12.08.2021

Die 6 größten HR-Fehler, wenn Startups ihr Team schnell massiv vergrößern

GASTBEITRAG. Wenn Startups Millioneninvestments an Land ziehen, folgt eine massive Wachstumsphase, in der auch der Aufbau des Teams eine große Herausforderung ist.
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© Unsplash/Kohler/Montage: brutkasten
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GASTBEITRAG

Bitpanda, GoStudent, Storebox oder Refurbed – 2021 sind Finanzierungsrunden in zwei- und dreistelliger Millionenhöhe auch in Österreich nicht mehr sehr ungewöhnlich. Mit diesen massiven Finanzspritzen wird ein Wachstum finanziert, für das oft binnen kürzester Zeit auch die Belegschaft stark ausgebaut werden muss. Nicht selten verdoppelt sich die Zahl der Mitarbeiter in sehr kurzen Zeiträumen. Vor allem bei Tech-Unternehmen resultiert daraus entsprechender Druck und der Bedarf an gefragten Talenten ist enorm hoch.

Um eine Organisation erfolgreich durch eine Wachstumsphase zu führen, ist in der Regel eine Vorarbeit von 3-9 Monate notwendig um Strukturen, Prozesse und das Kernteam auf den enormen Wachstumsschub vorzubereiten. In den meisten Fällen kommt das Wachstum ganz plötzlich und durch die Dringlichkeit ist es aufgrund der vorhanden Organisations- und Personalstruktur nicht möglich, den Wachstumsanforderung gerecht zu werden. Unter diesem Druck werden immer wieder dieselben Fehler gemacht, die mittel- und langfristig verhältnismäßig kostenintensiv zu korrigieren sind.

Das führt dazu, dass man damit beschäftigt ist, Fehlbesetzungen neu zu besetzen, zeitintensives Change Management zu betreiben oder Abstriche an der Unternehmensbewertung machen muss, da man zu sehr mit operativen Tätigkeiten beschäftigt ist anstatt das Wachstumsmomentum auszuschöpfen. Daraus entstehen kulturelle und finanzielle Schäden die vorab schwer abzuschätzen sind.

1. Mangelndes Netzwerk mit Erfahrung

Eine neue Wachstumsphase bedeutet für die meisten Gründer eine Reise ins Ungewisse. Jeder Gründer der es geschafft hat, ein Unternehmen so erfolgreich zu führen wird früher oder später an den Punkt kommen, an dem die internen Talente und man selbst nicht genügend Erfahrungswerte gesammelt haben um die anstehenden Wachstumsherausforderungen zu meistern. Man sollte also den Fokus auf Talente setzen, die genau diese Herausforderungen schon einmal erfolgreich gemeistert haben.

Durch den gezielten Austausch mit einer Peer-Group von Personen, die solche Erfahrungen schon gesammelt haben, verbunden mit soliden Planungsmechansimen und konsequenter Umsetzung, können gravierende Folgefehler antizipiert werden. Umso größer eine Organisation wird und umso schneller eine Organisation wächst, desto weniger kann man in den einzelnen Bereichen involviert sein und desto schneller müssen Entscheidungen getroffen werden, deren Auswirkungen immer schwerwiegender werden.
Deshalb ist es umso wichtiger, ein aktives Netzwerk mit Personen zu pflegen an denen man sich für die einzelnen Herausforderungen orientiert oder sie als Unterstützung phasenweise mit an Board holen kann.

2. Zu wenig Transparenz und Klarheit

In Wachstumsphasen kann nicht zu viel Wert auf Kommunikation und Transparenz gelegt werden. Gründer und das Management müssen die Einstellung mitbringen, den Mitarbeitern zu vertrauen und permanent proaktiv eine klare Vision und ein Zielbild zeichnen an den sich jeder orientieren und seinen Bereich darauf auslegen kann. Regelmäßige Kommunikationsroutinen wie ein All-Hands auf Organisationsebene, Skip-level-Meetings und Updates innerhalb der jeweiligen Abteilungen kann nur von Vorteil sein. Umso transparenter relevante Informationen wie zum Beispiel konsolidierte Finanz Reportings, Personalveränderungen oder wichtige Projektupdates geteilt werden, umso effektiver können Mitarbeiter auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten und umso klarer wird es, in welchen Bereichen es noch an Verbesserungspotenzial herrscht.

3. Falsche Einschätzung des Arbeitsmarkts

Viele Gründer, Führungskräfte oder Teams wissen entweder nicht genau wonach sie suchen, können nicht klar formulieren wonach sie suchen oder haben keine realistischen Einschätzungen, ob die Wunschkandidaten-Profile realistisch am Markt verfügbar sind. Umso mehr relevante Erfahrungswerte in einem Team gesammelt wurden, desto besser kann eingeschätzt werden, welche Talente noch fehlen, um bestmöglich die Ziele zu erreichen.

Eine Stellenbeschreibung mit Skills und Qualifikationen reicht leider nicht aus. Eine Ableitung von der Vision, Organisation- und Abteilungsziele bis hin zu einer Beschreibung der Daseinsberechtigung einer Stelle und eine Projektion wie die ersten Monate idealerweise gestaltet werden, erhöht die Wahrscheinlichkeit, Stellen akkurat und fristgerecht zu besetzen.

4. Unklare Priorisierung

Jeder braucht alles gestern & sofort, das ist meistens die Realität in einer Wachstumsphase. Jedoch ist das ein Zeichen von mangelnder Priorisierung und ein Resultat von zu geringer Abstimmung innerhalb der Teams. Notwendig ist eine klare Einschätzung, was möglich ist und was aufgrund der gegebenen Ressourcen nicht möglich ist.

5. Reaktives Hiring

Kündigungsfristen, Iterationsstufen, um auf Marktfeedback zu reagieren und Time To Hire werden meist viel zu knapp eingeschätzt. Das führt dazu, dass man durch die hohe Dringlichkeit dazu gezwungen ist, eine nicht ideale Entscheidung zu treffen. Teure Fehlbesetzungen sind die Folge, die im schlimmsten Fall nicht nur finanzielle sondern auch kulturelle Schäden hinterlassen, deren Ausmaß kaum einschätzbar ist.

6. Nicht ausgelegtes HR-Setup

Wenn das HR-Setup in wachsenden Unternehmen nicht passend aufgesetzt ist, kann das viele Folgen haben. Es sind dann nicht ausreichend Ressourcen vorhanden, um den Wachstumsbedarf zu decken. Es fehlt an ausreichend qualifizierten Kandidaten im Bewerbungsprozess. Passende Kandidaten werden nicht systematisch von unpassenden Kandidaten evaluiert. Die Kommunikationsmaßnahmen sind nicht ausreichend zufriedenstellend für die Mitarbeiter. Das Management ist sehr stark in wesentlich operativen und organisatorischen Prozessen involviert.

Über den Autor

Thomas Kohler hat den Personalbereich bei einem Wiener Scaleup von der Pre-Seed Phase in die Internationalisierungssphase aufgebaut. Nach mehr als 250 Hires begleitet er Gründer & Führungskräfte durch Wachstumsphasen und baut Hochleistungs-Talent-Acquisition- & Personalabteilungen.

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N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf Onlinebank neobank n26
N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf (v.li.) (c) N26

Elf Jahre nach ihrer Gründung gelingt es der Neobank N26, über einen längeren Zeitraum profitabel zu wirtschaften. Im dritten Quartal dieses Jahres erzielte das Unternehmen zum ersten Mal ein operatives Ergebnis von 2,8 Millionen Euro im Plus. Bereits im Juni konnte die Neobank ihren ersten monatlichen Gewinn verbuchen – brutkasten berichtete.

2024: 440 Mio. Euro Umsatz

Mitte des Jahres äußerte CEO Valentin Stalf die Hoffnung, dass das gesamte Jahr profitabel ausfallen könnte. Fünf Monate später steht N26 jedoch vor einem (unbereinigten) operativen Jahresminus von etwa 20 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag das Minus noch bei 78,3 Millionen Euro.

Die aktuellen Zahlen verdeutlichen, dass es für die Neobank N26 in diesem Jahr deutlich bergauf geht. Der Umsatz wird voraussichtlich rund 440 Millionen Euro erreichen, was einem Wachstum von etwa 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Nahezu die Hälfte davon soll aus Zinserträgen stammen, ergänzt durch Erträge aus der Veranlagung von Kundengeldern und einem wachsenden Anteil aus dem Kreditgeschäft. Der Rest resultiert aus Gebühren und Provisionen.

N26: Transaktionsvolumen von 140 Milliarden Euro

Erstmals überschritt der Betrag der Kundeneinlagen in diesem Jahr die zehn Milliarden Euro. Das Transaktionsvolumen soll 2024 zudem 140 Milliarden Euro erreichen.

Nach der Aufhebung der Wachstumsbeschränkung im Juni, die von der deutschen Finanzaufsicht Bafin aufgrund von Mängeln in der Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung verhängt wurde, verzeichnet N26 aktuell mehr als 200.000 Neuanmeldungen pro Monat, wie Stalf verkündet.


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