19.12.2018

Die größten Investments in österreichische Startups im Jahr 2018

Es ist Zeit für Jahresrückblicke! Im ersten Halbjahr 2018 nahmen heimische Startups 103 Mio Euro Kapital auf - doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. Besonders FinTechs und BioTechs profitieren davon. Wir haben für euch die größten Investments des Jahres 2018 zusammengestellt. Mit dabei: TourRadar, Bitmovin, Bluecode und USound.
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Collage / derbrutkasten. Die Founder von TourRadar, Bitmovin, USound und Bluecode.

Weihnachten ist nicht nur die Zeit der Besinnlichkeit, sondern auch die Zeit der Jahresrückblicke. Dieser Tradition schließen wir uns heuer gerne an – und stellen euch größten Investments des Jahres 2018 vor, die österreichische Startups erhalten haben. Mit dabei sind ganz unterschiedliche Startups, für die 2018 nicht nur finanziell ein gutes Jahr war. Eines ist jedoch auffällig: Bei allen achtstelligen Investments, über die der Brutkasten berichtete, stammt das Kapital aus den USA, mit einer Ausnahme – das Investment von eQventure bzw. Herbert Gartner in USound.

Generell gibt es bei den Finanzierungsrunden in Österreich einen starken Anstieg: Laut Startup-Barometer von Earnest & Young nahmen im ersten Halbjahr 2018 heimische Startups 103 Millionen Euro auf. Im Vorjahreszeitraum waren es nur 46 Millionen Euro. Österreich liegt damit auf Platz 13 im europäischen Ranking. Insbesondere profitieren von diesem Trend FinTechs und BioTechs.

TourRadar holt sich 50 Millionen US-Dollar

Nicht einfach nur ein Vergleichsportal für Gruppenreisen, sondern ein Online-Marktplatz mit Buchungs- und Zahlungsabwicklung. “Konkurrenz gibt es in unserem Feld eigentlich nicht. Wir besetzen eine Nische”, sagte uns TourRadar CMO Michael Pötscher im Interview. Das Wiener Startup bietet mit TourRadar eine digitale Lösung für das Suchen, Finden und Buchen von Gruppenreisen – und überzeugt damit schon seit geraumer Zeit verschiedene InvestorInnen. 2016 gab es in einer Series A-Runde unter den Lead-Investoren Cherry Ventures (Berlin) und Hoxton Ventures (London) sechs Millionen Euro. Im Oktober vergangenen Jahres dann eine Series B-Runde mit Leadinvestor Endeit Capital (Amsterdam).

Auf A und B folgte dieses Jahr schließlich C, und zwar mit einer Summe von 50 Millionen US-Dollar. Der VC TCV aus dem Silicon Valley stieg schon bei einigen allseits bekannten Unternehmen ein: 1999 beispielsweise bei Netflix, 2010 bei Facebook, 2013 bei Spotify und 2017 bei Airbnb. “Viele kleinere Investoren haben sich bei dieser Runde auszahlen lassen. Insgesamt ist unser Investoren-Portfolio jetzt deutlich schlanker”, erklärte uns Pötscher.

30 Mio US-Dollar für Klagenfurter Bitmovin

Bis zum Jahr 2021 sollen 80 Prozent des gesamten Datenverkehrs im Internet aus Video-Daten bestehen. Gut für das Startup Bitmovin, dessen Kernprodukt ein Cloud-basierter Video-Encoding-Dienst samt Player und Analytics-Tool ist, der durch sehr hohe Geschwindigkeiten bei gleichzeitig hoher Video-Qualität im Steaming überzeugt. Und zwar so sehr überzeugt, dass Highland Europe und bestehende Investoren 30 Millionen Euro Kapital bereitstellten.

Auch wenn Bitmovin den Hauptsitz mittlerweile nach San Francisco verleget hat, bleibt das Startup auch Österreich verbunden: “Wir haben in Österreich gerade erst letztes Jahr unser Büro in Wien eröffnet, zusätzlich zu dem in Klagenfurt. Wir wollen an beiden Standorten massiv wachsen, und ein Großteil der offenen Stellen befindet sich hier”, sagte Stefan Lederer, CEO von Bitmovin, gegenüber dem Brutkasten.

20 Millionen US-Dollar für Grazer USound und große Deals

Der “Investorenclub” eQventure, Herbert Gartner und Hermann Hauser investierten 20 Millionen US-Dollar in USound. Dieses entwickelte den ersten Halbleiter-basierten Mikrolautsprecher – und das mit einem um 80 Prozent geringerem Stromverbrauch und einer doppelt so guten Tonqualität bei nur der hälfte der Größe im Vergleich zu Konkurrenzprodukten. Damit ersetzt ein einzelner USound-Lautsprecher die bisher in Qualitätskopfhörern verbauten mehreren Mikro-Lautsprecher für verschiedene Tonhöhen. Und in der Massenproduktion ist das USound-Produkt dabei nicht teurer.

Aus diesen Gründen ist der Smartphone-Markt für USound eine große Chance. “Hier haben wir sehr große Leads in China, den USA, Japan und Südkorea”, so Gartner im Brutkasten-Interview. Namen dürfe er aber nicht nennen – auch nicht bei bereits abgeschlossenen Verträgen.

11,2 Millionen Euro für Bluecode

Christian Pirkner legte zwei Exits in den USA hin – und kehrte mit einer stolzen Summe von 100 Millionen Euro zurück nach Österreich, wo er an das Startup Secure Shopping andockte und daraus Bluecode machte. Das Prinzip: Im Gegensatz zu Apple Pay und Google Pay setzt man nicht auf NFC. Bluecode generiert einen Barcode, der von HändlerInnen an der Kassa gescannt werden kann; dies veranlasst eine Abbuchung vom verknüpften Konto des Kunden bzw. der Kundin. Die wesentlichen Vorteile bestehen darin, dass HändlerInnen keine neue Hardware brauchen und Zahlungsdienste aus den USA in Bluecode eine Konkurrenz aus Europa haben.

Der Zahlungsdienst Bluecode bekam von drei Family Offices, die nicht genannt werden möchten, 11,2 Millionen Euro Investment. In Österreich hat man bereits ein Netzwerk von 18.000 Kassen von größeren Handelsketten wie Rewe (Billa, Merkur, Bipa) und Spar an Bord. In nächster Zeit möchte man mit dem Faktor 10 ins Nachbarland Deutschland expandieren.

Summe Startup zum Artikel
50 Mio US-Dollar TourRadar 50 Mio. US-Dollar Investment für Wiener TourRadar
30 Mio US-Dollar Bitmovin Bitmovin: 30 Mio. US-Dollar Investment für Klagenfurter Startup
20 Mio Euro USound USound: 20 Mio. Dollar Investment von eQventure für Grazer Startup
11,2 Mio Euro Bluecode 11,2 Mio. Euro Investment für Payment-Startup Bluecode
10 Mio Euro Themis 10 Mio Euro C-Runde für Wiener Themis – mit Bill Gates im Hintergrund
11 Mio US-Dollar crate.io crate.io: 11 Mio. US-Dollar Investment für Vorarlberger Startup
6,5 Mio Euro Zizoo Zizoo: 6,5 Mio. Euro Investment für Bootsvermittlungs-Startup aus Wien
6 Mio Euro Careship Careship: 6 Millionen Euro für Pflegestartup mit österreichischen Gründern
5 Mio Euro Eversports Eversports mit 5 Millionen Euro frischem Kapital von 8 Investoren
4 Mio Euro PhagoMed PhagoMed: Mehr als 4 Mio. Euro Finanzierung für Wiener BioTech
3,9 Mio Euro Rebeat Rebeat: 3,9 Mio. Euro für Tullner HD-Schallplatte
3,7 Mio Euro Stirtec Stirtec: 3,7 Mio Euro Investment für steirisches DeepTech und Großauftrag aus USA
3,5 Mio Euro Cashpresso Cashpresso: 3,5 Mio. Euro Investment für Wiener FinTech-Startup
3,2 Mio Euro Adverity Adverity: Wiener Startup holt 3,2 Mio Euro Kapital von Skype-Investor u.a.
3,5 Mio US-Dollar Pimcore 3,5 Mio. US-Dollar Investment für Salzburger Startup Pimcore
3 Mio Euro eyeson eyeson: 3 Mio. Euro Investment für Grazer Video-Call-Startup
2 Mio Euro Firstbird Wiener Startup Firstbird erhält 2 Mio. Euro Finanzierung
1,5 Mio Euro GoStudent 1,5-Millionen-Investment für Wiener Startup GoStudent
1,3 Mio Techbold Techbold: 1,3 Mio. Euro Investment u.a. von Runtastic-Co-Founder Luger
1 Mio App Radar 1 Mio Investment für Grazer App Store-Optimierungstool App Radar von eQventure
1 Mio twingz Siebenstelliges Investment für Wiener Machine Learning Startup twingz
8-stellig Greenstorm Tiroler E-Mobilität-Anbieter Greenstorm sichert sich achtstelliges Investment
8-/7-stellig Nuki Wall Street-Konzern Allegion investiert in Grazer Startup Nuki
7-stellig Storebox Storebox: Mittleres siebenstelliges Investment von Signa Innovations AG
7-stellig Tractive Tractive: Millioneninvestment von Trivago-Gründern für Paschinger Startup
7-stellig IB Lab Siebenstelliges Investment für Wiener MedTech/AI-Startup IB Lab
7-stellig Mostly AI 1 Mio. Euro Investment für Wiener Startup Mostly AI
7-stellig Waterdrop Wiener Startup Waterdrop mit Millionendeal bei Die Höhle der Löwen
7-stellig byrd Wiener Startup byrd holt Millioneninvestment mit Logistik-Plattform
7-stellig iDWELL Millionen-Investment von PrimeCrowd für Wiener Startup iDWELL
7-stellig RateBoard RateBoard: Millioneninvestment für Innsbrucker Startup
7-stellig Insider Navigation Insider Navigation: Millioneninvestment für Wiener AR-Startup
7-stellig Symvaro Millioneninvestment von Diehl für Klagenfurter Symvaro
7-stellig JobRocker JobRocker: VC Surplus Invest investiert weiteren Millionenbetrag
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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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