02.03.2022

Security-Experte zu Ukraine-Cyberwar: “Pandemie hat die Angriffsvektoren vergrößert”

Russische Hacker attackieren Ziele in der Ukraine und im Westen, Anonymous hat Russland "den Krieg erklärt". Wir haben Sicherheitsexperte Christian Haschek um eine Einschätzung gebeten, wie weit der Cyberwar gehen kann.
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Kaspersky | Ukraine-Cyberwar: Das kann im Kampf Anonymous gegen Russland passieren
(c) Adobe Stock - PX Media

Schon vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine versuchten russische Hacker:innen das Land mit gezielten Attacken zu schwächen. Inzwischen wurden die Cyber-Angriffe auf Ziele in westlichen Ländern, die die Ukraine unterstützten, ausgeweitet. Auf der Gegenseite gab es nach Beginn des Einmarschs russischer Truppen unter anderem eine “Kriegserklärung” des losen Hacker-Kollektivs “Anonymous” an Russland via Twitter. Seitdem wurde über mehrere erfolgreiche Cyber-Attacken auf russische Regierungs- und Medienseiten berichtet.

“Da die Informationsweitergabe an die russischen Soldaten teilweise über diese Regierungsseiten läuft, kann das durchaus auch direkt für den Krieg relevant sein”, sagt Christian Haschek. Er hatte in seiner Jugend selbst “Berührungspunkte” mit Anonymous, wie er erzählt. Seit vielen Jahren arbeitet er als Cyber-Security-Experte und betreut Unternehmen und Schulen bei der Abwehr von Hacker-Attacken.

“Es hängen viele Dinge am Internet, die eigentlich nicht daran hängen sollten”

Im Ukraine-Krieg gebe es auf beiden Seiten viele mögliche Ziele für Hacker:innen, erklärt Haschek: “Prinzipiell ist immer die Gefahr gegeben, dass jemand ein Angriffsziel findet, das verheerend ist. Denn sowohl im Westen als auch in Russland hängen viele Dinge am Internet, die eigentlich nicht daran hängen sollten”. Das sei durch die Corona-Krise noch verstärkt worden. “In der Pandemie sind viele Infrastrukturen sehr schnell und teilweise unbedacht von zuhause aus zugänglich gemacht worden. Das hat die Angriffsvektoren ziemlich vergrößert”, sagt der Experte. Für Hacker:innen auf beiden Seiten könnten sich dadurch “low hanging fruits” ergeben. “Man darf nicht vergessen, dass sich durch die Covid-Krise auch viele Menschen erstmals wirklich mit Computern auseinandersetzen mussten. Die bieten einen besonders guten Angriffspunkt”.

Haschek gibt ein Beispiel, um was für Infrastruktur es gehen kann: “Ich habe vor ein paar Jahren im Rahmen eines Projekts alle IP-Adressen des Landes gescannt, um potenzielle Gefahren aufzuspüren. Das schlimmste, das ich gefunden hab, war eine Kläranlage, bei der viele Steuerungen kaum geschützt online zugänglich waren”. Besondere Gefahren sieht Haschek auch für Internet Service Provider, wo ein erfolgreicher Hack zu relativ großflächigen Internet-Ausfällen führen könnte.

Private Unternehmen besonders gefährdet

Generell würden eher private Unternehmen Angriffsziele bei Cyber-Attacken. “Deren Services können etwa mit jenen anderen Unternehmen wie Militär-Zulieferern verflochten sein und dann kann es kritisch werden”, sagt der Experte und verweist auf Beispiele in der Vergangenheit. Besonders gefährdet seien derzeit Unternehmen, die bereits einmal Opfer eines Hacks waren. “Statistiken zeigen, dass die meisten Firmen, die einmal mit Ransomware angegriffen wurden, später nochmal angegriffen werden. Denn wenn man nicht wirklich gut aufräumt, bleibt ‘Schläfer-Software’ zurück, die später wieder aktiviert werden kann. Das ist auch eine der größten Gefahren, die ich jetzt sehe”, erklärt Haschek.

Dass auch bedeutende Infrastruktur wie Kraftwerke im Cyberwar unter die Kontrolle von Hacker:innen geraten könnten, glaubt Haschek weniger. Er verweist darauf, dass heimische Energieversorger auch in der Pandemie vorsichtshalber ganze Teams vor Ort in den Kraftwerken abgesondert haben, um den Betrieb wie üblich aufrechterhalten zu können. “Hier war man sicher auch in anderen Ländern sehr vorsichtig. Ich gehe davon aus, dass auch die russischen Kraftwerke gut abgesichert sind”, sagt der Experte. Hinzu käme gerade bei Kraftwerken in Osteuropa, dass sich teilweise veraltete Technologie, die gar nicht ans Internet angeschlossen werden kann, in diesem Fall als Vorteil herausstellen kann.

Nvidia-Hack: “Wenn das eine russische Gruppe gewesen wäre, hätten wir jetzt vielleicht ganz andere Probleme”

Wie gefährlich eine gut durchgeführte Cyberattacke werden kann, zeige ein ganz aktuelles Beispiel, führt Haschek aus. Vor wenigen Tagen wurde Chip-Riese Nvidia gehackt. Die Hacker:innen, die laut Berichten aus Südamerika kommen dürften, wollen das Unternehmen dazu bringen, eine künstliche Beschränkung der Grafikkarten-Chips für Krypto-Mining aufzuheben. “Dabei haben sie angeblich auch das Updater-System unter ihre Kontrolle gebracht. Damit könnte man über ein Fake-Update Software auf hunderte Millionen Grafikkarten weltweit spielen und Unmengen Unternehmen von innen angreifen, Informationen absaugen und massiven Schaden anrichten”, erklärt der Experte.

Die Forderung der Hacker-Gruppe, die nach eigenen Angaben keine politische Agenda verfolgt, sei also verhältnismäßig harmlos. “Es ist katastrophal, was hier eigentlich möglich wäre. Wenn das eine russische Hacker-Gruppe gewesen wäre, hätten wir jetzt vielleicht ganz andere Probleme”, meint Haschek. Solche Sicherheitslücken bei Tech-Riesen könnten also potenziell wirklich gefährlich werden.

Erfahrene Hacker:innen gebe es in Russland jedenfalls genug. “Unter Putin sind Gesetze erlassen worden, die Angriffe auf Ziele im Ausland nahezu straffrei gemacht haben. Da gab es seit Jahren eine Atmosphäre, in der man sich ziemlich wenig Gedanken musste, wenn man Ziele im Ausland angegriffen hat”, erzählt der Experte. Er selber habe in seiner Arbeit mit erpresserischen Attacken aus Russland zu tun gehabt. Auch Anonymous können viel anrichten. “Es ist ein sehr loses Kollektiv, dass man nicht als geschlossene Gruppe missverstehen sollte. Aber es sind einige wirkich gute Leute dabei”.

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Christian Praxmarer, ab sofort COO, sowie Darren Verlenden, ab sofort CEO von Single Use Suport (c) Single Use Support

Das 2016 gegründete Tiroler Scaleup Single Use Support entwickelt und erzeugt mechatronische Anlagen für die Pharmaindustrie. Konkret hat sich das Unternehmen der Gründer Johannes Kirchmair und Thomas Wurm auf Komplettlösungen für den Umgang mit Flüssigarzneimitteln spezialisiert. Single Use Support positioniert sich indes als Anbieter von innovativen Flüssigkeitsmanagement- und Kühlkettenlösungen für die biopharmazeutische Industrie.

Mehrheitsübernahme nach Exit-Gerüchten

Gut sieben Jahre nach seiner Gründung stand ein “Milliarden-Exit” im Raum – damals soll der Laborausrüster Sartorius Interesse an einer Übernahme bekundet – brutkasten berichtete. Im Mai dieses Jahres kam schließlich die Botschaft zur Mehrheitsübernahme. Allerdings nicht vom besagten Laborausrüster. Die dänische Novo Holdings übernahm mit 60 Prozent die Mehrheit an Single Use Support – der Kaufpreis wurde nicht genannt.

Nun bekommt das Unternehmen mit Darren Verlenden einen neuen CEO. Zuletzt war Verlenden als Executive Vice President für den Bereich Prozesslösungen bei der Merck KGaA Darmstadt Deutschland tätig. Bisher weist Verlenden über 20 Jahre Erfahrung im Life-Science Bereich vor. In seiner neuen Position soll er für die Wachstumsstrategie und den Ausbau der globalen kommerziellen und operativen Präsenz des Tiroler Scaleups verantwortlich sein.

Verlenden wird CEO, Praxmarer nun COO

“Ich freue mich darauf, einem so talentierten Team beizutreten und Single Use Support dabei zu helfen, die nächste Phase seines Wachstumskurses einzuleiten”, so Verlenden. “Das Portfolio hat einen außergewöhnlichen, differenzierten Wert und eine starke Tradition in der Bereitstellung innovativer Lösungen, die den sich wandelnden Bedürfnissen unserer Kunden gerecht werden.”

Christian Praxmarer, der seit November 2023 als CEO im Kufsteiner Scaleup tätig war, wird als Co-Geschäftsführer und Chief Operating Officer mit Sitz in Kufstein weiterhin “ein wichtiger Teil des Führungsteams” sein, heißt es vom Unternehmen. Gemeinsam soll das Führungsteam daran arbeiten, die Marktposition des Unternehmens zu stärken.

Johan Hueffer, Senior Partner, Principal Investments bei Novo Holdings, dem Mehrheitseigentümer des Scaleups, sagt zum Führungswechsel: “Wir freuen uns, Darren im Single Use Support Team begrüßen zu dürfen. Er ist eine dynamische, globale Führungspersönlichkeit mit hochrelevanter Erfahrung und passt hervorragend in die Single Use Support Organisation.”

Neue CCO und zwei neue Beiräte

Zusätzlich zur Ernennung des neuen CEOs hat Single Use Support sein Führungsteam mit Ulrike Lemke als Chief Commercial Officer (CCO) verstärkt. Lemke war zuvor in leitenden Positionen im Bereich Handel und Produktion bei Lonza, Sartorius und zuletzt bei Recipharm tätig.

Darüber hinaus wurden zwei leitende unabhängige Direktoren in den Beirat von Single Use Support berufen. Meeta Gulyani, die über Erfahrung in den Bereichen Vertrieb, Strategie und M&A in der Pharma- und Life-Science-Industrie verfügt, sowie Stefan Stoffel, der über Kenntnisse und Erfahrung in den Bereichen Betrieb und Produktion in der Bioprozessindustrie verfügt. Beide werden künftig als Beiräte von Single Use Support fungieren.

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