Austrian werden sicherlich wieder im Fokus stehen”.

Fokus auf Aufsichtsratchef von Do&Co und private Investitionen

Zunächst möchte sich Bierwirth auf die Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender der Do&Co AG konzentrieren sowie auf den “Erfolg einiger privater Investitionen.” Laut wirtschaft.at hält der Manager aktuell Beteiligungen an mehreren Unternehmen. Dazu zählt beispielsweise das Aviation-Startup Aeromond sowie SchuBu-Systems.


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