14.11.2022

Die Ananasfrage: Wenn der Chef dich fragt, ob du Sperma schlucken kannst

Für unseren Schwerpunkt #growrespect sprechen wir mit Menschen aus der Arbeits- und Startup-Welt über ihre Belästigungserfahrung am Arbeitsplatz. Ein erster Erfahrungsbericht.
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#growrespect: Startup-Mitarbeiterinnen berichten über Chefs die ein Meeting zum Date deklarieren und HR-Abteilungen die nicht aktiv werden © AdobeStock/the_lightwriter
#growrespect: Startup-Mitarbeiterinnen berichten über Chefs die ein Meeting zum Date deklarieren und HR-Abteilungen die nicht aktiv werden © AdobeStock/the_lightwriter

Vor knapp zwei Monaten starteten wir unsere Initiative #growrespect. Die Reaktion auf einen Schwerpunkt, der sich speziell Sexismus-Erfahrungen, aber auch konkreter sexueller Belästigung am Arbeitsplatz widmet, war unterschiedlich. Manche waren überrascht, dass so ein spezifischer Schwerpunkt nötig sei, andere zeigten sich besorgt, dass solche Artikel “die Karriere eines Mannes zerstören könnten”. In den meisten Fällen wurde uns von der brutkasten-Community aber die Notwendigkeit von #growrespect bestätigt. Zahlreiche Nachrichten, persönliche Gespräche und Telefonate später, in denen uns Frauen ihre Erfahrungen und Männer ihre Beobachtungen schilderten, können wir einen ersten Erfahrungsbericht abgeben. 

Wenn am Ende eines Events alle Frauen beisammen sitzen, um ihre Erfahrungen zu verarbeiten

Wenige Wochen nach meinem Start beim brutkasten, durfte ich zur Berichterstattung auf mein erstes mehrtägiges Event fahren. Dass dort irgendetwas falsch läuft, war mir relativ schnell klar. Bestätigt wurde mein Eindruck aber, als meine Kollegin und ich am letzten Tag von mehreren Frauen angesprochen wurden: “Wir wollten euch fragen, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt. Wir sind schockiert, was in den letzten Tagen auf diesem Event passiert ist”, erklärten sie uns kurz vor der Abreise. So sei es meist unmöglich gewesen, über Unternehmensziele oder Arbeitserfahrung zu sprechen, ohne anzügliche Blicke oder Kommentare einzuheimsen. “Look at my brain, not at my boobs!”, war nur einer der Gedanken, die den Anwesenden durch den Kopf gingen.

Die Beschreibungen der Frauen fügten sich mit meinen eigenen Erfahrungen: Während der Abmoderation eines Videointerviews gab mir mein Gesprächspartner einen unangenehmen Klaps auf die Hüfte. Daraufhin bemerkte mein Kollege, der das Interview von außen beobachtete: ”Wir können das Video nicht verwenden, der Kerl hat dir vor laufender Kamera an den Po gefasst!” – viel Arbeitsaufwand für nichts und ein Problem, das vor allem Frauen kennen. Bei einem anderen Interview und der Frage nach seinem Geschäftsfeld, antwortete mein Gegenüber: “Du bist aber groß! Wie läuft das so mit den Männern beim Dating?!”. Im späteren Gespräch mit einem anderen Besucher wurde ich von einem Gründer im Vorbeigehen unterbrochen, der fragt: “Wird hier jetzt endlich mal geschmust, oder wie schaut’s aus?”. Derselbe kam im Zuge der Veranstaltung in mehreren Gesprächen immer wieder auf das Thema Sex – oder wie er es nannte: “vögeln”. 

Beim Businesstalk bitte nicht das Gesicht in den Nacken der Gegenüber legen

Während eines späteren Gesprächs mit einem Event-Teilnehmer und meiner Kollegin gesellte sich ein sehr betrunkener Founder zur Gruppe. Nachdem er bereits am Vormittag mehrmals darüber scherzte, dass er meine Kollegin heute noch tragen könnte, warf er hier ohne Vorwarnung seinen Körper an meinen Körper, seinen Arm um meine Schulter und sein Gesicht in meinen Nacken. Ich selbst erstarrte, ein weiterer Zeuge blickte lächelnd zu Boden, meine Kollegin schritt ein und entfernte den Founder von meinem Körper. Dieser kehrte sich grinsend ab und wurde zu späterer Stunde an der Hotelbar wieder auf mich aufmerksam. Nach mehreren unangenehmen Hinweisen zu meiner “Schönheit und guten Genen” verließ ich die Bar und sprintete auf mein Hotelzimmer – in mir wuchs die Sorge, dass mich jemand in mein Bett verfolgen würde, also rannte ich lieber, anstatt mich normal zurückzuziehen.

#growrespect will Realitäten beleuchten, die viele nicht sehen

Diese Erfahrungen waren mitunter der Auslöser zum Start von #growrespect. Denn in unserer Redaktion waren wir uns sicher: Derartige Vorkommnisse in der Arbeitswelt sind kein Einzelfall. Im Journalismus sollen Themen beleuchtet werden, wo andere nicht hinschauen. Meine Gespräche mit anderen Frauen aus der Startup-Szene haben mir gezeigt, dass sexuelle Belästigung ein Thema ist, das häufig nicht gesehen wird. Das Image einer fortschrittlichen, lässigen, modernen Startup-Welt schützt nicht vor Grenzüberschreitungen. Sexuelle Belästigung ist Teil unserer Gesellschaft, daher macht es (traurigerweise auch) Sinn, dass sie Teil der Arbeitswelt und damit Teil der Startupwelt ist. Was in meinen Gesprächen auffällt: Betroffene melden ihre Erlebnisse. Konsequenzen für die belästigenden Personen bleiben meist aus. 

“Castingcouch” und “Logo vergewaltigen”

Eines meiner ersten Telefonate für #growrespect führe ich im Spätsommer 2022 an meinem Home-Office-Schreibtisch. Eine Managerin mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Startup-Welt möchte Erlebnisse mit mir teilen, die nach wie vor ihren Alltag prägen. “Wir sollten nicht das Logo vergewaltigen”, verkündet, um eines ihrer Beispiele zu nennen, der neue CEO des Unternehmens in einem Meeting. Seine Wortwahl wiederholt sich im Zuge der Team-Besprechungen mehrmals, woraufhin die Mitarbeiterin anmerkt, dass sie sich damit nicht wohlfühle. “Eine Vergewaltigung ist für mich eine der schlimmsten Gewalttaten, die man einem Menschen antun kann. Wie kann man so ein Wort so leichtfertig benutzen?”, fragt sie mich in unserem Gespräch.  

In einem anderen Kontext habe der neue Geschäftsführer erklärt, dass sie das Meeting dann auf der Castingcouch fortsetzen könnten. Wenn man sich die Google-Ergebnisse des Begriffs “Castingcouch” ansieht (die ersten drei Aufrufe sind Pornoseiten): Ein gemeinhin bekanntes Synonym für “Karriere” gegen Sex. In der späteren anwaltlichen Argumentation des Startups wird hierzu erklärt, dass die Bezeichnung lediglich auf den abgenutzten Zustand der Office-Couch verwiesen werden sollte und keine sexuelle Komponente gemeint war. 

Konsequenzen für Angestellte und Unternehmen

Als die Managerin den neuen CEO darauf hinweist, dass seine Bemerkungen sexistisch und unangemessen seien, gibt jener CEO an: “Das war doch nur Spaß”. In einem anderen Kontext reagiert er auf ihre Kritik mit: “Sei doch nicht so zimperlich.” Einige Kommentare dieser Art später – darunter über den Kleidungsstil einer Kollegin und dem Hinweis, dass Frauen “damit ja etwas bezwecken” möchten – wendet sich die Mitarbeiterin erfolglos an ihre HR-Kollegin. Die Belästigte verlässt schließlich das Unternehmen, obwohl sie sich mehrere Jahre eine Position als festen Bestandteil des Unternehmens mit eigenem Team erarbeitet hat.

Sie erklärt, dass sie lange darüber nachgedacht habe, wie sie mit der Situation umgehen möchte. Und entschied, sie wolle die Erfahrungen schlicht nicht so stehen lassen. Nach Verlassen des Unternehmens wendet sie sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft, wo sie kostenlos beraten wird. In einem Schreiben an ihren ehemaligen Arbeitgeber zählt sie die Vorkommnisse auf, die gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoßen. Damit will sie bezwecken, dass im Startup Schulungen und Sensibilisierung für das Thema Sexismus und sexuelle Belästigung entstehen. Im Schreiben werden diese Punkte als Forderungen formuliert.

Das anwaltliche Antwortschreiben des Wiener Startups überraschte die ehemalige Mitarbeiterin jedoch sehr: “Ich dachte, ich fasse das Erlebte zusammen, erkläre das Problem noch einmal und dann ist die Sache geschafft. Mit ihrer Reaktion zeigen sie überhaupt keine Einsicht. Das hätte ich nicht erwartet”, meint die Managerin. Das Startup weist in seiner Reaktion jegliche Schuld von sich und erklärt, dass die einzelnen Aussagen nicht so gemeint waren, die Wahrnehmung ihrer ehemaligen Mitarbeiterin aber bedauert.

Arbeitsmeeting ≠ Date

Ein weiterer Fall wird mir von der Ex-Mitarbeiterin eines anderen Startups anvertraut. Er zeigt ein anderes Erlebnis im Zahnrad derselben Problematik und unterstreicht wieder einmal: Erlebnisse sind immer individuell, das Problem bleibt dasselbe. Während ihrer Tätigkeit bei einem deutschen Startup sei sie die Vertrauensperson der neuen Praktikantin gewesen. Diese kommt eines Tages auf sie zu und erklärt, dass der CEO des Unternehmens überraschend nach Wien eingeflogen sei und sie drei Tage mit ihm alleine war. Im Zuge der Businessreise habe ihr Chef ihr unter anderem erklärt: “Wir zwei sind gerade auf einem Date.” Nachdem die Praktikantin im späteren Gespräch erwähnt, dass sie allergisch auf Ananas sei, fragt er sie schließlich: “Ah, heißt das, du kannst auch kein Sperma schlucken, das nach Ananas schmeckt?”

Alles eine Kleinigkeit?

Nach drei Tagen direkter Zusammenarbeit mit dem Chef, will die Praktikantin das Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden. Statt der geplanten drei Monate, versucht sie, das Praktikum nach zwei Wochen abzubrechen. Das gestaltet sich schwieriger als gedacht. “Der Chef war drei Tage da und sie hat drei Tage gelitten”, erklärt mir die Vertrauensperson, die inzwischen ebenfalls das Unternehmen verlassen hat. Die Erfahrungen der Praktikantin seien der letzte Tropfen gewesen, der für sie das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Gekündigt habe sie letztendlich, nachdem sie beobachtet hat, wie das Unternehmen auf die Konfrontation reagiert.

Die Praktikantin habe sich von ihr ermutigt gefühlt, die Vorfälle in der Personalabteilung zu melden. Dort wird ihr erklärt: “Wenn es sein muss, kannst du dein Praktikum früher beenden, die zwei Wochen bis Monatsende machst du aber schon noch fertig.” Außerdem wird sie darauf hingewiesen, dass sie eine Kündigung einreichen muss und es kein einvernehmliches Kündigungsschreiben geben wird – kurz gesagt: Sie verliert ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Personalabteilung habe betont, dass es sich hier um eine Kleinigkeit handeln würde. Eine Kündigung sei eigentlich nicht notwendig.

Bei einem Gespräch habe ihr der andere Co-Gründer des Unternehmens erklärt, dass er es schlichtweg durchgehalten hätte, wenn ihm so etwas passiert wäre, als er noch Praktikant war. Nach all diesen Gesprächen kam es dann letztendlich dazu, dass sich besagter Chef bei seiner Praktikantin entschuldigen muss. Diese formuliert er folgendermaßen: “Ich wollte dich für den Job da draußen abhärten”.

Schuldgefühle und Kommunikationsschwierigkeiten

Die Praktikantin habe das Startup schließlich mit dem Gefühl verlassen, alles falsch gemacht zu haben. Sie selbst wollte nicht persönlich mit mir über das Erlebte sprechen, hat ihrer Vertrauensperson aber zugesichert, dass ihre Geschichte erzählt werden darf. Ihre Kollegin ist speziell darüber empört, wie das Unternehmen mit dem Vorfall umgegangen ist, nachdem es damit konfrontiert wurde. Während unseres Treffens erklärt sie mir:

“Ich finde es ist eine Sache, wenn jemand sexuell belästigt wird und es ist eine Andere, wie damit umgegangen wird. Das ganze Unternehmen kann nichts dafür, wenn eine Person deppert ist, aber das ganze Unternehmen kann etwas dafür, wenn damit nicht ordentlich umgegangen wird.”

Daher schreitet sie als Vertrauensperson ein und konfrontiert das Unternehmen erneut, nachdem ihr die Praktikantin von den Gesprächen mit HR und Co. berichtet. Schlussendlich hätten Geschäftsführung und Personalabteilung dann doch noch eingesehen, dass etwas falsch gelaufen ist. Das Learning der Firma: Kommunikationsschwierigkeiten. Die Praktikantin hätte etwas falsch verstanden, selbstverständlich habe man sie ernst genommen.

Eine doppelte Belastung am Arbeitsplatz

Solche Erlebnisse können überfordern – vor allem, wenn sie im allerersten Schritt der eigenen Karriere passieren. Betroffene beschreiben eine doppelte Belastung: Während man sich einerseits darauf konzentriert, dass man seine Arbeit professionell und erfolgreich durchführt, muss man sich zugleich darauf konzentrieren, keine falschen Signale zu senden, um nicht falsch verstanden zu werden. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist anders, weil man auf persönlicher und auf professioneller Ebene degradiert wird.

Besonders bedrohlich scheint in manchen Beispielen die Selbstverständlichkeit, mit der die erwähnten Personen in einem öffentlichen Arbeitsrahmen Grenzen überschreiten. Es stellt sich die Frage: Wenn sie sich dort trauen, wie verhalten sie sich dann im Privatleben? Auch der Umgang mit Betroffenen, die sich wehren und Belästigungen melden, scheint oft wenig bis gar nicht ernst genommen zu werden. Stattdessen greifen manche Arbeitgeber zum bekannten Muster der Täter-Opfer-Umkehr als Ausrede zurück, um die Schuld an die Betroffenen abzugeben. Und ein weiterer Aspekt drängt sich mit Blick auf diese Fallbeispiele in den Vordergrund: Unternehmen verlieren Arbeitskräfte, wenn sie nicht für all ihre Angestellten einstehen.

Meine Gespräche für #growrespect haben noch kein Ende genommen. Nach wie vor erreichen uns Nachrichten über unterschiedliche Plattformen. Frauen und Männer wollen sich mit uns austauschen und darüber sprechen, was sie in der Businesswelt erlebt oder beobachtet haben, das so überhaupt nichts mit Business zu tun hat. Wenn du auch etwas mitteilen möchtest, um dem Thema sexuelle Belästigung oder Sexismus in der Arbeitswelt mehr Raum zu geben, kannst du dich gerne via Mail an [email protected], oder direkt an mich bzw. meine Kollegin Cigdem Elikci wenden und dich mit uns austauschen.


Disclaimer: Mit unserer Initiative #growrespect möchten wir für die Themen Sexismus und auch sexuelle Belästigung im Arbeitsalltag sensibilisieren. Dabei wollen wir investigativen Journalismus leisten und sowohl als Informationsplattform, aber auch als Austauschplattform für betroffene Personen auftreten.

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Das Team von StartUp Burgenland am Abend der StartUp Lounge im Wiener Filmquartier (c) Maze&Friends

Vor vier Jahren startete StartUp Burgenland mit dem Ziel, das wirtschaftliche Potenzial der Region zu fördern und zu erweitern. Mittlerweile hat StartUp Burgenland mit seinem Inkubator- und Accelerator-Programm auch über die Grenzen des Bundeslandes hinaus einen wesentlichen Impact erzielt und zahlreiche junge Menschen im Aufbau ihres Unternehmens gefördert.

In vier Durchgängen haben bislang 30 Startups am StartUp Burgenland Accelerator und Inkubator teilgenommen. “Es ist wunderbar auf die letzten vier Jahre zurückzublicken und zu sehen, mit welcher Bandbreite an Gründerinnen und Gründern wir zusammengearbeitet haben”, eröffnete Martin Trink, Leiter von StartUp Burgenland, die StartUp Lounge am vergangenen Donnerstag, den 13. November 2024.

Im Rahmen der StartUp Lounge lud die Wirtschaftsagentur Burgenland in das Wiener Filmquartier im fünften Wiener Gemeindebezirk, um den Abschluss des vierten Batches des Inkubator- und Accelerator-Programms mit sieben der teilnehmenden Startups und zahlreichen Stakeholdern der heimischen Innovationsszene zu feiern.

Moderatorin Elisabeth Gamauf (li.), Michael Gerbavsits (Mitte), Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Burgenland, und Martin Trink (rechts), Leiter StartUp Burgenland (c) Maze&Friends

“StartUp Burgenland ist ein Ort, an dem Gemeinschaft wächst”

Den Impact, den der StartUp Burgenland Accelerator bei den jungen Menschen vor Ort erzielt, ist unverkennbar: Know How, Kunden und Kapital sind nur drei der vielen Benefits, die Teilnehmende rund um das Coaching, Mentoring und Networking in den letzten acht Monaten mitnehmen konnten. Die Unterstützung geht weit über den Rahmen des Programms hinaus.

Michael Gerbavsits, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Burgenland, hob die essenzielle Rolle von StartUp Burgenland hervor: “StartUp Burgenland ist mehr als nur ein Programm für Geschäftsideen – es ist ein Ort, an dem eine Gemeinschaft wächst, die innovatives Unternehmertum als essenzieller Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung begreift. Mit umfassender Unterstützung von der Ideenentwicklung bis zur Markteinführung hat sich das Projekt als unverzichtbar etabliert.”

Die StartUp Lounge diente nicht nur als offizielles Abschlussevent, um jungen Talenten eine Bühne zu geben, auf der sie den Fortschritt der letzten Monate präsentieren durften. Neben Networking in einer familiären Atmosphäre durfte das Publikum im Rahmen des Abendprogramms der Erfolgsgeschichte des Brüder- und Gründerpaares Patrick und Markus Reinfeld zuhören, die schon in Batch 1 des StartUp Burgenland Accelerators ihr Business “Pflegenavi” gestartet haben.

“Wir unterstützen nicht nur Geschäftsmodelle, sondern vor allem auch junge Menschen. Wir begleiten sie über ein paar Monate und manchmal auch noch länger”, begrüßte Geschäftsführer Gerbavsits die beiden Founder.

Im Rahmen der StartUp Lounge fanden Founder:innen, Mentor:innen und Stakeholder:innen aus dem Ökosystem zusammen. (c) Maze&Friends

“Es gibt keinen Hard Cut, das Team ist immer proaktiv dabei”

“Wir sind heute als Vorzeigeprojekt da. Um zu zeigen, wie wir uns seit Batch 1 weiterentwickeln konnten und uns nun auf dem Markt etabliert haben”, so Patrick Reinfeld. Das Brüderpaar sprach von laufender Unterstützung vonseiten des StartUp Burgenland Teams. Und vor allem von Authentizität und Menschlichkeit:

“Es gibt hier keinen Hard Cut, das gesamte Team von StartUp Burgenland bietet uns seither laufende Unterstützung – lange über das Programm hinaus. Das Team war und ist immer proaktiv dabei, heben immer ab, wenn wir etwas brauchen. Und gerade jetzt, wo wir dabei sind, unser Produkt so richtig im Markt auszurollen, haben sie uns hier zur StartUp Lounge eingeladen und uns die Chance gegeben, uns hier vor Stakeholdern nochmals zu positionieren und zu zeigen, wo unsere Reise hingeht. Das ist etwas ganz Besonderes.”

Pflegenavi entwickelt e-Wallets für Heimbewohner:innen

Im Rahmen des Accelerator-Programms 2021 gründeten die Brüder ihr Startup Pflegenavi. Drei Jahre später verzeichnete das Startup schon mehrere tausend User:innen. Darunter namhafte Organisationen wie die Caritas und der Samariterbund.

Pflegenavi fokussiert sich auf die Verwaltung von Bewohnergeldern – also Drittgeldern – in Pflegeheimen. “Wir haben uns die Frage gestellt: Was sind die Herausforderungen bei Leiter:innen von Pflegeeinrichtungen? Hier geht es klassisch um die Verwaltung von Bewohnergeldern, um die Verwaltung von Rechten und Risiken. Und auch um Haftungsthemen. Hier setzt Pflegenavi an: Wir haben eine digitale Allround-Lösung entwickelt, mit der wir Pflegeeinrichtungen eine transparente Verwaltung dieser Bewohnergelder ermöglichen.”

Das FinTech entwickelte eine cloudbasierte Softwarelösung, um eine digitale, auf e-Wallets basierende Depotverwaltung zu ermöglichen, die Bewohnergelder sicher und klar abgrenzt. E-Wallets, also elektronische Geldbörsen, können Bewohner:innen und Besucher:innen der Pflegeeinrichtungen eine einfache, digitale Abwicklung ihrer Zahlungen garantieren. Damit lassen sich alltägliche Zahlungen für Bewohner:innen oder Angehörige einfach und sicher abwickeln.

“Wir haben unseren Co-Founder gefunden”

Das Gründerteam pries indes den Mehrwert des StartUp Burgenland Accelerators im Laufe seiner Geschäftsentwicklung an. Essenzielle Vorteile seien neben zielgerichteten Coaching- und Workshop-Sessions vor allem die zahlreichen Möglichkeiten zum Networking:

Dank des Accelerators habe das Team gemerkt, dass ihm die IT-Komponenten gefehlt hat: “Der größte Mehrwert war hier die Vernetzung mit unserem jetzigen Co-Founder Rainer Schuster, der uns genau diese Lücke optimal füllen konnte. Mittlerweile haben wir einen Product-Market-Fit gefunden, der gut performt und bereits weitere Geschäftsfelder erreicht. Aktuell wollen wir den Rollout in Österreich vorantreiben, 2025 geht es in Richtung Deutschland.”

Vertrauenswürdige KI im Fokus

Nach den Eindrücken des Startups Pflegenavi bereicherte Verena Krawarik, Head of Innovation der APA, den Abend mit einem Panel zu den Herausforderungen des EU AI Acts. Krawarik sprach über den Stellenwert von “Trustworthy AI” rund um den bevorstehenden EU AI Act und berief sich auf heimische Informationsstellen zum Thema AI – darunter die KI-Servicestelle, TÜV-Ratgeber sowie die RTR. Außerdem zur Sprache kamen Rahmenbedingungen zu Künstlicher Intelligenz im Innovationsmanagement.

Verena Krawarik, Head of Innovation der APA (c) Maze&Friends

“Februar ist Schlüsseltermin, ab dann sind verbotene KI-Praktiken auch wirklich verboten. Dann dürfen sie keine Praktiken anwenden, die in China vielleicht Gang und Gebe sind”, so die Innovationsexpertin. Sie gewährte außerdem Einblicke in die im AI Act vorgesehenen Risikoklassifizierungen sowie zur bevorstehenden Transparenzpflicht.

Abschließend appellierte Krawarik, frühzeitig mit AI-spezifischer Grundausbildung und einschlägigen Schulungsprogrammen zu beginnen, um Wissenslücken in Unternehmen zu vermeiden und die Affinität gegenüber neuester technologischer Entwicklungen zu intensivieren.

Über die StartUp Lounge äußerte sich die Innovationsexpertin: “Ich finde es ganz toll, dass hier zu Themen Lösungen entstehen, die gar nicht leicht zu lösen sind. Das zeigt die Kompetenz der jungen Leute hier, und das begeistert mich sehr.”

StartUp Walk durch sieben aufstrebende Accelerator-Projekte

Als krönenden Abschluss begab sich das Publikum auf den “StartUp Walk” im Filmquartier: Sieben der acht teilnehmenden Startups aus Batch 4 des Accelerators durften ihr Unternehmen in 90 Sekunden vor den anwesenden Stakeholdern pitchen. Jedes Team erzählte auf äußerst authentische Art und Weise von seiner persönlichen Reise im StartUp Burgenland Accelerator.

Unter den sieben anwesenden Startups fanden sich: Friends in Flats, KOMO, teamchallenge.at, Bimexperts, FireFighter Rescue App, Reefmaster und Trumpet Star. Kurze Einblicke in die Pitches der Teams finden sich am Ende des Artikels.

Nach Alumnus-Talk, AI-Panel und StartUp Walk tauschten sich die pitchenden Startups mit den anwesenden Key Playern des Ökosystems aus – und feierten ihre Fortschritte der letzten Monate im Rampenlicht des Abends.

“Die jungen Menschen brennen für ihr Unternehmen”

Auch teilnehmende Stakeholder aus der Innovationsszene zeigten sich begeistert von der Menschlichkeit, Kompetenz und der Hingabe, die von den Jungunternehmen vermittelt wurde. Einer davon ist Alexander Raffeiner. Der Coach und PR-Stratege durfte “die Teams im Bereich PR und Kommunikation coachen und sie auf die Pressekonferenzen vorbereiten. Für mich war es heute eine echte Belohnung, zu sehen, wie gut alle Startups ihre Ideen gepitched haben.”

Über die Begeisterung der Teams ließ sich nicht hinweg sehen: “Die jungen Menschen brennen für ihr Unternehmen. Da gibt es schon die ein oder anderen Hürden zu überwinden. Aber wenn du siehst, wie weit diese jungen Menschen es in kurzer Zeit bringen, bin ich als Coach richtig stolz”, so Raffeiner.

Niki Futter: “Das Burgenland versucht, im eigenen Umfeld Startups aufzubauen und zum Erfolg zu führen”

Auch Niki Futter, Business Angel und Vorstandsvorsitzender der invest.austria, war bei der StartUp Lounge vor Ort: “StartUp Burgenland ist ein Incubator für ein Bundesland, das versucht, im eigenen Umfeld Startups aufzubauen und zum Erfolg zu führen. Wir haben heute sieben Startups gesehen, die durch das Programm gelaufen sind. Das ist heute ihr Abschlussabend. Und man kann ihnen nur alles Gute wünschen.”

Auch die Atmosphäre des Abends ließ den Business Angel nicht unberührt: “Es war eine wunderbare Veranstaltung. Insbesondere hat es mich gefreut, Verena Krawarik von der APA wieder zu sehen, die zu den Top-Expert:innen im AI-Bereich in Österreich zählt und die hier einen doch substantiell breiten und vernünftigen Einblick in die Problematik der AI-Regulierung gegeben hat”, meint Niki Futter zu Programm und Atmosphäre des Abends.

“Ein ganz großes Danke”

Schließlich schloss StartUp-Burgenland-Leiter Martin Trink den offiziellen Teil der Veranstaltung mit den Worten: “Das ist keine One-Man-Show. Das funktioniert nur deshalb, weil wir ein großartiges Team sind. Ein ganz großes Danke an alle!”

Allen, denen es mit einer neuen Geschäftsidee nun in den Fingern juckt, bietet sich bis Ende November noch die Möglichkeit, sich zur Aufnahme in den kommenden Batch 5 des StartUp Burgenland Incubators und Accelerators zu bewerben. Im Jänner geht der neue Durchlauf an den Start – mit einer Besonderheit, wie Leiter Martin Trink verkündete:

“StartUp Burgenland – als jüngstes AplusB Mitglied – veranstaltet gemeinsam mit der aws den Business Angel Day 2025 am 23.Oktober 2025 im Schloss Esterhazy – eine ideale Gelegenheit, um Investoren und Gründer zusammenzubringen, den Austausch zu intensivieren und neue Partnerschaften zu fördern.“


Diese Startups pitchten im StartUp Walk

Friends in Flats

Mathias Molnar von Friends in Flats (c) Maze&Friends

Den ersten Pitch startete das Startup Friends in Flats, das die Vermietung von Wohnungen als Wohngemeinschaften digitalisiert und den Prozess für Wohnungseigentümer und Mieter:innen damit effizienter gestaltet. Vom StartUp Burgenland Accelerator profitierte das Team vor allem dank der “vielen Connections und hochklassigen Workshops”.

KOMO

Sebastian Kolbe von KOMO (c) Maze&Friends

Weiter ging es mit dem Startup KOMO rund um Gründer Sebastian Kolbe – er selbst ist Inhaber eines Küchenstudios. Kolbe entwickelte eine ERP-Softwarelösung für Küchenstudios – aus eigener Frustration rund um papierreiche Auftragsabwicklung und -verwaltung heraus. Das Ziel der Software ist es, Arbeitsabläufe in Küchenstudios zu digitalisieren und effizienter zu gestalten.

teamchallenge.at

Matthias und Karin Leonhardt von teamchallenge.at (c) Maze&Friends

Die dritte Station des StartUp Walks war das Jungunternehmen teamchallenge.at. Mit seiner “Outdoor-Challenge” für Firmen, Vereine, Freunde oder Familien versucht das Startup, Team-Building unkompliziert und per Smartphone im Freien zu ermöglichen. Das Gründerteam besteht aus ehemaligen Leistungssportlern im Orientierungslauf. Dementsprechend ähneln die vom Startup konzipierten Challenges einer Kombination aus Schnitzeljagd, Escape-Room und Orientierungsparcours. Mittels QR-Code lassen sich Aufgaben am Handy abrufen und interaktiv in Teams lösen.

Bimexperts

Eva Galas von Bimexperts (c) Maze&Friends

Weiter ging es mit dem Startup Bimexperts, das sich der Emissionsreduktion in der Gebäude- und Baubranche verschrieben hat. Mit ihrem Softwaretool TGA Concept will die Bimexperts GmbH in Kombination mit KI Planungsfehler, Energiekosten sowie Materialverschwendung reduzieren und damit Kosten sparen sowie die Bauqualität fördern. Somit sollen mehr Zeit und Ressourcen zur Konzeption von nachhaltigen Lösungen für Bauprojekte geschaffen werden.

FireFighter Rescue App

Lukas Thurner von FireFighter Rescue App (c) Maze&Friends

An fünfter Stelle pitchte das Startup FireFighter Rescue App. Um bei Feuerwehreinsätzen den Zugriff auf benötigte Informationen zu beschleunigen und den Informationsfluss effizient zu gestalten, hat der freiwillige Feuerwehrmann und Softwareentwickler Lukas Thurner eine App entwickelt, die digitale Vernetzung von Feuerwehren ermöglicht: Dazu wird jedes teilnehmende Einsatzfahrzeug mit einem Tablet ausgestattet, das über die FireFighter-Rescue-App Zugang zu spezifischen Informationen zum Einsatz liefert. Und damit eine sichere und effiziente Bewältigung ermöglichen soll.

Reefmaster

Stefan Kofler von Reefmaster (c) Maze&Friends

Das sechste pitchende Startup hat sich der Mission der Heim-Aquarien-Reinigung verschrieben. “Ein Aquarium ist zu viel Arbeit” soll ab sofort keine Ausrede für dessen Anschaffung mehr sein. Denn die Idee des Gründers und CEOs Stefan Kofler ist es, Meeres-Aquarien mittels nutzerfreundlicher Technologien vom “Reefmaster Piper” selbst reinigen zu lassen. Dabei handelt es sich um ein vollautomatisches Wasseranalyse-System, das bis zu 26 Arbeitstage im Jahr sparen soll. Der Reefmaster Piper übernimmt Reinigung, Wartung und Messung der Wasserqualität.

Trumpet Star

Mario Schulterer von Trumpet Start (c) Maze&Friends

Zu guter Letzt überraschte ein Pitch mit musikalischer Untermalung das Publikum auf seinem StartUp Walk: Trumpet Star verbindet digitale und analoge Lernmethoden für das Instrument Trompete. Die multimediale Technologie soll es Schüler:innen jeglichen Alters ermöglichen, per App auf Smartphone, Tablet oder im Lernheft Trompete zu lernen. Mit der Lernplattform sollen Schüler:innen auch außerhalb des Klassenzimmers beim Üben motiviert und unterstützt werden.

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