04.01.2019

Cyber Security: Der Kampf gegen Lücken

Unternehmen gehen trotz wachsender Gefahren immer noch zu sorglos mit der Sicherheit ihrer Daten um. Dabei gibt es leistbare Lösungen – zumindest für die technische Ebene.
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Cyber Security
(c) fotolia/peshkov

Mitten auf der Autobahn ließ sich das Fahrzeug plötzlich nicht mehr beschleunigen. Die Geschwindigkeit sackte abrupt auf 40 km/h ab. Die Autotüren verriegelten sich von selbst, die Klimaanlage blies mit voller Leistung – schließlich versagten sogar die Bremsen. Der Alptraum war so echt wie inszeniert: Die beiden US-Programmierer Charlie Miller und Chris Valasek hatten sich über eine Sicherheitslücke via WLAN-Schnittstelle in den Bordcomputer eines Jeep Cherokee gehackt und während der Fahrt die vollständige Kontrolle über das Fahrzeug übernommen. Der Hack wurde 2015 für einen Artikel des Wired-Magazin durchgeführt. Das Opfer war ein vorab gebriefter Reporter, der das Fahrzeug lenkte. Die brachiale Offenlegung der Sicherheitslücke zwang Chrysler zum Rückruf und zur Nachrüstung von 1,4 Millionen Fahrzeugen.

Bis 2021 rund sechs Billionen US-Dollar Schaden

Wenn immer mehr Systeme auf intelligente Weise vernetzt werden, dann wachsen auch die Zahl und Möglichkeiten für “Sweet Entry Points” von Cyberattacken. Bis 2021 wird der geschätzte Schaden durch Cybercrime angeblich auf jährlich sechs Billionen Dollar angewachsen sein, steht im Cybercrime Report des Security Marktführers Herjavec Group. US-Milliardär Warren Buffet glaubt gar, dass Cyberattacken künftig Nuklearwaffen den Rang als größte Bedrohung der Menschheit ablaufen werden.

Seit den 1990ern hat sich die IT-Security in Relation nicht erhöht

Eine Spur weniger drastisch formuliert Joe Pichlmayr: “Cyberkriminalität durchdringt unser gesamtes Ökosystem und macht nicht vor unseren Rechenzentren halt”, sagt der CEO von Ikarus Security, einem Pionier der heimischen Branche. Für den Ikarus-Chef liegt das auch daran, dass man trotz technischer Aufrüstung auf der Stelle trete: “Seit den 1990ern hat sich die IT-Security in Relation nicht erhöht, weil es heute viel mehr Einfallstore und Anwender als früher gibt, und das macht Systeme verwundbarer.”

Für 68 Prozent der CEOs ist IT-Security eine rein technische Angelegenheit

Wie sorglos Unternehmen trotz rasant wachsender Risiken weiterhin mit ihren Daten umgehen, zeigt der aktuelle Global Data Risk Report des US-Securityschmiede Varonis: Bei vier von zehn der weltweit gescannten repräsentativen Firmen waren mehr als 1.000 sensible Datensätze für Außenstehende zugänglich, darunter etwa Kreditkarteninformationen oder Krankenakten.

In einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfers KPMG besprechen zwar 74 % der Unternehmen Cyberrisiken auf Führungsebene. Gleichzeitig betrachten aber 68 % der CEOs das Thema als rein technische Angelegenheit. Für Ikarus-Chef Pichlmayr ist das Problem ein systemisches: “Jede Maßnahme die wir ergreifen, führt dazu, dass der Angreifer noch höher springt oder tiefer gräbt. Da muss man sich eingestehen, dass dieser Wettkampf eine Komplexität angenommen hat, die viele Unternehmen überfordert.”

Klassisches IT-Security-Toolset reicht oft nicht aus

Ein klassisches Toolset aus Firewall, Anti-Virus-Programm und so genannten Penetration Tests durch externe Anbieter ist laut Pichlmayr dann auch zu wenig: “Mir muss als Unternehmen bewusst sein, dass wir stärker interagieren müssen. Ich kann den operativen IT-Bereich und dessen Sicherheit an einen hochspezialisierten Anbieter outsourcen. Dann brauche ich kein Sicherheitsexperte meines eigenen Systems zu werden, das wäre auch weit weniger effizient.”

Offensity von A1 als “Chief Ethical Hackers”

Einer dieser hochspezialisierten heimischen Anbieter ist das Startup Offensity. Wobei Offensity eigentlich kein echtes Startup ist, weil es aus einem “Intrapreneurship”-Bewerb bei A1 Digital als eines von drei Siegerprojekten hervorging. “Auch in unserem Unternehmen hat man erkannt, dass wir im Security-Bereich einen höheren Reifegrad brauchen”, sagt Aron Molnar. Ziel von Offensity sei es, sowohl internen Nutzen als auch ein Produkt für den Markt zu generieren.

+++ Offensity-Gründer zur Cyber-Security: „Eine Sicherheitsgarantie kann es nicht geben” +++ 

Die Funktion von Molnar ist in etwa die eines “Chief Ethical Hackers”. Bis zum erfolgreichen Pitch hatte sich Molnar als Auftragstäter in Systeme gehackt, um Schwachstellen offen zu legen. Das tut der prämierte Systemknacker – 2015 errang er bei der “European Cyber Security Challenge” in Luzern den ersten Platz –, immer noch, aber ganzheitlicher: “Wir haben das Problem erkannt, dass Sicherheitsberichte für Unternehmen oft einen Tag nach dem Security Audit schon wieder hinfällig sind, weil täglich 40 neue Sicherheitslücken veröffentlicht werden.”

Automatisierung der Cyber Security

Offensity scannt Systeme und insbesondere Schwachstellen wie Exchange-Sever kontinuierlich nach dokumentierten Lücken und liefert automatisierte Risikoeinschätzungen mit Empfehlungen und technischen Details. “Wir sind der erste Anbieter, der leistbare, vollautomatisierte Security-Services anbietet”, sagt Molnar. Mit der Vollautomatisierung versucht Offensity eine Nische zu besetzen, die so noch nicht serviciert wird und sich vor allem an KMU richtet. Für Startups biete der gesamte Sektor Cyber Security lukrative Chancen: “Auch dort gibt’s zwar wenig, was es noch nicht gibt. Aber wie in jeder Branche können sich gute Ideen durchsetzen.”

Ungleichgewicht zwischen Angreifer und Verteidiger

Eines kann aber auch die Spezialisierung nicht ändern: das Ungleichgewicht zwischen Angreifer und Verteidiger. Letzterer muss alle Systemlücken permanent abdichten, während die Cyberattacke nur eine einzige Schwachstelle benötigt. “100-prozentige Sicherheit wird es nie geben. Wenn man Systeme nicht knacken kann, dann knackt man eben Menschen”, sagt Molnar.

Tatsächlich ist der Mensch vor allem als Anwender das größte Sicherheitsrisiko. Und dafür gibt es einen simplen Grund: Die Schwächen von Mitarbeitern auszunutzen, dafür braucht es eben keine Rocket Science. “Ein Angreifer kommt mit so genannten Social-Engineering-Attacken viel einfacher weiter als mit ausgefeilten technischen Methoden”, sagt Markus Klemen, CEO des Forschungsclusters SBA-Research. “Das Einbringen von Schadsoftware mit USB-Sticks, die als Werbemittel verteilt werden, oder das Einsammeln heikler Daten mit gefälschten Gewinnspiel-Mails, haben enorm hohe Erfolgsraten.”

Für den Ernstfall vorbereiten

Welches Ausmaß künftige Cybercrime-Attacken annehmen können, ist Zukunftsmusik. Ikarus-Chef Pichlmayr empfiehlt schlicht, auch mit dem Schlimmsten zu rechnen: “In Zeiten des Kalten Kriegs hat es eine hohe Awareness für die Selbstversorgung mit Notrationen gegeben. Die Bevorratung sollte künftig wieder stärker thematisiert werden, weil die größer werdenden Abhängigkeiten dazu führen, dass das System nicht sicherer wird. Anders gesagt: Es ist nicht Gottgegeben, dass der Strom immer aus der Steckdose kommt und mein Handy immer ein Netz hat.”


=> zur Page von Ikarus Security 

=> zur Page von Offensity

Videoarchiv: Live vom roundtable Cyber Security mit der brutkasten und A1

Live vom .roundtable Cyber Security mit der brutkasten und A1

Live vom .roundtable Cyber Security mit Markus Grausam, CEO und CTO von A1, Aron Molnar, Hacker und Ideengeber zu “Offensity”, Markus Klemen, CEO von SBA Research und Joe Pichlmayr, Geschäftsführer von IKARUS Security Software.

Gepostet von DerBrutkasten am Donnerstag, 4. Oktober 2018

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Tractive
(c) Tractive - (v.l.) Wolfgang Reisinger, COO/CFO bei Tractive und Founder Michael Hurnaus.

Was im Mai 2024 – siehe hier – angekündigt wurde, ist nun wahr geworden. Damals hatte Tractive CEO Michael Hurnaus gesagt, man bewege sich noch heuer auf über 100 Millionen Euro ARR (Annual Recurring Revenue – eine wichtige Kennzahl für Startups mit Abo-Modellen) zu. Nun ist dieser Milestone geschafft.

Tractive erreicht Ziel, das nur wenigen Abonnementunternehmen gelingt

Wie der Gründer auf Linkedin beschreibt, haben er und sein Team nach zwölf Jahren harter Arbeit, Hingabe und der Verbesserung des Lebens von Millionen von Haustiereltern ein lang angestrebtes Ziel erreicht: “100 Mio. € ARR bei Tractive – etwas, das nur sehr wenige Abonnementunternehmen jemals erreichen”.

Er sagt: “Wir sind besonders stolz darauf, dass wir dieses Niveau erreicht haben, während wir Hunde- und Katzenbesitzern helfen, indem wir Produkte entwickeln, die das Leben unserer Kunden wirklich zum Besseren verändern – und das mit viel Spaß.”

Das Abo-Modell

Damit Abo-Modelle wie jene von Tractive funktionieren, müsse man, laut Hurnaus Worten aus dem Spätfrühling, “dem Kunden zuerst erklären, dass es Sinn macht, ein Abo abzuschließen, und dass das nicht reine Abzocke ist”. Nach Erfahrungswerten bot das Scaleup schließlich ein Monats-, Jahres- und Zweijahres-Abo an – jeweils in einer Basic- und Premium-Variante.

Damit, so hieß es damals, gewinne man deutlich mehr Nutzer:innen für das Jahresabo – konkret um 20 Prozent mehr. Schließlich falle der Monatspreis mit der Abo-Dauer. Bezahlt wir das Abo im Voraus.

“Unser ständiges Bemühen, Produkte zu entwickeln, die in ihrer Kategorie führend sind, zahlt sich aus”, so Hurnaus auf Linkedin weiter. “Wir haben das Unternehmen fast aus dem Nichts aufgebaut und benötigten im Laufe der Jahre nur sehr wenige Finanzmittel.”

Tractive: USA als Erfolgstreiber – das Valley aber nicht als Vorbild

Das Tractive-Team hat während seiner gesamten Reise jeden einzelnen Euro in die Verbesserung ihrer Produkte, in die Einstellung von Mitarbeiter:innen aus der ganzen Welt und in den Aufbau der Unternehmenskultur investiert.

“Unser Team besteht aus rund 270 talentierten Mitarbeiter:innen und wir wachsen weiter. Wir sind auch weiterhin auf der Suche nach den besten Talenten und werden noch selektiver vorgehen, um nur die außergewöhnlichsten Mitarbeiter einzustellen, die wir finden können”, so Hurnaus weiter.

Seit knapp dreieinhalb Jahren ist das Pet-Tech auch in den USA vertreten. Im Vorjahr konnten die Staaten sogar Deutschland bei der Anzahl der Tractive-Kunden überholen. Hurnaus dazu: “Die USA sind nach wie vor unser am schnellsten wachsender Markt, und wir werden dieses Wachstum weiter vorantreiben.”

Nach zwölf Jahren erwartet Tractive, dass sich diese Dynamik fortsetzt, und prognostiziert ein Wachstum von rund 40 Prozent im Jahr 2025. “Ein gesundes Wachstum, das heißt: nachhaltig, ohne Massenkündigungen oder übermäßige ineffiziente Marketingausgaben”, erklärt Hurnaus abschließend. “Das ist der österreichische Weg, im Gegensatz zum Silicon-Valley-Ansatz (der für viele Unternehmen funktioniert, aber nicht unser Stil ist)”.

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