03.09.2018

Gesetz zur Öffnung des “dritten Markts” für Startups und KMU in Begutachtung

Bei einer Pressekonferenz zur Börsianer Messe '18 im Finanzministerium in Wien gab Finanzminister Hartwig Löger ein Update zur Öffnung des "dritten Markts" an der Wiener Börse für Startups und KMU. Diskutiert wurde die Liberalisierung des Kapitalmarkts.
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Löger: Update zur Öffnung des dritten Markts an der Börse für Startups und KMU
(c) Börsianer: Bei der Pressekonferenz (v.l.n.r.): Peter Bartos (Partner, BDO), Franz Gasselsberger (Generaldirektor Oberbank), Dominik Hojas (Chefredakteur Börsianer), Hartwig Löger (Finanzminister), Werner Kretschmer (Österreich-Chef Amundi)

Es sind zwei große politische Ziele, die zusammenspielen, wenn es um die Öffnung des “dritten Markts” an der Wiener Börse für KMU und Startups geht. Konkret soll dieser dritte Markt, nach einer entsprechenden Reform, (wieder) das Handeln von Inhaberaktien für kleinere Unternehmen ermöglichen. Das sind Anteils-Papiere, die nicht explizit auf einen Namen ausgestellt sind. Seit einer Gesetzesänderung 2011 im Lichte von Geldwäsche- und Intransparenz-Vorwürfen, war die Ausgabe solcher Inhaberaktien am dritten Markt börsennotierten Unternehmen vorbehalten – also – vereinfacht gesagt – den ganz großen Playern.

+++ 12 Startups stellen bei der Börsianer Messe 18 aus +++

Öffnung des dritten Markts: Kapitalmarkt und Unternehmensfinanzierung

Bei einer Pressekonferenz zur Börsianer Messe ’18 (⇒ zum brutkasten-Bericht) gab Finanzminister Hartwig Löger nun bekannt, dass die bereits vor längerem Angekündigte Gesetzesänderung zur Öffnung des dritten Markts seit Freitag in Begutachtung ist. Die oben erwähnten zwei Ziele: Eine Stärkung des Kapitalmarkts und eine Erleichterung in der Unternehmensfinanzierung. “Das ermöglicht auch unseren Nischenplayern, darunter einige Weltmarktführer, den Zugang zur Börse”, sagt Löger. Er schränkt zugleich ein: “Es ist aber wichtig zu erkennen, dass Kapitalmarkt und Kapitalisierung nicht nur über den Börsenplatz passieren. Wir arbeiten an einer Stimulanz für Österreich, dass privates Kapital mehr in die Unternehmensfinanzierung fließt”.

“Wieder Luft” nach “Strangulierung”

Zugleich wolle man auch auf institutioneller Ebene die Möglichkeiten zur Vergabe von Risikokapital verbessern, sagt Löger an anderer Stelle. Später im Brutkasten-Video-Interview (siehe unten), signalisiert er auch Offenheit gegenüber einem staatlich unterstützten Dach-Fonds. Generell ortet er nach einer Phase einer “teilweisen Strangulierung” durch Regulatorien seit dem Finanz-Krisenjahr 2008 die “Hoffnung, wieder Luft zu haben”. Auch die Finanztransaktionssteuer sieht er als ein “schwieriges Erbe” seines Vorgängers, das mit derzeitigem Stand “so nicht sinnvoll” sei.

Video-Interview mit Finanzminister Hartwig Löger, Franz Gasselsberger (Oberbank) und Dominik Hojas (Börsianer)

Fürsprecher für die “Entfesselung” des Kapitalmarkts

Und was die Liberalisierung des Finanzmarkts angeht, ist er mit den anderen sechs Podiums-Teilnehmern, die bei der Pressekonferenz auftreten, fast einig. Fast, weil diese sich größtenteils noch stärkere Schritte in der “Entfesselung” des Kapitalmarkts wünschen.

“Könnten kleine Unternehmen nicht anders berichten müssen, als große?”

Darunter ist etwa Richard Wolf von der Wiener Kanzlei Wolf-Theiss. Er richtet einen ganzen “Wunsch-Katalog” an Löger. Eines seiner zentralen Anliegen: “Die Compliance für Unternehmen im Börsenbereich ist wahnsinnig schwierig. Könnte man da nicht zielgruppenadäquate Regelungen treffen? Könnten kleine Unternehmen nicht anders berichten müssen, als große?”, fragt er. Löger bedient sich dazu einer Politiker-Floskel: “Es gibt hier keinen Schalter, den man einfach umlegen kann”. Die Regierung leite derzeit – allgemein gesprochen – Schritte ein und er könne zu diesem Zeitpunkt nichts vorwegnehmen.

Steuer-Incentives für “kleine” Risiko-Anleger

Werner Kretschmer, Österreich-Chef von Amundi, Europas größter Fonds-Gesellschaft, führt einen weiteren Punkt ins Treffen. Derzeit investiere man am Kapitalmarkt bei hohem Risiko zu geringer Rendite. “Trotzdem sind die Zeiten der Risiko-losen Veranlagung mit dem Sparbuch vorbei – die Zinsen werden nicht wieder so hoch hinaufgehen wie früher”, sagt Kretschmer. Mann müsse daher, wie in anderen Ländern, riskantere Veranlagungen für Endverbraucher steuerlich inzentivieren.

“Bildung ist der beste Anlegerschutz”

Wilhelm Celeda von der Raiffeisen Centrobank, der am Podium die Wiener Börse vertritt, liefert dazu eine passende Statistik. In den USA wären mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Aktien investiert. In Österreich seien es gerade rund vier Prozent. Er sieht einen Lösungsweg auch im Bildungsbereich. “Bildung ist der beste Anlegerschutz. Eine bessere Akzeptanz des Kapitalmarkts kann schon im Schulwesen hergestellt werden. Und Bildung bringt sicher mehr als MiFID-Formulare”. (Anm.: “Markets in Financial Instruments Directive” der EU)

FinTechs und die Komponente Mensch

Auch das Thema FinTech kommt bei der Pressekonferenz übrigens zur Sprache – vor allem aus Banken-Sicht. Franz Gasselsberger, Generaldirektor der Oberbank (Anm. Die einzige österreichische Bank, die derzeit neue Filialen eröffnet), sieht die Komponente Mensch in der Digitalisierungsdebatte unterbelichtet. “Online werden alle auf Dauer das Gleiche Anbieten. Wir können uns nur über die menschliche Ebene differenzieren”. Momentan beobachte er, dass zwar 80 Prozent der Bankgeschäfte online erledigt würden, “Einige Themen kann man aber einfach nicht digital abbilden”.

⇒ Zur Page der Börsianer-Messe

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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