15.07.2022

Crypto Weekly #65: Was die Celsius-Pleite für den Markt bedeutet

Diese Woche: Am Markt ging es nach dem Erholungsversuch der Vorwoche abwärts. Die Lending-Plattform Celsius ist jetzt offiziell zahlungsunfähig. Beim ebenfalls insolventen Krypto-Fonds 3AC ist sogar unklar, ob die Gründer nicht untergetaucht sind. Und der wichtigste NFT-Handelsplatz OpenSea ist das nächste große Kryptounternehmen, das Jobs abbaut.
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Celsius
Foto: Adobe Stock

Das brutkasten Crypto Weekly ist unser wöchentliches Briefing zu Kryptomarkt und -branche. Es kann hier als Newsletter abonniert werden. Jeden Freitag blicken wir auf die wichtigsten Kursbewegungen und Nachrichten der Krypto-Woche zurück.


Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 20.900 US-Dollar (-4 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 1.200 Dollar (-2 %)
  • BNB: 238 Dollar (-1 %)
  • Solana (SOL): 38 Dollar (-1 %)
  • Avalanche (AVAX): 20 Dollar (-1 %)

Kryptomarkt fällt nach US-Inflationsdaten 

Er war nicht von besonders langer Dauer, der Erholungsversuch der Vorwoche. In der ersten Juli-Woche hatten die großen Krypto-Assets jeweils um rund zehn Prozent zugelegt. Daran anknüpfen konnten sie diese Woche nicht. Im Gegenteil: Seit vergangenem Freitag ging es insgesamt leicht abwärts. Das Markttief wurde diese Woche am Mittwoch erreicht. Gegen Ende der Woche legten die Kurse dann wieder leicht zu.

Was am Mittwoch den Markt bewegt hatte, ist klar: Es waren die US-Inflationszahlen. Die hohe Teuerung setzt die US-Notenbank Fed seit Monaten unter Druck – sie reagiert mit Zinserhöhungen, die wiederum die Kurse von Aktien wie auch von Krypto-Assets belastet haben. Am Mittwoch wurden nun die Daten für Juni veröffentlicht: Die Inflationsrate stieg auf 9,1 Prozent – stärker als erwartet. Im Schnitt hatten Analysten 8,8 Prozent prognostiziert. Der Preisdruck lässt vorerst also nicht nach. Was auch heißt: Die Fed wird sich weiter dranbleiben müssen.

Die Futures auf den US-Aktienmarkt fielen deutlich, nachdem die Daten (vor US-Börsenbeginn) veröffentlicht worden waren. Und auch Bitcoin wie Ethereum erreichten ihre Wochentiefs in der halben Stunde nach Bekanntwerden der Daten. 

Allerdings: Im Lauf des Handelstags setzte sich am Markt dann offenbar die Ansicht durch, dass die erste Reaktion auf die Daten übertrieben war. Der Tech-Index Nasdaq-100 ging schließlich nur mit einem knappen Minus aus dem Handel. Auch am Kryptomarkt entspannte sich die Situation etwas. Einer der Gründe dafür könnte sein, dass die Benzinpreise in den USA seit Juni wieder gefallen sind – was in den nun veröffentlichten Zahlen aber noch nicht enthalten war. Dazu kommt: Das Szenario einer schrumpfenden Wirtschaft wird auch in den USA immer wahrscheinlicher. Und in einer Rezession könnte die Fed ihre Zinserhöhungen wohl nicht fortsetzen.

Lending-Plattform Celsius jetzt offiziell insolvent – aber wie groß ist die Bilanzlücke wirklich?

Seit Wochen zeichnet es sich ab – und jetzt ist es endgültig Realität: Die auf Verleih von Krypto-Assets spezialisierte Plattform Celsius ist offiziell zahlungsunfähig. Das Unternehmen hat einen Sanierungsantrag nach “Chapter 11” der US-Insolvenzrechts eingereicht. Das bedeutet: Celsius soll saniert und weitergeführt werden – anders als bei “Chapter 7”-Anträgen, bei denen zahlungsunfähige Unternehmen liquidiert werden.

Mitte Juni hatte Celsius, wie berichtet, sämtliche Auszahlungen von seiner Plattform gestoppt. Kundinnen und Kunden hatten somit keinen Zugriff mehr auf ihre Gelder. Dieser Schritt kam einen Tag, nachdem CEO Alex Mashinsky entsprechende Gerüchte auf Twitter noch entschieden dementiert hatte.

Was dann passierte: Über den offiziellen Twitter-Account oder den Unternehmensblog meldete sich das Unternehmen ein paar Mal zu Wort, um zu versichern, dass man an einer Lösung arbeite – ohne jedoch konkreter zu werden. Die sonst regelmäßig abgehaltenen Twitter Spaces und “Ask me Anything”-Sessions (AMAs), bei denen User Fragen stellen können, wurden ebenfalls ausgesetzt

Dann gab es Gespräche mit der Kryptobörse FTX und deren Gründer Sam Bankman-Fried (SBF), der bereits einigen anderen angeschlagenen Krypto-Unternehmen unter die Arme gegriffen hatte. Medienberichten zufolge hat SBF aber schnell das Interesse verloren. FTX soll demnach festgestellt haben, dass in der Bilanz von Celsius eine Lücke von 2 Mrd. Dollar klafft. 

Nun also der Antrag auf ein Sanierungsverfahren. Und tatsächlich zeigen die nun eingereichten Unterlagen einen Fehlbetrag von 1,2 Mrd. Dollar. Zumindest auf dem Papier. Denn Celsius hat in seiner Bilanz beispielsweise Bestände des eigenen CEL-Token mit 600 Mio. Dollar bewertet. Hier stellt sich aber klarerweise die Frage, ob der tatsächliche Wert damit adäquat abgebildet ist – oder ob da nicht eine Wertberichtigung fällig wäre. Gut möglich also, dass die kolportierten 2 Mrd. Dollar Fehlbetrag von FTX tatsächlich so festgestellt wurden – weil man die bilanzierten Werte nicht für bare Münze (no pun intended) genommen hat.

CEO Mashinsky beteuerte in der öffentlichen Stellungnahme, dass er überzeugt sei, dass der Schritt “der Community” (also den Kunden) nutzen werde und das Unternehmen für die Zukunft stärken würde. Aussagen wie diese sind der übliche PR-Sprech und bieten darüber hinaus nicht besonders viel Erkenntnisgewinn.

Was die Pleite für den Markt bedeutet: Nicht mehr viel. Sie hat sich seit Wochen abgezeichnet. Und spätestens seit der Rettungsversuch durch FTX gescheitert war, war klar: Da gibt’s nicht mehr viel Hoffnung.

Gründer von zahlungsunfähigen Kryptofonds 3AC untergetaucht?

Ebenfalls schwer in Bedrängnis geraten ist in den vergangenen Wochen der Krypto-Hegdefonds Three Arrows Capital (3AC) rund um Zhu Su. Der sonst auf Twitter sehr aktive Mitgründer wurde daraufhin recht still. Anfang Juli wurde dann bekannt, dass ein Gericht auf den britischen Virgin Islands die Liquidation des Fonds angeordnet hat. Ein Insolvenzverwalter – die britische Beratungsfirma Teneo – versucht dabei die noch vorhandenen Assets zu verkaufen, um zumindest Teile der ausstehenden Kredite noch begleichen zu können.Völlig unklar war aber zunächst, wie viel an werthaltigen Assets überhaupt noch vorhanden ist. 

Diese Woche kam nun ein weiterer Aspekt dazu: Nicht nur Geld fehlt, angeblich auch die Gründer selbst. Aus bei einem New Yorker Gericht eingereichten Unterlagen geht hervor, dass die Insolvenzverwalter offenbar keine Informationen dazu haben, wo sich Zhu Su und sein Mitgründer Kyle Davies überhaupt befinden. Zwar sei ein Anwalt auf die Insolvenzverwalter zugekommen, der angab, 3AC zu vertreten. Die beiden Gründer würden jedoch bisher “in keiner nennenswerten Weise” mit den Insolvenzverwaltern kooperieren.

Nur wenig später erwachte Zhu Sus Twitter-Account wieder zum Leben: Er veröffentlichte zwei Mails seines Rechtsvertreters an den Insolvenzverwalter und warf diesem im Wesentlichen vor, selbst an einer Zusammenarbeit nicht interessiert zu sein. In einem der Schreiben wurde zudem behauptet, dass die Insolvenzverwalter es verabsäumt hätten, ein Kaufrecht für einen noch nicht gelaunchten Token der Layer-2-Skalierungslösung StarkWire auszuüben und somit 3AC Schaden zugefügt hätten.

Wie dem auch sei: 3AC ist in der Situation, in der sie sind, weil das Risikomanagement des Fonds offenbar mehr als mangelhaft war. Die Strategie, nun die Insolvenzverwalter anzugreifen und sich selbst als Opfer darzustellen, ist eher ungewöhnlich, um es einmal zurückhaltend auszudrücken. 

Jetzt auch Jobabbau bei NFT-Handelsplatz Opensea

In dieser Ausgabe war wieder mal viel von Pleiten die Rede. Da ist es schon fast positiv, wenn wir jetzt “nur” zu einem Jobabbau kommen. Es geht um OpenSea, den führenden Handelsplatz für Non Fungible Token (NFT). 

Der Kryptowinter und der abgeklungene NFT-Hype machen sich auch beim im Jänner 2022 mit 13 Mrd. Dollar bewerteten Unicorn bemerkbar: OpenSea wird 20 Prozent der Belegschaft abbauen, gab CEO Devin Finzer diese Woche bekannt. Durch die Maßnahme sei man nun für unterschiedliche Ausprägungen eines Kryptowinters in den kommenden Jahren gerüstet – nach aktuellem Stand sei damit die Finanzierung des Unternehmens für fünf Jahre gesichert.

Der Kontext: OpenSea ist damit das nächste in einer Reihe an großen Krypto-Unternehmen, die Kündigungen in umfassendem Ausmaß vorgenommen haben – zuvor hatten bereits unter anderem Coinbase, Gemini, Crypto.com oder in Österreich auch Bitpanda Jobs gestrichen.

Der NFT-Bereich ist davon ebenfalls stark betroffen: Das auf der Ethereum-Blockchain abgewickelte NFT-Handelsvolumen auf OpenSea ist nach Zahlen von Dune Analytics vom im Jänner erreichten Rekordwert von über 4,8 Mrd. Dollar auf knapp 700 Mio. Dollar im Juni gefallen.


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vlnr.: Verena Handler-Kunze. Peter Buchroithner, David Pflügl und Thomas Schranz | (c) Waffle
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Viele haben es versucht und nur die Allerwenigsten haben es geschafft: Ein neues soziales Medium zu etablieren ist wohl so etwas wie die Königsklasse im Startup-Bereich. Und das, obwohl das Lamento über die Riesen am Markt allgegenwärtig ist. Auch Peter Buchroithner, Thomas Schranz, David Pflügl und Verena Handler-Kunze sind mit dem bestehenden Angebot nicht zufrieden. Mit Rakun, das eine App für neurodivergente Menschen betreibt, haben die vier erst dieses Jahr ein neues Startup gegründet, wie brutkasten berichtete. Nun kommt mit Waffle ein weiteres dazu.

Waffle: “Back to the roots der sozialen Medien”

“Bei Waffle geht es sozusagen back to the roots der sozialen Medien. In den letzten Jahren habe ich das Gefühl, dass die Verbindung zu den Menschen, mit denen ich eigentlich Kontakt haben will, bei den gängigen Social-Media-Plattformen verloren gegangen ist. Facebook ist voller Werbung und Memes, auf Instagram sieht man Gelegentlich eine Hochzeit, aber es ist dominiert von Influencern, die dir etwas verkaufen wollen, und auf TikTok sind Leute, die tanzen und dich unterhalten”, sagt Peter Buchroithner im Gespräch mit brutkasten.

Auch auf Messaging-Apps wie WhatsApp und Telegram sei man zusehends mit Werbung konfrontiert und private und berufliche Kontakte würden sich mischen. “Jeder, der irgendwann einmal deine Nummer gehabt hat, kann dir einfach schreiben”, sagt Buchroithner. Das Team habe aber einen Ort schaffen wollen, wo man wirklich nur mit seinen besten Freund:innen kommuniziert.

Kein “Geschwafel” bei Waffle

Beziehungsweise “von ihnen hört”. Denn Waffle setzt auf Voice-Messages. “Man hat nicht immer Zeit, mit seinen Freunden zu telefonieren, aber es ist schön und man fühlt sich mehr verbunden, wenn man ihre Stimme hört. So sind wir auf das Thema Voicenotes gekommen”, sagt Buchroithner. Nicht nur im Namen setzt das Startup beim Social-Media-Trend “Wednesday Waffle” an, bei dem User:innen einer ausgewählten Gruppe an Leuten einmal in der Woche ein Update über sich geben.

(c) Waffle

Wer bei der Kombination aus “Social” und “Audio” also an die ebenso schnell aufgestiegene wie untergegangene “Social-Audio-App” Clubhouse gedacht hat, kann beruhigt sein – das Konzept ist ein völlig anderes. Bei Waffle sind die Voice-Messages auf eine Minute beschränkt und User:innen sind dazu aufgefordert, dazu jeweils ein Bild hochzuladen. Maximal drei dieser Nachrichten können pro Tag gesendet werden, um “Geschwafel” zu verhindern, wie man es aus überlangen WhatsApp-Voice-Messages kennt. Und nach 24 Stunden verschwinden diese wieder von selbst.

Ungefilterte Kommunikation mit Filtern

Doch das ist nicht die einzige bewusste Einschränkung. Wer sich bei der App, die aktuell nur für iOS verfügbar ist, registriert, kann genau acht Kontakte auswählen, um seine Messages mit diesen zu teilen. Weil man auch von anderen Menschen ausgewählt werden kann, kann man dennoch in mehreren solchen Neun-Personen-Kreisen sein. “Es geht darum, nur den Leuten Updates zu geben, denen man wirklich alles erzählen kann. Es geht um ungefilterte Kommunikation”, so Peter Buchroithner.

(c) Waffle

Wobei: Filter sind bei Waffle durchaus geplant, erzählt der Gründer. “So, wie man bei Snapchat Filter über Fotos und Videos legen kann, wird man das bei uns mit dem Ton machen können – also etwa mit Darth-Vader-Stimme sprechen.” Generell wolle man im Thema Voice noch “sehr, sehr vieles dazubauen”.

“Ich denke, das Produkt hat das Potenzial, dass es von 100 Millionen Menschen verwendet wird”

Neben der Produktentwicklung geht es in den kommenden Monaten aber natürlich vor allem auch darum, viele User:innen in die App zu bekommen. Eine Android-Version soll daher bald folgen und die Plattform Product Hunt soll für Aufmerksamkeit sorgen. Firmenseitig befindet sich Waffle gerade als GmbH in Wien in Gründung. “Und wir planen auch eine Investment-Runde”, verrät Buchroithner.

In Sachen Monetarisierung werde man, wie andere soziale Medien, auf Werbung setzen. “Das ist in diesem Fall natürlich ein sehr sensibles Thema. Die Leute werden bei Waffle wohl nicht so tolerant sein wie etwa auf Facebook. Wir werden also mit ausgewählten Marken über eine Zusammenarbeit sprechen”, räumt der Gründer ein. Das sei aber “aktuell nicht wirklich hoch in der Priorität”. Denn zuerst gelte es, viele User:innen zu bekommen. “Ich denke, das Produkt hat das Potenzial, dass es von 100 Millionen Menschen verwendet wird. Und wenn man sowas schafft, dann ist die Monetarisierung nie ein Problem.”

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