23.05.2019

Deutschland: Aufregung um “DIN-Norm für Startups”

Ein Bericht des Handelsblatts, wonach das Deutsche Institut für Normung (DIN) eine standardisierte Zertifizierung für Startups einführen will, sorgte diese Woche im Nachbarland für Aufsehen. Ob es tatsächlich zu einer DIN-Norm für Startups kommen wird, ist noch unklar.
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Kommt in Deutschland eine DIN-Norm für Startups?
(c) fotolia.com - Aintschie

Hierzulande kommt man mit den Maßgaben des Deutschen Instituts für Normung (DIN) im Alltag meist über Papier-Größen in Berührung. Tatsächlich ist das Institut natürlich in vielen Bereichen für zertifizierte Standards verantwortlich – analog zur heimischen Austrian Standards (ÖNORM) oder der internationalen ISO. Eine Meldung des deutschen Handelsblatts, wonach nun auch eine DIN-Norm für Startups geplant sei, sorgte im Nachbarland diese Woche für Aufregung.

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Startups in “A4”?

Der Tenor in der Reaktion der deutschen Gründer-Community: Startups, die doch so viel Wert auf Individualität legen, lassen sich nicht in ein Format wie “A4” pressen. Und etwas konkreter: “Für Gründungen und Gründungsprojekte, die staatliche Finanzierungsunterstützung haben wollen, ist die Bürokratie schon am Rande des Tragbaren”, so Sonja Jost, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Startups, gegenüber dem Handelsblatt.

Freiwilliger Leitfaden mit Standard-Fragen

Ganz so dramatisch ist die Situation dann aber doch (noch) nicht. Denn was das Normierungsinstitut vorlegte ist noch keine DIN-Norm, sondern vorerst eine sogenannte DIN-Spec. Es handelt sich dabei um einen freiwilligen Leitfaden, mit (Gründern wohl hinlänglich bekannten) Fragen wie: “Warum soll es die Firma geben?”, “Wie funktioniert das Geschäftsmodell?”, “Wie sehen Marketing- und Vertriebsstrategie aus?”, “Gibt es eine ausreichende Finanzplanung?” sowie “Welche Konkurrenten sind schon am Markt?”.

Wird aus der DIN-Spec die DIN-Norm für Startups?

Erarbeitet wurde das 17-seitige Dokument innerhalb von 18 Monaten von einem Konsortium aus Beratungsunternehmen, wissenschaftlichen Institutionen und Unternehmen, darunter EY, die Technische Universität Darmstadt und die Fresenius Hochschule Idstein. Und dort besteht das klare Ziel, aus der DIN-Spec eine DIN-Norm zu machen. “Das Konsortium wünscht sich, dass Gründer sich künftig ähnlich wie bei ISO 9001 zertifizieren lassen können”, wird Stephan Haubold, Professor an der Fresenius Hochschule, im Handelsblatt zitiert. “Das würde nicht nur die Gründer vor unüberlegten und folgenschweren Entscheidungen schützen, sondern auch Bundesministerien, die Fördergelder vergeben, Investoren sowie Banken ein wichtiges Instrument an die Hand geben”, so Haubold weiter.

Projektleiter um Relativierung bemüht

Vielleicht auch wegen des vielen schlechten Feedbacks der Community war der zuständige Projektleiter der DIN, De-Won Cho, jedoch schon kurz nachdem die Meldung publik wurde, gegenüber dem Magazin Gründerszene um Relativierung bemüht. Kein Startup werde gemäß dieses Leitfadens überprüft und das DIN werde auch keine darauf basierenden Zertifikate vergeben, kommentierte er dort. Und: “Wir wollen niemandem vorschreiben, dass etwas zu funktionieren hat”. Ob aus der DIN-Spec eine DIN-Norm wird, ist also vorerst unklar.

⇒ Zusammenfassung des Leitfadens auf der Page der DIN

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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