28.07.2023

Crypto Weekly #109: Warum Worldcoin so stark in der Kritik steht

Diese Woche: Der Token von Worldcoin, dem umstrittenen Kryptoprojekt von OpenAI-CEO Sam Altman, wird seit dieser Woche gehandelt. Die Kritik reißt jedoch nicht ab - im Gegenteil. Was steckt dahinter?
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das Logo der Kryptowährung Worldcoin
Foto: Adobe Stock

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Die Kurstafel:

📉 Gesamtmarkt leicht schwächer, klare Verluste bei XRP

Am Markt ging es seit vergangenem Freitag abwärts - aber nicht besonders stark. Der Bitcoin-Kurs stieg am Montag kurzfristig über die 30.000-Dollar-Marke, die restliche Woche bewegte er sich ohne größere Ausschläge unter dieser Marke.

Auffällig unter den großen Krypto-Assets war diese Woche lediglich das recht deutliche Minus bei XRP. Nach dem in der Sache nicht eindeutigen, aber am Markt positiv aufgenommenen Urteil im Rechtsstreit mit der US-Börsenaufsicht war der XRP-Kurs vor zwei Wochen nach oben gesprungen. Seither ging es tendenziell eher wieder abwärts: Wohl auch, weil das Urteil keineswegs Klarheit gebracht hat und viele Unsicherheiten weiter bestehen (siehe Crypto Weekly #108). 

Wobei auch hier festzuhalten ist: Trotz der leichten Gegenbewegung liegt der Kurs noch weiter über dem Niveau von vor dem Urteil. Damals befand er sich bei etwas unter 0,50 US-Dollar. Aktuell wird XRP bei 0,70 Prozent gehandelt - also ein durchaus ordentliches Plus von 40 Prozent. 

🧐 Worldcoin: Was hinter dem Projekt steckt

Ein anderes Thema sorgte diese Woche aber für Aufsehen in der Szene - und für einiges an Kritik. Die Rede ist von Worldcoin. Seit dieser Woche wird der Token des Projekts, WLD, gehandelt. 

Mitgründer des bereits 2019 ins Leben gerufenen Projekts ist einer, der in den vergangenen Monaten aus einem anderen Grund im Rampenlicht stand: Sam Altman, CEO von OpenAI, dem Unternehmen hinter ChatGPT. Mit künstlicher Intelligenz (KI) hat Worldcoin aber eher am Rande zu tun. Hauptsächlich geht es um das Verifizieren digitaler Identitäten mittels der sogenannten World ID. 

Wie dieses Verifizieren geschieht, wird in der Kryptoszene schon länger kritisch beäugt. Und beäugt ist in diesem Zusammenhang auch gleich das Stichwort: Denn das Verifizieren erfolgt bei Worldcoin über das Scannen von Augen, genauer gesagt der Iris. Dies geschieht über ein Gerät namens Orb. Über diesen Sommer will Worldcoin 1.500 solche Orbs verfügbar machen. Damit würde sich die aktuelle Kapazität nach eigenen Angaben verfünffachen. Bisher haben sich zwei Millionen Menschen für die World ID angemeldet.

Aber zurück zum Augenscan: Die Verifizierung über die Iris soll ermöglichen, dass sich Menschen online als solche ausweisen können. Gedacht ist dies für eine Welt, in der KI-Bots nicht mehr von Menschen unterschieden werden können.

Iris-Scans sind aber klarerweise eine heikle Angelegenheit - und für manche per se schon einmal ein potenzielles Datenschutz-Desaster. Bei Worldcoin ist man sich dessen bewusst und betont deshalb auch auffallend häufig, wie wichtig Datenschutz sei. Tatsächlich bezeichnet sich das Projekt auf seiner Website sogar als “privacy-first protocol”. 

Kritiker:innen überzeugt dies nicht. Zu diesen zählt übrigens Edward Snowden, der bereits im Herbst 2021 die Worldcoin-Pläne öffentlich kritisiert hatte. Er fürchtet im Wesentlichen, dass die Scan-Daten bei Worldcoin nicht sicher seien. Ethereum-Gründer Vitalik Buterin wiederum veröffentlichte diese Woche einen langen Blog-Eintrag, in dem er sich mit Worldcoin differenziert auseinandersetzte, jedoch ebenfalls deutlich auf Datenschutz-Risiken hinwies.

Wer sich mit der World ID verifiziert, erhält jedenfalls 25 Stück des WLD-Token - zumindest in jenen Ländern, in denen das regulatorisch möglich ist, wozu die USA beispielsweise nicht zählen. 

🤔 Warum beim Worldcoin auch der Token in der Kritik steht

Und damit sind wir jetzt schon beim Thema: Dem WLD-Token. Seit Montag ist dieser nun handelbar. Sehen wir uns zunächst einmal ein paar Zahlen dazu an:

  • Der Kurs schoss am ersten Tag von 1,88 US-Dollar rasch auf 2,69 Dollar nach oben
  • danach sank er wieder, zuletzt bewegte er sich bei rund 2,20 Dollar
  • Laut CoinGecko kommt der Token aktuell auf eine Marktkapitalisierung von 240 Mio. Dollar
  • damit ist Worldcoin aktuell auf Platz 138 der größten Kryptowährungen der Welt

Grundsätzlich sagen Kursbewegungen von neuen Token in den ersten Tagen meist nicht besonders viel über die Langfristperspektiven aus. Der Erkenntnisgewinn bei solchen Betrachtungen ist daher auch nicht besonders groß. 

Unabhängig davon gab es aber zum Token-Start auch aus einem anderen Grund Kritik - wegen des Token-Designs. Der bekannte On-Chain-Analyst ZachXBT bezeichnete es etwa in einem Gespräch mit The Defiant als “räuberisch”. Er bezog sich dabei auf die Relation zwischen den aktuell verfügbaren und den insgesamt geplanten Token. 

Die derzeit handelbaren Token kommen, wie oben erwähnt, aktuell auf einen Marktwert von 240 Mio. Dollar. Wenn aber einmal sämtliche Token freigegeben werden, soll die Marktkapitalisierung (im Fachjargon “Fully Diluted Valuation”) bei 21 Mrd. Dollar liegen. Ist die Relation zwischen ursprünglichen und endgültigen Token-Angebot hoch, kann angenommen werden, dass mit der Zeit ein hoher Verkaufsdruck entsteht - wenn neue Token dazu kommen und dann verkauft werden. 

Zum Start wurden jedenfalls einmal 143 Millionen Token ausgegeben. 43 Millionen gingen an die Community, 100 Millionen an fünf Market Maker - in Form eines Leihgeschäfts über drei Monate mit einer Option auf Kauf. Ein Experte für Digital Assets einer türkischen Bank bezeichnete dieses Arrangement gegenüber dem Magazin Decrypt als “leichtes Geld” für die Market Maker. 

Von den Token, die über die Jahre dazukommen sollen, werden laut Plan 75 Prozent an die Community, also an normale User:innen gehen. Den Rest erhalten überwiegend Investor:innen und Entwickler:innen. 1,7 Prozent sollen zudem eine Reserve bilden. 

Zu den Investor:innen des Projekts gehört unter anderem auch der bekannte Silicon-Valley-VC Andreessen Horowitz (a16z), der auch bei der jüngsten Series-C-Runde im Mai mitgezogen ist. Aufgrund der Token-Verteilung und der Investor:innen gilt Worldcoin bei vielen als die nächste VC-Chain - also als eine nur scheinbar dezentrale Blockchain, die tatsächlich von Venture-Capital-Gesellschaften kontrolliert wird, die aufs schnelle Geld aus sind.

Jetzt haben wir in dieser Ausgabe schon einige Kritikpunkten an Worldcoin behandelt. Es sind aber bei weitem noch nicht alle. Kritik gibt es etwa auch an umstrittenen Akquisepraktiken für World ID in Staaten wie Indonesien und dem Sudan. Oder daran, dass die Verifizierung nur einmal, bei der Anmeldung, erfolgt und dann nicht mehr geprüft wird - was zur Entstehung eines Schwarzmarkts mit World-IDs geführt haben soll. Und es gibt noch weitere Punkte. 

Klar ist aber jetzt schon: Gemessen am eigenen Anspruch hat Worldcoin noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten, wenn die bereits bestehende Kritik ausgeräumt werden soll. Bisher ist es jedenfalls nicht gelungen. Und es gibt wenig Hinweise darauf, dass sich das demnächst ändern wird.


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Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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