13.08.2024
WACHSTUM

Biogena holt sich weitere 6 Mio. Euro Kapital und will 2028 an die Börse

Das Salzburger Nahrungsergänzungsmittel-Unternehmen Biogena setzt weiterhin voll auf Wachstum und nahm nun noch weiteres Kapital auf.
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Auf dem Bild befinden sich von links nach rechts ein Mann, eine Frau und ein Mann. Konkret das Managementboard von Biogena. Die Personen tragen dunkle Kleidung und stehen vor einer Bilderwand mit weißem Hintergrund.
Das Management Board von Biogena: Stefan Klingmair, Julia Ganglbauer und Albert Schmidbauer (c) Biogena

Bislang kein einziges Jahr mit Verlust, ein erwarteter Jahresumsatz von rund 80 Millionen Euro in diesem Jahr und das Unternehmen dabei laut Gründer zu 96,1 Prozent in seinem Eigentum (Anm. die Firmenstruktur ist komplex und beinhaltet eine AG sowie eine deutsche GmbH). Das sind die durchaus beeindruckenden Basis-Daten zum Salzburger Nahrungsergänzungsmittel-Unternehmen Biogena.

Eine Kapitalspritze folgt auf die andere

Die Firma exportiert ihre Produkte in etwa 70 Länder, zuletzt eröffnete sie ihren 25. eigenen Store in Los Angeles. Es läuft dem Vernehmen nach also richtig gut für Biogena. Doch scheinbar nicht schnell genug. Erst vor weniger als einem Monat verkündete das Unternehmen, Kapital in siebenstelliger Höhe via Revenue-based-Financing aufgenommen zu haben. Damit wollte man die internationale Expansion und die Ausrollung des Geschäftsmodells vorantreiben, hieß es vom Unternehmen.

Nur wenige Wochen später vermeldet Biogena nun die nächste Kapitalspritze. Diesmal kamen per Fixzinsanleihe sechs Millionen Euro von mehr als 500 Investor:innen herein. Diese zuvor festgelegte Obergrenze habe man innerhalb von zwölf Tagen erreicht, wobei man bereits am zweiten Tag bei 1,5 Millionen Euro gestanden sei, heißt es vom Unternehmen. Es ist die zweite derartige Anleihe, die Biogena ausgibt. Diesmal wird mit den Crowd-Investor:innen ein fixer Zinssatz von 7,5 Prozent vereinbart.

300 Mio. Euro Unternehmensbewertung – Biogena will 2028 an die Börse

Im Zuge der Bewerbung der Anleihe gab Biogena auch weitere aktuelle Zahlen aus. Demnach betrug der Umsatz 2022 rund 55 Millionen Euro, 2023 rund 63 Millionen und 2024 per Ende Juli bereits 66 Millionen mit erwarteten 81 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2023/2024. Den Gewinn vor Steuern (EBITDA) der gesamten Unternehmensgruppe für 2024 schätze man auf 16 bis 18 Millionen Euro, “woraus sich nach gängigen Bewertungsmodellen für das stark wachsende Unternehmen ein Unternehmenswert rund um die 300 Millionen Euro ableiten lässt und den geplanten Börsengang ab dem Jahr 2028 einmal mehr untermauert”, heißt es vom Unternehmen. Mit der aktuellen Produktionskapazität in Salzburg könne man für 300 Millionen Euro Jahresumsatz produzieren, heißt es zudem.

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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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