28.06.2019

Lernen von den Design Thinking Masterminds der Uni Stanford

Andreas Jaritz, VP Client Solutions beim Grazer Unternehmen Parkside, sammelt derzeit neue Eindrücke im Silicon Valley. In einem Gastbeitrag für den brutkasten teilt er seine Learnings aus Workshops zu Design Thinking an der Uni Stanford.
/artikel/design-thinking-stanford
(c) Earl Schaffer

Vergangene Woche konnte sich eine österreichische Wirtschaftsdelegation zwei Tage lang im Design Thinking an der Stanford Universität üben. Mehr noch: Die Teilnehmer von 25 heimischen Unternehmen wurden von den Masterminds der d.school, also von den eigentlichen Erfindern der Design Thinking Methode, unterrichtet. Andreas Jaritz von den Grazer User Experience and Engineering Experten Parkside schildert seine Eindrücke und Learnings.

+++Warum das Grazer Unternehmen Parkside ins Silicon Valley expandiert+++

Design Thinking – Wovon reden wir eigentlich?

Design Thinking ist ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen führen soll. Ziel ist dabei, Lösungen zu finden, die aus Anwendersicht (Nutzersicht) überzeugend sind. Im Gegensatz zu anderen Innovationsmethoden kann bzw. wird Design Thinking teilweise nicht als Methode oder Prozess, sondern als Ansatz beschrieben, der auf den drei gleichwertigen Grundprinzipien Team, Raum und Prozess besteht. 

Action statt viele Worte

Wir reden also von einem Mindset, einer Grundhaltung, die den Nutzer ins Zentrum der Überlegungen stellt. Zum Vergleich: Beim Business Thinking, einer Denkweise die im Kontrast zu Design Thinking steht, geht es um “Optimizing your way forward”, erklärt uns Dave Evans, Autor des Bestsellers “Mach, was Du willst: Design Thinking fürs Leben” und Adjunct Lecturer auf der Stanford Uni. “Design Thinking hingegen fokussiert auf das Building-your-way-forward Prinzip. Design Thinking stellt das Tun von Menschen und für Menschen ins Zentrum, das rasche entwickeln von Prototypen – egal ob als Gespräch, Paper-Prototype oder digitales Produkt manifestiert – ist einer der zentralen Ansätze in der Design Thinking Schule.”

Die Teilnehmer österreichischer Unternehmen, darunter Marco Harfmann, Director Marketing Communications & Transformation bei A1, Clemens Kögler, VP Information Technology und CIO bei Red Bull Amerika oder Gianluca Vitale, Global Business Segment Manager bei der AVL List GmbH, rüttelten und schüttelten freudig an Ideen, bauten Prototypen und tauschten sich auch zum Thema “design your life” in den Workshops aus.

In schnellen, kleinen Schritte vorankommen

Vom legendären IDEO Gründer und Stanford Professor David Kelly hörten wir auch über das Konzept der “Guided Mastery”, bei der man in oftmals innovationsresistenten Umfeldern durch kleine Erfolgserlebnisse den Kritikern und Nein-Sagern die Angst nimmt, aber auch Vertrauen in die Innovationsmethode aufbaut.

Impressionen vom Event

Weitere Take-Aways und Learnings

Von den Vorträgen der Experten bleiben überdies Denkanstöße und Leitsätze im Gedächtnis, die hier abschließend in komprimierter Form wiedergegeben werden (Ausarbeitung/Sammlung von Georg Fürlinger (Aussenwirtschaft / Open Austria), Anpassung/Erweiterung von Andreas Jaritz).

Bernhard Roth, Hasso Plattner Institute of Design at Stanford ( d.school )

  • “You can only change things by changing things. Design Thinking has a bias towards action”
  • “Problems are opportunities”
  • “Design thinking is a culture of prototyping”
  • “Be naive, don’t be the ‘I know it all person’  – It’s the only way to unveil what’s below the Iceberg you see”
  • “Often reasons are only excuses. So don’t use reasons. They are bullshit”
  • “Trying & doing are two different things”

David Kelley, Gründer von d.school and IDEO

  • “finding the need is more important than problem solving”
  • “be comfortable with ambiguity / embrace not knowing”
  • “break down the fear of being judged”

Dave Evans, Designing your Life

  • “Design thinking helps you to figure out what you want to do next in life”
  • “there is no best You, but many good Yous”
  • “life is way-finding”

Der Workshop wurde durch die Kooperationsvereinbarung der WKO mit der Stanford Universität im Rahmen der Go International Initiative angeboten und vom AußenwirtschaftsBüro San Francisco / Open Austria veranstaltet. Insgesamt nahmen 25 österreichische Unternehmen teil, darunter Konzerne wie AVL und Andritz genauso wie mittelständische Firmen wie die Blum GmbH, Kraiburg Austria GmbH oder auch Kleinunternehmen wie die Makaro GmbH.

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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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