02.08.2024
AI ACT

Der AI Act: Tipps von der Expertin

Die Europäische Union gilt als erste Region der Welt, die den Einsatz Künstlicher Intelligenz umfassend regelt. Was der AI Act für Startups bedeutet und welche Maßnahmen sie jetzt setzen sollten.
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Eine Frau vor braunem, pinken Hintergrund.
Prof. Dr. Christiane Wendehorst (c) brutkasten

Der AI Act ist seit heute Mitternacht in Kraft. Er betrifft Startups, die KI-Anwendungen entwickeln und auch solche, die sie verwenden. Die EU will damit KI regulieren und sicherstellen, dass die Technologie nicht zur Gefahr für Grund- und Menschenrechte wird.

Die Vorarbeiten zur KI-Verordnung sind bereits seit mehr als fünf Jahren im Gange. Darin verwoben sind auch Vorschläge der Wiener Rechtswissenschafterin und Expertin für Digitalisierung und Innovation im Recht Christiane Wendehorst. “Ganz viel von dem, was wir jetzt auch in der KI-Verordnung sehen, wurde im Prinzip 2018 entwickelt”, erzählt sie im brutkasten-Talk.

AI Act: Risikopyramide als Herzstück

Die Struktur der KI-Verordnung ist jene eines Produktsicherheitsgesetzes. Das heißt, sie klassifiziert KI-Anwendungen nach ihrem Risikopotenzial und definiert, wie diese Gefahren von KI-Herstellern als auch KI-Usern einzuschätzen und einzudämmen sind. Als „Herzstück“ der KI-Verordnung gilt die Risikopyramide. Die für KI-Systeme geltenden Regeln sind gestaffelt nach deren Risiko und dabei folgen sie dem Prinzip: Je größer das Risiko, desto größer die Pflichten.

zeigt eine Pyramide
eigene Darstellung I Die Risikopyramide der KI-Verordnung

Für Startups bedeutet diese Risikopyramide zunächst, dass sie selbst Einschätzungen ihrer KI-Anwendungen vornehmen müssen. Der Gesetzgeber hat eine Einteilung für KI-Systeme erstellt und sogenannte Hochrisiko-KI-Systeme definiert, die in Artikel 6 der KI-Verordnung sowie im Anhang III festgelegt sind. Startups, die ein KI-System entwickeln oder verwenden, müssen nun also überprüfen, ob ihr System unter diese Risikostufe fällt. Wenn dem so ist, müssen sie die genauen Anforderungen in dieser Risikoklasse beachten.

ACHTUNG: Der Anhang III zu Hochrisiko-KI-Systemen kann von der Kommission laufend ergänzt werden, daher sollten Startups diesen Anhang im Blick behalten.

Fristen: keine Panik, aber auch kein Müßiggang

Für alle, die ob des Inkrafttretens nervös werden, gilt: Keine Panik. Die KI-Verordnung geht mit großzügigen Übergangsfristen einher. Wer sich mit der KI-Verordnung beschäftigen sollte, sind Startups, die KI-Anwendungen entwickeln oder diese für ihr Unternehmen verwenden. Für sie gilt es sich in der nächsten Zeit anzuschauen, in welche Risikoklasse die KI eingestuft wird. Die Rechtswissenschafterin rät Startups, diese Risikoeinschätzung bald vorzunehmen. “Nicht kalkulieren: Ich lasse mir jetzt erst einmal Zeit und es wird schon nicht so arg sein und dann warte ich bis zum letzten Tag”, so Wendehorst.

eigene Darstellung I Daten: RTR-Servicestelle

Nach dem Inkrafttreten gilt erst einmal eine Übergangsfrist von sechs Monaten. Viele der Vorschriften betreffen Startups, wenn sie Hochrisiko-KI-Systeme verwenden. Die Vorschriften von Kapitel 1 und 2 werden nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten anwendbar. Erst in einem Jahr sind dann General Purpose AI Systeme dran. Die meisten Vorschriften werden erst in 2 Jahren anwendbar und manche sogar erst nach 36 Monaten.

ACHTUNG: Umsetzungsschritte bedürfen in manchen Fällen Zeit und Vorbereitung. Es gilt daher bereits in der Übergangsfrist zu schauen, welche Systeme des Startups in eine Risikoklasse fallen könnten.

Das Spannungsfeld der KI-Verordnung

“Der risikobasierter Ansatz bedeutet, dass nicht alle KI-Systeme oder alle algorithmischen Systeme, die wir haben, gleichermaßen reguliert werden. Weil damit würden wir auch die Innovation hemmen, damit würden wir die KI-Entwicklung in Europa hemmen”, erklärt Wendehorst die Vorteile der Risikopyramide.

Die KI-Verordnung reguliert in einem Bereich, der sich im Spannungsfeld zwischen Sicherheitsbedürfnis und Innovationspotenzial befindet. Genau deshalb wäre der risikobasierte Ansatz angebracht, weil er Verhältnismäßigkeit in den Vordergrund stelle, meint die Rechtswissenschafterin. “Es muss eben strikt nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip vorgegangen werden”, sagt sie. Im brutkasten-Talk beschreibt sie das Potenzial der Verordnung sowohl Risiko von KI einzudämmen, als auch Innovation zu erlauben.

Startup-Innovationen waren Streitpunkt bis zum Schluss

Den Gesetzesentwurf hat die Kommission im April 2021 vorgelegt. Dann kam die Veröffentlichung von ChatGPT und daraufhin die weltweite Verbreitung von Künstlicher Intelligenz im Hausgebrauch. Das änderte natürlich auch die Anforderungen an die Verordnung. So wurde der Vorschlag an KI-Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck angepasst und überarbeitet.

Dieser Aspekt der Verordnung war nicht unumstritten, denn genau in diesem Punkt hat man Innovationshemmnisse gesehen. Christiane Wendehorst weiß über die schwierigen Verhandlungspunkte und sagt, dass “einige Mitgliedstaaten plötzlich große Bedenken hatten, dass ihre eigenen Startups, sozusagen die Risingstars am KI-Markt, hier möglicherweise zu stark eingeschränkt würden”.

Diese Bedenken hätte man aber in den Verhandlungen lösen könnn. “Man hat bestimmte Dinge abgeschwächt, Kompromisse gefunden und vor allem muss man sagen: Am Ende hat dann der gemeinsame Wille überwogen, diese KI-Verordnung auf den Weg zu bringen”, resümiert die Rechtswissenschafterin.

Der EU AI Act will globale Standards setzen

“Unser KI-Gesetz wird auch einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung globaler Leitplanken für vertrauenswürdige KI leisten”, kündigte Ursula von der Leyen den Anspruch der EU an, mit der KI-Verordnung globale Vorbildwirkung für sichere KI-Entwicklungen zu haben. Mit der KI-Verordnung ist Europa nicht nur die erste Region der Welt, die den Einsatz künstlicher Intelligenz umfassend reguliert, sie will damit auch weltweit Standards in der KI-Sicherheit setzen.

Dass das eine gute Entscheidung der Europäischen Union war und am Ende den Startups in der Region zu Gute kommt, davon ist Christiane Wendehorst überzeugt. Hätte sich die EU auf diese Verordnung nicht einige können, “wäre das ein enormer Gesichtsverlust für Europa gewesen”, sagt sie.

Sie sieht den unternehmerischen Vorteil in der KI-Verordnung darin: “Wenn die EU nicht reguliert hätte, hätten die Mitgliedstaaten im Prinzip regulieren können, wie sie das für richtig halten. Dann hätten wir einen Flickenteppich in der EU gehabt, wir hätten vielleicht einige Mitgliedstaaten gehabt, die ein sehr innovationsfeindliches Regime etabliert hätten und das wäre für die Unternehmen nicht gut gewesen. Unternehmen brauchen Planungssicherheit und deswegen wollten am Ende im Grunde alle diese KI-Verordnung haben.”, sagt die Professorin der Universität Wien im brutkasten-Talk.

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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