21.03.2020

Coronakrise: Die Auswirkungen für N26, Bitpanda und die Wiener Börse

Welche Auswirkungen hat die Coronakrise auf die Börsen, Banken und FinTechs? Darüber diskutierten in einem virtuellen Roundtable des brutkastens N26-Gründer Valentin Stalf, Chef der Wiener Börse Christoph Boschan, Bitpanda-Gründer Eric Demuth und Finanzexperte Nikolaus Jilch.
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Coronakrise
(c) Bitpanda / Jilch / N26 / Wiener Börse | Collage by der brutkasten

Die Coronakrise trifft derzeit die Wirtschaft mit voller Härte. In gewissen Sektoren ist die Nachfrage mittlerweile komplett eingebrochen. Doch welche konkreten Auswirkungen hat dies auf den Bankensektor, Fintechs und die Börse?

Darüber diskutierten N26 Gründer Valentin Stalf, Chef der Wiener Börse Christoph Boschan, Bitpanda Gründer Eric Demuth und Finanzexperte Nikolaus Jilch in einem virtuellen Video-Roundtable. Zudem geben sie einen Einblick, wie sich die aktuelle Krise auf deren Geschäftsmodelle und das Nutzerverhalten auswirkt.

Die Finanzwelt in der Coronakrise

Die Finanzwelt in der Coronakrise: was bedeutet sie für Fintechs und Challenger-Banken? Wie ändert sich ihr Nutzerverhalten? Werden die Börsen schließen und wie sollen sich die Privatanleger verhalten? Wie reagieren die Kryptomärkte? Dies uVm im heutigen Roundtable mit Valentin Stalf von N26, Christoph Boschan von Wiener Börse, Eric Demuth von Bitpanda und Nikolaus Jilch von Agenda Austria.

Gepostet von DerBrutkasten am Mittwoch, 18. März 2020

+++ Sonderpage: Coronavirus, Wirtschaft und die Innovation +++

Die Auswirkungen für N26

Bei  N26 sei laut Valentin Stalf in den letzten Tagen eine Veränderung in Bezug auf die Karten-Volumen feststellbar. Zudem würden die Kunden verstärkt Geld für andere Güter und Dienstleistungen ausgeben. So sei beispielsweise ein Rückgang bei Luxusgütern und ein Anstieg bei digitalen Abonnements, wie Netflix und Spotify, zu verzeichnen.

Bei Kontoeröffnungen verzeichnet N26 in gewissen Märkten einen Rückgang von lediglich zehn Prozent. Angesichts der Tatsache, dass die Wirtschaft in gewissen Bereichen beinahe zum Stillstand gekommen ist, handelt es sich dabei um einen guten Wert, so Stalf.

Weiters wird N26 Teilbereiche seines Produktes neu positionieren. Ein Projekt, das nun priorisiert wurde, ist die virtuelle Karte von N26. Sie soll Nutzern künftig umgehend nach der Eröffnung eines N26 Bankkontos zur Verfügung stehen. Der Rollout für erste Testkunden soll noch diese Woche erfolgen.

In Bezug auf den internen Betrieb gebe es derzeit keine Schwierigkeiten, da die Mitarbeiter teilweise von zu Hause aus arbeiten können. Service-Support-Mitarbeiter würden aber dennoch aus den Büros arbeiten, so Stalf. Größere Probleme sieht er hingegen beim Recruiting neuer Mitarbeiter. Vor der Krise hat N26 in der Woche zwischen 70 und 100 Leute anstellt.

  • Valentin Stalfs Einschätzung zur Krise

Stalf sieht besonders den KMU-Sektor gefährdet, da die Nachfrage auf Null zurückgeht. Der abrupte Stopp der Wirtschaft wird dazu führen, dass es bei mittelständischen Unternehmen Liquiditätsprobleme geben wird. Zudem geht er davon aus, dass die Krise längern dauern wird als in China, da dort restriktivere Maßnahmen umgesetzt werden. Die Krise wird laut ihm auch Auswirkungen auf VC-Investments haben. Dies sei für N26 noch nicht schlagend, da aktuell keine Finanzierungsrunden anstehen.

Die Auswirkungen für die Wiener Börse

Laut dem Chef der Wiener Börse Christoph Boschan wird der ATX derzeit weit unter seinem Buchwert gehandelt. Dies spiegle allerdings ein zu pessimistischen Bild wider. Er verweist auf das letzte Jahr, das in Bezug auf die Performance der Leitbetriebe und Ausschüttungen zum besten Jahr der Geschichte gehörte.

Schuld an der pessimistischen Haltung ist primär eine falsche Wahrnehmung US-amerikanischer und britischer Investoren. Diese würden aufgrund der Nähe zu Italien davon ausgehen, dass sich die gesamte österreichische Wirtschaft im Stillstand befindet, was trotz der strikten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus mitnichten stimmt.

Börsenschließungen hält Boschan für das falsche Mittel und ein historisches Instrument, das in der globalisierten Welt sein Gültigkeit verloren hat. Sofern die Wiener Börse ihren Handel aussetzen würde, hätte dies zur Folge, dass sich der Handel auf andere Börsen verschieben würde. Zudem würde sich der Handel in außerbörsliche Bereiche verlagern, die seiner Meinung nach intransparent sind. In diesem Zusammenhang verweist er auf den Interbankenhandel. Die Börse hätte hingegen eine Transparenzwirkung.

  • Christoph Boschans Einschätzung zur Krise

Boschan sieht die Krise im Gegensatz zu Stalf etwas gelassener. “Österreich ist sicherlich eines der ersten Länder, die gestärkt aus der Krise hervorgehen wird, da die Stärke über Nacht nicht verschwinden wird”, so Boschan.

Als Gründe führt er die hohen Forschungsrate Österreichs an, die zu den höchsten weltweit gehört. Ebenfalls positiv würde sich der hohe Digitalisierungsgrad auswirken. Privatanlegern rät er von Einzeltitelauswahl und einer Strategie, die am passenden Markettiming aufbaut, ab. ETFs und ein Sparplan mit einer Rendite von zirka sieben Prozent seien für Privatanleger geeigneter. Dies würde für “Nicht-Krisenzeiten” auch gelten.

Die Auswirkungen für Bitpanda

Trotz der Coronakrise und gefallener Bitcoin-Kurse verzeichnet Bitpanda laut Eric Demuth Höchstwerte bei Neuregistrierungen, aktiven Usern und dem Trade-Volumen.

Zudem beobachtet Demuth derzeit einen Rekord beim Fiat-Inflow. Von Dienstag auf Mittwoch wurde ein zweistelliger Millionenbetrag eingezahlt. Der Grund dafür könnte sein, dass sich viele User aufgrund der derzeit niedrigen Kurse auf einen Einstieg vorbereiten. Ein Anstieg des Trading-Volumens sei nicht nur bei digitalen Asset-Klassen, sondern auch bei Edelmetallen zu verzeichnen. Diese können seit Anfang Mai 2019 über Bitpanda gehandelt werden.

Der operative Betrieb von Bitpanda sei laut Demuth nicht beeinträchtigt, da Bitpanda ein vollständig digitales Unternehmen ist. Derzeit arbeiten alle Service-Support-Mitarbeiter von zu Hause aus – der brutkasten berichtete bereits. Zudem plant er den derzeitigen Stand von 180 Teamitgliedern bis Ende des Jahres verdoppeln.

  • Eric Demuths Einschätzung zur Krise

Demuth hält fest, dass es trotz der Coronakrise derzeit keine Liquiditätsprobleme bei den Banken gibt. In diesem Zusammenhang zieht er einen Vergleich zur Finanzkrise von 2008. “Damals hatte die Finanzwirtschaft Auswirkung auf die Realwirtschaft, nun ist es genau umgekehrt, da die Realwirtschaft eine Auswirkung auf die Finanzwirtschaft hat”, so Demuth.

Bestehende Geschäftsmodelle sieht er langfristig nicht gefährdet, da diese nach der Krise genauso funktionieren werden, wie vor der Krise. Jetzt seien die Banken am Zug, um die nötige Liquidität bereitzustellen. Banken könnten nach der Krise davon enorm profitieren, wenn sie jetzt Unternehmen, wie die Lufthansa oder Flixbus, finanzieren.

Kleinere Betriebe werden die Krise allerdings sehr hart spüren. Anlegern rät er zu einem Zeithorizont von 20 bis 30 Jahren, um Krisen wie diese “aussitzen” zu können.

Niko Jilch | Einschätzung des Finanzexperten zur Coronakrise

Finanzexperte Niko Jilch, der in einer Kolumne “Junges Geld” für den brutkasten Know-How rund um die Finanzwelt kommentiert, sieht im Moment folgende Problematik gegeben: “Das Hauptproblem ist, dass wir im Moment einfach nicht wissen, wie lange die Krise dauern wird. Wir befinden uns erst am Anfang bei der medizinischen Bekämpfung des Problems.”

Weitere Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben schließt er nicht aus. Überspitzt hält er fest, dass wir “Zinsen für die nächsten 20 Jahren aus den Ökonomie-Lehrbüchern streichen können”. Im Moment blickt das Wirtschaftssystem einer tiefen Rezension ins Auge. Positiv hebt er hervor, dass sich die Banken aktuell in keiner Liquiditätskrise befinden.

Weitere Einschätzung von Niko Jilch zu den Auswirkungen der Coronakrise auf die Finanzwelt sind hier zu lesen:


=> zur Page der Wiener Börse

=> zur Page von N26

=> zur Page von Bitpanda

Redaktionstipps

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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