03.08.2023

Cycle-Gründer: “E-Bike-Markt noch lange nicht gesättigt”

Das Berliner Startup Cycle rund um den österreichischen Gründer Luis Orsini-Rosenberg hat sich in der jüngsten Finanzierungsrunde 10,3 Millionen Euro gesichert. Im brutkasten-Interview geht der Gründer auf die Anfänge des Startups, das rasante Wachstum und sowie die aktuellen Herausforderungen im E-Bike-Sektor ein.
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Luis Orsini-Rosenberg, Gründer von Cycle, steht vor der Kamera, im Hintergrund ist das Brutkasten Logo zu sehen
(c) brutkasten

Luis Orsini-Rosenberg ist Gründer des Berliner Startups Cycle, das sich kürzlich ein Investment von über 10,3 Millionen Euro gesichert hat. Das Unternehmen bietet Full-Service-Mobility-Lösungen für Lieferdienste an, mittlerweile sind über 10.000 E-Bikes von Cycle im Einsatz. Im brutkasten-Talk spricht Orsini-Rosenberg über die Unternehmensgeschichte, die E-Bike-Branche und Zukunftspläne.

Ursprünglich wurde Cycle 2018 in Wien von Orsini-Rosenberg und seinem Cousin Nikodemus Seilern als GetHenry gegründet. Das anfängliche Konzept war, Flotten von E-Scootern an Hotels zur Verfügung zu stellen, unter anderem an das Hotel Sacher. Während der Covid-Lockdowns wurden die Scooter dann von den Hotels selbst benutzt, um Dinge wie Sachertorten auszuliefern.

Von der E-Bike-Not zur Eigenproduktion

Der Sprung zu Lieferplattformen wie dem damaligen Mjam (heute Foodora) war dadurch nicht weit. „Wir sind aber im Laufe der ersten Tests recht schnell draufgekommen, dass E-Scooter vielleicht nicht das ideale Fortbewegungsmittel sind für Lieferungen“, so Orsini-Rosenberg. Somit kam die Entscheidung, die E-Scooter zu verkaufen und E-Bikes anzuschaffen. Nach Bekanntgabe der Partnerschaft mit Mjam „hat sich eine Schlange vor dem Büro gebildet an Kurieren, die E-Bikes von uns haben wollten. Die haben uns teilweise Geld angeboten, um in der Warteschlange vorgereiht zu werden.“ 15 Räder hatte Cycle damals am Start, die sofort ausgebucht gewesen waren.

Zu Jahreswechsel 2020/2021 kamen durch den pandemiebedingten Lieferboom auch Anfragen anderer Firmen, unter anderem vom Lieferdienst Gorillas in Berlin. Durch die hohe Nachfrage und zu langen Bike-Lieferzeiten haben sich die Cousins dazu entschlossen, selbst E-Bikes zu produzieren. Die ersten eigens produzierten Räder kamen Anfang 2022 auf den Markt.

E-Bike-Markt noch lange nicht gesättigt

Doch der Lieferboom der Pandemie sollte nicht für immer andauern. Erst im Juli diesen Jahres gab der niederländische E-Bike-Hersteller Vanmoof seine Insolvenz bekannt. „Das ist natürlich ein Schock für die gesamte Industrie“, so Orsini-Rosenberg. Trotzdem sieht er keine Gefahr für sein eigenes Unternehmen: „Das Modell von Vanmoof ist von unserem aber ziemlich weit entfernt. Es war sehr stark B2C fokussiert.“ Cycle sei zu 90 Prozent im B2B-Bereich aktiv. Auch betonte Orsini-Rosenberg das eigene starke Serviceangebot – was bei Vanmoof gefehlt habe.

Aktuell ist Cycle in 85 europäischen Städten aktiv. Orsini-Rosenberg sieht auf dem B2B-Markt aber noch lange keine E-Bike-Sättigung: “Der Großteil aller Lieferungen auf der letzten Meile wird nach wie vor mit Vans durchgeführt.“ Besonders im Paketbereich sei hier noch viel zu tun. Der Trend gehe hier in Richtung Same-Day-Delivery, aber auch Nachhaltigkeit in der Zustellung sei Kunden wichtig. “Das sind zwei Trends, die in unsere Hände spielen.“

10,3 Millionen Series-A-Investment

Diese positiven Aussichten spiegeln sich auch in der jüngsten Series-A-Finanzierungsrunde über 10,3 Millionen Euro wider. Unter anderem ist Scania Growth Capital eingestiegen. Die Gründer haben sich aus strategischen Gründen für die Skandinavier entschieden, da sie einiges an Erfahrung im Lieferbereich mitbringen würden. Ein gutes Argument, um die Finanzierung zu sichern, war das zwar mittlerweile gesunkene, aber immer noch eindeutige Wachstum des Unternehmens. Sie seien derzeit noch nicht profitabel, sind aber „immer sehr, sehr nahe an der Profitabilität geblieben“, so Orsini-Rosenberg. Cycle möchte bis zum ersten Quartal 2024 profitabel sein.

Durch eine Partnerschaft mit der niederländischen Firma Rad Power Bikes gibt es seit Kurzem auch einen Vertrieb an Endverbraucher. Durch ein monatliches Abo können beispielsweise Familien Longtail-Cargo-Bikes mieten, in denen es möglich ist, bis zu zwei Kinder zu transportieren. Orsini-Rosenberg hält die Möglichkeit, auch den Rest der eigenen Flotte im B2C-Bereich einzusetzen, offen: „Natürlich liegt der Fokus nach wie vor auf dem Liefersegment. Aber was geliefert wird, spielt keine so große Rolle. Es könnten eben auch Kinder sein.“

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Wie steht es um die Haltung und Aktivitäten rund um Nachhaltigkeit in der heimischen Wirtschaft? Ein umfassendes Bild liefert eine neue Befragung der Unternehmenberatung Deloitte, die gemeinsam mit Foresight im Herbst 2024 über 400 Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen befragt hat.

Strategische Verankerung fehlt

Das Ergebnis: Unternehmen erkennen zunehmend die Relevanz von Nachhaltigkeit. So schätzen 86 Prozent der Befragten das Thema als entscheidend für ihren künftigen Geschäftserfolg ein. Zudem haben mehr als die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Dekarbonisierung eingeleitet, etwa durch Photovoltaikanlagen oder den Umstieg auf grünen Strom. Diese Maßnahmen bleiben laut Deloitte jedoch häufig oberflächlich. Die strategische Verankerung von Nachhaltigkeit im Kerngeschäft – inklusive klarer Zielsetzungen – ist oft nicht ausreichend ausgeprägt.

“Zwar setzen viele Betriebe bereits Einzelmaßnahmen um, aber es fehlen die strategische Verankerung sowie klar definierte und laufend überprüfte Nachhaltigkeitsziele. Die nachhaltige Transformation kann allerdings nur mit einem klaren strategischen Fokus gelingen“, so Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory & Financial Advisory bei Deloitte Österreich.

Geschäftskunden üben Druck aus

Besonders der Druck aus den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen treibt Unternehmen an. 60 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Geschäftskunden (30 Prozent) sowie öffentliche und private Kunden die Haupttreiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind. Dieser Druck wird durch strikte Berichtspflichten und die zunehmende Nachfrage nach Transparenz verstärkt.

Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen. 61 Prozent der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 Prozent) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen.

Investitionsbereitschaft geht zurück

Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000,- bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent gesunken.

Ein wesentlicher Stolperstein ist die fehlende Klarheit bei der Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht. Rund ein Viertel der Unternehmen in Österreich weiß noch nicht, ob sie von der neuen Berichtspflicht betroffen sind, was Unsicherheiten bei der Planung verstärkt. Gleichzeitig bleibt die Bürokratie für viele kleinere Unternehmen eine fast unüberwindbare Hürde.



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