04.09.2018

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

Interview. Wir haben mit Börsianer-Chefredakteur Dominik Hojas unter anderem über die "Megatrends" am Finanzmarkt und die Chancen, die die Börse Startups bietet, gesprochen.
/artikel/dominik-hojas-boersianer
Börsianer: Chefredakteur und Wayne Financial Media-Geschäftsführer Dominik Hojas
(c) Börsianer: Chefredakteur und Wayne Financial Media-Geschäftsführer Dominik Hojas

Für den Launch seines “Börsianer” Blogs suchte sich der damals 23-jährige Dominik Hojas, der auch Gründer und Geschäftsführer der dahinterstehenden Wayne Financial Media GmbH ist, einen schwierigen, aber vielleicht genau den richtigen Zeitpunkt aus. Seit 2009, also mitten in der Finanzkrise, versorgt der Börsianer-Chefredakteur die Börsen-Szene mit Insights und exklusiven Informationen von “Whistleblowern”. Das Versprechen: Der Börsianer sei die “einzig verlässliche Quelle über das Leben am rot-weiß-roten Finanzplatz”.

Stilistisch geht der Blog ungewohnte Wege. LeserInnen werden gedutzt. Und AkteurInnen – auch und gerade aus der Hochfinanz – werden prinzipiell beim Vornamen genannt. Die Message ist klar: Hier schreibt ein Insider.

“Börsianer Messer 18” als Leitmesse für Wirtschaft und Finanzen

Am 19. und 20. September veranstaltet das Team rund um Hojas erstmals die “Börsianer Messe” in der Wiener Hofburg. Sie soll zur “Leitmesse und Kongress für Wirtschaft und Finanzen” werden. Und das Lineup bei der ersten Ausgabe ist bereits beachtlich. Neben dem Who is Who der österreichischen Finanz-Szene treten auch Größen aus der Industrie und dem Startup- und Innovationsbereich auf. Für politischen Input sorgen etwa EU-Liberalen-Chef Guy Verhofstadt und Occupy Wallstreet Co-Creator Micah White.

⇒ Zur Messe-Page

Thematisch stehen bei der Messe die “Megatrends” der Finanzwelt im Zentrum. Das große Ziel ist die Vernetzung der Szene. Und auch Startups bekommen in einem eigenen Messebereich ihren Platz. Wir haben mit Dominik Hojas unter anderem über diese “Megatrends” und die Möglichkeiten, die die Börse Startups bietet, gesprochen.

+++ Gesetz zur Öffnung des “dritten Markts” für Startups und KMU in Begutachtung +++


Zur Einordnung: Was sind momentan die bedeutendsten Trends am Kapitalmarkt?

Zu den “Blockbustern” zählen technologische Entwicklungen wie Smart Banking, Künstliche Intelligenz und Blockchain sowie der Klimaschutz. Die Finanzindustrie soll in Zukunft eine zentrale Rolle spielen, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Nachhaltiges Wirtschaften, Veranlagen und Finanzieren werden daher immer wichtiger. Zusätzlich belasten die niedrigen Zinsen die Sparer. Sie haben 2017 stolze 4,7 Milliarden Euro verspart. Der Grund dafür ist die ausgeprägte Liebe zum Sparbuch. Das kostet den Österreichern Wohlstand und Investitionsmöglichkeiten.

In welchen Bereichen ist konkret mit technologischer Disruption in den kommenden Jahren zu rechnen?

Die technologischen Möglichkeiten zur Abwicklung von Bank- und Finanzgeschäften verändern sich. Ebenso verändern sich die Gewohnheiten und das Verhalten von Bankkunden. Die Finanzbranche setzt enorme Hoffnungen auf die künstliche Intelligenz. Algorithmen werden die Interaktion mit Kunden völlig verändern. Mithilfe der Algorithmen werden zum Beispiel Banken die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden überprüfen oder Versicherungen die Beiträge berechnen. Kaum eine andere Branche hortet solch einen Datenschatz. Das wird ein Milliarden-Geschäft.

Werden die Entwicklungen den Gap zwischen Finanzwirtschaft und Realwirtschaft verstärken, oder abschwächen?

Die Kernaufgabe der Finanzwirtschaft ist und bleibt die Finanzierung der Realwirtschaft. Alternative Finanzierungsquellen werden für das Wachstum aber zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das verringert die Abhängigkeit von Kreditinstituten und schafft mehr Flexibilität für Unternehmen. In Zukunft wird ein breiter Finanzierungmix ganz normal sein.

Auf der Börsianer Messe gibt es auch einen eigenen Startup-Bereich. Welche Rolle spielen Startups bei diesen Entwicklungen?

Startups sind meist mutiger, radikaler und schneller bei der Umsetzung von Ideen. Sie fördern den Wettbewerb und fordern die etablierten Banken, die über wesentlich mehr Kapital verfügen, heraus. Davon profitieren alle Beteiligten, aber vor allem die Kunden in Form von neuen Services, Produkten und besseren Konditionen. Diese Ideen sollen die Startups im Hub auf der “Börsianer Messe 18” präsentieren. Zusätzlich können Sie sich vor Ort mit den besten Köpfe unserer Zeit austauschen und vernetzen.

Der thematische Fokus liegt auf der Kooperation zwischen Startups und Etablierten. Was bringt das den Konzernen?

Startups bringen neue radikale Gedanken in etablierte Konzerne ein. Sie stehen oft außerhalb hierarchischer Strukturen und können alte Muster rasch aufbrechen. Das schätzen die heimischen Top-Manager sehr. Es gibt aber auch viele Vorstände, die Entwicklungen von Startups kritisch sehen. Sie hinterfragen vor allem die mangelnde Qualität und Monetarisierung zahlreicher Geschäftsmodelle sowie die überzogenen Bewertungen. Hier hilft es oft demütiger aufzutreten als laut zu schreien. Das gilt insbesondere bei der Investorensuche.

Was sind also die Voraussetzungen für Erfolg in der Kooperation?

Die richtige Erwartungshaltung auf beiden Seiten erachte ich als sehr wichtig. Genauso wie eine intensive Kommunikation. Oft ist es hilfreich, mit vielen kleinen Schritten einen Track-Record aufzubauen und damit Vertrauen zu schaffen.

“Es braucht eine gewisse Reife, um in der Champions League mitspielen zu können.”

Wie relevant sind Herausforderer-Startups, die strategisch auf Disruption statt auf Kooperation setzen?

Sie sind wichtige Impulsgeber. Man darf aber nicht nur träumen. Tesla-Chef Elon Musk entdeckt gerade die Realität. Er wollte die Mobilität neu erfinden. E-Autos für die Masse produzieren. Nun kann er seine Versprechen nicht einlösen. Zumindest noch nicht. Investoren sind deshalb verunsichert. Ihm laufen die Zeit und sein technologischer Vorsprung davon. Er muss die Produktion rasch in den Griff bekommen und Gewinne schreiben. Gelingt ihm das nicht, wird sich Tesla bald im Markenportfolio eines Automobilgiganten wiederfinden.

Video-Interview mit Franz Gasselsberger (Oberbank), Finanzminister Hartwig Löger und Dominik Hojas:

Live aus dem Finanzministerium zu den Megatrends am Kapitalmarkt

Finanzminister Hartwig Löger, Bundesministerium für Finanzen, Oberbank AG Generaldirektor Franz Gasselsberger und Börsianer-Chefredakteur Dominik Hojas, live über die #Megatrends am #Kapitalmarkt, die Finanzierungschancen für Startups & KMUs, aktuelle Themen aus dem FinTech Beirat uvm, dass im Rahmen der Börsianer Messe 18 besprochen wird.

Gepostet von DerBrutkasten am Montag, 3. September 2018

Kommt die Börse als ein interessantes Finanzinstrument für Startups in Frage?

Es gibt ja das neue Börsesegment “direct market plus”, das für die Later Stage Startups für weitere Kapitalrunden und auch Investorenwechsel etc. interesssant sein könnte. Ich werde sehr oft von Startups gefragt, ab wann eine Börsennotierung oder Kapitalmarkttransaktion wirklich Sinn macht. Dafür braucht es ein vernünftiges Geschäftsmodell, eine glaubhafte Wachstumsstrategie, professionelle Strukturen und eine transparente Kommunikation. Es braucht also eine gewisse Reife, um in der Champions League mitspielen zu können. Zwei bis drei Millionen Euro Umsatz sollten es schon sein.

Muss man den heimischen Kapitalmarkt generell stärker beleben, auch als Finanzinstrument für Startups?

Die Basis eines funktionierenden Kapitalmarkts ruht im kollektiven Bewusstsein eines Landes. Doch das kollektive Bewusstsein dafür fehlt mir in Österreich! Ein starker Kapitalmarkt sorgt für mehr Beschäftigung, Einkommen, Wohlstand. Das belegen alle Wirtschaftswissenschaften.

“Es fehlt in Österreich an Institutionen, aber nicht an Kapital.”

Der Markt, also die Menschen, Institutionen und Mechanismen können nur dann langfristig Nutzen stiften, wenn man möglichst viele, also auch die Startups, daran teilhaben lässt. Mir gefällt der Gedanke, wenn jedes Neugeborene in Österreich wie selbstverständlich als schönstes Geschenk einen Aktienkorb in die Wiege gelegt bekommt.

Wie wichtig ist eine funktionierende Börse also für den Startup-Standort? Auch im Hinblick auf den Problem-Bereich Anschlussfinanzierung…

Sehr wichtig! Nur dort wo Innovationen getätigt werden, in Forschung investiert wird, neues Wissen entsteht und über die Gewinnverteilung entschieden wird, herrscht Wohlstand. Die Anschlussfinanzierung ist tatsächlich ein Problem. Es fehlt in Österreich an Institutionen, aber nicht an Kapital. Institutionelle Investoren erzählen mir immer wieder, dass sie gerne verstärkt in Private Equity investieren würden, aber teilweise nicht oder nur sehr begrenzt in Risiko veranlagen dürfen. Ohne Risiko wird man in der Veranlagung aber keine Rendite erzielen können. Angebot und Nachfrage besser zusammenzuführen wäre also eine echte Win-win-Situation.

Wie könnte man den Weg an die Börse für KMUs und Tech Start-Ups einfacher machen?

Der sogenannte Dritte Markt wird nach Jahren des Stillstands von Finanzminister Hartwig Löger wiederbelebt. Damit können KMU einfacher an die Börse gehen. Der Weg ist also nicht mehr das Problem. Das Problem für börsennotierte Unternehmen sind die hohen regulatorischen Aufwände und Kosten, die gesenkt gehören. Man darf aber nicht vergessen: Im aktuellen Niedrigzinsumfeld sind klassische Finanzierungen sehr günstig zu haben. Sobald die Europäischen Zentralbank die Zinsen anhebt wird das Momentum zurückkehren und wir werden mehr Börsengänge erleben.

Zuletzt: Wie schlägt sich der Wiener Börseplatz aus deiner Sicht im internationalen Vergleich?

Die Wiener Börse ist seit dem Amtsantritt von Vorstandschef Christoph Boschan aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Die Handelsumsätze und die Marktkapitalisierung sind gestiegen. Freilich in einer Zeit, in der steigende Aktienkurse zusätzlich für Rückenwind sorgen. Christoph hat die Börse trotz hartem Wettbewerb als Infrastrukturanbieter völlig neu aufgestellt und das Service für Unternehmen verbessert. Mit der Öffnung des Dritten Markts werden auch die Startups davon profitieren können.


Zur Person Dominik Hojas

(c) Börsianer: Dominik Hojas

Der Kapitalmarktexperte und Medienunternehmer Dominik Hojas gründete 2008 die Wayne Financial Media GmbH, einen mittlerweile renommierten Börsen- und Finanzverlag. Der 32-jährige beschäftigte sich bereits seit der Schulzeit intensiv mit dem Handel von Wertpapieren. Dominik Hojas ist geschäftsführender Gesellschafter des Verlags sowie Chefredakteur und Herausgeber von der “Börsianer”, einer führenden Finanzpublikation am österreichischen Kapitalmarkt.

⇒ Zur Messe-Page

Redaktionstipps
Deine ungelesenen Artikel:
20.12.2024

Lukas Püspök: “Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt”

Interview. Im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China stehen europäische Climate-Tech-Startups vor großen Herausforderungen und Chancen. Die Founding Partner von Push Lukas Püspök und Laurenz Simbruner erklären, wie sich die Investmentlandschaft verändert und was es braucht, um Europas Technologiesouveränität zu stärken.
/artikel/zwischen-trump-und-china-die-perspektiven-europaeischer-climate-tech-startups
20.12.2024

Lukas Püspök: “Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt”

Interview. Im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China stehen europäische Climate-Tech-Startups vor großen Herausforderungen und Chancen. Die Founding Partner von Push Lukas Püspök und Laurenz Simbruner erklären, wie sich die Investmentlandschaft verändert und was es braucht, um Europas Technologiesouveränität zu stärken.
/artikel/zwischen-trump-und-china-die-perspektiven-europaeischer-climate-tech-startups
v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


Sichere dir das brutkasten-Magazin in digitaler Form!
Trag dich hier ein und du bekommst das aktuelle brutkasten-Magazin als PDF zugeschickt und kannst sofort alle Artikel lesen! Du erhältst mit der Anmeldung künftig auch Zugang für unseren Startup-Newsletter, den wir drei Mal pro Woche verschicken. Du kannst dich jederzeit unkompliziert wieder abmelden.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Börsianer-Chef Dominik Hojas über die Börse als Chance für Startups