10.07.2019

Chatvisor: Die Macht hinter der Co-Browsing-Technologie

Interview: Das oberösterreichische Startup Chatvisor hat eine Web-Analytics-Technologie entwickelt, die das Verhalten von Kunden auf Webseiten aufzeichnet. Neben Kunden-Support kann die Technologie auch zur Steigerung der Conversion-Rate in Online-Shops eingesetzt werden. Wir haben mit den beiden Co-Foundern Horst Georg Fuchs und Mathias Holzinger über die Macht hinter dieser Technologie und das sechsstellige eQventure-Investment gesprochen.
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Chatvisor
(c) Martin Pacher / der brutkasten: (v.l.n.r.) Horst Georg Fuchs und Mathias Holzinger

Das im Februar 2018 gegründete Startup Chatvisor aus Linz hat Anfang Juni 2019 ein Investment in mittlerer sechsstelliger Höhe von Investoren des Grazer Investmentclubs eQventure erhalten (der brutkasten berichtete). Die Gründer Markus Wagner, Horst-Georg Fuchs und Mathias Holzinger haben eine Co-Browsing-Technologie entwickelt, mit der das Verhalten von Kunden auf Webseiten aufgezeichnet werden kann, um Verhaltensauffälligkeiten zu erkennen. Die Technologie kann unter anderem dazu eingesetzt werden, um die Conversion-Rate in Online-Shops zu steigern. Wir haben mit den beiden Gründern Horst-Georg Fuchs und Mathias Holzinger über die Macht hinter dieser Technologie gesprochen und welche Zukunftspläne sie mit ihrem Startup verfolgen.

Wie ist das Investment mit eQventure zustande gekommen? 

Horst-Georg Fuchs: Der Erstkontakt zu Herbert Gartner ist über tech2b zustande gekommen. Im März letzten Jahres haben wir Herbert Gartner bei einer tech2b-Veranstaltung kennengelernt – genauer gesagt bei einem Workshop zu Finanzierungsthemen. Im Anschluss haben wir uns bei einem gemeinsamen Abendessen ausgetauscht. Wir waren alle von der Begegnung sehr positiv angetan. Dahingehend haben wir ihn für eine etwaige Finanzierungsrunde im Hinterkopf behalten. 

Im Herbst 2018 haben wir uns schlussendlich für eine Finanzierungsrunde entschieden und mit mehreren Investoren Kontakt aufgenommen – unter anderem auch mit Herbert Gartner. Es hat sich ziemlich schnell herauskristallisiert, dass er unserer Wunsch-Investor ist. Als weitere Lead-Investoren von eQventure sind Franz Fuchsberger, Mitgründer des österreichischen SaaS-Unicorns Tricentis, sowie Markus Presle, Mitgründer des SaaS-Unternehmen Prescreen eingestiegen.

+++ tech2b EDISON – Das waren die Gewinner 2019 +++

Was erwartet ihr von den drei Lead-Investoren, die nun mit an Bord sind? 

Horst-Georg Fuchs: Der Grund, warum wir uns für eQventure entschieden haben, ist folgender: Die drei Lead-Investoren haben allesamt bereits bewiesen, wie man ein erfolgreiches Unternehmen aufbaut und bringen dementsprechend sehr viel Know-how mit. Durch das Investment werden uns künftig auch Türen geöffnet. Geld war wirklich nur ein Side-Benefit.

Welche Türen sollen durch die Beteiligung geöffnet werden?

Horst-Georg Fuchs: In erster Linie sollen Türen zu Großunternehmen geöffnet werden. Unsere Zielgruppe sind derzeit Enterprise-Unternehmen, wie Banken, Versicherungen oder Fluggesellschaften. Es hilft natürlich, wenn man nicht komplett “kalt” als ein Startup anruft, sondern namhafte Investoren an Bord hat, die die nötige Credibility mitbringen.

Was macht Chatvisor eigentlich?

Bei Chatvisor handelt es sich um eine integrierbare Plattform für Webseiten, um dort besseren und effizienteren Kundensupport zu leisten, sowie Conversions zu steigern.

Kommen wir zur Technologie, die ihr entwickelt habt. Wie funktioniert diese konkret und was ist euer USP? 

Horst-Georg Fuchs: Unser USP liegt eindeutig in der Kern-Technologie, die wir entwickelt haben, sprich in der Co-Browsing-Lösung. Bei Co-Browsing handelt es sich um eine auf Webseiten spezialisierte Screen-Sharing-Lösung, die in der Regel im “Kundensupport” zur Anwendung kommt. Über Co-Browsing können Kunden mit nur einem Klick den Bildschirminhalt mit einem Support-Mitarbeiter ganz ohne Download teilen. Dieser sieht anschließend in Echtzeit genau das, was der Kunde sieht und kann ihm die passende Hilfestellung anbieten.

Wie unterscheidet ihr euch von der Konkurrenz? 

Mathias Holzinger: Die Technologie basiert vollständig auf JavaScript und kann in jeder Webseite eingebunden werden. Im Vergleich zur Konkurrenz, ist unser Skript, bis zu 20 mal kleiner. Unser Skript wirkt sich aufgrund seiner geringen Größe kaum auf die Ladezeit von Webseiten aus. Wir haben es geschafft, dieses Snippet viel kleiner zu gestalten als unsere Konkurrenz. Der Vorteil ist jener, dass durch kleine und schlanke Snippets, die Geschwindigkeit der Website nicht so stark leidet, wie durch große Snippets.

Anders als bei regulärem Screen-Sharing funktioniert Co-Browsing nicht durch Bildübertragung, sondern durch Übertragung der Website-Architektur bzw. des Codes. Die Schwierigkeit hierbei liegt darin – und das bringt uns zu Zweitens – viele verschiedene Architekturen unabhängig ihrer Komplexität zu interpretieren, genau hier zeichnen wir uns aus.

Der dritte Punkt: Unsere Screen-Sharing-Lösung ist sehr schnell. Wir arbeiten im Millisekunden-Bereich und können den Service somit in Echtzeit anbieten.

Wie funktioniert die Analyse des Nutzerverhaltens? 

Mathias Holzinger: Da wir Co-Browsing nicht als Video anbieten, sondern aufgrund der Implementierung des JavaScript-Snippets auch über das komplette Datenmaterial verfügen, wissen wir zu jeder Zeit, was der Nutzer macht und wie lange er auf den jeweiligen Elementen verweilt. Dadurch können wir beispielsweise bei einem Fehlverhalten schon frühzeitig einschreiten, um anschließend über einen Chatbot eine Lösung anzubieten. Über ein spezifisches Nutzerverhalten, können so automatisiert Kundeninteraktionen zustande kommen. 

Welchen konkreten Use-Case sprecht ihr damit an? 

Horst-Georg Fuchs: Nehmen wir das Beispiel E-Commerce. Befindet sich ein Nutzer online in einem Kaufprozess und möchte vor Abschluss des Kaufes abspringen, so können wir mit unserer Technologie den Pfad des Nutzers erkennen und vor dem Absprung einen Chatbot triggern. In weiterer Folge kann dieser den Kunden mit einem Mitarbeiter verbinden, der ihn im Kauf begleitet. Ziel ist es, die Conversionrate zu steigern. 

Wie generiert ihr Umsatz und wie viel kostet euer Service?

Horst-Georg Fuchs: Wir haben zwei verschiedene Lizenzen im Customer-Service-Bereich. Die Lizenzen kosten pro Arbeitsplatz und starten bei 49 Euro.

Was sind derzeit die größten Herausforderungen, die ihr zu bewältigen habt?

Horst-Georg Fuchs: Eine der größten Herausforderungen liegt sicherlich im Bereich “Sales”. Da wir hauptsächlich Enterprise-Unternehmen ansprechen, ist der Sales-Prozess sehr direkt gesteuert. 98 Prozent erfolgt über Cold-Calls- und E-mails sowie Messen. Unser Ziel ist es, künftig verstärkt KMU anzusprechen und dafür bauen wir gerade einen digitalen Sales-Funnel auf.

Schreibt ihr schon schwarze Zahlen?

Mathias Holzinger: Momentan können wir uns beinahe aus dem Cashflow finanzieren. Schwarze Zahlen schreiben wir allerdings noch nicht. Das ist derzeit aber auch nicht unser Ziel, da wir uns im Wachstumsstadium befinden. Die Umsätze laufen sehr gut und wir wirtschaften sehr break-even. Somit können wir beinahe unsere Fixkosten abdecken.

Was ist euer Ziel für die nächsten Jahre?

Mathias Holzinger: Unser Ziel ist es, ein solides Unternehmen aufzubauen. Wir wissen, dass wir viele Aufgaben zu bewältigen haben. In drei Jahren wollen wir jedenfalls als nennenswerte Größe in dem Business gelten, in dem wir derzeit aktiv sind.


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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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