16.12.2021

Das gesetzliche Krypto-Dilemma der österreichischen Banken

Gastbeitrag: Die „Nationale Risikoanalyse der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ ist für Banken eine Herausforderung und könnte dem Krypto-Standort Österreich schaden.
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Matthias Reder © beigestellt/unsplash/Montage
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Im Mai 2021 wurde die „Nationale Risikoanalyse der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ durch das Bundesministerium für Finanzen für Österreich aktualisiert. Diese NRA ist ein wichtiger Bestandteil von unternehmensinternen Risikoanalysen von Firmen, welche in direkten Bezug zum Finanzmarkt-Geldwäsche Gesetz (FM-GwG) stehen oder diesem unterliegen.

Es stellt somit Inhalte dar, die für Österreich bindend sind und in der eigenen Analyse aufgearbeitet werden müssen. Das bringt österreichische Banken und Finanzdienstleister in eine prekäre Situation. Bankkunden, welche ihre Kryptogewinne redlich gekauft, gelagert und veräußert haben, stehen nun unter einem gesetzlich angeordneten Generalverdacht in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, wenn eine direkte Transaktion mit Kryptobezug vom Hausbankkonto stattgefunden hat.

Keine Differenzierung zwischen Bitcoin und Monero

Der Gesetzgeber sieht hier KEINERLEI Differenzierung in Bezug auf „Kryptowährungen“ vor. Es ist pauschal von virtuellen Währungen bzw. Kryptoassets die Rede und das kann defacto alles sein. Ob der Kryptowert open source sämtliche Transaktionsdaten zur Verfügung stellt (zB Bitcoin) also quasi pseudonym funktioniert oder dies komplett anonym durchführt (zB Monero) ist dem österreichischen Gesetzgeber keinerlei Unterscheidung wert. Alles ist gleich und stellt laut BMF in Bezug auf die Gefahr zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung eine „sehr hohe Bedrohung“ dar. In der Begründung wird pauschal angeführt, dass sich Kryptowerte sinngemäß technisch ganz einfach dazu eignen und es daher als große Bedrohung eingeordnet wird.

In Deutschland besser gelöst

Dies ist insofern beachtlich, da hier unser großes Nachbarland Deutschland bereits 2019 zu einem anderen Ergebnis bei einer genaueren Betrachtungsweise kommt. In der deutschen Version der nationalen Risikoanalyse ist in einem ganzen Kapitel aufgeschlüsselt, wie der Gesetzgeber Kryptowerte in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einreiht. Alleine schon die Herleitung ist differenziert und zielt auf eine zentrale Unterscheidung in pseudonym und anonym ab. Der deutsche Gesetzgeber kommt zum Schluss, dass die Bedrohung mit mittel-niedrig bewertet wird. In der Begründung wird angeführt, dass es dzt. für Deutschland nur geringe Fallzahlen gibt und es wenn es um Geldwäsche geht noch immer hauptsächlich Bargeld genutzt wird.

Wie ergeben sich solche Unterschiede von „mittel-niedrig“ in Deutschland bis „sehr hoch“ in Österreich in der Beurteilung der gleichen Kategorie – nämlich Kryptowerte? Dazu habe ich leider weder eine Antwort noch eine Vermutung, jedoch sind die beiden Begründungen alleine für den geschätzten Leser schon sehr aufschlussreich.

Gefährdungslage gering

Was man sagen kann ist, dass die Gefährdungslage anhand von Echtdaten zB von der Firma Chainalysis immer besser dargestellt wird. Dies unter anderem in dem aktuellen Crypto Crime Report welcher für das Jahr 2020 bei lediglich 0,34% aller Kryptotransaktionen einen direkten Bezug zu illegalen Aktivitäten herstellt. Leider sind weder für Deutschland noch für Österreich länderspezifische Daten abrufbar.

Große Herausforderung für Banken

Den schwarzen Peter haben damit im ersten Schritt die österreichischen Banken, weil für diese natürlich das Ergebnis der NRA bindend ist. Soweit die aktualisierte Version Eingang in den diversen Risiko- und Compliance-Handbüchern genommen hat, darf die Bank bei Transaktionen mit Kryptobezug ihre verstärkte Sorgfaltspflicht per Gesetz nicht vernachlässigen und ist dadurch zum Handeln gezwungen. Dies kann auf unterschiedlichste Art und Weise passieren. Mittels Rollbalken und direkter Aufkündigung des Kundenkontaktes oder mit vermehrtem Dokumentationsaufwand und Transaktionsanalyse vor allem durch den Bereich Compliance und AML. Die MitarbeiterInnen in diesen Abteilungen sind damit extrem gefordert, da Bankkunden mitunter das komplette Kryptosystem in ihrer Veranlagungsstrategie nutzen und es daher heißt: LAUFENDE AUS- UND WEITERBILDUNG.

Potenziell 800.000 Betroffene

Es mehren sich also gerade Bankkunden von Instituten, welche die Aktualisierung bereits in ihrer Risikoanalyse eingearbeitet haben, mit Beschwerden im Umgang mit ihren Transaktionen. Wieviele Betroffene können das in Österreich sein? Laut Umfrage des Handelsverbands im Jahr 2021 besitzen 14% aller erwerbsfähigen Österreicher Kryptowerte. Was sollen die Banken tun? 800.000 ÖsterreichInnen einfach das Konto kündigen? Bitcoin & Co. kommen immer mehr in der Gesellschaft an und für Banken die hier einen rigorosen Kurs iSv Kontokündigung einschlagen, wird es schlichtweg weniger Kunden in Zukunft zu betreuen geben.

Ich lege mich eindeutig fest: es gibt keine 800.000 GeldwäscherInnen in Österreich! Diese Menschen haben zum überwiegenden Teil gezielt Kryptowerte in ihre private Veranlagungsstrategie eingebracht und möchten ihre entstandenen Gewinne auch einmal realisieren. Viele davon haben lediglich FIAT in Krypto getauscht – dann HODL betrieben – dann wieder verkauft. Da muss es doch in Kombination mit einem offiziell bei der FMA registrierten Dienstleister in Bezug auf virtuelle Währungen und der Hausbank Möglichkeiten geben, diesen Kunden solche Arten von Transaktionen ohne große Probleme durchzuführen. Und natürlich gibt es auch die schwarzen Schafe. Diese sind überall zu finden, das möchte ich gar nicht bestreiten oder darüber hinwegsehen.

Ausländische Kryptobörsen

In Bezug auf die wachsende Sensibilisierung von Transaktionsinformationen der österreichischen Banken, ist dies auch für Dienstleister in Bezug auf virtuelle Währungen bermerkbar. Meinen eigenen Beobachtungen bei Coinfinity zufolge hat sich die Situation mit Transaktionen von und zu offiziell registrierten Dienstleistern in Bezug auf virtuelle Währungen aus Österreich (aktuell 21), auf www.fma.gv.at abrufbar bis 2021, deutlich verbessert. Die Banken kannten die heimischen Akteure und den Registrierungsstandard der FMA in Bezug auf VASP – virtuell asset service provider. Durch die aktualisierte NRA waren sie jedoch zum zusätzlichen Handeln gezwungen und das wirkt sich natürlich auch auf das Tagesgeschäft aus. Nicht zu unterschätzen sind jedoch Kryptotransaktionen von ausländischen Kryptobörsen. Hier ist die Bank sehr wohl gefordert zwischen einem in Deutschland registrierten Anbieter wie zB Coinbase oder einer überhaupt nicht registrierten Plattform wie Binance zu unterscheiden.

Pauschale Verurteilung durch FMA-Chefs

Ins Bild der generellen und pauschalen hohen Risikobewertung von Kryptowerten passen da leider auch die undifferenzierten Aussagen der beiden FMA-Chefs aus dem September 2021, welche davon ausgehen, dass einfach so pauschal 80% aller Kryptoprojekte einen betrügerischen Hintergrund hätten. Da darf man sich nicht wundern, wo die sehr hohe Bedrohungsbetrachtung des BMF auch herkommt.

Doch wie geht es weiter? Die nächsten Blockchain-Massenphänomene abseits von Bitcoin und Co. sind da (zB NFT) bzw. stehen in den Startlöchern (zB Meta/Facebook). Was also konkret tun?

Zwei konkrete Maßnahmen

Ich plädiere für zwei konkrete Maßnahmen: Einerseits massiv beim Thema Aus- und Weiterbildung der entsprechenden MitarbeiterInnen zu Kryptowerten in Banken und Behörden zu investieren und zweitens den Gesetzgeber und die Aufsicht zu einer differenzierteren Betrachtungsweise und damit einer genaueren Beschreibung der echten Bedrohungslage aufzurufen.

Es geht hier auch um den Kryptostandort Österreich. Wo andere Regionen der Welt (zB Florida/Miami oder New York) um Firmen und MitarbeiterInnen zT Bitcoin, Kryptowerte & Blockchain buhlen wäre hierzulande eine Verschlechterung der Situation ein fatales Signal an die Kryptobranche. Alleine die Tatsache, dass wenig bis gar keine offiziell registrierten Dienstleister in Bezug auf virtuelle Währungen eine Hausbankverbindung in Österreich aufweisen können, sollte uns hier mehr als zu Denken geben.

Bei diesem Gastbeitrag handelt es sich ausschließlich um die Privatmeinung des Autors Mag. (FH) Matthias Reder.

Über den Autor

Matthias Reder hat nach 20 Jahren im österreichischen Bankensektor die „Seiten“ gewechselt und arbeitet seit 2018 bei der Coinfinity GmbH, aktuell in der Position eines Bitcoin Key Account Managers, und ist selbstständig als Anwendungsberater zum Thema Sicherung von Krypto Assets tätig.

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AniMate, Ertri nken, Schwimmflügerl, Kidner schützen vor ertrinken, Wasserschutz, Schwimmschutz
(c) AniMate - Das T-Shirt von AniMate, das Kinderleben retten soll.

Die Grundidee zu AirMate entspringt aus zwei tragischen Vorfällen: 2020 ertrank ein vierjähriges Kind im Dorfsee in Feldkirchen an der Donau. Bereits da wurde bei AirMate-Co-Founder Christopher Brummayer das Bewusstsein dafür geschärft, die Wassersicherheit zu erhöhen. Als dann später auf einer Bachelor-Reise in Kroatien ein weiterer Ertrinkungsunfall geschah, war die Entscheidung gefallen.

AirMate-Ursprung

Brummayer schrieb dazu auf der Website: “Meine persönliche Erfahrung als Zeuge eines Ertrinkungsunfalls hat mich dazu bewogen, ein T-Shirt zu entwickeln, das die Rettungszeiten verkürzt und Leben rettet. Mein persönliches Ziel ist es, Familien vor solchen Tragödien zu bewahren”.

Konkret hatte ein Mitstudent im Pool einen Schlag ins Gesicht bekommen und sein Bewusstsein verloren. Er sank, wurde aus dem Wasser gezogen und reanimiert. “Jeder war perplex”, erinnert sich Brummayer. “Einige haben sich um die Reanimation gekümmert, die anderen den Notruf gewählt, wo es aber auch Probleme gab. Der Euro-Notruf hat uns eine Telefonnummer durchgegeben, wir mussten dann zuerst die exakte Adresse herausfinden und durchgeben.”

All dies habe zwar rund eine halbe Minute gedauert, sich aber wie Stunden angefühlt, weiß der Founder zu berichten. Um die Rettungszeit beim Ertrinken zu verkürzen, gründete er deshalb gemeinsam mit Melissa Leibetseder und zwei weiteren Co-Foundern sein Wasser-Rettungs-Startup und entwickelte AirMate One.

5 Sekunden

Dabei handelt es sich um einen “Ertrinkschutz”, der aus zwei Hauptkomponenten besteht: einem T-Shirt (für Kinder von zwei bis sechs Jahren) aus recyceltem Materialien mit integriertem Sonnenschutz und einem neuartigen elektronischen Auslösemechanismus. Das T-Shirt ist so konzipiert, dass es normal getragen werden kann und die Bewegungsfreiheit des Kindes nicht einschränkt. Der elektronische Auslöser öffnet im Notfall eine CO2-Patrone, die das Shirt aufbläst und das Kind innerhalb von fünf Sekunden in eine sichere Rückenlage dreht.

Ein Vorteil von AirMate One sei seine spezielle Technologie zur Aufmerksamkeitserregung auf “kleinstmöglicher Baugröße”. Sobald das T-Shirt aufgeblasen ist, beginnt der Auslöser zu blinken und spielt einen Notfallton ab, um die Aufmerksamkeit von Erwachsenen in der Nähe zu erregen. Auf diese Weise soll eine schnelle Rettungsreaktion erleichtert werden, selbst wenn keine direkte Aufsichtsperson in der Nähe ist.

AirMate begann als Universitätsprojekt

“Als ich das auf der Bachelorreise miterleben musste, wusste ich, dass ich alles daransetzen werde, damit niemand an diesem schrecklichen Tod sterben muss”, sagt der heutige CEO. “Das AirMate One ist das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses, der durch die Notwendigkeit angetrieben wurde, eine effektive Lösung für die Sicherheit von Kleinkindern in der Nähe von Wasser zu schaffen.”

Das Startup startete als Universitätsprojekt und hat sich seitdem zum Ziel gesetzt, innovative Produkte zu entwickeln, die dazu beitragen, solche Unfälle zu verhindern und die Sicherheit von Kindern weltweit zu verbessern. Das AirMate One ist ab sofort per Crowdfunding erhältlich und kann vorbestellt werden. Die Auslieferung soll im nächsten Jahr starten.

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