29.05.2024
FORSCHUNG & WIRTSCHAFT

aws-Co-Geschäftsführer Sagmeister: „Sehe mittelfristig Wohlstand in Österreich gefährdet“

Interview. Im brutkasten-Interview spricht der Co-Geschäftsführer der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) Bernhard Sagmeister über nötige Investitionen in Forschung, den globalen Wettbewerb und die EU-Wahl.
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Bernhard Sagmeister bei der FTI-Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ der WKÖ(c) WKÖ/Marek Knopp
Bernhard Sagmeister bei der FTI-Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ der WKÖ(c) WKÖ/Marek Knopp

Der Co-Geschäftsführer der aws, Bernhard Sagmeister, spricht mit brutkasten darüber, wie Europa und Österreich sich im rauer werdenden globalen Wettstreit behaupten können. Dabei blickt er mit gemischten Gefühlen auf die bevorstehende EU-Wahl und fordert dazu auf Forschungsgelder intelligenter einzusetzen.

Brutkasten sprach mit Sagmeister am Rande der Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ von der WKÖ.


brutkasten: Herr Sagmeister, was braucht es, damit Forschung und Wirtschaft gut zusammenarbeiten? 

Bernhard Sagmeister: Vor allem Kollaboration. Es sind doch zwei sehr unterschiedliche Welten, die Forschungswelt und die Unternehmenswelt. Ich halte nicht so viel von dem Approach aus sehr guten Forschern schlechte Unternehmen zu machen. Es ist wichtig, zum richtigen Zeitpunkt beide Welten zusammenzubringen. Da braucht es auch etwas Meditation. 

Wo sehen Sie da aktuell noch Potenzial? 

Insgesamt ist es so, dass die Innovationszyklen immer kürzer werden. Daher bringt ein Try-and-Error-Approach kompetitive Nachteile. Einer der Schlüsselerfolgsfaktoren ist, dass beide Welten möglichst früh zusammenarbeiten und möglichst gut verstehen. Dabei ist es wichtig, dass man die wechselseitigen Bedürfnisse gut kommuniziert und versucht, bestmöglich aufeinander einzugehen. Nur dann kann ich in einer hohen Geschwindigkeit Innovation auf den Boden bringen. 

Sind Sie der Meinung, dass es bei Forschenden an der Kommunikation hapert? 

Wenn ich die internationale Innovationslandschaft vergleiche bin ich immer wieder betrübt, dass wir als Gesellschaft keinen innovativen Mindset, keinen Bussinessmindset und auch keinen Forschungsmindset haben. Ich glaube da gibt es auch eine Bringschuld insbesondere von der Innovations- und Forschungscommunity. Da sind wir zwar auf dem richtigen Weg, aber es braucht offensichtlich noch viel mehr. Die österreichische Gesellschaft misst beispielsweise der Medizin noch einen hohen Stellenwert zu, aber in anderen Bereichen ist dieses Bewusstsein noch nicht angekommen. Da bedarf es aber der Politik, die diese Storys auch erzählen muss, nämlich den unmittelbaren Nutzen auf die Gesellschaft durch Forschungsleistung zu kommunizieren. Da kann man nie genug tun und da gibt es noch eine Lücke in Österreich. 

Wo sollte die Politik Ihrer Meinung nach einen forschungspolitischen Schwerpunkt setzen? 

Das ist eine sehr schwierige Frage. Einerseits bin ich der Meinung, dass es als kleines Land wichtig ist, gewisse Technologien stark zu forcieren. Dabei ist es egal, ob das jetzt Quantentechnologie, Lifescience oder was auch immer ist. Gleichzeitig zeigt die jüngere Geschichte, dass sich die neuen globalen Herausforderungen sehr schnell ändern, Stichwort AI zum Beispiel. Daher bin ich ein großer Anhänger von einer adaptiven Forschungspolitik. Es braucht einerseits Fokus, gleichzeitig einen langen Atem und trotzdem muss man adaptiv sein. Das ist ein bisschen die Quadratur des Kreises. 

(c) WKÖ/Marek Knopp

AI ist ein gutes Stichwort an dieser Stelle. Gibt es zu viele Regulierungen, die Innovationen bremsen, wie etwa den AI-Act? 

Ja, das kann ich so unterstreichen. Ich glaube, dass wir dadurch einen globalen Wettbewerbsnachteil haben. Gleichzeitig bekenne ich mich auch zu einer ethischen Diskussion von AI und das es gewisse Spielregeln braucht. So wie ich die Regulierung der EU in den letzten Jahren wahrgenommen habe, habe ich die Sorge, dass das Pendel auf der falschen Seite ist und es hier mehr Liberalität braucht. Gerade beim Beispiel AI ist es so, dass wir alle nicht abschätzen können, wohin die Reise geht. Wir müssen schon schauen, dass wir hier auf einem Level-Playing Field mit unseren globalen Mitbewerbern stehen. 

Sind Sie mit Blick auf die EU-Wahl positiv gestimmt, dass sich in diese Richtung etwas tut? 

Grundsätzlich bin ich ein optimistischer Mensch, aber wenn die Prognosen so eintreffen wie aktuell prognostiziert, habe ich schon Sorge vor mehr Nationalismus innerhalb der Europäischen Union. Dabei brauchen wir im globalen Wettbewerb genau das Gegenteil. Wir brauchen viel mehr Kollaboration und ich hoffe, dass diese Kräfte auch gestärkt werden. 

Sollte die EU mehr Gelder für Forschungsprojekte bereitstellen? 

Ja, aber ich glaube, die EU kann auch viel im Regulierungsbereich tun. Ich halte es für extrem wichtig, in diesem rauer werdenden globalen Wettbewerb insbesondere mit Asien, aber auch den USA, dass beispielsweise das Beihilfenrecht auf Innovation ausgerichtet ist. Die Forschungsförderung kann beispielsweise gut Forschung an größere Unternehmen adressieren. Wenn es aber in die Marktüberleitung geht, erste Fertigungsstraßen etc., dann sind die Förderungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Das bringt eindeutig einen Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen. 

Wie kann man dafür sorgen, dass Unternehmen mehr Geld in F&E investieren? 

Durch direkte und indirekte Förderungen. Hier ist Österreich, zumindest im europäischen Kontext, an dritter Stelle. Dies könnte man aber durchaus noch weiter erhöhen. Allerdings glaube ich, dass durch eine kluge Regulierung mehr Impact aus dem Output gewonnen werden kann. Zurzeit haben wir in Europa doch eine Reihe von Standortnachteilen, insbesondere durch den Ukrainekrieg. Liquidität ist sehr teuer geworden, Personalkosten sind gestiegen, Zinsen sind gestiegen, Energiekosten sind gestiegen und die großen, globalen Konzerne sehen diese Standortnachteile. Dies könnte man bis zu einem gewissen Grad mit einer sehr attraktiven Förderung ausgleichen. Es ist aber wichtig, dass wir die Standortnachteile wieder einfangen.

Kann Österreich als kleines Land überhaupt etwas gegen diese Standortnachteile tun, oder muss das zwingend im europäischen Kontext passieren? 

Jeder kann was machen und man muss immer bei sich selbst anfangen. Ich halte es für extrem wichtig, dass Österreich hier Trends setzt. Im globalen Wettbewerb geht allerdings vieles nur kollaborativ und das bedeutet, dass man das Kirchturmdenken hinten anstellen muss. Das ist natürlich schwierig, weil für die Politik ist die Währung die Stimme. Es gibt leider in Österreich und Europa viele Vorbehalte gegenüber Brüssel. Teilweise zu Recht, aber in vielerlei Hinsicht ist das auch eine einfache Zuweisung nach dem Sankt-Florian-Prinzip (Bezeichnung Probleme nicht zu lösen, sondern auf andere zu verschieben; Anm. Red.).

Wie bekommt man das Verständnis für die Notwendigkeit von Investitionen in Forschung in die breite Gesellschaft getragen? 

Das hat viel mit Storytelling zu tun. Ich halte es für extrem wichtig, möglichst früh damit anzufangen. Man muss die positiven Geschichten erzählen, indem man den Nutzen aufzeigt. Investitionen in Forschung kommen auch der Gesellschaft zugute. Sie sorgen auch dafür, dass wir in einem angenehmen Wohlstand leben können. Dazu braucht es aber Anstrengung. Das Leben besteht nicht nur aus Nehmen, sondern es braucht auch Geben. 

Sehen sie den Wohlstand in Österreich momentan gefährdet?

Mittelfristig ja, weil der globale Wettbewerb so stark zunimmt. Wir müssen daher wirklich darauf achten, dass die Standortnachteile mit Intelligenz und innovativen Produkten und Dienstleistungen wettgemacht werden. Dafür braucht es mehr Geld, aber auch mehr intelligenten Einsatz des Geldes.

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Kerstin Lobner | (c) Ideenflow

Die Uhr tickt, die Deadline rückt näher – und jetzt sollen du und dein Team auch noch kreative Ideen entwickeln? Klingt unmöglich, oder? Doch genau unter solchen Bedingungen kann Kreativität zur Höchstform auflaufen. Aber warum fällt es uns oft schwer, unter Druck kreativ zu denken, und wie kannst du und dein Team diese Hürde überwinden? Hier sind einige Ansätze, um den kreativen Funken auch unter Zeitnot zu entzünden.

Der Druck als Kreativitätskiller

Zunächst einmal: Kreativität braucht oft Raum. Die besten Ideen kommen, wenn man Zeit hat, Gedanken schweifen zu lassen. Wenn aber die Deadline drängt, blockiert das Gefühl von Stress oft die kreativen Prozesse. Anstatt entspannt nach Lösungen zu suchen, fühlen wir uns gehetzt und neigen dazu, auf alte Muster zurückzugreifen – nicht gerade die ideale Ausgangssituation für frische Ideen.

Lösung #1: Timeboxing – Nutze die Zeit klug

Anstatt den gesamten Prozess unter Druck zu setzen, hilft es, die Zeit in kleinere, überschaubare Blöcke zu unterteilen. Diese Technik nennt sich „Timeboxing“. Gebt jeder Phase der Ideensammlung – von der ersten Brainstorming-Runde bis zur Auswahl der besten Ideen – eine feste Zeitvorgabe. So bleibt der Fokus erhalten, ohne dass die Hektik Überhand nimmt. Ironischerweise kann eine solche Strukturierung dazu führen, dass kreative Prozesse in kürzerer Zeit effizienter ablaufen. Setzt euch z.B. ein 10-Minuten-Zeitfenster für das Brainstorming und anschließend weitere 10 Minuten, um die vielversprechendsten Ideen zu priorisieren.

Lösung #2: Kreativitätstechniken wie die 6-3-5-Methode

Eine weitere Technik, die unter Zeitdruck Wunder wirken kann, ist die „6-3-5-Methode“. Hierbei schreiben sechs Personen in fünf Minuten jeweils drei Ideen auf. Diese Ideen werden dann an den nächsten Teilnehmer:in weitergegeben, der/die darauf aufbaut oder neue Vorschläge entwickelt. Durch den schnellen, iterativen Austausch kommen nicht nur viele Ideen zusammen, sondern die Zeitvorgabe sorgt auch dafür, dass niemand zu lange über einer Idee brütet. Diese Technik fördert den Fluss und verhindert, dass der Druck lähmend wirkt.

Lösung #3: Klare Fokussierung durch präzise Fragestellungen

Unter Zeitdruck geht es darum, möglichst schnell die relevanten Ideen zu identifizieren. Je klarer und fokussierter die Fragestellung ist, desto einfacher wird es, zielgerichtet zu arbeiten. Statt „Wie können wir unser Produkt verbessern?“ könnte die Frage lauten: „Wie können wir unsere App-Nutzer schneller zum Kaufabschluss führen?“ – konkrete Aufgabenstellungen fördern schnelle, kreative Lösungsansätze.

Lösung #4: Mikro-Pausen einlegen

Kreativität unter Druck bedeutet nicht, ununterbrochen Höchstleistungen zu erbringen. Mikro-Pausen sind Gold wert. Schon fünf Minuten Abstand können das Gehirn wieder erfrischen und die Kreativität ankurbeln. Diese kurzen Pausen verhindern, dass dein Team in hektisches Denken verfällt und helfen dabei, aus einem anderen Blickwinkel auf das Problem zu schauen. Ein kurzer Spaziergang um den Block oder einfach frische Luft schnappen kann Wunder wirken.

Lösung #5: Gamification – Der spielerische Ansatz

Wenn die Stimmung im Team angespannt ist, hilft es oft, den Druck mit einem spielerischen Element aufzulockern. Eine einfache Möglichkeit: Macht aus dem Ideensammeln ein kleines Spiel. Vergesst den Ernst der Lage für einen Moment und veranstaltet z.B. einen „Pitch-Wettbewerb“, bei dem die Teammitglieder ihre verrücktesten Ideen in nur 60 Sekunden präsentieren. Diese Methode nimmt dem Team den Stress und fördert gleichzeitig unkonventionelle Lösungsansätze.

Fazit: Kreativität unter Druck ist möglich – mit den richtigen Techniken

Der Schlüssel zu Kreativität unter Zeitnot ist es, Strukturen zu schaffen, die den Prozess erleichtern, statt zusätzlichen Druck aufzubauen. Durch Timeboxing, präzise Fragestellungen und spielerische Elemente können du und dein Team auch in stressigen Situationen kreative Höchstleistungen abrufen. Der Trick liegt darin, den Druck in geordnete Bahnen zu lenken und den kreativen Fluss zu fördern, anstatt ihn zu ersticken.


Über die Gastautorin Kerstin Lobner

Kreativität prägte sie von klein auf, als Enkelin des General Managers von Faber-Castell in Irland. Während andere im Alter an Neugierde verlieren, vertiefte sie ihr Interesse an Kreativität stetig.

Nach verschiedenen Positionen im Konzern-Marketing in Branchen wie IT, Telekommunikation und Gesundheitswesen unterstützt sie heute Führungskräfte und Teams dabei, innovative Lösungen zu finden und ihr kreatives Potenzial zu entfalten.


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