05.09.2017

Die Wurzeln von Bitcoin (Teil 2): Von der Donaumonarchie bis zur Blockchain

Die Befürworter eines offenen, dezentralen Geldsystems wurden fast hundert Jahre lang ignoriert. Dann kam Bitcoin.
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(c) Felicitas Matern - wikimedia.org

Wien um die Jahrhundertwende: Die Monarchie feiert ihre letzten, glorreichen Jahre. In Kunst, Medizin, Literatur und Architektur tauchen Namen auf, die bis heute klingen: Klimt, Schiele, Freud, Schnitzler, Torberg, Musil, Loos und Wagner. In der Hauptstadt erlebt die Kaffeehauskultur eine Blüte von deren Mythos sie bis heute zehrt.

Es ist ein großer Sprung von den verrauchten Salons des auslaufenden 19. Jahrhunderts zum Internet und Serverfarmen und zu Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Und doch besteht eine Verbindung. Denn nicht nur die Kultur erlebt im Wien dieser Zeit eine Blüte – auch die Ökonomie. Und ohne die damals von Männern wie Carl Menger, Ludwig von Mises und Eugen von Böhm-Bawerk geschaffenen Grundlagen hätte es Bitcoin vielleicht nie gegeben – zumindest nicht so, wie wir es heute kennen.

Liberal im klassischen Sinne

Diese Ökonomen waren keine Radikalen und natürlich keine Hacker. Sie kamen aus gutbürgerlichem oder adeligem Haus, aus allen Teilen der Monarchie, aus christlichen oder jüdischen Familien. Und doch eint sie viel mit den frühen Verfechtern der Kryptowährung. Die Österreicher, wie man sie bis heute nennt, waren liberal im klassischen Sinne. Sie traten für einen starken aber schlanken Staat ein, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert. Alles Übrige sollte der privaten Initiative überlassen werden, ultimativ sogar die Geldproduktion.

Mises, Hayek und die EZB

Das das Phänomen Bitcoin sich nicht ohne das Theoriegebäude erklären läßt, das diese Ökonomen gebaut haben, haben auch die Experten der Europäischen Zentralbank (EZB) festgestellt, als sie im Jahr 2012 das erste große Paper zum Thema „virtuelle Währungen“ veröffentlichten: „Die theoretischen Wurzeln von Bitcoin kann man in der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und ihrer Kritik am herrschenden Geldsystem sowie den Eingriffen durch Regierungen und anderen Institutionen finden, die, in aus ihrer Sicht, in übertriebenen Investitionen und einer massiven Inflation enden.“

Redaktionstipps

Dieser quasi offizielle Verweis auf die so genannten Austrians ist umso bemerkenswerter, als dass diese Schule der Ökonomie mit der Arbeit der Zentralbanken seit jeher auf Kriegsfuß steht. Mit andere Institutionen meinen die Notenbanker vor allem sich selbst. Die Österreicher haben auch nach dem Ersten Weltkrieg früh vor der anstehenden Hyperinflation gewarnt und sahen sich nach Eintreten dieser Geldkatastrophe bestätigt. Aufbauend auf der Arbeit seines Lehrers Ludwig von Mises verfasste Friedrich August von Hayek in den 1970er-Jahren sein Buch „Die Denationalisierung des Geldes“, in dem er eine Welt skizzieren sollte, die lange utopisch erschien.

Friedman sprach von „E-Cash“

Die Staaten sollten nicht mehr das Monopol für die Ausgabe von Geld haben, sagte Hayek. Stattdessen sollten sich auch die Notenbanken den Gesetzen des Wettbewerbs unterwerfen und Währungen von anderen Institutionen zulassen – etwa Banken. Stabile Währungen würden instabile verdrängen und das Endergebnis wäre ein effizienteres Geldsystem, so Hayek. Der Nobelpreisträger konnte damals freilich nicht ahnen, dass nicht die Banken, sondern das Internet das Geldmonopol der Notenbanken ultimativ brechen würde – ohne vorher um Erlaubnis zu fragen. Sein späterer Kollege Milton Friedman prophezeite Ende der 1990er-Jahre aber tatsächlich den Aufstieg eines unabhängigen Geldes aus dem Netz, das eine Alternative zu staatlichen Währungen bieten sollte. Friedman sprach damals von „E-Cash“.

Der Währungswettbewerb steckt noch nicht mal in den Kinderschuhen

Die Ideen der Austrians blieben mehr als ein Jahrhundert lang ungehört. Stattdessen haben die Notenbanken ein extrem zentralisiertes Geldsystem geschaffen, wie es die Welt noch nie gesehen hat. Als dann die Finanzkrise von 2008 dieses System an den Rande eines totalen Kollapses brachte, haben die Ideen von Mises, Hayek und Co. plötzlich eine Renaissance erlebt – wobei es noch Jahre dauern sollte, bis moderne Austrians Bitcoin für sich entdecken sollten. Bis heute tun sich viele Ökonomen schwer, zu sehen, dass mit Bitcoin und Co. tatsächlich jener Währungswettbewerb entstanden ist, von dem Hayek gesprochen hat.

Freilich: Dieser Wettbewerb steckt noch nicht mal in den Kinderschuhen, er ist noch ein Baby. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 170 Mrd. Dollar sind Kryptopwährungen bisher sicherlich keine systematische Konkurrenz. Aber sie bieten eine Alternative. Etwa für Auswanderer, die Geld in die Heimat schicken wollen. Oder für Menschen, die das Vertrauen in die eigene Zentralbank verloren haben.

Ökonomen auf den Gehaltslisten der Zentralbanken

Die Austrians selbst sind in der Ökonomie bis heute eine kleine Randgruppe geblieben. Gleichzeitig fehlt den dominanten ökonomischen Schulen, deren Vertreter von Regierungen und Medien zu ihrer Meinung nach Bitcoin gefragt werden, aber oft ein originärer Zugang zum Geldsystem. Um es flapsig zu formulieren: Viele Ökonomen glauben, das Geld kommt aus dem Bankomaten. Sie können sich nicht erklären, was da im Internet gerade passiert.

Den Notenbanken war das lange recht, sie haben diesen Trend geradezu befeuert. Während sie das System immer stärker zentralisiert haben, ist so die Zahl jener Ökonomen, die es kritisch hinterfragen, gegen Null gegangen. Gleichzeitig stehen immer mehr Ökonomen entweder direkt oder indirekt auf der Gehaltsliste von Zentralbanken, was der kritischen Auseinandersetzung nicht förderlich ist. Die Befürworter eines offenen, dezentralen Geldsystems wurden so lange ignoriert, bis sie scheinbar verschwunden waren.

Bitcoin als Lerninstrument

Vor diesem Hintergrund ist es fast löblich, dass die EZB bereits in ihrem ersten Papier offen auf die ökonomischen Wurzeln von Bitcoin eingegangen ist. Vielleicht liegt es daran, dass der Euro als junge, internationale Währung auf neue Konkurrenz besser vorbereitet sein dürfte als so manch andere staatliche Währung. Aber gleichzeitig erklärt der Mangel an Know-How innerhalb der Institutionen auch die bisher eher unbeholfenen Reaktionen der Notenbanken auf die neuen Herausforderer aus dem Netz. Man darf die aktuellen Meldungen zu den hochtrabenden Blockchain-Plänen der Notenbanken nicht überbewerten. Das alte Geldsystem ist extrem träge und weit entfernt davon, eine Antwort auf Bitcoin zu finden.

Gleichzeitig gelingt den Kryptowährungen, woran die ignorierten Austrians gescheitert sind. Millionen von jungen Menschen lernen dank Bitcoin und Co. am lebenden Objekt, dass es durchaus Alternativen zu den vorherrschenden Währungen geben kann. Man darf nicht vergessen, dass Bitcoin zwar in den reichen Ländern in erster Linie als Spekulationsobjekt gesehen wird – aber anderswo, etwa in Venezuela, Indien, China oder Teilen Afrikas, sehr rasch als echte Alternative zu den Landeswährungen erkannt wurde.

„Negativer Einfluss auf die Reputation“

Auch das hat die EZB bereits 2012 kommen sehen: „Bitcoin könnte einen negativen Einfluss auf die Reputation von Zentralbanken haben.“ Übersetzung: Wenn ein geldähnliches Asset, etwa Gold oder Bitcoin, gegenüber den von Notenbanken herausgegebenen Währungen ständig aufwertet, lässt das die Notenbanken in den Augen der Öffentlichkeit schlecht dastehen. Das geschieht natürlich am ehesten in Ländern, wo die Währung ohnehin schon einen zweifelhaften Ruf hat.

Die Österreicher in den Kaffeehäusern der Jahrhundertwende hätte dieses Fazit nicht gewundert.

Disclaimer: Dieser Beitrag entstand in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) der Republik Österreich. 


Zum Autor:

Nikolaus Jilch ist seit 2011 Redakteur im “Economist” der Tageszeitung “Die Presse”. Als Experte für Geldpolitik, Währungen und Edelmetalle beschäftigt er sich seit 2012 auch mit Bitcoin und der Blockchain. Seine Kolumne “Wertsachen” erscheint jeden Samstag in der “Presse” (aktuell ist allerdings Sommerpause). Twitter: @JilNik

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The team around Redeem Solar Technologies Co-Founder Florian Ehrlich-Sommer benefited from the aws First International Incubator

Austria is increasingly positioning itself as an international hub for innovative entrepreneurs. A significant contributor to this development is the aws First Incubator, which will kick off a new round with a special focus call for international founders in spring 2025. This program, run by the Austria Wirtschaftsservice (aws), is designed for startup founders and founding teams, and students who want to establish a startup in Austria or have recently done so.

The aws First Incubator offers a combination of financial support, targeted mentoring, and a dynamic network – a package that helps international founders integrate into Austria’s vibrant startup ecosystem.

Financial Support for Early-Stage Startups

Financial barriers are among the biggest challenges for early-stage founders. The aws First Incubator addresses this by providing monthly personnel cost subsidies and grants for project, rental, and travel expenses. This financial support allows founders to focus fully on developing their business ideas.

However, the program goes beyond financial aid. It offers a comprehensive package of workshops, project-specific mentoring, and specialized coaching sessions. These resources ensure that startups receive not only financial support but also strategic and operational guidance.

Knowledge Transfer Through Practical Workshops

The program’s workshops deliver targeted knowledge on topics critical to startups, such as business model development, marketing strategies, patent law, and funding planning. The practical approach ensures that the content is directly tailored to the needs of the founders.

A key highlight of the program is the direct access to experts and mentors who share their years of experience in the startup and business world. This individualized support helps participants overcome specific challenges and refine their business ideas.

Success Story: Redeem Solar Technologies

An example of the program’s success is the startup Redeem Solar Technologies. Founded by Florian Ehrlich-Sommer (COO) and his international team, the company develops photocatalytic reactors for sustainable hydrogen production. Ehrlich-Sommer explains how the program helped his team sharpen their vision and gain new perspectives: “Interacting with founders from different industries and countries gave us fresh perspectives and helped refine our business model. As engineers, we tend to communicate in technical language. Through the program, we learned to present our idea clearly and understandably.”

The international team of Redeem Solar Technologies | (c) Redeem Solar Technologies

Redeem Solar Technologies uses light energy to enable chemical reactions, in order to produce hydrogen in an environmentally friendly way. The startup’s solutions are particularly relevant to the pharmaceutical and fine chemicals industries. Through the aws program, the team not only secured financial support but also made valuable connections in the Austrian startup scene.

Interdisciplinary and International Exchange

One of the most significant benefits of the aws First Incubator’s special international call is the interdisciplinary and international exchange. The participating teams come from various industries – from software startups to sustainability technologies and innovative food products. This diversity allows founders to gain insights beyond their own fields and learn from each other.

Ehrlich-Sommer highlights this exchange as a critical factor: “It was fascinating to talk to founders developing completely different solutions. This helped us question and improve our own approaches.”​

Program Structure

The program lasts up to 12 months and includes regular workshops and coaching sessions. Participants meet in Vienna to attend these sessions and learn from experts. Teams rooted outside the city will need to commute to attend the program. This, however, is far worth the effort, as co-founder Ehrlich-Sommer emphasizes: “Being in Vienna helped us get to know the local startup scene and establish valuable connections.”

An essential part of the program is the intensive selection process. During this phase, founders work with mentors and experts to refine their ideas and prepare for the program. This preparation is crucial for consecutive success.

Austria as a Startup Hub for International Founders

The aws First Incubator plays a significant role in positioning Austria as an attractive destination for international founders. The combination of financial support, targeted knowledge transfer, and a dynamic network creates optimal conditions for innovative business ideas.

The program not only supports the individual development of participating startups but also strengthens Austria’s startup ecosystem as a whole. International founders bring new impulses, ideas, and perspectives to Austria, helping to enhance the country’s innovation potential.

Applications for 2025

The next round of the aws First Incubator’s international call starts in spring 2025. Founders with an international team who want to establish their startup in Austria or have recently done so should not miss this opportunity. Applications will soon be open – a chance that could be a crucial step for a startup’s future.

For more information and application details, visit the official aws First Incubator website.


* Der Beitrag entstand in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws)

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