31.10.2022

Krypto-Bärenmarkt: Der nächste Sommer kommt bestimmt

Nachdem die wohl bekannteste Kryptowährung Bitcoin noch vor fast genau einem Jahr ihr Allzeithoch von 69.000 Dollar erreicht hat, sieht die (Krypto-) Welt inzwischen wieder ganz anders aus. Vom Höchstwert im November 2021 ist Bitcoin heute mit einem Wert von 20.000 Dollar weit entfernt - und auch andere Währungen sind vom Winter betroffen. Kryptoexpertinnen Rubey, Woollard und Merz-Lander geben ihre Einschätzung zum Kryptowinter und wie bzw. wann dieser ein Ende haben könnte.
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Astrid Woollard (Smape), Tamara Rubey (Coinpanion) und Daniela Merz-Lander (Bison) geben ihre Einschätzung zum aktuellen Kryptowinter und worauf Unternehmen unbedingt achten sollten © Woollard, Rubey, Merz-Lander, Blue Planet Studio/AdobeStock
Astrid Woollard (Smape), Tamara Rubey (Coinpanion) und Daniela Merz-Lander (Bison) geben ihre Einschätzung zum aktuellen Kryptowinter und worauf Unternehmen unbedingt achten sollten © Woollard, Rubey, Merz-Lander, Blue Planet Studio/AdobeStock

Das Jahr 2022 war u.a. geprägt von Nachrichten über Kryptosteuer, Kryptocrash und Kryptowinter. Gleichzeitig scheint die Auseinandersetzung mit Blockchains und Kryptowährungen immer mehr im Mainstream anzukommen. Zumindest weist die zunehmende Berichterstattung in öffentlich-rechtlichen TV-Sendern darauf hin. Hier wurden bspw. in den letzten Wochen mehrere Dokumentationsfilme veröffentlicht, die thematisch über Aspekte wie Krypto-Kriminalität oder den erhöhten Energieverbrauch hinausgehen und versuchen, Aufklärungsarbeit zu leisten. Der Kryptowinter ist allerdings noch lange nicht vorbei – zumindest sind sich darüber die meisten Stimmen aus der Szene einig. Der brutkasten hat mit drei Expertinnen aus der Kryptobranche gesprochen, die ihre Einschätzung über die aktuelle Situation abgeben und erklären, was Unternehmen nun beachten sollten.

Globale Krisen und Kryptowinter – Wie hängt das zusammen?

Bei den Diskussionen über den aktuellen Kryptowinter dürfe grundsätzlich nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich hier um keinen isolierten Markteinbruch in nur einer Assetklasse handelt, betont Astrid Woollard von Smape Capital gegenüber dem brutkasten. Der Crash am Aktien- und am Krypto-Markt sei zwar vorhersehbar gewesen, wurde allerdings durch diverse geopolitische Ereignisse verstärkt. “Die globalen Märkte waren 2021 zum Teil stark überhitzt, woraufhin eine Korrektur eintrat und durch weitere Krisen, wie den Ukraine-Krieg, verschärft wurden”, meint die Co-Founderin und CIO von Smape. Auch Daniela Merz-Lander, die bei der Krypto-Plattform Bison für Crypto Custody verantwortlich ist, unterstreicht diesen Hinweis und fügt dem hinzu:

“Natürlich haben die Krisen, die momentan auf der Welt zu sehen sind, einen gewissen Einfluss auf den Kryptomarkt. Neben den krypto-spezifischen Marktproblemen, wie insbesondere jenen aus dem Decentralized-Finance-Umfeld, führen Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten zu weniger liquiden Vermögen. Auch Zinssteigerungen auf der ganzen Welt haben zur Folge, dass risikoärmere Anlagen wieder attraktiver werden.”

Dieser Bärenmarkt ist anders als die anderen

Der aktuellen Situation weist Woollard allerdings eine Besonderheit zu, die in vergangenen Bärenmarkt-Phasen noch nicht erkennbar war. “Ein grundlegender Unterschied zu früheren Kryptowintern ist die stete Adoption dieser Technologie – auch von großen Marken und einer Breite von Sektoren, wie Sport, Gaming, digital Fashion, digital Collectibles und mehr”, erklärt die Co-Gründerin. So würden sich selbst traditionell konservative Wirtschaftssektoren, wie Healthcare (bspw. Pfizer und VitaDAO), inzwischen eingehend mit tokenisierten Ökonomien beschäftigen. Die Entwicklung und Einführung von web3-Applikationen für die breite Masse werde durch die derzeitigen exogenen Schocks am Markt nur beschleunigt. Gleichzeitig dürften negative Erfahrungen nicht außer Acht gelassen werden. Vorkommnisse wie der Luna-Kollaps oder der Einbruch von 3AC (Three Arrows Capital) hätten starke Defizite in der sorgfältigen Anwendung der Technik aufgezeigt, an denen laut Woollard nun gearbeitet werden müsse.

Unternehmen brauchen einen langen Atem

Tamara Rubey, Head of Legal bei Coinpanion, wirft zudem einen Blick auf den regulatorischen Rahmen in der EU, der in diesem Jahr heiß diskutiert wurde. Hierbei ist Rubey überzeugt, dass sich die kommenden Regulierungen im Kryptospace – und auf europäischer Ebene insbesondere die sogenannte MiCAR – positiv auf den Markt auswirken würden. “Das alleine wird aber noch kein Ende des Kryptowinters einleiten können. Im Moment brauchen sowohl Unternehmen, als auch Anleger:innen auf jeden Fall einen langen Atem um das aktuelle Tief zu überstehen”, so Rubey.

Zusätzlich zu diesem langen Atem erkennt Daniela Merz-Lander in der aktuellen Situation für Unternehmen eine Chance, um sich noch stabiler aufzustellen und sich intensiv mit der eigenen Strategie bzw. Produktentwicklung auseinanderzusetzen. Auf diese Weise könne man sich “volle Kraft voraus” für einen potenziellen Marktaufschwung vorbereiten, gestärkt aus der herausfordernden Zeit rauskommen und für zukünftige schwierige Marktphasen wappnen.

Astrid Woollard stimmt diesem Hinweis zu und erklärt dabei mit Blick auf ihre Erfahrungen bei Smape: “Wir setzen in solchen Bärenmarkt-Phasen auf langfristige Strategien und hochqualitative Projekte – denn gute Projekte erhalten auch in diesen Zeiten Finanzierungen zum Ausbau ihrer Geschäftsmodelle. Pre-Seed- und Seed-Stage-Investments bleiben nach wie vor risikoträchtig, wobei durch die normalisierten Bewertungen nach den Hochs im letzten Jahr, das Riskio-Rendite-Profil wieder attraktiver geworden ist”, meint die Smape-CIO.

Kryptowinter: (K)ein Ende in Sicht?

Ein genaues Ende der aktuellen Talfahrt am Markt ist nur schwer vorherzusagen. Woollard und Rubey sind sich jedoch einig: Für den Eintritt in den Bullenmarkt müsse sich die geopolitische und makro-ökonomische Situation zunächst stabilisieren – und das könne noch einige Zeit dauern. “Bei Smape gehen wir von einem längeren Winter aus, der unter Umständen noch etwa 18 Monate anhalten könnte – das nächste Bitcoin Halving findet im März 2024 statt. Wir sehen diese Phase allerdings als Chance, nun in sehr gute Projekte zu vergleichsweise niedrigen Bewertungen zu investieren”, schließt die Smape-Mitgründerin Woollard ihre Einschätzungen ab. 

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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