28.08.2024
INVESTMENT

Biolyz: Tullner Startup für Speichel-Analytik im Sport erhält Millioneninvestment

Bioanalytik wird im Leistungssport immer attraktiver: Nicht nur, um die Performance zu steigern, sondern auch, um das Berufsleben im Sport zu verlängern. Dieses Potenzial nutzt das Tullner Startup Biolyz - und vermeldet ein frisches Millioneninvestment.
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Das Biolyz Team (c) Biolyz LinkedIn

Wenn junge Startups groß werden und Finanzierungsrunden abschließen, kommen Anfragen von Presse und Öffentlichkeit oft unvorhergesehen schnell. Besonders rasant trifft es in letzter Zeit sogenannte SportTechs, die sich der Verbesserung sportlicher Leistung mittels AI, Technik oder Biomarkern verschieben haben – darunter das Team des Wiener KI-Fußball-Analyse-Startups zone14.ai, das erst im Mai ein Investment und eine FFG-Förderung kommunizierte.

Ähnliche Schlagzeilen schreibt man im Sport- und BioTech-Sektor nun auch in Tulln: Das Startup Biolyz rund um Co-Founder und CEO Marlon Millard vermeldet nämlich ein Investment “in signifikanter siebenstelliger Höhe”.

Sportler-Speichel verhilft zur Leistungssteigerung

Mit Biolyz, einem Jungunternehmen für Speicheldiagnostik, will Millard ein fortschrittliches Ökosystem für Leistungsdiagnostik mittels Speichelanalyse aufbauen.

Gegründet wurde das BioTech schon im Jahr 2021 in Tulln. Mittlerweile hat sich das Startup auf von Machine-Learning gestützte Analysen von nicht-invasiv messbaren Biomarkern spezialisiert. Das soll vor allem Leistungssportler:innen zu besserer Performance und einem längeren Berufsleben im Sport verhelfen.

Die Methodik dient in erster Linie der Leistungsdiagnostik im Sport: Dank Biolyz will man Performance analysieren und sportliche Leistungen steigern, um Verletzungsrisiken zu minimieren und Erholung zu optimieren, heißt es. Analysiert wird dabei der Speichel von Sportler:innen.

Biolyz App kostenlos downloadbar

Der Biolyz Tracker ist mittlerweile in den App-Stores von Apple und Google Play erhältlich. Wie das Unternehmen selbst schreibt, bestrebt es, “das fortschrittlichste, nicht-invasive Bioanalytik-Ökosystem zu schaffen, um die Entwicklung von Sportlern zu beschleunigen”.

Wie Gründer Millard im Gespräch mit brutkasten verrät, will man nun die “Plattform weiter entwickeln” und seine Position am Markt stärken. Schließlich sei man das “weltweit erste Unternehmen, das sich auf Data-Science-gestützte Analysen von Speichelbiomarkern” zur Optimierung von sportlicher Leistung konzentriert.

Verletzungen reduzieren und Berufsleben im Sport verlängern

Damit will Biolyz biochemische Signale “eines jeden Menschen” nutzen, um “individuell zugeschnittene, datengestützte Handlungsempfehlungen zu geben”, schreibt das Startup in seiner App-Beschreibung. Und weiter: “Um die Leistung und die Erholung zu verbessern, Verletzungen zu reduzieren und Berufsleben im Sport zu verlängern”.

Weitere Fördermittel von FFG und REACT-EU-Programm

Das frische Millioneninvestment – im Lead war ein nicht namentlich genannter Business Angel – ist nicht der einzige finanzielle Zuschuss, über den das Tullner Startup zu berichten hat.

Biolyz erhielt bereits Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des REACT-EU-Programms. Unterstützt wurde damit “die Beschaffung und Installation einer hochmodernen Hochdurchsatz-Infrastruktur” für die Proteomik-Massenspektrometrie, um präziser und effizienter arbeiten zu können.

Außerdem unterstützte die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) das Startup bereits vor vier Monaten mit dem “Austrian Life Science Grant”. Damals in Form einer “beträchtlichen sechsstelligen Summe”, wie das Startup auf LinkedIn verkündete. Damit soll Biolyz “zu den ersten Empfängern dieser Förderung für unsere Arbeit im Bereich der KI-gesteuerten nicht-invasiven Bioanalytik für Sportler” geworden sein.

ISO-Sicherheitszertifikat “hebt uns in der Branche ab”

Erst vor zwei Wochen berichtete das Startup außerdem vom Erhalt der ISO 27001 Zertifizierung auf der Business-Plattform LinkedIn. Damit wird sichergestellt, einem “wirksamen Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS)” zu entsprechen. Biolyz selbst äußerst sich außerdem wie folgt zur Zertifizierung: “Als ein Unternehmen, dem sensible Daten anvertraut werden, wissen wir, wie wichtig es ist, die höchsten Sicherheitsstandards einzuhalten. Dieser Meilenstein hebt uns in der Branche weiter ab und zeigt unser Engagement für hervorragende Leistungen.” Weitere ISO-Zertifizierungen stünden in Ausarbeitung, meint das Startup auf LinkedIn.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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