18.01.2020

So steht die DAAA zum Thema Blockchain im Regierungsprogramm

Die Digital Asset Association Austria (DAAA) hat sich das Regierungsprogramm in Bezug auf das Thema Blockchain im Detail angeschaut. Der Verein hat die wichtigsten Punkte zusammengefasst und bewertet.
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DAAA
(c) DAAA

Die Digital Asset Association Austria (DAAA) setzt sich in Österreich als Verein für die nachhaltige Entwicklung des Ökosystems für digitale Vermögenswerte ein. In diesem Zusammenhang verfolgt sie nicht nur das Ziel eine Interessenvertretung für Startups und Unternehmen im Bereich digitaler Vermögenswerte zu sein, sondern möchte auch die Allgemeinheit über diese Thematik informieren – der brutkasten berichtete bereits über die Arbeit der DAAA.

Nachdem bereits zahlreiche Vertreter aus der heimischen Startup- & Innovationsszene Stellung zum Regierungsprogramm bezogen, meldet sich nun auch die DAAA zu Wort – genauer gesagt zum Thema “Kryptoökonomie und Blockchain”. In einer ausführlichen Stellungnahme fasst sie die wichtigsten Punkte zusammen und bewertet sie. Dazu zählen unter anderem die Fortführung Fintech-Beirats, die Harmonisierung auf  EU-Ebene oder Besteuerung von Krypto-Assets.

Generell begrüßt die DAAA, dass das Thema Blockchain in das Regierungsprogramm Eingang gefunden hat und freut sich auf die weitere enge Zusammenarbeit mit der neuen Regierung. Die gesamte Stellungnahme inklusive aller Details lest ihr im folgenden:

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Die DAAA-Stellungnahme

Blockchain ermöglicht viele neue Anwendungsfälle bei denen mehrere Organisationen auf einer gemeinsamen technischen Basis zusammenarbeiten möchten. Damit können neue Geschäftsmodelle effizienter, transparenter und kostenoptimierter umgesetzt werden. Eine starke Positionierung Österreichs in diesem Bereich würde es ermöglichen, dass österreichische Unternehmen auf diese Entwicklungen frühzeitig aufbauen können.

Umsetzung & klare Guidelines

Entscheidend wird sein, wie die tatsächliche Umsetzung erfolgt. Viele Bereiche bei der Umsetzung von Blockchain Projekten müssen derzeit noch geformt werden. Durch klare Positionierung zur Förderung dieser Technologie kann Österreich nicht nur einer führenden Rolle einnehmen, sondern sich auch als innovativer Hub für die Weiterentwicklung dieser Technologie positionieren.

Dies setzt voraus, dass neben einem Masterplan auch konkrete Schritte gesetzt werden. Diese Schritte betreffen insbesondere die Unterstützung in der Schließung von etwaigen rechtlichen Graubereichen mit klaren Guidelines.

Fintech-Beirat &  Harmonisierung auf EU-Ebene

Allgemein begrüßt die DAAA auch die Schaffung eines einheitlichen rechtlichen Rahmens im Zusammenhang mit Investitionen in Blockchain. Rechtssicherheit ist aus Sicht der DAAA ein wesentliches Element, welches die volle Nutzung der Blockchain-Technologie erst ermöglichen wird. Etwaige nationale Regulierungen sollten aber jedenfalls gemeinsam mit den wesentlichen Stakeholdern erarbeitet und diskutiert werden, etwa im Rahmen des Fintech-Beirats. Generell erscheint aus Sicht der DAAA eine harmonisierte Regulierung auf EU-Ebene wünschenswerter, da Angebote übers Internet nicht an Ländergrenzen enden.

Über die Schaffung der entsprechenden Hygienefaktoren hinaus würde die DAAA auch eine entsprechende klare Kommunikation und ein Bekenntnis der Politik zu ihren Entscheidungen wünschen: „Ein großer Faktor den wir in anderen Ländern bei der Etablierung als Branchenstandort beobachten können ist stets auch eine klare, offene Kommunikation getroffener Entscheidungen und erlassener Regelungen. Unklarheit ist einer der größten Dämpfer für die Ansiedlung neuer Technologien, aktuell versuchen Blockchain Pionier Länder dies auch durch symbolpolitische Gesten zu unterstützen”, sagt Bernhard Blaha, Vorstandsmitglied DAAA.

Als Spinoff des Fintech Beirats des BMF begrüsst die DAAA ausdrücklich, dass der Fintech-Beirat in der neuen Legislaturperiode fortgeführt wird. „Der Fintech-Beirat hat einen wesentlichen Beitrag zum gemeinsamen Verständnis neuer Technologien zwischen Verwaltung, Aufsicht und der Wirtschaft geführt. Damit kann schnell auf neue Technologien reagiert werden”, so Chris Miess, Obmann der DAAA

Die Blockchain Punkte im Detail aus dem Regierungsprogramm:

Erstellung eines Masterplans der nicht nur die Blockchain Technologie, sondern auch Kryptowährungen umfasst. Blockchain selbst hat das Potential neue Formen der automatisierten Zusammenarbeit zu ermöglichen. Dieses Potential geht dann auf, wenn sowohl private als auch öffentliche Einrichtungen zusammenarbeiten und gemeinsam Daten austauschen möchten. Darüber hinaus stellen Kryptoassets in einzelnen Blockchain-Projekten einen wesentlichen Bestandteil dar, um die Verrechnung und Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen zu ermöglichen und sollten daher neben dem Technologieaspekt in zukünftigen Maßnahmen mitbedacht werden. 

Mit der Schaffung einer vorausschauenden österreichischen Positionierung zur Förderung, Anwendung und Regulierung der Blockchain-Technologie und ihrer unterschiedlichen Anwendungen, ist es insbesondere wichtig, dass hier innerhalb der Interpretation der Gesetze in Bezug auf Blockchain-Technologien ein Weg gefunden wird, der die Umsetzung derartiger Projekte in Österreich ermöglicht.

Digitale Wertpapiere

Die DAAA begrüßt weiter auch die geplante Vorantreibung der Digitalisierung am Finanzmarkt und im Wertpapierbereich, sowohl die Einführung digitaler Wertpapiere, als auch die weitere Bekämpfung der Finanzmarktkriminalität. Auch hier sollte der Input von FinTech-Unternehmen nicht unterschätzt werden, weshalb eine Fortführung dieser Diskussionen im FinTech-Beirat wünschenswert ist.

Besteuerung von Krypto-Assets

Offene und ungeklärte Fragen zur Besteuerung von Krypto-Assets und Blockchain und die damit zusammenhängende Rechtsunsicherheit erschweren derzeit die Ansiedlung von Startup-Unternehmen in diesem Bereich. Aus der Sicht der DAAA besteht der Wunsch nach mehr Information um eine ordnungsgemäße Besteuerung sicherzustellen.

Festzustellen ist, dass der Finanzverwaltung in Bezug auf die Besteuerung von Krypto-Assets derzeit noch nicht flächendeckend das erforderliche Know-How zur Verfügung steht. Damit eine einheitliche Vorgehensweise der Finanzverwaltung gewährleistet wird, sollten offene Fragen in Zusammenhang mit der Besteuerung von Krypto-Assets in einer Arbeitsgruppe (gemeinsam mit Vertretern des BMF, zB im Rahmen des FinTech-Beirates) bearbeitet werden.

Die Ergebnisse sollten z.B. in Form eines Erlasses (=Verwaltungsanweisung an die Finanzämter) ihren Niederschlag finden. “Viele konkrete Fragen liegen seit geraumer Zeit am Tisch und benötigen eine Klärung” nennt Natalie Enzinger, Vorstandsmitglied der DAAA und auf Digital Assets spezialisierte Steuerberaterin der ersten Stunde, beispielhaft:

 

  •  Analyse ob Einkünfte aus Krypto-Assets in den Katalog des § 27 EStG (Kapitalvermögen) unter Anwendung des begünstigten Steuersatzes gem. § 27 a Abs 1 EStG (27,5%) aufgenommen werden soll.

 

  • Klarstellung, das Forschungsprämie für Innovationen im Bereich Kryptowährungen & Blockchaintechnologie gewährt werden kann 

 

  • Klärung der offenen ertragssteuerlichen und bilanziellen Fragen (Bewertung, Verbrauchsfolgeverfahren, Gewinnrealisierung, etc) für den Handel mit Kryptowährungen im betrieblichen Bereich

 

  • Klärung der ertragssteuerlichen, umsatzsteuerlichen und bilanziellen Behandlung von Staking-Aktivitäten/Betreiben von Masternodes/Nodes, Airdrops & Blockchain Forks sowie Klärung des Umfanges der Umsatzsteuerbefreiung (Hedqvist)

 

  • Ermöglichung einer angemessenen Verwertung von realisierten Kursverlusten von Privatanlegern. Derzeit können Verlust im Privatbereich nicht verwertet bzw. vorgetragen werden, wohingegen in Deutschland  ein Verlustrücktrag möglich ist. 

 

Einsatz von Blockchain im öffentlichen Bereich

Besonders begrüßt die DAAA, dass Investitionen in Blockchain-Technologien unterstützt werden sollen und auch der Einsatz im öffentlichen Bereich evaluiert wird. Das Potential der Technologie kann nur gemeinsam gehoben werden. Durch die enge Zusammenarbeit kann Österreich zeigen, wie es auf den aktuellen Zug der Entwicklung aufspringt und hier reale Anwendungsfälle umsetzt. Die Unterstützung von Exzellenzzentren wie dem von DAA-Beirat Prof. Taudes geleiteten Austrian Blockchain Center an der WU Wien wird diese Entwicklungen ebenfalls unterstützen.

„Die bewusste Hereinnahme des Themas in das Regierungsprogramm verdeutlicht nochmal die Wichtigkeit und wir freuen uns als DAAA in den nächsten Jahren intensiv an diesem Thema mitzuarbeiten“, so DAAA Generalsekretär Richard Lutschounig abschließend.

Videoarchiv: Die DAAA-Vorstände Anita Posch und Christopher Miess im Video-Talk

Live mit den beiden Vorständen der soeben gegründeten Digital Asset Association Austria, Bitcoin & Co. mit Anita Posch und Chris Miess!

Gepostet von DerBrutkasten am Mittwoch, 21. November 2018

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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