16.10.2019

Grazer Blockchain-Startup Artis: “1000 mal günstiger als Ethereum”

Q&A. Das Grazer Blockchain-Startup Artis hat einige Fragen zum anstehenden Upgrade seines Netzwerks beantwortet, das auch bei der Erreichung ambitionierter Ziele im Bereich Klimaschutz helfen soll.
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Artis startet Mainnet Sigma1
(c) Artis: CEO Thomas Zeinzinger (r.)

Seit bald einem Jahr läuft die Artis Chain. Mit einem Upgrade will das Grazer Blockchain-Startup nun den nächsten großen Schritt machen. Unterstützt werden sollen dadurch auch ambitionierte Pläne in Sachen Klimaschutz und Blockchain für E-Mobility und erneuerbare Energien. In einem Q&A erklärt das Artis-Team die Eckpunkte der Neuerungen.

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Ihr plant in naher Zukunft ein Upgrade Eures Artis-Netzwerks. Was genau passiert da?

Die Artis Chain feiert demnächst ihren ersten Geburtstag. Am 14. November vergangenen Jahres wurde das Netzwerk gestartet und läuft seither fehlerfrei. Betrieben werden die Knoten hauptsächlich von Personen aus dem lab10 collective. Dass noch nicht jedermann/-frau seinen eigenen Knoten starten kann, liegt unter anderem an der bis jetzt verwendeten Software, genauer gesagt dem Governance-System. Jetzt wollen wir Artis endgültig in die “Freiheit” entlassen, sprich permission-less machen. Ab dann kann sich jedermann am Netzwerk beteiligen und selbst Knoten betreiben – vorausgesetzt er oder sie hat ausreichend ATS (Anm.: Token der Artis Blockchain). Technisch und konzeptionell sind bereits alle Voraussetzungen gegeben. Das Upgrade mit dem Codenamen “Moon” wird also auf jeden Fall heuer noch stattfinden. Auf die Frage “When Moon?” haben wir also eine konkrete Antwort.

“Energie-effizient, Zensur-resistent und mindestens 1000 mal günstiger als Ethereum”

Welche Vorteile bringt das Upgrade?

Im Konsortium mit anderen etablierten Ethereum Side-Chains haben wir die Knotensoftware (Parity) angepasst, die den Zugang für Knotenbetreiber vereinfacht, und einen neuen Konsens-Algorithmus entwickelt, der über ein paar herausragende Eigenschaften verfügt. Mit der Einführung dieses so genannten Honey Badger BFT Konsens, spielt Artis in der “Champions League der Blockchains”. So ist Artis nicht nur absolut Energie-effizient (Proof-of-Stake) und Zensur-resistent, sondern auch mindestens 1000 mal wirtschaftlicher, sprich günstiger, als Ethereum.

Wie werden Eure Pläne rund um Elektromobilität, Smart Contracts und die “Streams” in dieses Programm passen?

Im Zusammenspiel mit Ethereum bietet Artis allen Unternehmen, die nachhaltig und CO2-neutral wirtschaften möchten, eine skalierbare dezentrale Smart Contracting-Plattform. Damit ist es aktuell die einzige Blockchain, die sich speziell auf Anwendungen der Elektromobilität und der erneuerbare Energien konzentriert.

Als Ethereum-Sidechain ist Artis weiterhin voll kompatibel zu Ethereum, aber eben günstiger, schneller und mit zusätzlichen Funktionalitäten ausgestattet. Über sogenannte “Brücken” kann man jederzeit Daten und Token zwischen Ethereum und Artis verschieben – was heute schon genutzt wird.

Unser Konzept der “Streams” gibt es auch weiterhin, und es lässt sich zum Beispiel perfekt bei klassischen Anwendungsfällen der Elektromobilität anwenden. Ein kontinuierlicher Zahlungsstrom macht beim Betanken eines Elektroauto auch wirklich Sinn – das haben wir bereits eindrucksvoll demonstrieren können. Streams bieten einfach neue Möglichkeiten, die zukünftige dApps nützen und schätzen werden.

Wie wird der “Klima-Fonds” funktionieren, den Ihr nächstes Jahr starten wollt? Und welchen Nutzen hat er?

Auf Grund der zuvor genannten Eigenschaften wird Artis jene Plattform werden, wo externe Entwickler und Unternehmen ihre Applikationen und Geschäftsmodelle in den Bereichen des Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung betreiben. Wir gehen aber noch einen Schritt weiter. Wir wollen nicht nur die dezentrale Plattform für CO2-neutrale Applikationen entwickeln, sondern haben uns dem Gebot der Stunde verschrieben und “Let’s co-create a zero-carbon society!” zu unserem Mantra gemacht.

“Wir brauchen nicht auf Präsident Trump oder die heimische Politik zu schimpfen, sondern können das Schicksal von uns und unseren Kindern selbst in die Hand nehmen”

Was heißt das konkret? Um deinen ganz persönlichen CO2-Abdruck zu kompensieren, bräuchte es nur ein Investment von einem einem Euro pro Tag. Ein Euro pro Tag, welcher in Solarpanele oder Windräder investiert wird. Daher launchen wir im nächsten Schritt eine Plattform, wo Menschen, wie du und ich, ihren eigenen CO2-Fußabdruck offsetten können und Geld in Projekte investieren, die nachhaltig erneuerbare Energie produzieren. Dies ist aber nicht als Spende zu verstehen, wie wir es von Airlines kennen. Beim “1 Earth | 0 Carbon” Fund werden all unsere individuellen Investments gepoolt und mit entsprechenden Partnern in Solar-, Wind- etc. Anlagen investiert. Dabei schafft die Artis Blockchain volle Transparenz der Geldflüsse: Einerseits der Investitionen in die (gepoolten) Anlagen, und andererseits den Weg der inflationssicheren Rendite zurück zu den Investoren.

Wir brauchen also nicht auf Präsident Trump oder die heimische Politik zu schimpfen, sondern können das Schicksal von uns und unseren Kindern selbst in die Hand nehmen und unseren eigenen Beitrag leisten.

Wie finanziert Ihr diese Projekte? Was ist das Business Model dahinter?

Die bisherige Entwicklung des Artis Protokolls haben wir aus eigenen Mitteln und ausgewählten Forschungsförderungen finanziert. In Summe ist in den vergangenen zweieinhalb Jahren rund eine Million Euro in das Projekt geflossen. Aktuell verkaufen wir – im Rahmen einer “privaten Finanzierungsrunde” – Artis Coins an all jene, die sich am Erfolg dieses Projekts beteiligen möchten.

Mit dem so eingesammelten Kapital, können wir unsere gemeinsam mit Infineon entwickelte Hardware Wallet und den Crypto Schilling in den Handel bringen. Darüberhinaus werden der “1 Earth | 0 Carbon” – Fund und die oben schon angesprochene vollautomatische Ladung und Bezahlung von E-Autos nachhaltig Umsatz generieren.

Und wie gliedern sich eure Web Wallet (Minerva Cash) und die Hardware Wallet in die Klimaschutz-Pläne ein?

Wallets sind das wesentliche Element, um mit einem Blockchain-System interagieren zu können, vergleichbar mit einer Bankomatkarte oder dem Zugang zum Online-Banking, die in der “traditionellen Finanzwelt” den Zugang zum eigenen Geld auf der Bank ermöglichen. Mit Artis verwenden wir in unseren Projekten ein hocheffizientes Blockchain-System. Aber um Applikationen anzubieten, die von allen Benutzergruppen auch kinderleicht bedient werden können, braucht es moderne Wallets, die dem gelernten Nutzerverhalten (daher zum Beispiel die Wallet in der Form einer Bankomatkarte) entsprechen und keinerlei technisches Wissen voraussetzen.

Deshalb entwickeln wir so intensiv an der Minerva Wallet-Produktfamilie. Die Browser-basierte Wallet ist da revolutionär und aktuell sicher der einfachste Weg, mit einer Blockchain zu interagieren. Davon kann sich jeder selbst innerhalb von wenigen Sekunden selbst überzeugen.

Die NFC-basierte Minerva Card, die mit einem Sicherheitschip von Infineon Technologies ausgestattet ist, wurde in Graz entwickelt und kommt nächstes Jahr in den Handel. Damit kann dann jedermann mittels Plastikkarte kinderleicht mit dem Bezahlnetzwerk “Made in Graz” interagieren.

“Die Blockchain ist mittlerweile erwachsen geworden und kann ihre Versprechen einlösen.”

Der Blockchain-Hype ist (momentan) vorbei. Was macht euch sicher, dass das die richtige Technik zur richtigen Zeit ist?

CO2-Neutralität ist in aller Munde. Immer mehr Menschen spüren, dass die nächsten paar Jahre entscheiden, in welcher Welt die Generation unserer Kinder leben wird, und wollen daher für den Klimaschutz aktiv werden. Aber sie wissen auch, dass es Kooperation und entsprechende Hebel braucht, um das Ruder noch herum zu reißen.

Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, braucht es die neueste Technologie. Die Blockchain ist mittlerweile erwachsen geworden und kann ihre Versprechen (Transparenz, Dezentralität, Geschwindigkeit etc.) einlösen. Wir im lab10 collective konnten die letzten zwei Jahre nutzen und sind technologisch jedenfalls ganz vorne dabei.

Wir laden alle Menschen, die zwischen Wirtschaft und Umwelt, Technologie und Mensch, sowie Geld und Nachhaltigkeit, ein “und” und kein “oder” sehen (wollen), ein, frühzeitig in diese neue Technologie zu investieren. Umweltschutz und Geld verdienen schließen sich nicht aus. Denn CO2 Neutralität auf Blockchain-Basis ermöglicht neue, zukunftsfähige und nachhaltige Geschäftsmodelle.

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Das war’s. Die Dreier-Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos sind Geschichte. Vielversprechend waren sie von Beginn an nicht – zu groß sind die Differenzen zwischen den drei Parteien. Doch der Zweckoptimismus gebot darauf zu hoffen, dass die Zweckehe es irgendwie schafft, den Zweck zu erfüllen. Und dieser Zweck ist zugegebenermaßen groß. Österreich, Europa, ja die ganze Welt sind bekanntermaßen mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Auf die muss nicht nur reagiert werden. Es braucht proaktive Reformen, um in der Zukunft mitspielen zu können.

Wie es weitergeht, wird sich in Kürze zeigen. Doch ob nun ÖVP und SPÖ es mit hauchdünner Mehrheit zu zweit versuchen, ob die Grünen doch noch an Bord geholt werden, ob die FPÖ wieder ins Spiel kommt oder es gar Neuwahlen gibt – fest steht: Die heimische Politik scheint den Herausforderungen unserer Zeit tatsächlich nicht gewachsen zu sein.

Trotz allem weiter wie bisher

Denn obwohl Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in ihrer Rede zum Verhandlungs-Aus sehr sparsam mit konkreten Vorwürfen umging, gab sie doch einen tiefen Einblick, woran es krankt. Die alteingesessenen Parteien ÖVP und SPÖ, die Österreich mal gemeinsam, mal abwechselnd, durchgehend seit 1945 regieren, sind auch in der Wirtschaftskrise, der Klimakrise, der geopolitischen Krise und der Budgetkrise nicht dazu in der Lage, von längst überholten Dogmen abzugehen. Während die Welt brennt, bleiben klientelpolitische Artefakte, interne Machtkonstruktionen und uralte ideologische Maximen unangetastet.

Nun kann man gewiss konkrete Themen herausgreifen: eine SPÖ, die sich aus ideologischen Gründen bei notwendigen Maßnahmen für den Standort querstellt, eine ÖVP, die aus klientelpolitischen Gründen eine Entbürokratisierung verhindert. Man könnte hier einiges auflisten. Das Problem geht über diese konkreten Themen hinaus. Es sitzt tiefer. Wie Meinl-Reisinger umfassend in ihrer Rede ausführte, geht der Zeithorizont, in dem die Verhandler:innen von ÖVP und SPÖ denken, genau eine Legislaturperiode weit. Nicht das Wohl des Volkes, der Wirtschaft und des Staates, sondern das Gewinnen der nächsten Wahl ist das primäre Ziel. Dabei sollte es inzwischen als hinlänglich bewiesen gelten, dass weder das eine noch das andere auf diese Weise gelingt.

Wie Nokia, nur dass nichts Besseres nachkommt

Der Vergleich dieser Politik des Weitermachens wie bisher zu den vielzitierten Geschichten von Kodak und Nokia wurde bereits von anderen aufgestellt. Auch diese scheinbar völlig reformunfähige politische Kaste wird abgelöst werden, weil sie die Zeichen der Zeit nicht erkennt – obwohl diese so deutlich dastehen, dass man sich fragt, wie das überhaupt möglich ist. Doch was da stattdessen kommt (und die Wahl ja bereits gewonnen hat) ist nicht das bessere Produkt, so wie einst Digitalkamera und Smartphone bei Kodak und Nokia. Die aktuelle politische Alternative – nicht nur in Österreich – ist keine konstruktive, in die Zukunft gerichtete Kraft, sondern eine destruktive, in die Vergangenheit gerichtete.

Der Standort bräuchte dringend Impulse. Innovation müsste dringend mit aller Kraft gepusht werden. Die Entbürokratisierung müsste dringend vorangetrieben werden. Das alles müsste dringend nicht gegen, sondern im Einklang mit den Klimazielen passieren. Dazu bräuchte es dringend das Eingeständnis, dass sich wirklich etwas ändern muss. Das alles bleibt wohl im Konjunktiv stehen. Stattdessen geht es mit Vollgas weiter in den Abgrund.

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