19.11.2021

Crypto Weekly #33: Bitcoin klar unter 60.000 Dollar – wie geht es weiter?

Nahezu alle großen Coins gaben diese Woche deutlich nach. Nur Avalanche erreichte im schwachen Umfeld ein Rekordhoch. Außerdem diese Woche: Große Investments für US-Kryptobörse Gemini und Ethereum-Entwickler Consensys. Crypto.com zahlt 700 Mio. Dollar für Namensrecht von Lakers-Halle - und Rapid Wien mit einem neuen "Premiumpartner" aus dem Kryptobereich.
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Bitcoin falls
Foto: Adobe Stock

Im brutkasten Crypto Weekly, das hier per Mail abonniert werden kann, blicken wir jeden Freitag auf die wichtigsten Kursbewegungen und Nachrichten der Krypto-Woche zurück. Die 33. Ausgabe starten wir, wie auch alle anderen Ausgaben davor, mit einem Blick auf die…

…die Kurstafel:

NameKurs7-Tages-Performance
BitcoinBTC57.000 Dollar-8%
EthereumETH4.100 Dollar-7 %
Binance CoinBNB581 Dollar-5 %
SolanaSOL215 Dollar-5 %
CardanoADA1,87 Dollar-8 %
XRPXRP1,10 Dollar-7 %
PolkadotDOT41 Dollar-8 %
DogecoinDOGE0,23 Dollar-9 %
TerraLUNA43 Dollar-10 %
UniswapUNI21 Dollar-13%
Alle Daten sind von coinmarketcap.com und am Stand vom späten Freitagnachmittag/Kursveränderungen gegenüber späten Freitagnachmittag der Vorwoche

Bitcoin fällt weit unter 60.000 Dollar

Eine schöne Woche war es nicht am Kryptomarkt: Für nahezu allen großen Coins ging es seit vergangenem Freitag abwärts, überwiegend im hohen einstelligen Prozentbereich. Bei Bitcoin fiel der Kurs bereits am Dienstag kurzzeitig unter die 60.000-Dollar-Marke. Am Donnerstag ging es dann noch weiter nach unten, am Freitag sank Bitcoin zwischenzeitlich sogar auf unter 56.000 Dollar. Der Kurs erreichte damit den niedrigsten Stand seit Oktober. Vom erst in der Vorwoche erreichten Rekordstand bei rund 69.000 Dollar gerechnet beträgt Minus aktuell rund 16 Prozent.

Was aber ist der Hintergrund des Kursrückgangs? Häufig wurde auf das Infrastrukturgesetz in den USA verwiesen, das US-Präsident Joe Biden am Montag unterschrieben hatte. Mit diesem pumpt die US-Regierung 1,2 Billionen Dollar in die Wirtschaft – ein Detail behandelt jedoch auch die Krypto-Regulierung: Krypto-Anbietern werden neue steuerliche Meldepflichten für ihre Kundinnen und Kunden vorgeschrieben.

Aber: Die Regelung hatte bereits im Spätsommer für Aufruhr in der US-Kryptoszene gesorgt, als das Gesetz im Kongress beschlossen wurde. Bidens Unterschrift war nur mehr Formsache. Außerdem kommen die Änderungen nicht vor 2024, es ist zudem unklar, wie weitreichend wie wirklich sind und außerdem wollen mehrere Senatoren nachträglich noch Änderungen umsetzen.

Wahrscheinlich ist es also eher so, wie Daris Sit von QCP Capital gegenüber The Block sagte: Der Markt habe das Infrastruktur-Gesetz “als Entschuldigung genommen, um nach den Allzeithochs Gewinne mitzunehmen”. Angesichts der sehr starken Performance im Oktober a.k.a. “Uptober” ist dies auch wenig überraschend und sollte nicht überbewertet werden.

Bitcoin-Analyst Will Clemente von Blockware Intelligence hält den Bullenmarkt weiterhin für intakt: Der Kurs könne dabei auch noch auf 50.000 bis 53.000 Dollar zurückfallen, ohne dass sich strukturell etwas ändere, auch wenn die Stimmung “schrecklich” sei, schrieb der Analyst am Donnerstag. Am Freitagnachmittag legte er auf Twitter nach: “Ich wette, diese Korrektur ist schon fast vorbei, wenn sie es nicht ohnehin bereits ist”.

Avalanche (AVAX) trotzt schwachem Umfeld

Dem schwachem Marktumfeld konnten sich diese Woche nur wenige Coins entziehen – Avalanche (AVAX) gehörte jedoch ganz klar dazu. Die 7-Tages-Performance belief sich auf über 30 Prozent. Am Mittwoch erreichte der Kurs sogar ein Allzeithoch von rund 110 Dollar. Die Smart-Contract-Plattform, die als einer der zahlreichen Ethereum-Herausforderer gilt, kommt mittlerweile auf eine Marktkapitalisierung von über 20 Mrd. Dollar und bewegt sich damit aktuell in einer Größenordnung wie etwa Terra (LUNA), knapp außerhalb der Top 10 der größten Krypto-Assets.

Gestützt wurde der Kurs zuletzt von einigen positiven Nachrichten. So kündigte Ava Labs, das Unternehmen hinter Avalanche, am Dienstag eine Partnerschaft mit Deloitte an. Dabei geht es um eine Plattform, über die US-Bundesstaaten und Gemeinde nach Naturkatastrophen Ansprüche bei der Bundesregierung anmelden können. Bereits zuvor hatte die Avalanche Foundation einen neuen Fonds angekündigt, der über 200 Mio. Dollar in Projekte des Ökosystems investieren soll. Im September hatte die Stiftung bei einem privaten Token Sale 230 Mio. Dollar aufgenommen, zudem war AVAX auf Coinbase gelistet worden.

Crypto.com zahlt 700 Mio. Dollar für Namensrechte an Lakers-Halle

Noch stärker nach oben ging es auf 7-Tage-Sicht nur für den Crypto.com Coin, der sogar mehr als 50 Prozent an Wert gewann. Hintergrund ist ein spektakulärer Sponsoring-Deal: 700 Mio. nimmt das Unternehmen in die Hand, um eine der bekanntesten Sportstätten der USA umzubennen: Es geht um das Staples Center in Los Angeles. Bekannt ist die Halle vor allem als Heimstätte eines der erfolgreichsten Basketball-Teams der USA, den Los Angeles Lakers. Daneben ist sie aber auch die Heimstätte des unmittelbaren Lokalrivalen, den Clippers, sowie des Frauen-Basketballteams Sparks und des Eishockey-Teams Kings. Genutzt wird sie außerdem in der Unterhaltungsbranche, so werden dort etwa die Grammy-Verleihungen abgehalten.

Der bisherige Namensdeal mit dem Büromittelhersteller Staples lief seit 1999. Ab 25. Dezember wird die Halle nun aber nicht mehr Staples Center heißen, sondern Crypto.com Arena. Nach Angaben von The Block wird der Betrag in Cash bezahlt und nicht etwa in Krypto-Assets. Vom Umfang her handelt es sich um einen der größten Sponsoring-Deals in der US-Sportgeschichte. Einen ähnlichen Deal hatte die Kryptobörse FTX im März in Miami abgeschlossen: Die Halle des Basketballteams Miami Heat heißt seit dieser Saison offiziell FTX Arena.

Bei den Lakers dürfte der neue Sponsor aber noch nicht allen Spielern ein Begriff sein – zumindest lässt das dieses Video mit Superstar Russell Westbrook vermuten:

Krypto-Sponsoring auch bei Rapid Wien

Sport-Sponsoring von Kryptofirmen gibt es übrigens auch in Österreich. Bereits seit Beginn dieser Saison kooperiert der SK Rapid Wien mit der Krypto-Plattform Crypshark. Diese ermöglicht den Kauf von Krypto-Assets über Website und App – und versteht sich als “digitale Wechselstube”. Hinter der hierzulande eher unbekannten Plattform steckt übrigens das 2019 gegründete Unternehmen Fincity mit Sitz in der Slowakei.

Am Freitag kündigte Rapid nun in einer Aussendung an, dass die Zusammenarbeit “zu einer “Premiumpartnerschaft erweitert” werde. Unter anderem wird das Unternehmen auf dem Trikot der Rapid-eSports-Mannschaft mit seinem Logo aufscheinen. Ab dem Frühjahr wird es zudem Bandenwerbung im Rapid-Stadion geben und auch ein “Part-Time Ärmelsponsoring am Dress der Profi-Mannschaft” ist geplant, wie Rapids wirtschaftlicher Geschäftsführer Christoph Peschek in der Aussendung sagt.

Gemini schließt 400 Mio.-Dollar-Runde zu 7,1 Mrd. Dollar Bewertung ab

Vom Bekanntheitsgrad spielt sie nicht ganz in einer Liga mit Coinbase, Binance oder FTX, aber die US-Kryptobörse Gemini ist bereits seit 2014 im Geschäft und damit deutlich älter als die beiden letztgenannten. Interessant dabei: Externes Funding nahm das Unternehmen bisher keines auf. Die beiden Gründer Cameron und Tyler Winklevoss hatten dies wohl nicht nöitg. In Europa kennt man die beiden Zwillinge vor allem aufgrund ihres Rechtsstreits mit Mark Zuckerberg über die Gründung von Facebook – dieser wurde schließlich ja sogar verfilmt (“The Social Network”). Teile des Geldes, das sie mit aus ihrem Vergleich mit Zuckerberg erhalten haben, haben sie bereits früh in Bitcoin gesteckt – und 2014 gründeten sie dann eben Gemini.

Diese Woche schloss das Unternehmen nun erstmals eine externe Finanzierungsrunde ab: 400 Mio. Dollar wurden aufgenommen. Angeführt wurde die Runde von Morgan Creek Digital. Daneben beteiligten sich unter anderem auch Jay-Zs Venture-Capital-Gesellschaft Marcy Venture Partners, die Commonwealth Bank of Australia. Bewertet wurde Gemini in der Runde mit 7,1 Mrd. Dollar. Zum Vergleich: Die Bewertung von FTX liegt bei 25 Mrd. Dollar, jene von Coinbase an der Börse derzeit bei knapp 70 Mrd. Dollar. Die Bewertung von Binance ist nicht offiziell bekannt, wird aber mitunter sogar auf um die 300 Mrd. Dollar geschätzt.

MetaMask-Entwickler Consensys mit 3,2 Mrd. Dollar bewertet

Und noch eine bemerkenswerte Finanzierungsrunde gab es diese Woche: Das auf das Ethereum-Ökosystem spezialisierte Unternehmen Consensys holte sich ein Investment in der Höhe von 200 Mio. US-Dollar. Bekannt ist das Unternehmen vor allem für seine Browser-Wallet MetaMask. Diese hat mittlerweile 21 Millionen User, gab Consensys bekannt, als es die Finanzierungsrunde kommunizierte. Die Bewertung von Consensys wurde in der Runde mit 3,2 Mrd. Dollar festgesetzt. Investiert haben bei der Runde unter anderem der Hedgefonds Third Point, die britische Großbank HSBC und Coinbase Ventures.



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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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