15.10.2021

Woher kommt die Aufregung um einen Bitcoin-ETF?

Ein ETF für Bitcoin könnte diesmal wirklich vor der Tür stehen. Der Preis geht rauf. Warum? Weil so ein Fonds als Brücke zwischen der alten und der neuen Finanzwelt dienen könnte. Aber: Die Brücke ist eine Krücke.
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Bitcoin-ETF
brutkasten-Kolumnist Nikolaus Jilch | Hintergrund © Adobe Stock

Er steht mal wieder vor der Tür. Angeblich. Der Bitcoin-ETF. Was ein ETF generell ist, habe ich hier mal erläutert. Im Grunde geht es um einen Fonds, der Bitcoin hält. Diesen Fonds kann man dann mit seinem „normalen“ Onlinebroker kaufen. Im Bitcoin-Sektor ist der ETF seit Jahren Thema. Schon 2017 stand er vor der Tür. Angeblich.

Damals ist nichts passiert. Aber die Welt hat sich geändert. In den USA laufen Dutzende Genehmigungsverfahren. Die zuständige Behörde hat zuletzt signalisiert, dass eine Zulassung vor der Tür stehen könnte. Vier ETFs könnten noch im Oktober zugelassen werden. Die Aufregung scheint also gerechtfertigt. Der Bitcoin-Preis ist Ende der Woche stark gestiegen.

In Europa gibt es längst ETFs für Bitcoin

Was eigenartig ist: In Europa gibt es längst ETF-ähnliche Vehikel, die „normalen“ Anlegern Zugang zu Bitcoin verschaffen. Hier gibt es eine gute Übersicht. Die Aufregung rund um diese Fonds hat sich bisher in Grenzen gehalten. Insgesamt stecken nur rund zwei Milliarden Euro in diesen ETF-ähnlichen Dingern. Es sind keine ETFs im klassischen Sinne, sondern ETNs. Sie erfüllen aus Anlegersicht denselben Zweck, das Risiko ist aber etwas höher. Auch in Kanada sind inzwischen mehrere Bitcoin-ETFs zugelassen. Da gab es nur kurz Aufregung am Markt, das war es dann aber auch.

Ein großer Streitpunkt in der Community ist aktuell zudem die Tatsache, dass als erster ETF ausgerechnet ein solcher zugelassen werden könnte, der in Bitcoin-Futures investiert – und nicht in physische Bitcoin. Das könnte den Markt verzerren, befürchten manche. Ob ihre Befürchtung zutrifft oder nicht, ist aus heutiger Sicht kaum zu sagen. Und auch wenn das als Antwort unbefriedigend ist, es bleibt ein Nebenschauplatz, sorry.

Zugang für klassische und institutionelle Anleger

Worum es wirklich geht: ein ETF (egal in welcher Form, denn ultimativ geht es nur darum, den Bitcoin-Preis abzuwickeln) würde einer ganz neuen Klasse an Investoren Zugang zum Bitcoin-Markt verschaffen. Die Rede ist von „normalen“ Privatanlegern, von institutionellen Investoren und sogar Pensionsfonds. Ein ETF, der auf US-Börsen handelbar ist und von US-Behörden abgesegnet wurde, gibt vielen Milliarden Zugang zu Bitcoin. Außerdem würde er als „seal of approval“ der US-Behörden für die älteste Kryptowährung dienen.

Das ist der Grund, warum die Fans von Bitcoin sich freuen, wenn ein ETF mal zugelassen werden sollte. Er steht symbolisch und praktisch für das Zusammenwachsen zweier Welten: Bitcoin und „legacy markets“, er dient als Brücke.

Hedgefonds-Legende zieht Vergleich mit Gold

Man muss zwar sagen: An sich braucht Bitcoin keinen ETF. Anders als Gold und Rohstoffe, kann man Bitcoin selbst lagern. Das ist sogar einer der zentralen Punkte. Aber diese Verantwortung zu übernehmen, ist vielen zu heikel. Es schreckt ab. Diese Anleger bekommen über einen ETF einen bequemen Zugang.

Das ist auch der Grund, warum Hedgefonds-Legende Paul Tudor Jones eine Ähnlichkeit zum Goldmarkt der 1970er-Jahre zieht. Damals wurde das Metall durch Futures erstmals für die Finanzmärkte handelbar gemacht. In Kombination mit der damaligen Inflation kam es zu einem Boom. Auch heute sehen wir wieder eine „große monetäre Inflation“, wie Tudor schreibt. Und diesmal ist seiner Meinung nach Bitcoin das „schnellste Pferd“.

Der ETF ist eine Brücke, aber auch eine Krücke

Ein Wort noch: Wie erwähnt ist ein ETF nur ein Vehikel. Wie erwähnt sind die in Europa gehandelten ETNs vom Risikolevel her noch heikler. Wie erwähnt braucht Bitcoin eigentlich keinen ETF. Ja, er wird eine Brücke bilden. Aber eines der Kernfeatures von Bitcoin ist es, dass jedermann zu jederzeit Zugang hat und seine eigenen Schlüssel (private keys) halten kann. Wer sich mit Bitcoin ernsthaft beschäftigen will und verstehen will, worum es bei der Technologie geht, kommt daran nicht vorbei.

Für Bitcoin-Anleger sind Finanzprodukte wie ETFs interessant, weil sie Volumen und Reputation bringen. Das Asset und das Netzwerk Bitcoin brauchen sie aber nicht – und auch nicht diejenigen, die Bitcoin langfristig halten oder verstehen wollen. Die Brücke ist eine Krücke. Das sollte man sehen.

Zum Autor

Niko Jilch ist Finanzjournalist, Podcaster und Speaker. Website: www.nikolausjilch.com Twitter: @nikojilch


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

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Das Wiener Startup PowerBot automatisiert den physischen Stromhandel an Strombörsen. Damit leistet es einen Beitrag zur Energiewende. CEO Helmut Spindler hat uns vergangenen April mehr über die Technologie erzählt.

Das SaaS-Unternehmen wurde im Jahr 2020 von Felix Diwok, Manuel Giselbrecht und Helmut Spindler gegründet. Mit dem Ziel, Handelsabläufe an den europäischen Strombörsen zu automatisieren und zu verbessern. Und damit die Energiewende voranzutreiben. CEO Spindler war jahrelang als Berater für Energiemarktfragen tätig. Als Spin-off der Energiemarktberatung Inercomp GmbH entstand dann 2020 PowerBot.

Exit an norwegischen Tech-Konzern

Am gestrigen Mittwoch verkündete das Wiener Startup, vom “europäischen Marktführer für Energiesoftware, Volue, offiziell übernommen” worden zu sein. Eine konkrete Summe wird nicht genannt. Gemeinsam habe man sich das Ziel gesetzt, den Markt “im algorithmischen kurzfristigen Stromhandel” anzuführen.

Das Käufer-Unternehmen Volue positioniert sich als Technologielieferant grüner Energie. Das norwegische Unternehmen arbeitet an Lösungen zur Optimierung von Produktion, Handel, Verteilung und Verbrauch von Energie.

Co-Founder Diwok hielt bislang 37,5 Prozent, Spindler und Giselbrecht je 18,74 Prozent. Auch das Partnerunternehmen der Armstrong Consulting GmbH unter Geschäftsführer Roger Armstrong hielt bislang 25,01 Prozent der Firmenanteile.

Schrittweise Integration

Mit dem Kauf des Wiener Energy-Startups soll das bestehende Portfolio von Volue erweitert werden. Die Integration soll Schrittweise erfolgen, ab Jänner 2025 sei die PowerBot-Lösung vollständig in das Volue-Portfolio integriert.

Volue-CEO Trond Straume wird in einem LinkedIn-Post von PowerBot zitiert: „Diese Übernahme ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg, bis 2030 der führende SaaS-Anbieter für das globale Energiesystem zu werden. Die hochmoderne Plattform von PowerBot ergänzt den Volue Algo Trader perfekt, indem sie Quants befähigt und unsere Expansion über Westeuropa hinaus beschleunigt.“

Das Wiener Energy-Startup soll fortan die bestehende Lösung des Käufers – namentlich “Volue Algo Trader Power” ergänzen. Dabei handelt es sich um eine SaaS-Lösungen für den kurzfristigen Stromhandel, kurz für “Intraday”-Stromhandel.

“Keinen besseren Partner”

Wie PowerBot weiter vermeldet, soll die Integration die Entwicklung von traderfreundlichen Benutzeroberflächen und Lösungen für Unternehmen begünstigen. PowerBot wird dabei eng mit dem Team rund um die SaaS-Lösung Volue Algo Trader Power zusammenarbeiten.

Für das PowerBot-Team sei der Exit “nur der nächste wichtige Schritt auf dem Weg des Wachstums”, heißt es. Auch weiterhin soll das bestehende PowerBot-Team, darunter Helmut Spindler, Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer, “die Entwicklung des Produkts weiter vorantreiben und für Kontinuität und Innovation sorgen”. Das Startup will indes bereits baldige neue Produkte auf dem Markt verkünden.

Helmut Spindler, CEO von PowerBot, kommentiert: „Wir haben in den letzten Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt, und um weiter zu skalieren und zu internationalisieren, brauchten wir einen starken Partner. Volue ist aufgrund seiner umfassenden Branchenkenntnisse und seiner gemeinsamen Vision die perfekte Wahl. Ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen“.

Stärken kombinieren

Mittlerweile soll das Wiener Energy-Startup über 85 Kunden in 26 Ländern vorweisen. Handeln soll es derzeit an neun Börsen. Das Team sei 25-köpfig und in Wien sitzend. Auch die Zertifizierungen ISO 27001 und SOC2 Typ 2 – beides Zertifizierungen für Cybersicherheit und Datenschutz – weise man vor.

Roland Peetz, SVP von Volue Energy Software, fügt hinzu: „Indem wir unsere Stärken kombinieren, schaffen wir ein unübertroffenes Angebot, das den Anforderungen des sich schnell verändernden Stromhandelsmarktes gerecht wird.“

Aus dem Archiv: PowerBot-CEO Helmut Spindler im Studio

Der PowerBot-CEO und Mitgründer Helmut Spindler war zu Gast im brutkasten Studio.

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