01.02.2021

Causa WallStreetBets: Während Bitpanda Silber ausgeht, gibt es Drohungen gegen Hedgefonds-Manager

Nach dem Aufruhr rund um WallStreetBets und GameStop der letzten Woche, vermeldet der heimische Neobroker Bitpanda, dass Silber zwischenzeitlich ausverkauft war. Währenddessen erhalten Hedgefonds-Manager - sowie deren Familien - Onlinedrohungen. Und ein US-Staatsanwalt wittert Korruption.
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(c) Stock.Adobe/Redindie - Nachdem das Forum WallStreetBets zum Silberkauf aufgerufen hat, ging der Kurs in die Höhe.

Die User des Forums WallStreetBets nutzten ihr mediales Momentum und trieben den Silberpreis in die Höhe. Aktuell steht er bei 29,18 US-Dollar (24,12 Euro). Der Aufruf in das Metall zu investieren, führte hierzulande bei Bitpanda dazu, dass auf der Plattform des österreichischen Neo-Brokers Silber zwischenzeitlich ausverkauft war, wie das Unternehmen per Tweet mitteilte. Seit Montag Mittag ist der Handel mit Silber (vorerst) wieder möglich. In der Zwischenzeit erhalten Hedgefonds-Manager und deren Kinder Drohungen.

Nochmal aufgerollt: Auf der Chatplattform Reddit hatten sich letzte Woche Anleger zusammengerottet, um verhassten Hedgefonds eine Lektion zu erteilen, wie Krypto-Experte Robby Schwertner treffend beschrieb: “Koordiniert kauften User Aktien und wetteten gegen die Heuschrecken-Hedgefonds. Das Ergebnis war ein Blutbad: bis zu 70 Milliarden US-Dollar verloren die Großinvestoren in den letzten zwei Tagen wie Reuters schreibt.”

Koordinierte Attacken

Damit beschreibt Schwertner das Phänomen von Kleininvestoren, die koordinierte Angriffe durchführen, um bestimmte Aktienkurse in die Höhe zu treiben.

Stellvertretend dafür steht der Kurs von GameStop, der vergangene Woche gewaltig gestiegen ist. Einer der bekanntesten Hedgefonds, Melvin Capital, verlor aufgrund der Aktion mehr als die Hälfte seines Vermögens – 53 Prozent von 12,5 Milliarden US-Dollar – und musste befreundete Hedgefonds, wie Citadel (Kunde des in die Kritik geratenen Fintechs Robinhood) und Point 72, um Milliarden anbetteln.

Kulturkampf & Demokratisierung des Finanzmarktes

Bitpanda Co-Founder Paul Klanschek sprach rund um die Vorgänge an der Börse von einer Demokratisierung des Finanzmarktes. Auch der Begriff “Kulturkampf” ist gefallen, viele sehen in den Ereignissen der letzten Tage auch einen Angriff auf die Wallstreet und verhasste Hedgefonds-Manager.

Power to the Traders-Video

Was der ganze Fall gezeigt hat, ist, welche Macht ein Forum besitzt, das aus mittlerweile über 7,7 Millionen Mitgliedern verfügt, sobald es sich koordiniert. Unter dem Hashtag #silversqueeze raten seit wenigen Tagen User Silber zu kaufen, was dazu führte, dass der Rohstoff den höchsten Stand seit August aufweist. Profitiert haben davon Aktien von First Majestic Silver (zwischenzeitlich ein Plus von 50 Prozent) Fortuna Silver, Hecla oder auch Pan American.

Silber ausverkauft auf Bitpanda

Paul Klanschek, Co-Founder von Bitpanda, teilte gestern auf Twitter mit, dass – nachdem man “sold out” war – erst heute Montag, wenn die Märkte öffnen, auf ihrer Plattform wieder Silber kaufen kann.

Angriff auf Hedgefonds?

Die neueste “Silber-Aktion” von WallStreetBets gilt für Viele als erneuter Angriff auf die verhassten Hedgefonds, die auf Kursverluste von Unternehmen setzen, wobei es innerhalb der WallStreetBets-Community auch Warnungen gibt, dass man keinem Irrtum unterliegen solle.

Silber: Riesiger Markt

User weisen darauf hin, dass es sich bei Silber, um einen 1,5 Billionen US-Dollar-Markt handelt, den man nicht mit der GameStop-Aktie vergleichen kann. Allein der Hedgefonds Citadel würde eine Menge an Silber besitzen und dadurch bereichert werden, so die Warnung. Und er wäre zudem noch ein “kleiner Fisch” im Vergleich zu JPM, wie geschrieben wird.

Der Aufruf auf ETFs zu verzichten

“JPM ist angeblich sowohl der größte Shortseller von Comex-Futures-Kontrakten als auch der ‘custodian’ für Silber, auf der ETFs, wie SLV oder SIVR, basieren. Man kann keinen ‘short squeeze’ durchführen, wenn die ‘long-position’ der anderen Seite an Wert gewinnt. Ich wiederhole noch einmal: Kaufen Sie kein SLV oder SIVR, wenn man einen short squeeze anstrebt. Das wäre genau so, als würde man versuchen, einen kurzen Druck auf GME auszuüben, indem man Gebühren an Melvin Capital sendet”, so ein User auf dem Forum. Es wird eher dazu geraten “actual silver futures” zu verkaufen und sie im “Keller der Mama” zu horten – denn: “das würde ihnen wehtun”, so derselbe User weiter.

Das Internet und sein kreativer Umgang mit WallStreetBets

Während weiterhin stark über Silber und “Exchange Traded Funds” diskutiert wird, der Meta-Diskurs sich um Begriffe wie “Revolution am Finanzmarkt” dreht, Kritik an Brooker-Apps wie Robinhood anhält, die den GameStop-Kauf limitiert haben, ein Meme- und Video-Krieg rund um das Thema entstanden ist und sich sogar die US-Politik zu Wort meldet, gibt es auch andere, wenig erfreuliche Aspekte.

Rep. Alexandra Ocasio Cortez über den GameStop-Coup

Der Gründer des Forums WallStreetBets Jamie Rogozinski (Autor des Buches: “Wall Street Bets: Wie Boomer für Millennials das größte Kasino der Welt geschaffen haben”) hat sich aufgrund diverser Gründe bereits länger aus seiner Kreation zurückgezogen. Er hatte auf dem sozialen Netzwerk Discord, wie das Handelsblatt berichtete, ein “benachbartes” Finanz-Forum wieder offline genommen, da User vermehrt zu rassistischen und homophoben Kommentaren gegriffen hatten.

Kinder werden bedroht

Dies hatte zur Folge, dass er selbst von anderen Reddit-Admins aus seinem eigenen Forum ausgeschlossen wurde. Und auch wenn Rogozinski nun nichts mehr mit WallStreetBets zu tun hat, so erhielt der Forumsgründer Hilfsgesuche von zwei Hedgefonds-Managern. Andrew Left etwa wurde als einer, der auf fallende Kurse gesetzt hatte, online selbst bedroht – auch seine Kinder waren Opfer solcher Drohungen geworden.

Auch Steve Cohen von Point 72 Asset Management, die Melvin Capital mit anderen Fonds gemeinsam finanziell mit über 2,7 Milliarden US-Dollar ausgeholfen haben, musste seinen Twitter-Account abdrehen, da er und seine Familie ebenfalls bedroht wurden.

Staatsanwalt: “Es stinkt nach Korruption”

Währenddessen hat sich mittlerweile der Generalstaatsanwalt von Texas Ken Paxton eingeschaltet und verlangt in der ganzen Causa von Robinhood und Citadel in 13 Fällen Auskunft. “Die Wall Street habe nicht das Recht, den öffentlichen Zugang zum Aktienmarkt zu begrenzen”, hieß es in einer Mitteilung seines Büros. Auch Discord, TD Ameritrade, M1 Holdings und Webull Financial stehen im Visier des Ermittlers: “Es stinkt nach Korruption”, sagte Paxton.

Wilde Gerüchte und Anschuldigungen

Kein Wunder, dass sich – bisher unbestätigte – Gerüchte und wilde Theorien rund um die Beschränkung der GameStop-Aktien auftun.

Auf WallStreetBets wird gemutmaßt, dass: “institutionelle Insider möglicherweise eine große Anzahl von GameStop-Aktien gefälscht haben, weshalb sie am Donnerstag versucht haben, Privatanleger davon abzuhalten, mehr Aktien zu kaufen”, so ein User.

Es gäbe 71 Millionen GME-Aktien, die jemals vom Unternehmen ausgegeben wurden. Institute hätten der SEC über 13F-Filings gemeldet, dass sie mehr als 102.000.000 Aktien besitzen würden. Das wären 30 Millionen Aktien mehr als es überhaupt gebe, so die Theorie.

GameStop-Gründer meldet sich

Während sich nun also die US-Justiz bereit macht, sich in diesen Fall zu involvieren, meldete sich GameStop-Gründer Gary Kusin nach den Vorgängen zu Wort und sagte lapidar, es sei ihm eine “Ehre” gewesen, dass Privatanleger sein Unternehmen als Ziel auserkoren haben, er habe sich nur Popcorn geholt und zugesehen. WallStreetBets und GameStop: “to be continued…”.


DisclaimerDie Bitpanda GmbH ist mit 3,9849 % an der Brutkasten Media GmbH beteiligt.

*Disclaimer: Der Beitrag stellt keine Handelsempfehlungen und keine Anlageberatung dar.

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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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