05.07.2021

Experte: Das muss passieren, damit Bitcoin und Ethereum nachhaltig werden

Wie groß ist das Nachhaltigkeitsproblem von Bitcoin wirklich? Und wie kann es behoben werden? Wir haben beim Informatiker Ulrich Gallersdörfer nachgefragt, der unter anderem zum Energieverbrauch von Kryptowährungen forscht.
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Ulrich Gallersdörfer
Ulrich Gallersdörfer von der Technischen Universität München | Foto: Ulrich Gallersdörfer, Hintergrund: Adobe Stock
Dieser Artikel erschien zuerst im brutkasten-Magazin #12 (05/21).

Der Informatiker Ulrich Gallersdörfer forscht an der Technischen Universität München zu Blockchain-Themen. Er hat mehrere Studien zum Energieverbrauch von Bitcoin und anderen Kryptowährungen durchgeführt – zuletzt etwa im März 2020 das Paper “Energy Consumption of Cryptocurrencies Beyond Bitcoin” gemeinsam mit Lena Klaaßen und Christian Stoll. Im brutkasten-Interview erläutert er, wie groß das Nachhaltigkeitsproblem von Bitcoin wirklich ist und was es braucht, um Blockchain-Anwendungen nachhaltig zu machen. Das Gespräch wurde Mitte April geführt.

Bitcoin und Nachhaltigkeit – geht das zusammen?

Ulrich Gallersdörfer: Bitcoin und andere Kryptowährungen brauchen sehr viel Energie. Der Energieverbrauch an sich ist für mich aber noch nicht das Problem, sondern die damit einhergehenden CO2-Äquivalenz-Ausstöße. Die Energiequellen, die wir nutzen, sind nur zum Teil regenerativ. Daher wird CO2 ausgestoßen, was die Klimakrise vorantreibt. Das grundsätzliche Problem mit dem Energieverbrauch ist also, dass er mit einem CO2-Ausstoß einhergeht. Das gilt für Bitcoin, aber auch bei Streaming oder künstlicher Intelligenz. Den Energieverbrauch von Bitcoin kann man also hinterfragen – aber man sollte die größere Frage stellen: Wie können wir den Energiesektor dekarbonisieren?

Wie stark hat sich der aktuelle Boom um Bitcoin und andere Kryptowährungen auf den Energieverbrauch ausgewirkt?

Seit unserer jüngsten Studie vom März 2020 hat sich die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen dramatisch erhöht – von 150 Milliarden Dollar auf aktuell 1,5 Billionen Dollar. Damit geht natürlich ein höherer Energieverbrauch einher. Der Anteil von Bitcoin an der gesamten Marktkapitalisierung ist zwar zurückgegangen, in diesem aktuellen Bullenmarkt gibt es aber sehr viele Projekte, die eine hohe Marktkapitalisierung aufweisen, aber keine energieintensiven Algorithmen einsetzen – zum Beispiel Protokolle wie Chainlink oder Uniswap, die auf dem Ethereum-System aufbauen und dessen Infrastruktur nutzen.

Wenn man nur die Währungen betrachtet, die tatsächlich energieintensive Algorithmen verwenden, liegt der Anteil von Bitcoin weiterhin bei rund 80 Prozent und damit ungefähr genauso hoch wie vor einem Jahr. Spannend ist auch, dass der Anteil von Ethereum im selben Zeitraum von zehn auf 17 Prozent gestiegen ist. Der Anteil anderer Kryptowährungen, die einen Mining-Algorithmus nutzen, ging dagegen zurück.

Bei Ethereum gab es in den vergangenen Monaten Diskussionen über die hohen Transaktionsgebühren auf der Blockchain. Wie wirken sich denn diese auf den Energieverbrauch aus?

Eine sehr hohe Transaktionsgebühr kann tatsächlich dazu beitragen, dass der Energieverbrauch noch einmal gesteigert wird. Der Anreiz, dass Leute Hardware kaufen und einschalten, ist dann noch einmal größer. Meine subjektive Wahrnehmung ist auch, dass in Deutschland wieder stärker angefangen worden ist, zu minen. Dieser Effekt wird sich wieder ausgleichen: Indem mehr Menschen an dem Kuchen partizipieren, werden die Stücke für den Einzelnen kleiner – und dann wird es wieder unrentabel.

Ethereum befindet sich gerade in einem größeren Umbruch. Für das nächste Jahr ist das Upgrade auf Ethereum 2.0 geplant, das weitreichende Änderungen bringen soll. Wird dies den Energieverbrauch senken?

Ethereum verwendet aktuell wie Bitcoin den energieintensiven Proof-of-Work-Algorithmus für das Mining. Mit dem Update auf Ethereum 2.0 ist der Umstieg auf den energieeffizienteren Proof-of-Stake-Ansatz geplant. Meine persönlichen Hoffnungen dafür sind schon groß. Das ist ein Projekt, das Ethereum von der ersten Stunde an begleitet. Es war von Anfang an die Vision, dass man von Proof of Work wegkommt. Es wächst hier ein sehr großes Ökosystem. Mit dem hoffentlich zügigen Wechsel von Proof of Work auf Proof of Stake erwarte ich, dass sich Besserung einstellen wird.

Spannend wird jedoch, wie die Miner reagieren. Diese haben viel Geld in ihre Hardware, hauptsächlich Grafikkarten, investiert. Es könnte sein, dass die mit dem alten Ethereum-System weiterarbeiten wollen, und dann laufen beide Systeme parallel. Die Hardware kann aber auch für das Mining von anderen Kryptowährungen eingesetzt werden. Es wird spannend, zu sehen, wie stark die Miner zu anderen Krypto- währungen abwandern. Die Frage ist, ob diese ähnliche Renditen bringen.

Ist zu erwarten, dass die dominierenden Kryptowährungen energieeffizienter werden?

Ich glaube, dass Bitcoin aufgrund seiner Marke als Wertspeicher und aufgrund der zugrundeliegenden Idee weiter stark nachgefragt sein und auf Platz eins bleiben wird. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass Bitcoin vom energieintensiven Proof-of-Work-Ansatz auf den energieeffizienteren Proof-of-Stake-Ansatz umsteigen wird. Im Gegensatz zu Ethereum war das auch nie der Plan. Werden aber energieeffizientere Blockchains an Relevanz gewinnen? Ich glaube, ja. Es gibt eine große Nachfrage aus institutioneller Perspektive, dort sagen viele, dass es nicht sein kann, im Jahr 2021 Energie ohne Ende zu verbrauchen, um eine Blockchain zu betreiben.

Allerdings ist der Energieverbrauch auch kein Selbstzweck. Bei Bitcoin garantiert er etwa die Sicherheit des Netzes. Man kann daher auch nicht sagen, dass der energieeffizienteste Algorithmus automatisch der beste ist. Man muss sich hier auch andere Aspekte ansehen – etwa die Dezentralität oder die Geschwindigkeit eines Systems. Wenn nur ein einziger PC vor sich hinrechnet, ist es natürlich energieeffizienter als ein dezentrales System mit Tausenden Rechnern.

Meine Sorge ist, dass man irgendwann glaubt, man bräuchte unbedingt immer den energieeffizientesten Algorithmus. Aber in einem gewissen Bereich spielt es keine Rolle mehr, ob zehn oder 20 Kilowattstunden verbraucht werden.

Wie schätzen Sie das Bewusstsein innerhalb der Blockchain-Szene für das Thema Nachhaltigkeit ein?

Jedem, mit dem ich rede, ist klar, dass Klimawandel und CO2-Ausstoß existieren. Diese Diskussion muss nicht mehr geführt werden. Es gibt aber dennoch zwei Lager im Bitcoin-Bereich: Manche sagen, dass Bitcoin grüne Energie fördert, weil so eine hohe Nachfrage nach Energie entsteht. Aber auf der anderen Seite gibt es sehr viele Stimmen, die den derzeitigen Energieverbrauch für nicht in Ordnung halten.

Insgesamt sehe ich schon, dass in der Branche der Druck zunimmt, was Nachhaltigkeit angeht. Das hat sich auch beim Hype um Non-Fungible Token (NFT, Anm.) und digitale Kunst gezeigt. Da sind Künstler auf uns zugekommen, die wissen wollten, wie viel CO2 sie zu verantworten haben, wenn sie ihre Kunstwerke als NFT verkaufen. Das Bewusstsein steigt Tag für Tag.

In der Bitcoin-Community argumentieren viele, dass bereits jetzt viel Mining in China mit erneuerbaren Energien stattfinden würde – stimmt das?

Die Miner lassen sich kaum in die Karten schauen. Ihre Energiekosten und wie sie Energie nutzen, ist ihr Geschäftsgeheimnis. Es gibt Studien, dass 70 Prozent der Miner mit erneuerbarer Energie arbeiten. In unserer Forschung haben wir jedoch festgestellt, dass zwar in China erneuerbare Energie eingesetzt wird, dies jedoch sehr saisonal ist. Es kann sein, dass manche Miner zum Beispiel im Sommer Wasserkraft verwenden, dann aber im Winter wieder die Kohlekraftwerke angeschmissen werden müssen, weil die Miner diesen Energiebedarf haben.

Dazu kommt, dass die Mining-Hardware extrem schnell veraltet. Jeder Tag, an dem Sie dieses Gerät nicht einschalten, kostet Sie richtig Geld. Wenn Sie auf den grünen Strom warten wollen, kann es sein, dass Sie gar nicht in der Lage sind, Ihre Kosten hereinzubekommen. Die Mining-Hardware muss nach ihrer Anschaffung daher sofort eingeschal- tet werden und so lange laufen, bis die Kosten eingespielt sind.

Häufig wird auch darauf verwiesen, dass andere Assetklassen – wie Gold – ebenfalls umweltschädlich seien. Wie beurteilen Sie dieses Argument?

Rein theoretisch stimmt es, dass für den Goldabbau auch viel Energie verbraucht wird. Das ist keine zielgerichtete Diskussion, denn wir müs- sen die Probleme im Krypto- und im Energiemarkt generell lösen. Es gibt auch Vergleiche mit dem US-Dollar, die ebenfalls zutreffend sein mögen, aber dennoch nicht hilfreich sind. Das Problem ist sicher größer und globaler, aber einfach darauf hinzuweisen, dass es woanders auch Dreck gibt, hilft niemandem.

Was braucht es, damit Blockchain-Anwendungen nachhaltig werden?

Auf globaler Ebene müssen wir unseren Energiesektor dekarbonisieren; auf der Blockchain-Ebene müssen wir weiter Bewusstsein schaffen. Es fragen sich bereits jetzt immer mehr Menschen, welchen CO2-Ausstoß sie verursacht haben, wenn sie Kryptowährungen kaufen. Da gibt’s mittlerweile Internetseiten, die das berechnen und einem dann helfen, diesen Ausstoß zu kompensieren. Eine Ebene darüber müssen wir uns ansehen, wer Bitcoin-Mining betreibt und mit welchem Strom dies geschieht.

Es gibt erste Ansätze, dass Miner sich selbst verpflichten, grünen Strom zu nutzen. Aber über kurz oder lang wird es wohl staatliche Regulierungen brauchen, die festlegen, in welchem Rahmen Mining stattfindet. Ein Beispiel dafür ist Kanada: Dort gibt es sehr viel grüne Energie. Das hat dann so viele Miner angezogen, dass es Netzprobleme gab. Daraufhin wurde dies reguliert. Wenn das so passiert, sind wir auf einem richtigen Weg. Aber allein über Regulative wird man es nicht vollständig steuern können, weil das System dezentral ist und niemand mitbekommt, wenn ich in meinem Keller mine.

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vlonru. Hannah Wundsam, Hansi Hansmann, Laura Raggl, Sander van de Rijdt, Christiane Holzinger und Michel Hurnaus | (c) AustrianStartups / Studio KoeKart / Fabianklima.at / Martin Pacher / 360 Business Planer / Tractive

Ein weiteres Krisenjahr geht zu Ende. Noch nie in seiner zehnjährigen Geschichte musste brutkasten über so viele Startup-Insolvenzen berichten. Noch nie waren so viele Startup-Übernahmen nicht als erfolgreicher Exit, sondern als Notverkauf zu klassifizieren. Und noch nie war der Ruf nach umfassenden wirtschaftspolitischen Reformen in der heimischen Startup-Szene so laut.

Und die gesamtwirtschaftlichen Prognosen bleiben düster. Ein Ende der Rezession ist noch nicht absehbar. Dass derzeit auch viele große und etablierte Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage geraten, verschärft die Situation zusätzlich.

Doch natürlich gab es auch 2024 Erfolgsgeschichten in der heimischen Startup-Welt. Und es wäre nicht die Startup-Szene, wenn sich nicht der für sie so typische Optimismus immer wieder seinen Weg bahnen würde – dieses Jahr vielleicht etwas leiser, als in vielen anderen Jahren. Wir haben einige der bekanntesten Gesichter der österreichischen Startup-Community um einen kurzen Rück- und Ausblick zum Jahreswechsel gebeten.


Hansi Hansmann, Business Angel

Hansi Hansmann
Hansi Hansmann | (c) Studio KoeKart

2024 ist in etwa so schwierig geworden wie erwartet, der erhoffte Lichtblick im zweiten Halbjahr ist nicht gekommen. Ich erwarte diesen Lichtblick auch 2025 nicht. Es wird also schwierig bleiben und für viele noch schwieriger werden – damit werden wir leben müssen.

Viele Scaleups werden nur noch von den Bestandinvestoren über Wasser gehalten, und denen geht einfach irgendwann das Geld aus, weil vom Markt – VCs, IPOs, etc. – kein Rückfluss kommt. Je länger die Krise dauert, desto schwieriger wird es auch für Startups, weil Funding zum Teil einfach nicht mehr funktioniert – außer, man hat ‘Dream-KPIs’, aber das haben nur die wenigsten.

Trotzdem ist es die richtige Zeit, um zu gründen. Die größten Erfolgsgeschichten haben in Krisen ihren Anfang genommen.

Hannah Wundsam, Co-Managing Director Austrian Startups

Hannah Wundsam
Hannah Wundsam | (c) AustrianStartups

Das Wahljahr 2024 hat uns noch stärker vor Augen geführt, wie entscheidend der Startup-Sektor für Europas Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit ist. Während in Österreich die neue Flexco-Rechtsform mit über 700 Gründungen getestet wird, nimmt auf EU-Ebene die EU Inc und damit die Vereinheitlichung des europäischen Kapitalmarkts Fahrt auf.

Auch 2024 blieb das Aufstellen von Wachstumskapital eine der größten Herausforderungen für Startups. 2024 waren Finanzierungsrunden stark auf AI und Climate Tech fokussiert – die 100-Millionen-Runde von Gropyus im Herbst war die größte des Jahres.

Für uns bei AustrianStartups wurde einmal mehr klar: Ein Mindset-Wandel ist dringend notwendig – und der beginnt bei der Bildung. Initiativen wie die Youth Entrepreneurship Week an Schulen oder die Spin-off-Offensive der Regierung, die eine Verdopplung der jährlichen Spin-off-Gründungen bis 2030 anstrebt, sind wichtige Schritte.

Entscheidend wird nun, ob die neue Regierung 2024 zukunftsgerichtete Maßnahmen umsetzt – mit lang ersehnten Anreizen, wie einem Dachfonds und einem Investitionsfreibetrag, die Österreichs Startup-Ökosystem langfristig stärken könnten.

Sander van de Rijdt, Co-Founder & Co-CEO PlanRadar

PlanRadar Co-Founder und CEO Sander van de Rijdt
Sander van de Rijdt | (c) der brutkasten / Martin Pacher

2024 hat sich weithin als durchwachsenes Jahr mit anhaltenden Herausforderungen und Negativeffekten gezeigt, die sich auch in tatsächlichem Stellenabbau und massiv gebremstem Wachstum realisiert haben – Stichwort: Wirtschaftsstandort Österreich. Die Bau- und Immobilienindustrie als Hauptzielmarkt für PlanRadar schwächelt nach wie vor und zahlreiche Akteure sind den Dynamiken zum Opfer gefallen, teils unter breiter öffentlicher Wahrnehmung, teils im Stillen hinter verschlossenen Türen. Hier stehen insbesondere Österreich und Deutschland auch im europäischen Vergleich sehr, sehr schlecht da.

Bei PlanRadar sehen wir, dass das internationale Geschäft für uns in Regionen wie Spanien, Italien oder den USA bereits wieder sehr gut anspringt oder beispielsweise in den Vereinigten Arabischen Emiraten überhaupt nie negativ beeinflusst war. Wir konnten unseren Gesamtumsatz trotz der multiplen negativen Vorzeichen wieder um ca. 25 Prozent steigern, was in der aktuellen Marktlage durchaus ansehnlich ist, und weshalb mir schon öfters vorgehalten wurde, dass „ich auf sehr hohem Niveau jammere“.

Für 2025 hoffe ich auf durchdachte und nachhaltige Maßnahmen der neuen Regierung, um das Wirtschaftswachstum in Österreich wieder anzukurbeln. Auch sollten die Zinssenkungen und das Auslaufen der KIM-Verordnung (Anmerkung der Redaktion: Verordnung für nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien) für einen ersten Aufschwung in der Bau- und Immobilienbranche in der zweiten Jahreshälfte sorgen. Mit einer richtigen Erholung rechne ich erst 2026, bin aber sehr froh, wenn ich eines Besseren belehrt werde.

Laura Raggl, Gründerin ROI Ventures

Laura Raggl (c) Fabianklima.at

2024 war unser zweites vollständiges Investmentjahr und dementsprechend spannend. Im Pre-Seed-Bereich bleibt die Dynamik ähnlich wie 2023, doch die Finanzierungsrunden sind deutlich wettbewerbsintensiver geworden. Immer mehr Gründer:innen mit Scaleup-Erfahrung oder vorherigen Exits starten neue Startups. Die Bewertungen befinden sich meiner Meinung nach auf einem angemessenen Niveau, sind jedoch im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen. Insgesamt bietet der Markt für uns, mit unserem Fokus auf Neuinvestitionen, eine interessante Dynamik.

In den späteren Finanzierungsphasen sieht die Situation weniger rosig aus. M&A-Aktivitäten und IPOs befinden sich auf dem niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre, da die Liquidität weiterhin eingeschränkt ist. Viele hochkarätige Börsengänge finden weiterhin in den USA statt, was Talent und Kapital aus Europa abzieht.

Für VCs gestaltete sich das Fundraising im Jahr 2024 besonders schwierig, dennoch wurden mehrere große Fonds mit einem Volumen von über 500 Millionen Euro angekündigt. Ein bedeutender Hebel könnte hier die stärkere Mobilisierung von Pensionskassen im DACH-Raum sein, die bisher noch viel zu wenig in Venture Capital investieren.

Mit Blick auf 2025 ist zu hoffen, dass speziell die Maßnahmen auf der Risikokapitalseite von der neuen Regierung rasch umgesetzt werden. Insbesondere die steuerlichen Erleichterungen für private Startup-Investor:innen und der geplante Rot-Weiß-Rot-Dachfonds sind nun mehr als dringend notwendig.

Michael Hurnaus, Gründer und CEO Tractive

Tractive, Hauster Versicherung, Insurance, Pet Cover
Michael Hurnaus | (c) Tractive

Für Tractive war 2024 tatsächlich ein sehr gutes Jahr, in dem wir trotz eines herausfordernden Marktumfelds deutlich wachsen konnten. Hier half uns jedenfalls ein dankbares Business-Modell und der kontinuierliche Drang nach Effizienz im Unternehmen. Cashflow war auch heuer wieder King. Unternehmen mit langen Sales-Cycles oder Cashflow-unfreundlichen Modellen kamen in vielen Branchen zum Wanken.

Viele Unternehmer waren Anfang 2024 optimistisch, dass sich die Wirtschaft schnell wieder erholt – was abgesehen vom Kryptomarkt hierzulande nicht wirklich passiert ist. Eben diese Unternehmer scheinen aktuell besonders pessimistisch für 2025 zu sein – was mich wiederum optimistisch stimmt, weil sich die Mehrheit halt oft täuscht.

Für all jene Unternehmen, die Geschäfte mit den USA machen, kommt natürlich eine spannende Zeit, die aber vor allem für Unternehmen, die nicht in China produzieren, “net positive” sein sollte. Wenn wir uns in der EU also nicht komplett mit AI-Act und Co selbstgeißeln und allesamt etwas weniger jammern, dafür mehr anpacken, dann bin ich sehr optimistisch für 2025.

Christiane Holzinger, Business Angel und Gründerin

Christiane Holzinger | (c) 360 Business Planner

2024 war ein Jahr der Konsolidierung, strategischer Investitionen und klarer Botschaften. Das Jahr 2024 war geprägt von Herausforderungen, aber auch von klaren Chancen, mutige Akzente zu setzen. Als Angel-Investor habe ich mich in diesem Jahr auf drei neue Startups fokussiert, die nachhaltige Geschäftsmodelle und innovative Technologien in den Vordergrund stellen. Gleichzeitig lag mein Augenmerk darauf, bestehende Beteiligungen zu stärken. Die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit hat mich dazu gebracht, Entscheidungen noch bewusster und datengetriebener zu treffen. Besonders wichtig waren dabei die Themen Team & Leadership sowie die langfristige Stabilität der Geschäftsmodelle.

2024 war für mich aber nicht nur ein Jahr des Investierens, sondern auch des Lernens und des Gestaltens. Ich habe die intensivere Auseinandersetzung mit Markt- und Teamdynamiken genutzt, um neue Perspektiven zu gewinnen und meinen Beitrag zur Startup-Szene weiterzuentwickeln. Natürlich gab es auch Hürden: Bridgerunden und schwierige Finanzierungsphasen in meinem Portfolio waren anspruchsvoll. Aber durch konsequente Priorisierung habe ich stets das Ziel vor Augen behalten: einen klaren Weg nach vorne. Ein persönliches Highlight war die Arbeit an meinem ersten Buch, in dem ich mich intensiv mit dem Thema Finanzpower für Frauen auseinandersetze.

Mit Blick auf 2025 bin ich entschlossen, meinen Fokus weiter zu schärfen: Frühphasen-Investitionen werden eine noch zentralere Rolle spielen. Ich sehe enorme Potenziale in Co-Investments mit anderen Angels und institutionellen Investoren, besonders in der heimischen VC-Szene. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Förderung von Gründerinnen- und Gründervielfalt sein. Ich bin überzeugt, dass diverse Teams nicht nur innovativer, sondern auch erfolgreicher sind. Mein Ziel ist es, gezielt in solche Teams zu investieren und damit ein starkes Signal zu setzen.

Doch dafür braucht es auch die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Wir müssen als Gesellschaft verstehen, dass Investitionen in Startups und Unternehmer:innen keine Nische sind – sie sind ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung unseres Wirtschaftsstandorts. Es braucht bessere steuerliche Anreize, einfachere Zugänge zu Kapital und mehr Bildung rund um das Thema Unternehmertum, damit Investieren als ganzheitliches Konzept in der Bevölkerung ankommt.

Johannes Braith, Co-Founder & CEO Storebox

Johannes Braith | (c) Storebox

2024 – what a ride! Nach bald zehn Jahren Unternehmertum und Startup-Erfahrung war 2024 bestimmt ein Jahr, das mir in Erinnerung bleiben wird. Wie bereits in meinem letzten Jahresrückblick prognostiziert, bin ich davon ausgegangen, dass sich die Großwetterlage 2024 gegenüber 2023 noch verschärfen wird. Das ist nach meiner Einschätzung auch eingetreten. Die globalen Krisen haben sich leider nicht beruhigt und mit dem Aufkochen des Konflikts in Gaza noch weiter zugespitzt. Die Zinswende wurde glücklicherweise vollzogen und ich denke, dass wir für 2025 einen durchaus optimistischeren Ausblick haben dürfen.

Für Storebox war das Jahr 2024 geprägt von vielen großen Meilensteinen. Wir konnten nicht nur unseren 350. Storebox-Standort eröffnen und unsere 300. Franchise-Lizenz vergeben, sondern auch über 12.000 aktive Kunden servicieren. Wir sind in den unterschiedlichen Revenue-Streams zwischen 50 und 100 Prozent gewachsen – und das trotz herausfordernder Umstände. Auch anorganisch konnten wir mit zwei M&A-Transaktionen wachsen und erfolgreich zwei Mitbewerber übernehmen.

Ich bin überzeugt, dass 2025 ein extrem spannendes Jahr wird und wir einen positiven Aufschwung erleben werden. Allerdings muss dieser von uns allen hart erarbeitet werden und es wird nicht ausreichen, an der Seitenlinie zu stehen und zu warten, bis dieser von jemandem herbeigeführt wird.

Kilian Kaminski, Co-Founder refurbed

Kilian Kaminski | (c) refurbed

Trotz der vielfältigen Herausforderungen, mit denen viele Unternehmen in diesem Jahr konfrontiert waren, konnten wir entscheidende Wachstumsschritte erzielen, auf die wir sehr stolz sind: Zum einen haben wir unsere Marke refurbed durch ein umfassendes Rebranding gestärkt und unser Nachhaltigkeitsportfolio weiter ausgebaut. Damit ist es uns gelungen, den positiven Einfluss von refurbed auf Umwelt und Gesellschaft weiter zu erhöhen. Zum anderen haben wir unsere geographische Präsenz erweitert und vier neue Märkte erfolgreich erschlossen.

Besonders freut es uns, dass wir auch in diesem Jahr erneut bedeutende Kooperationen eingehen konnten, um Refurbishment als dritte Konsumkategorie breitenwirksam zu etablieren – zuletzt durch die exklusive Zusammenarbeit mit Hofer.

Ein persönliches Highlight für mich war auch 2024 wieder die Kooperation mit Fraunhofer Austria. Diese Partnerschaft ermöglicht es uns weiterhin, die positiven Auswirkungen von Refurbishment wissenschaftlich fundiert zu quantifizieren und zu belegen.

Für 2025 erwarten wir keineswegs ruhige Zeiten. Doch wir sind davon überzeugt, dass wir unsere ambitionierten Ziele erreichen werden. Wir haben refurbed schließlich nicht gegründet, um uns auf dem Erreichten auszuruhen, sondern um langfristig etwas am Markt nachhaltig zu verändern. Entsprechend blicken wir insgesamt mit großem Optimismus und Tatendrang auf das kommende Jahr.

Berthold Baurek-Karlic, Investor (u.a. Venionaire Capital)

Berthold Baurek-Karlic © Foto Wilke
Berthold Baurek-Karlic | (c) Foto Wilke

Das Jahr 2024 war kein einfaches. Ich hoffe, dass unsere kommende Regierung den Standort durch Entlastungen stärkt und Impulse für starkes Wirtschaftswachstum setzt.

Ich persönlich sehe viel Wachstumspotenzial in der Golf-Region und in Japan. Hier legen wir einen starken strategischen Fokus, um der wirtschaftlichen Flaute in Europa etwas zu entkommen.

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