03.12.2015

Berlin: Hotspot für motivierte Gründer

Berlin ist ein Magnet für kreative Freidenker, Hipster und Feierfreudige. Aber die Stadt an der Spree hat mehr zu bieten. Sie ist Hotspot für motivierte Gründer.
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Der Gründerboom in Berlin, der anfangs als bloßer Hype abgetan wurde, zieht immer mehr Entrepreneure in die Metropole. Die Szene motivierter Junggründer pulsiert wie nirgends sonst in Europa und ob im Bezirk Mitte oder am Stadtrand, allerorts wird über die neuesten Ideen oder Projekte geredet. Kein Wunder, Berlin erinnert mit seinen bunten Stadtvierteln selbst an ein Startup, das die schwierige Wachstumsphase gerade am meistern ist.

Exits steigen in Berlin

Dass Berlin aus seinen Kinderschuhen hinauswächst, liest man auch aus dem diesjährigen “Global Start-up Ecosystem Ranking” des Analysenetzwerks Compass heraus. In nur drei Jahren hat sich das Berliner Gründer-Ökosystem von Platz 15 an die neunte Stelle hochgearbeitet. Mit dem höchsten Wachstumsindex im Startup-Ökosystem-Vergleich, ist Berlin mit London auf Platz sechs die einzige europäische Stadt in den Top Ten. Die Studie führt dies unter anderem auf die wachsenden Unternehmens-Exits zurück, die sich innerhalb von zwei Jahren verzwanzigfacht haben sollen.

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Auch Venture Capital Investitionen sollen dafür verantwortlich sein und tatsächlich siedeln sich immer mehr Risikokapitalgeber wie beispielsweise Earlybird und Point Nine Capital in Berlin an. Die Investitionen von Risikokapitalgebern haben sich seit 2012 verzwölffacht, im geschichtsträchtigen Silicon Valley im selben Zeitraum übrigens “nur” verdoppelt. Die Experten des Rankings kommen daher zum Schluss: “Es gibt keinen Zweifel, Berlin ist auf dem Weg in die höhere Führungsetage der Startup-Ökosysteme.”

Hotspot Berlin: Geringere Kosten für Gründer

Die Zunahme von Co-Workings und Cafés, in denen man arbeiten kann, unterstützt das Image der Gründerstadt Deutschlands. Für eine Niederlassung mit Gründungsmotivation ist Berlin als Ort auch wirklich günstig, in zweierlei Hinsicht: Einerseits sind die Lebenserhaltungskosten im direkten Vergleich mit anderen Großstädten relativ gering.

Wer die richtigen Orte kennt, schafft es durchaus, mit weniger als fünf Euro mittags satt zu werden. Andererseits trifft man in Berlin Leute mit demselben Mindset. Viele ziehen aus dem Ausland in die Hauptstadt, um entweder selbst zu gründen, oder in einem Startup mitzuarbeiten. Erfolgsbeispiele findet man in wachsender Anzahl, vor allem auf den Online-Musikdienst Soundcloud wird gerne verwiesen. Seit dem Investment durch Peter Thiel, dem frühen Facebook- Investor, wird auch das FinTech Startup Number26 von zwei Wienern in einem Atemzug mit den Großen genannt.

Startup-Fabrik

Viele Schwergewichte, wie der Online-Händler Zalando oder der Essensliefer-Dienst Delivery Hero sind Teil Berlins bekanntester Startup- Schmiede, namens Rocket Internet. 54 Startups sind in 135 Ländern vertreten, gegründet wird immer in Berlin. Eines der jüngsten Rocket-Unternehmen ist “Caterwings”, das zwar derzeit nur in London operiert, Anfang des Jahres aber auch in Deutschland und Österreich launchen wird. Die ehemaligen Berater und Caterwings-Gründer Sebastian Kloss und Alexander Brunst sind über ihr Netzwerk an den Investor herangetreten.

“Der Vorteil von Rocket Internet ist, dass man sich mit anderen Ventures austauschen kann und sich darüber auch Synergien ergeben können. Außerdem kann man aus dem Pool an Gründungs- Know-How und Erfahrung schöpfen”, meint Kloss. “Berlin hat sich als Venture-Cluster in Europa herauskristallisiert.” Darum habe man auch das Headquarter in der Spreestadt, wo die Kosten viel geringer seien: “Offices sind in ganz Europa sehr teuer und die richtigen Mitarbeiter sind schwierig zu bekommen. In Berlin hat man das Gefühl, alles ist konzentriert und an einem Fleck beisammen”.

Startup: Steiniger Weg

Die Kreativköpfe mit dem richtigen Mindset sind wohl auch der Grund, weshalb sich in den letzten Jahren Startup-Fonds und Accelerator-Programme vermehren. Der Ablauf ist meist gleich: Nach der Bewerbung müssen die Gründerteams mehrere Runden durchlaufen. Bei einer Absage erfährt man oft nicht, woran es lag. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass man sich erst mehrmals bewerben muss, um genommen zu werden.

“Ein Startup zu gründen ist ein steiniger Weg und wer Erfolg haben will, muss viele Hürden nehmen. Aber es bietet die Chance, etwas zu bewegen”, meint Bitkom-Geschäftsleiter Niklas Veltkamp im Zusammenhang mit einer Studie, für die über 200 Startup-Gründer befragt wurden. Sechs von zehn gaben an, dass ihnen die Bürokratie große Steine in den Weg gelegt habe. Und in Berlin gibt es zwar Frühphasen-Finanzierungsmöglichkeiten, danach sieht es aber mager aus. “Die Wachstumsfinanzierung bleibt die größte Herausforderung für Startups”, meint Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. “Gerade bei Beträgen über einer Million Euro haben es deutsche Gründer schwer, an Geld zu kommen.

Statt selbst zu wachsen und das Startup zum internationalen Erfolg zu führen, steht am Ende zu oft der frühe Verkauf.” Vielleicht könnte dies Grund für die vielen Exits in Berlin sein, die dem Eco-System zur guten Platzierung verholfen haben sollen. Initiativen wie das Deutsche Börse Venture Network wollen Investoren und Gründer vernetzen und Finanzierungsrunden bis 100 Millionen Euro ermöglichen. Wird diese Lücke geschlossen, könnte auch Startup-Berlin die Wachstumsphase erfolgreich meistern.

Berlin-FACTS

  • Einwohner: 3,5 Mio. Menschen leben in
    Berlin.
  • Größe: 891,68 Quadratkilometer
  • Entfernung: Die Strecke Berlin-Wien
    beträgt knapp über eine Stunde Flugzeit.
    Mit dem Auto sind es meist über sieben
    Stunden.
  • BIP pro Kopf in Berlin: 31 500 €.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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