15.03.2024

Bernhard Hauser: „Fucking Hell! Wir haben echt Jahre verschissen!”

Interview. Der österreichische Startup-Veteran Bernhard Hauser sprach im zweiten Teil des brutkasten-Interviews über seine Zeit bei Meta und die Tiefen des Gründens.
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Bernhard Hauser vor hellem Hintergrund
Bernhard Hauser, jetzt als Gründer des Micro-Private-Equity-Fond Waterglass (c) Bernhard Hauser

Der Steirer Bernhard Hauser legte zu Jahresbeginn unter dem Namen Waterglass einen “Private Equity Fonds” auf. Mit diesem möchte Hauser sich anfangs auf Nischenstartups im B2B-SaaS-Bereich konzentrieren. Sein sogenannter Micro-PE-Fonds konzentriert sich dabei auf kleinere Investments bis 50.000 Euro. Diese möchte Hauser dann mit Waterglass fortführen und skalieren. Details über das Projekt verriet Hauser bereits im ersten brutkasten- Interview.

Im zweiten Teil des brutkasten- Talks sprach Hauser über die Ups und Downs des Gründens und wie er mit ihnen umgegangen ist. Außerdem erzählt er von seiner Zeit bei Meta und verrät, warum er sich langfristig nicht als “Angestellen sieht.


brutkasten: Wie war denn Ihre Zeit bei Facebook?

Bernhard Hauser: Das war super spannend. Zu der Zeit und in dem Bereich, wo ich dort gearbeitet habe, gab es eine Art Goldgräberstimmung bei Facebook. Da wurde richtig viel Geld in die Hand genommen für Mitarbeiter:innen – das war eine absurde und richtig coole Zeit für mich dort.

Mir wurden Ressourcen zur Verfügung gestellt, um in Berlin einen deutschlandweiten Accelerator aufzubauen, der Growth Stage Startups in deren Wachstum unterstützt. Außerdem konnte ich mit dem WhatsApp-Team zusammenarbeiten, um Teilnehmer:innen im WhatsApp-Netzwerk zu finden, die eine eigene Schnittstelle für Unternehmen bauen – genau so wie wir es damals mit oratio gemacht haben. Wir wurden allerdings nie erwischt. (lacht)

Hauser und das Team in Berlin mit Mark Zuckerberg (c) Meta

Mir wurde aber auch klar, dass das Corporate-Leben nicht ganz mein Ding ist. Man kann dort zwar ein richtig gutes Leben führen und als Zahnrad in diesem riesigen Werk agieren, welches viel bewegen kann. Man bleibt am Ende des Tages allerdings ein kleines Zahnrad. Das ist per se überhaupt nichts Schlechtes, es muss nur zu der Arbeitsweise und der Perspektive passen, die man selber umsetzen kann und möchte. Das hat bei mir nicht gepasst.

Ich bin ein sehr schlechter Angestellter.

Bernhard Hauser

Mein Fazit nach meiner Zeit bei Facebook war simpel: Ich bin ein sehr schlechter Angestellter. Zwar kann ich mich schon anbiedern an Prozesse und Hierarchien, aber mittel- bis langfristig ist das nichts für mich.

Was konnten Sie aus den letzten Jahren mitnehmen?

Also das Bedürfnis, etwas von Grund auf neu zu starten ist auf jeden Fall noch sehr, sehr stark in mir. Allerdings glaube ich, dass ich durch das Wissen, welches ich mir in den letzten zehn Jahren angeeignet habe, durch eine Außenperspektive sehr gut verstehe, welches Potenzial in Ideen schlummert. Um die Analogie weiter zu bemühen: Mit meinem Know-how kann ich jetzt mehr dazu beitragen etwas von 1 auf 10 zu bringen, als von 0 auf 1 – und das ist noch immer super schwer.

Auch wenn die Kosten gesunken sind, um etwas aus der Taufe zu heben, braucht es verschiedene Kanäle, um diese an die User:innen zu bringen. Das ist immer noch eine große Challenge.

Geld verleitet oft dazu, nicht die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Bernhard Hauser

Aus dem Corporate Venture Heylog hab ich etwa gelernt, dass Startup-Ausgründungen ausschließlich mit Fremdkapital und strikter Governance nicht mein Heimspiel sind. Ich glaube, nachhaltiger Erfolg braucht Zeit und vor allem Raum zum Lernen. Externes Kapital ist auf jeden Fall ein bisschen das Rocket Fuel, das man ins Feuer gießen kann, um Dinge wirklich groß werden zu lassen. Aber sehr, sehr viele Ideen brauchen nicht viel Geld, insbesondere wenn es sich um digitale Produkte handelt, die nicht in einem „Winner takes it all“-Markt sind.

Geld verleitet oft dazu, nicht die richtigen Entscheidungen zu treffen. Da heißt es dann oft: So und jetzt gib das Geld aus, dafür ist es ja da. Unter solchen Voraussetzungen trifft man nicht immer optimale Entscheidungen für langfristigen Erfolg.

Gab es auch persönliche Take-aways?

Natürlich. Ein Thema, was ich jungen Gründer:innen mitgeben möchte ist, dass während der Tätigkeit als Gründer:in viele unvorhersehbare Dinge passieren werden. Die können gut oder schlecht sein, es kommt aber nur darauf an, wie man auf diese reagiert und was man daraus macht. Das hätte ich vor zehn Jahren auch gerne gewusst, denn ich habe versucht Muster zu finden, wo keine waren. Jede Entscheidung, die man fällt, trifft man immer mit unvollständigen Informationen.

Fucking hell! Wir haben echt Jahre verschissen!

Bernhard Hauser

Wie mir zum Beispiel klar wurde, dass oratio nicht funktioniert, war mein erster Reflex: Fucking hell! Wir haben echt Jahre verschissen. Mehr als drei Jahre hatten wir in oratio investiert, so viele Tränen vergossen und am Ende merkt man einfach: Es funktioniert nicht. Bei mir hat es lange gebraucht, bis ich verstanden habe, dass auch das aus einem Grund passiert ist.

Wie blickt man im Nachhinein positiv auf ein solches Erlebnis?

Dieser ganze Prozess hat meine Sinne geschärft und mir ein Verständnis gegeben, was funktioniert und was nicht. Außerdem profitiere ich noch heute von meinem Netzwerk, das ich damals aufgebaut habe. Die wichtigste Erkenntnis ist aber: Als Gründer:in braucht es Durchhaltevermögen. Dabei ist es schwierig, den richtigen Grad zu finden zwischen verbissen an seine Idee zu glauben und zu wissen, wann es einfach Zeit ist, die Segel zu streichen und sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Das kann ich immer noch nicht besonders gut, aber ich arbeite daran.

Gründen ist eine Rollercoasterfahrt.

Bernhard Hauser

Ganz generell soll man sich nicht von den LinkedIn-Geschichten blenden lassen. Gründen ist eine Rollercoasterfahrt. Klar: Man möchte halt die positiven Dinge nach außen kommunizieren, aber ich will damit brechen. Die Reise als Gründer:in hat extrem viele Low’s und darüber auch zu sprechen, finde ich super wichtig. Viele können das auch nicht, weil sie eben auf externes Kapital angewiesen sind. Welche Investor:innen wollen schon, dass die Founder:innen, in die sie investiert sind, negative Geschichten erzählen? Das schmälert schließlich den Wert der eigenen Anteile sowie das eigene Ansehen.

Gab oder gibt es Menschen, die Sie besonders gefördert haben?

Ich glaube, dass Mentor:innen gerade in diesem Business sehr wertvoll sind. Ich wollte mir eigentlich schon sehr früh einen Mentor oder eine Mentorin suchen, aber aus irgendeinem Grund hat das damals bei mir nicht so gut geklappt. Das würde ich nun aber gerne forcieren. Von anderen Menschen zu lernen ist sehr viel wert und leider in der österreichischen Startup-Szene noch nicht so verwurzelt. Da möchte ich auch mit Waterglass einen neuen Impuls setzen.

Mit Waterglass möchte ich auch sehr transparent erzählen, wie die Geschichte verläuft. Für mich ist das ein großes Anliegen, mich damit im Micro-PE-Thema zu positionieren und aufzuzeigen, was bei mir funktioniert, was nicht und wo und wie ich den Kurs korrigiere oder es zumindest versuche.

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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