30.07.2018

Bedingungsloses Grundeinkommen: So denkt die brutkasten-Community

Bei der Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen scheiden sich in der Brutkasten-Community die Geister. Eine Facebook-Abstimmung fiel zugunsten des BGE aus. Die Diskussion zeigte eine große Bandbreite an Argumenten.
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Bedingungsloses Grundeinkommen - BGE - so denkt die Brutkasten-Community

Es wird weltweit, teilweise heftig, diskutiert – das bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Die BefürworterInnen des Gehalts ohne Gegenleistung stammen dabei nicht nur aus dem linken politischen Spektrum. Mit Elon Musk und Mark Zuckerberg hat es etwa auch zwei sehr prominente Fürsprecher aus dem Tech-Bereich, die wohl eindeutig nicht dem Sozialismus zugeordnet werden können. Im Hintergrund steht dabei eine Glaubensfrage: Werden Artificial Intelligence und die weiter fortschreitende Automatisierung zu langfristiger Massenarbeitslosigkeit führen? Oder werden, wie bei den vorangegangenen industriellen Revolutionen, am Ende mehr neue Berufsbilder kreiert, als verloren gehen?

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BGE-Befürworter im Voting klar vorne

Wie diese große Frage zu beantworten ist, muss wohl vorerst dahingestellt bleiben. Wie die Brutkasten-Community darüber denkt, lässt sich aber vielleicht anhand unseres Facebook-Votings erahnen. Dort gibt es bei 88 abgegebenen Emoji-Stimmen mit 58 (rd. 66 Prozent) eine klare Mehrheit der Befürworter gegenüber 26 Gegenstimmen (rd. 29,5 Prozent) und vier Quasi-Enthaltungen (Antwortmöglichkeit: “Ist mir egal, ich bin reich”). Ein User fasst die scheinbar vorherrschende Ansicht zusammen: “Es führt kein Weg an einem BGE vorbei”. Und er ergänzt im Laufe eines Schlagabtauschs in den Kommentaren: “Das BGE ist mitnichten sozialistisch, da bekommen alle nichts”.

Gegenargument: Die Inflations-Gefahr

Generell zeigt sich in den Diskussionen, nicht nur zum Voting, sondern auch zu zwei weiteren Beiträgen (Artikel und Kommentar), jedoch eine Dominanz der BGE-Gegner. Dabei reicht die Bandbreite von der simplen Feststellung eines Users, es handle sich um “nette Sozialromantik”, die in der Praxis nicht funktionieren werde, zu sehr differenzierten Analysen. Ein zentrales Argument, das dabei immer wieder hervorgebracht wird, ist die durch das BGE drohende Inflation. “Bevölkerungsgruppen, welche bereits über Kapital verfügen heben sich dann noch weiter von Personen ohne Kapital ab bzw. auch von der arbeitenden Bevölkerung”, schreibt etwa ein User.

Weniger Output, Pull-Effekt und globale Perspektive

Ins Treffen geführt werden auch der mögliche verstärkte Pull-Effekt, also weitere Anreize für Zuwanderer, und eine drastische Verringerung des Outputs im Falle einer BGE-Einführung. Bezüglich der globalen Fragestellungen schreibt ein User, man müsse begreifen, “dass ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht mehr auf nationaler Ebene stattfinden kann, da man Besteuerung von Einkommen durch einfachen Wegzug, und Mehrwertsteuer durch Schwarzarbeit (das ginge auch global) bzw durch Schwarzmärkte und Schmuggel lukrativ umgehen kann und wird”. Und wenn man es global einführe, “dann hat man aber sieben Milliarden Menschen, welche einer Versorgung bedürfen”.

“Wenn man sich am Kapitalismus der letzten 100 Jahre orientiert…”

Der selbe User resümiert: “Ich sage nicht, dass das BGE keine schöne, faszinierende Idee ist, die diskussionswürdig ist. Aber dann doch bitte endlich mal faktenorientiert”. Freilich lässt sich der Argumentation der GegnerInnen aber auch begegnen, wie es ein User tut: “Wenn man sich am Kapitalismus der letzten 100 Jahre orientiert, dann ist es nicht leistbar. Nur muss das System komplett neu gedacht werden”. Er spielt damit auf eine Überlegung an, die etwa auch UPDATEMI-Gründer Mic Hirschbrich vor einigen Monaten im Brutkasten-Interview vorbrachte.

Bleibt es bei Kapitalismus vs. Sozialismus?

“Wir arbeiten immer noch mit den Variablen von Adam Smith, Max Weber und Karl Marx, und pendeln zwischen linken und rechten Wirtschaftstheorien hin und her. Aber mit diesen Konzepten können wir die Digitalisierung und vor allem die Konsequenzen der AI nicht einmal richtig beschreiben, geschweige denn lösen”, sagte er und konstatierte: “Die Debatte ‘Kapitalismus versus Sozialismus’ ist bloße Zeitverschwendung”.

Es ist aber genau diese Debatte, die großteils geführt wird. “Der Sozialismus führt immer in Not und Elend” und “Ich bin ganz klar gegen neue sozialistische Experimente!” ist etwa auf der einen Seite zu lesen. Und auf der anderen heißt es: “Ein Staat ohne funktionierendes Sozialsystem nützt mehr den wie auch immer definierten Gewinnlern und kann damit seiner Aufgabe und Berechtigung nicht mehr nachkommen”.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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