12.04.2017

Betriebsrat: Wenn Startup-Mitarbeiter Mitbestimmung einfordern

Die Regelungen zur Bildung eines Betriebsrats sind in Österreich sehr klar. Für Founder gilt: Mitarbeiter frühzeitig zur Bildung einer Interessensvertretung zu ermutigen, kann einige Probleme ersparen.
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(c) nd3000 - fotolia.com: Ein Betriebsrat bietet Vorteile.

Die Meldung ging durch fast alle österreichischen News-Portale, auch der Brutkasten berichtete: Die Wiener Foodora-Fahrradboten haben einen Betriebsrat gegründet. Ziele sind unter anderem verbindliche Standards für Fahrer und ein Kollektivvertrag für die gesamte Sparte. Die Gewerkschaft vida leistete der neu gegründeten Interessensvertretung sogleich Schützenhilfe. Die Foodora-Geschäftsführung zeigte sich, wie man auch seitens vida hervorstrich, sofort kooperationsbereit. Daran tat sie wohl gut.

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Die Reputationsfalle

Denn nicht nur sind die gesetzlichen Regelungen dazu eindeutig, es bringt auch jede Menge schlechte Publicity, wenn man unternehmensseitig die Gründung eines Betriebsrats verhindern oder erschweren will. Beispiele aus den vergangenen Monaten sind etwa Servus TV und die Drogeriekette Müller. Während jedoch für Red Bull und Müller die öffentliche Kritik wirtschaftlich verkraftbar ist, kann sie weniger etablierten Firmen oder Startups durchaus das Genick brechen. Denn – aber das ist wohl eine Binsenweisheit – für Unternehmen, die ihren Kundenstock gerade erst aufbauen, ist schlechte Reputation pures Gift.

“Allein die Tatsache, dass News-Portale landesweit mit Titeln wie ‘Foodora-Zusteller in Österreich gründen Betriebsrat’ online gehen, wirft öffentlich kein gutes Licht auf das Unternehmen.”

Foodora bleibt nur Schadensbegrenzung

Die Foodora-Führung hat also gewiss weise gehandelt, indem sie sofort signalisiert hat, den Betriebsrat als Verhandlungspartner zu akzeptieren und auf seine Wünsche einzugehen. Einzig: Es handelt sich dabei bereits um Schadensbegrenzung. Denn allein die Tatsache, dass News-Portale landesweit mit Titeln wie “Foodora-Zusteller in Österreich gründen Betriebsrat” online gehen, wirft öffentlich kein gutes Licht auf das Unternehmen. Schließlich muss man die meisten Artikel schon zu Ende lesen, um zu erfahren, dass man seitens Foodora offen gegenüber der Interessensvertretung ist.

Betriebsrat eigentlich ab fünf Angestellten Pflicht

Für Startups sollte daher im Hinblick auf die eigene PR eine einfache Devise gelten: Es nicht soweit kommen lassen, dass man durch die Bildung eines Betriebsrats zur medialen Zielscheibe wird, obwohl der Vorgang eigentlich ganz normal ist. Dazu hilft ein Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. Prinzipiell ist nämlich bereits ab fünf volljährigen Angestellten, die mit den Eigentümern der Firma nicht verwandt oder verschwägert sind, ein Betriebsrat einzurichten. Diese Pflicht, die also auch für sehr viele Startups gilt, ruft allerdings nur die Mitarbeiter zur Aktion auf. Die Eigentümer müssen keine Schritte zur Gründung der Interessensvertretung setzen.

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Eigentümer können Mitarbeiter zu Betriebsrat ermutigen

Allerdings dürfen die Eigentümer eine Betriebsrat-Gründung auch nicht verhindern und es gilt ein besonderer Kündigungsschutz für gewählte Betriebsräte. Konsequenzen, wenn die Mitarbeiter die Gründung unterlassen, gibt es keine. Damit ist auch das Fehlen von Betriebsräten in vielen größeren Unternehmen zu erklären. Doch obwohl die Bildung des Betriebsrats in der Verantwortung der Angestellten liegt, können Eigentümer ihre Mitarbeiter durchaus zu dem Schritt ermutigen. Und das sollte auch passieren, nicht nur aus PR-Interessen.

Wertvolles Feedback von der Belegschaft

Zum einen kanalisiert ein ernsthaft betriebener Betriebsrat die Wünsche der Angestellten. Das erleichtert vor allem in größeren Firmen die Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern in heiklen Fragen. Zum anderen liegt die Hemmschwelle für Mitarbeiter, sich mit Beschwerden und Sorgen an Kollegen zu wenden, deutlich niedriger, als direkt zur Geschäftsführung zu gehen. Der Betriebsrat liefert damit wertvolles Feedback, durch das Spannungsfelder frühzeitig erkannt und gelöst werden können.

“Founder tun also gut daran, die Bildung einer organisierten Interessensvertretung der Mitarbeiter bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu fördern.”

Schadensprävention ist besser als Schadensbegrenzung

Founder tun also gut daran, die Bildung einer organisierten Interessensvertretung der Mitarbeiter bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu fördern. Denn so lange alles in Ordnung ist, wird der Betriebsrat ohnehin nicht aktiv. Wenn etwas schief läuft, kann ohne viel Aufsehen eine kollektive Lösung ausverhandelt werden, die dann für alle Betroffenen gilt. Und man erspart sich, mitten in der Expansionsphase, sobald der direkte Kontakt zu allen Mitarbeitern nicht mehr gegeben ist, plötzlich in mehreren News-Portalen ungünstige Schlagzeilen über sich lesen zu müssen. Wie immer gilt: Schadensprävention ist besser als Schadensbegrenzung.

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(vlnr): Herbert Kovar, Elisa Aichinger und Harald Breit | (c) Deloitte
(vlnr): Herbert Kovar, Elisa Aichinger und Harald Breit | (c) Deloitte

An rhetorische Alarmglocken ist man in Österreich beim Thema Wirtschaftsstandort durchaus gewöhnt. Deloitte präsentierte nun den Deloitte Radar 2024 und die Expert:innen sparten ebenfalls nicht mit Kritik. Die Presskonferenz betitelten sie mit “Ein Jahrzehnt des Stillstands”.

“Wir kommen seit vielen, vielen Jahren nicht vom Fleck”

Zum Ausgangspunkt nahmen sie dabei vier internationale Rankings: den World Competitiveness Index (Österreich: Platz 24), den Global Innovation Index (18), den World Happiness Report (11) und den Global Sustainable Competitiveness Index (8). “Sie bewegen sich alle seitwärts. Wir kommen seit vielen, vielen Jahren nicht vom Fleck”, diagnostiziert Deloitte-Österreich-CEO Harald Breit.

Als “am besorgniserregendsten” bezeichnet er den World Competitiveness Index, wo Österreich auf Platz 24 liegt. Noch vergangenes Jahr hatte das Land dort Platz 20, im Jahr 2020 Platz 16. “Wir waren in der Zwischenzeit besser, sind jetzt aber wieder dort, wo wir vor zehn Jahren waren”, sagt Breit. Dabei dürfe man sich nicht nur auf gesamtwirtschaftliche Umstände ausreden. “Viele Probleme sind hausgemacht”, so der CEO. Er verweist auf die aktuellen Spitzenreiter im Ranking: Die Top 3 Dänemark, Irland und Schweiz seien in der Größe mit Österreich vergleichbar.

Deloitte fordert “Masterplan 2030” für Wirtschaftsstandort

“Ist dieses Mittelmaß alles, was wir zusammenbringen?”, fragt Breit und legt sogar nach: “Kippen wir nicht gerade sogar aus dem Mittelmaß weg, ohne es in unserer österreichischen Gemütlichkeit zu merken? Sind wir nicht im Retourgang unterwegs?” Es brauche daher einen “Masterplan 2030” mit dem klaren Ziel, unter die Top 5 in Europa zu kommen, so der Deloitte CEO, der angesichts der Nationalratswahl im Herbst auch bereits die nächste Regierung adressiert und dabei befürchtet: “Es wird noch ein Jahr vergehen, ohne das etwas passiert.”

Mehrheit optimistisch in Bezug auf eigenes Unternehmen, schlechte Noten für Wirtschaftsstandort Österreich

Und spiegelt sich dieser Pessimismus auch in der Befragung von rund 600 Führungskräften für den Deloitte Radar 2024 wider? Nicht ganz. Zwar ist die Stimmung bezogen auf das eigene Unternehmen schlechter als vergangenes Jahr, doch mit 59 Prozent “positiv”- und “sehr positiv”-Antworten weiterhin beim Großteil der Befragten gut. Der Wirtschaftsstandort wird jedoch nur von rund 26 Prozent der Befragten positiv oder sehr positiv (5 Prozent) gesehen, rund 29 Prozent sehen ihn neutral, ganze rund 40 Prozent sehen ihn negativ, sechs Prozent sogar sehr negativ.

Die größten Pain Points sind dabei die Preisentwicklung, die von 71 Prozent der Befragten negativ beurteilt wird, gefolgt von der Verfügbarkeit von Arbeitskräften (53 Prozent negativ) und der politischen Stabilität und Handlungsfähigkeit (46 Prozent negativ).

“Das ist, wie wenn ein Arzt zu einem Erstickenden kommt und ihm noch den Sauerstoff entzieht”

Als zweitgrößten Standort-Nachteil im Bereich “Staat und Unternehmen” nach er Inflation sehen die Befragten die Einkommensbesteuerung mit 58 Prozent Negativ-Nennungen. Herbert Kovar, Managing Partner Tax & Legal bei Deloitte Österreich, sieht hier einen klaren Zusammenhang zum Painpoint Verfügbarkeit von Arbeitskräften. “Mit diesem Steuerschwitzkasten bleibt so wenig netto vom brutto, dass Arbeitnehmer:innen nicht mehr zu uns wollen”, sagt er. Und auch die Arbitnehmer:innen in Österreich würden versuchen, ihre Stundenverpflichtung zurückzuschrauben, weil es sich nicht auszahle, mehr zu arbeiten.

Bezogen auf den Wirtschaftsstandort attestiert Kovar daher eine Abwärtsspirale: “Das ist, wie wenn ein Arzt zu einem Erstickenden kommt und ihm noch den Sauerstoff entzieht.” Es müsse daher Steuersenkungen geben, und zwar “nicht kosmetisch”, sondern so, dass sie das Verhalten der Arbeitnehmer:innen ändern. “Das müssen schon einmal fünf Prozent sein”, meint der Experte.

Eine Senkung der Lohnnebenkosten und Lohnsteuern würde zudem auch inflationsdämpfend wirken und damit den größten Painpoint adressieren, so Kovar. Zudem brauche es eine Vereinfachung bürokratischer Prozesse – auch mittels Digitalisierung im öffentlichen Sektor, wie CEO Harald Breit ergänzt.

Frauen, Pensionist:innen und Menschen mit Migrationshintergrund “ins Spiel bringen”

Weitere mögliche Maßnahmen im Bereich Arbeitsmarkt führt Elisa Aichinger, Partnerin Consuting bei Deloitte Österreich, an. “Wir dürfen die Talente im Land nicht auf der Ersatzbank haben, sondern müssen sie ins Spiel bringen”, meint sie. Dabei gehe es vor allem um Frauen, aber auch um ältere Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund. “Mehr als 50 Prozent der Frauen in Österreich arbeiten in Teilzeit. Für mehr Vollzeit-Beschäftigte braucht es einen flächendeckenden Ausbau in der Betreuung vom Kleinkind bis zur Pflege”, so Aichinger.

Nachdem der Anteil der über 60-Jährigen in den kommenden Jahren massiv steigen werde, brauche es zudem erleichterte Zuverdienstmöglichkeiten für Pensionist:innen. Um den Arbeitsmarkt attraktiver für Menschen mit Migrationshintergrund zu machen, bräuchte es sowohl rechtliche Erleichterungen als auch Qualifikationsmaßnahmen. “Außerdem braucht es die Bereitschaft, über die regionale Verteilung der Arbeitskräfte sachlich zu diskutieren”, so Aichinger. Denn in den Bundesländern sei die Anzahl offener stellen deutlich höher. “Wir müssen die Arbeitskräfte dorthin bringen, wo die Arbeitsplätze sind”, meint die Expertin.

Investitionen in Zukunftsfelder

Als weiteren großen Punkt brauche es auch Investitionen in Zukunftsfelder. In der Energiewende und damit auch auf dem Weg zur Unabhängigkeit von russischem Gas müsse es eine deutliche Beschleunigung der Genehmigungsverfahren geben, fordert Aichinger. Zudem müsse die digitale Transformation vorangetrieben werden, um Abläufe effizienter zu gestalten, um “den knappen Faktor Arbeitskräfte da einsetzen zu können, wo er wirklich gebraucht wird”, sagt die Expertin. Weitere Investitionen brauche es in den Bereichen Forschung und Bildung.

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