15.04.2024
NACH DEM EXIT

“Den Druck zu haben, wenn wir es nicht schaffen, vermisse ich nicht” – Johanna Konrad

Johanna Konrad, Founderin von kompany reminisziert in der brutkasten-Reihe "Das Leben nach dem Exit" über die damalige Zeit, das Signing und erzählt von der Umstellung, Teil eines Corporates zu sein.
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Konrad, Leben nach dem Exit, Exit, Wie geht Exit
(c) brutkasten - Johanna Konrad von kompany.

Das von Russell Perry, Peter Bainbridge Clayton, Andrew Bunce und Johanna Konrad 2012 in Wien gegründete RegTech kompany hat 2022 den Exit geschafft. Genauer gesagt fand das Signing Ende 2021 statt, im Jahr darauf das Closing des Deals. Damals hatte die Analytics-Tochter der US-Ratingagentur Moody’s das Startup, das eine Plattform für Business KYC bzw. KYB (Know Your Customer/Business) betreibt, übernommen. Über die Summe wurde Stillschweigen vereinbart.

Johanna Konrad war über acht Jahre lang bei kompany tätig, zuerst als CSO, dann als COO. Nach dem Exit blieb sie im Unternehmen und arbeitet an der Weiterentwicklung des Produkts. In der brutkasten-Reihe “Das Leben nach dem Exit” spricht sie über die Zeit rund um den Exit, ihre Learnings und wie das Signing zu siebt in einem Zimmer vonstattengegangen ist.


Konrad und Team waren 2021 eigentlich nicht auf der Suche nach einem Exit, sondern befanden sich mitten in einer Funding-Runde, um ihre Tätigkeiten zu vergrößern und weiter auszubauen. Sie wurden dann proaktiv kontaktiert.

Konrad: “Ohne Hoffnung, den Weg zum Exit gefunden”

“Unsere Gespräche mit Moody’s Analytics sind sehr rasch vorangeschritten, weil wir gleich am Anfang gesehen haben, dass das schon ein super strategischer Fit ist”, sagt sie. Man habe damals schnell gemerkt, dass der Zugang zu Unternehmensinformationen aus Handelsregistern weltweit für die Verifizierung von Unternehmen ein Teil sei, den Banken oder andere, die unter Regulierung stehen, für das Onboarding brauchen. Und dass es dafür auch weitere Informationen benötige. Es kam schlussendlich die Erkenntnis, dass man gemeinsam ein Gesamtpackage aus einer Hand anbieten könnte. “Das kam in den Gesprächen irgendwie schnell zum Tragen. So sind wir da hineingeraten und haben ohne Hoffnung den Weg zum Exit gefunden.”

Der gesamte Video-Talk zum Nachsehen

Für Konrad waren die Exit-Gespräche nicht wirklich ein “Rollercoaster” der Gefühle, doch sie und ihre Co-Founder stellten sich damals die Fragen, ob es wirklich der richtige Zeitpunkt sei, zu verkaufen, oder ob man nicht doch eher etwas größer werden sollte.

“Man spürt ein bisschen Wehmut”, erinnert sie sich und meint damit, das eigene “Baby” abzugeben und das Gefühl schwinden zu sehen, Entscheidungen zu treffen. Und nicht mehr sagen zu können “das machen wir jetzt”.

“Ich glaube aber, gerade in dem Feld, wo wir uns bewegen, ist es sehr wichtig, dass man mit einem Angebot dasteht, das wirklich den Painpoint trifft”, betont Konrad. “Deswegen wurde auch der emotionale Aspekt des Ganzen recht schnell positiv.” Und es kam, wie es kam: zum Verkauf und zu lehrreichen Momenten.

Learnings und Erwartungshaltung

Eines der größten Learnings von Konrad rund um den Exit drehte sich um Erwartungshaltung. Kompany hatte sich zu dieser Zeit die Hilfe einer Investmentbank gesucht und u.a. gehofft, dass jene in ihrem Sinne argumentiert und vor Moody’s darstellt, warum ihr Produkt wertvoll sei.

“Sie waren auch wirklich hilfreich, was das ganze Organisatorische betrifft”, betont Konrad. “Wir bekamen große Unterstützung beim Aufbau von ‘data rooms’ und diversen Faktoren für ‘Due Dilligence’. Aber wir waren ein bisschen blauäugig und haben gedacht, dass wir mehr ‘outsourcen’ können. Und nur noch elegant den Raum zu Gesprächen betreten. Man glaubt ja immer, man ist großartig vorbereitet. Mit vielen abgelegten Dokumenten, alles strukturiert, man hat Präsentationen erstellt. Aber dann haben Gesprächspartner ein bisschen andere Fragen und man muss auf die Schnelle Neues bereitstellen. Auch wenn Personen beim Exit helfen, kennen sie natürlich die internen Gegebenheiten oder das Produkt nicht im Detail.”

Linearer Prozess

Als es dann zur Sache ging, empfand Konrad den ganzen Prozess als linear und effizient. Sieben Leute sind angereist, man traf sich in einem Zimmer, arbeitete Details und im Nachgang technische “Due Dilligence”-Aspekte aus, widmete sich Legal- und Financial-Thematiken: “Es war alles gut strukturiert und ging rasch voran”, erinnert sie sich.

Den genauen Moment der Unterzeichnung nahm die Founderin als “komisches Gefühl” wahr. “Wir sind mit Anwälten vor Ort gesessen und haben unterschrieben, unterschrieben und unterschrieben”, sagt die Founderin. “Dann waren wir fertig und haben uns nur angesehen. Und uns gefragt, ob es das war.”

Konrad und die Frage nach der Party-Lust

Eigentlich war es Konrads Vorhaben gewesen, gemeinsam den Exit zu feiern, doch ähnlich wie bei Prescreen-Founder Constantin Wintoniak und dessen Startup-Verkauf, schlug auch hier die Müdigkeit beim kompany-Team zu. Man wusste in den Momenten nach dem Signing nicht wirklich, ob man “Lust auf Party” hatte.

Statt einem riesigen Fest wurde später und zeitgleich zum zehnjährigen Firmenjubiläum eine Feierlichkeit mit dem ganzen Team veranstaltet, das, wie Konrad erwähnt, sehr positiv auf den Exit reagiert habe. Denn, man konnte mit der bisherigen Arbeit weitermachen und das Produkt ausbauen. Vor allem das gesicherte Umfeld und eine neue Infrastruktur wurden gut aufgefasst.

Neuorientierung

Heute sind Johanna Konrad und fast das gesamte kompany-Team bei Moody’s Analytics angestellt; mussten aber natürlicherweise mit der neuen Situation auch erstmal umgehen lernen. Ein neues und intensives Umfeld mit unbekannten Personen, eine weitaus größere Kollegen- und Kolleginnenschaft; all das fühlte sich für die Founderin ein wenig wie in einem neuen Job an.

“Man muss sich in einem neuen Ökosystem zurechtfinden, das dauert ein wenig”, präzisiert Konrad. “Wir gehören zu der Know Your Customer-Operating Unit. Die besteht aus so unterschiedlichen Teilen, die mit der Zeit dazugekommen sind. Das heißt, wir sind nicht in einen Zug eingestiegen, der schon fix fertig war, sondern das war ein Zug ohne Sitze und ohne Fenster. Und wir bauen das jetzt alle zusammen.”

Der Erlös, den Konrad durch den Exit erhalten hat, hat bei ihr – wie bei anderen aus der “Leben nach dem Exit”-Reihe – die Existenzängste aufgelöst. Konrad stellte sich, wie nicht unüblich bei Menschen, die eine Lebensveränderung durchgehen, Sinn-Fragen. Unter anderem, was sie jetzt überhaupt machen möchte.

Eine neue Rolle: Investorin

Neben der Weiterentwicklung des Produktes unter dem Schirm von Moody’s Analytics bedeutet für sie die Antwort darauf, auch als Startup-Investorin in Erscheinung zu treten.

“Ich möchte etwas machen, bei dem ich das Gefühl habe, es ist sinnvoll”, sagt sie. “Die Möglichkeit nutzen, etwas weiterzugeben.”

Das tat sie als Mentorin bei Female Founders, sie begleitet zudem Unternehmerinnen aktiv und investiert in Fin- und Health-Tech. “Das Kitzeln nach spannenden Ideen kann man als Business Angel gut ausleben. Aber etwas komplett Neues zu machen, das hätte ich bis heute nicht verspürt.”

Konrad: “Man entwickelt Gelassenheit”

Den Exiterlös auf dem Konto erlebt Konrad aber nicht nur als Existenzabsicherung, sondern als Gefühl, dass man ein bisschen unbeschwerter die Dinge vorantreiben kann.

“Ich glaube, man entwickelt auch eine gewisse Gelassenheit, weil man lernt, dass die Sachen, auch wenn sie vollkommen unmöglich erscheinen, dann doch möglich sind”, sagt sie abschließend zu ihrer neuen Situation nach und rund um den Exit. “Aber jetzt diesen Druck zu haben, wenn wir es nicht schaffen, dann werden wir insolvent, den vermisse ich nicht.”

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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