07.03.2024

Pona-Gründerin Anna Abermann: “Ich war im Kampfmodus”

Mit der Bio-Getränkemarke Pona feierte Anna Abermann einst Erfolge, 2023 rutschte ihr Unternehmen jedoch in die Insolvenz. Ende letzten Jahres erhielt die Gründerin eine zweite Chance – eine Geschichte zwischen Hoffnung und teils schmerzhaft gemachten Learnings.
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Wonderful Biodrinks - Pona - Anna Abermann | (c) Griselda Photography
Anna Abermann | (c) Griselda Photography

Dieser Artikel erschien zuerst in unserem aktuellen brutkasten-Printmagazin (Download-Möglichkeit am Ende des Artikels).

Die Gründung eines Getränkeunternehmens gilt in der Startup-Szene als schwieriges Pflaster kaum ein Markt ist so umkämpft wie der Getränkemarkt, Gründer:innen müssen Logistik, Produktion und Vertriebswege effizient managen, um in dem äußerst dynamischen Umfeld zu bestehen. Zudem ist der Aufbau einer Marke sehr kapitalintensiv. Diese Herausforderungen schreckten in der Vergangenheit zahlreiche Gründer:innen ab, ins Getränkebusiness einzusteigen. Nicht so Anna Abermann: 2014 startete sie gemeinsam mit ihren Mitgründern mit der Getränkemarke Pona und der dahinterstehenden Pona Sonst Nix GmbH. Seit der Gründung verfolgt Abermann die Vision, eine Alternative zum „überzuckerten Getränkemarkt“ zu bieten. Die Idee dazu kam ihr ursprünglich während eines Aufenthalts in Kalifornien. “Ich saß damals bei einer Pink-Grapefruit-Limonade und dachte mir: Das können wir auch, und sogar noch besser!“ Um die Gründungsidee in ein funktionierendes Business zu überführen, baute Abermann Schritt für Schritt die nötigen Beziehungen zu Lieferanten auf – angefangen von Obstbauern auf Sizilien bis hin zum Abfüllpartner am Millstätter See in Kärnten. Trotz der hohen Eintrittsbarrieren, die der Getränkemarkt aufweist, gelang Abermann mit der Unterstützung von Investor:innen der Sprung in den Markt. Bereits vier Jahre nach der Gründung verkaufte sie gemeinsam mit ihrem Team eine halbe Million Flaschen pro Jahr.

“Als Gründerin willst du das bis zum Schluss nicht wahrhaben. Es ist ein Weg, den du einfach nicht gehen willst.”

Pona war auf Wachstumskurs

Mit ihren biologischen Fruchtsäften besetzte Abermann erfolgreich eine Nische. Die Wachstumsraten beliefen sich im Schnitt auf 30 Prozent pro Jahr. „Wir hatten damals schon eine klare Wachstumsvision und wollten mit der Entwicklung neuer Marken weiter wachsen“, so Abermann. Dementsprechend wurde das Produktportfolio um die Getränkemarken „Ich bin Was?er“, “bitterschön” und “TSSSCHK” erweitert. Den größten Teil seines Umsatzes erwirtschaftete das Startup im B2B-Geschäft: 70 bis 80 Prozent des Umsatzes entfielen auf Partner in der Gastronomie. Trotz der Lockdowns 2020 und 2021 im Zuge der Coronakrise konnte die Firma laut Abermann 2021 ihr Wachstum fortsetzen. Zudem gab es weitere Pläne zur internationalen Expansion – das Startup war dafür sogar mit einem Partner in den USA in Gesprächen. Doch dann kam das Jahr 2022, ein Jahr, das nicht nur die gesamte Startup-Szene auf den Kopf stellen sollte, sondern auch zum Schicksalsjahr für Anna Abermann und ihre Pona Sonst Nix GmbH wurde. Das Unternehmen hatte ab Juni durch die Verknappung von Glasflaschen auf dem Markt sowie eingeschränkte Produktionskapazitäten durchgehende Lieferschwierigkeiten. Trotz der Ausfälle konnte noch ein leichtes Wachstum erzielt werden.

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Die Fruchtsäfte werden mit Gebirgsquellwasser aus Österreich produziert | (c) Griselda Photography

Rückgang beim Konsum

Die Inflation sowie die gestiegenen Rohstoffkosten und der damit einsetzende Rückgang des Konsums trafen das Wiener Startup dann 2023 mit voller Wucht. „Die Monate Jänner, Februar und März waren eigentlich noch okay; traditionsgemäß ist der Winter nie so eine starke Getränkezeit“, so Abermann. Der Umsatz bewegte sich noch auf Vorjahresniveau – „das hat mich damals noch nicht wirklich beunruhigt”. Erst im April merkte Abermann, dass der Umsatz für 2023 massiv eingebrochen war. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Gastgartensaison, und die Gastronomen und Händler decken sich dabei mit Ware für den Frühling ein. Doch nicht nur die Inflation setzte dem Getränke-Startup finanziell zu – auch das Wetter. „Wenn es heiß ist, trinken die Leute einfach mehr. Das ist ganz banal.“ Und sie merkt an: „Aufgrund des schlechten Wetters im April sperrten die Gastgärten 2023 erst Mitte Mai auf. Das war natürlich schlecht für uns.“ Bereits zu diesem Zeitpunkt wusste die Gründerin, dass sie für 2023 mit einem äußerst „dünnen Budget“ auskommen muss. “Früher haben sich die Gastronomen bereits vor April mit Ware eingedeckt. Aufgrund der coronabedingten Lockdowns wurden sie aber vorsichtiger“, so die Gründerin – ein Umstand, der eine finanzielle Planung, insbesondere für ein kleines Startup, erschwert. Im Mai verzeichnete Abermann mit ihrem Team einen Umsatzrückgang von rund 20 Prozent im Vorjahresvergleich. “Damals wussten wir, dass wir mit diesen Rückgängen nur bedingt durchhalten können“, so Abermann.

“Ich sage es ganz ehrlich: Es war un- fassbar schmerzhaft. Schlussendlich lässt du Leute im Stich.”

Der Rettungsversuch

Untätig blieb Abermann nicht. Die Gründerin ergriff Maßnahmen, um die geringe Liquidität auszugleichen. Dazu zählte auch ein Stellenabbau – das Startup trennte sich zunächst von einer Teilzeitkraft sowie Studierenden, die auf Werkvertragsbasis angestellt waren; zu Hochzeiten zählte die Firma bis zu zwölf Mitarbeiter:innen. Zudem schossen die bestehenden Gesellschafter bereits im Frühjahr 150.000 Euro an Finanzmitteln nach. Abermann: „Leider haben sich die weiteren Monate derart verschlechtert, dass das auch nicht ausgereicht hat. Als kleines Unternehmen hatten wir nicht den nötigen Puffer. Die privaten Mittel sind irgendwann erschöpft.“ Der benötigte Umsatz war auch in den Sommermonaten nicht mehr aufzuholen. “Im Sommer ist es zwar heiß und die Leute trinken auch viel, die meisten Kunden sind aber bereits im Urlaubsmodus und viele Restaurants haben im August geschlossen.“ Die Gesellschafter waren schlussendlich nicht mehr bereit für eine weitere Kapitalrunde. „Noch eine Kapitalerhöhung zu machen, um drei Monate später möglicherweise denselben Ausgang zu haben, wollten wir uns nicht zumuten.“ Abermann verweist in diesem Kontext auf das persönliche Näheverhältnis, das sie zu Gesellschaftern hatte. “Bei uns waren keine institutionellen Anleger an Bord. Das sind alles Bekannte und Freunde von mir. Irgendwann war auch ihr Limit erreicht.” Als dann noch ein potenzieller strategischer Partner im letzten Moment absprang, war klar: “Wir müssen Insolvenz anmelden.” Abermann wurde dabei von ihrem Co-Geschäftsführer und Lebensgefährten sowie ihrem Anwalt unterstützt.

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Für die Sorte Pink Grapefruit kommen Früchte aus Sizilien in die Flasche | (c) Griselda Photography

Schließlich wurde am 27. Juli vor dem zuständigen Handelsgericht Wien der Insolvenzantrag eingebracht. Abermann erinnert sich noch gut an diesen Tag; es war ein Donnerstag: “Als Gründerin willst du das bis zum Schluss nicht wahrhaben. Es ist ein Weg, den du einfach nicht gehen willst.“ Neben den bürokratischen Formalien musste sie zudem ihre persönlichen Emotionen bewältigen.”Ich sage es ganz ehrlich, es war unfassbar schmerzhaft. Schlussendlich lässt du Leute im Stich. Dazu zählen die Miteigentümer, aber auch die vielen Crowd-Investoren, die Geld in deine Vision gesteckt haben.“ Bereits am nächsten Tag, einem Freitag, veröffentlichten der KSV1870 und der Alpenländische Kreditorenschutzverband in ihren Insolvenztickern die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Insgesamt betrugen die Passiva rund 1,2 Mio. Euro. Dazu zählten unter anderem Bankverbindlichkeiten, Schulden bei Lieferanten sowie rund eine halbe Million Euro, die eine Reihe an Kleininvestor:innen dem Unternehmen über zwei CrowdfundingKampagnen in Form eines nachrangigen Darlehens geliehen hatte.

Offene Kommunikation

Hinter den nackten Zahlen der Insolvenz stehen allerdings auch Menschen mit Erwartungen. Oftmals werden diese erst mit Bekanntwerden der Zahlungsunfähigkeit in den Medien enttäuscht. So weit wollte es Anna Abermann aber nicht kommen lassen: „Eines war mir klar – ich wollte nicht auf Tauchstation gehen.” So verständigte sie bereits vor der Einbringung des Insolvenzantrags beim zuständigen Handelsgericht ihre wichtigsten Lieferanten. Zu diesen hatte sie über die Jahre hinweg ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut. Ihre Entscheidung zur aktiven Kommunikation sollte sich später noch bezahlt machen. Auch mit den Medien – darunter auch brutkasten – pflegte Abermann eine offene Kommunikation.

Trotz der emotionalen Belastung wollte sie den Kopf nicht in den Sand stecken: „Im Moment der Insolvenz war ich im Kampfmodus. Ich habe einfach funktioniert. Schlussendlich wollte ich auch gegenüber den verbleibenden Mitarbeiter:innen Motivation ausstrahlen“, so Abermann. Es bestand zum damaligen Zeitpunkt nämlich noch ein Funken Hoffnung.

Eines war mir klar: Ich wollte nicht auf Tauchstation gehen.

Im Zuge des Insolvenzverfahrens wurde eine Sanierung ohne Eigenverwaltung angestrebt. Im Gegensatz zum Konkurs wird das Unternehmen in diesem Fall fortgeführt, die Geschäfte werden allerdings von einem Insolvenzverwalter geführt. Abermann: “Unser erster Gedanke war, in die Sanierung zu gehen.“ Ziel der Sanierung sollte ein Schuldenschnitt sein – und einen neuen Partner an Bord zu holen, der bereit gewesen wäre, Kapital zu investieren.

Was sich im Insolvenzrecht einfach anhört, erweist sich in der Praxis jedoch als durchaus schwierig. „Für einen neuen Partner ist eine Sanierung immer auch mit einem Risiko verbunden Forderungen können noch zwei bis drei Jahre später hochkommen.“ Auch die Schulden gegenüber den Crowd-Investor:innen spielten eine Rolle: „Ein klares Ziel der Sanierung ist es auch, alle Gläubiger inklusive der Crowd-Investoren in gleichem Ausmaß abfinden zu können. Leider hat sich gerade das als unüberwindbare Hürde herausgestellt und die Sanierung schlussendlich zum Scheitern gebracht. Eine Abfindung von Eigenkapital und eigenkapitalähnlichen Investments wird von Investoren in der Insolvenz zumeist nicht unterstützt.“

Die gescheiterte Sanierung

Mitte Oktober wurde schließlich die Sanierung in einen Konkurs über führt. Dies hat laut Insolvenzrecht die Liquidation des Unternehmens zur Folge. Die Spielregeln sind in diesem Fall klar definiert: Die Gesellschafter verlieren ihr über eine Eigenkapitalfinanzierung investiertes Kapital. Im Fall der Pona Sonst Nix GmbH zählte dazu auch Abermanns Lebenspartner. Verlierer:innen waren aber auch Menschen, zu denen Abermann keine direkte Beziehung hatte: Kleininvestoren:innen, die der Firma im Zuge der Crowdfunding-Kampagne Geld geborgt hatten. Was in Wirtschaftsmedien als „klarer Schnitt“ bezeichnet wird, bedeutet am Ende des Tages auch einen finanziellen Verlust, den Menschen erleiden. „Das war eigentlich das Schlimmste für mich: dass du am Weg zum Konkurs Menschen verlierst, die viel Geld und Hoffnung hineingesteckt haben. Am Ende bekommen sie nichts. Sie sind leer ausgestiegen.“ Diese Tatsache muss Abermann noch immer verarbeiten. “Das tut mir bis heute wahnsinnig leid. Es sind Menschen, die dir Vertrauen geschenkt haben”, so Abermann.

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Anna Abermann in ihrem neuen Büro im ersten Bezirk in Wien | (c) Griselda Photography

Der Asset-Deal

Im Zuge des Konkursverfahrens kam es schließlich zu einem Asset-Deal. Interessenten können dabei Unternehmenswerte aus der Konkursmasse herauskaufen. Im Fall von Pona zählten dazu unter anderem Lagerrestbestände sowie die Markenrechte des Getränke-Startups. Die angebotenen Unternehmenswerte zogen mehrere Interessenten an. „Letztendlich gab es zwei ernst zu nehmende Angebote“, so die Gründerin. Eines dieser Angebote legte der österreichische Unternehmer Wolfgang Fojtl vor. Er ist Eigentümer der Marke Verival, die sich auf Bio Frühstücksprodukte spezialisiert hat. Schlussendlich kam Fojtl mit seinem gelegten Angebot zum Zug. Über eine Holding kaufte er die restlichen Unternehmenswerte aus der Konkursmasse heraus. Fojtl, der ebenfalls den Markt für Bioprodukte sehr gut kennt, kam laut Abermann jedoch nicht zufällig um die Ecke: “Wir kannten uns schon länger und hatten eine Art Mentor-Mentee Beziehung. Wir haben uns in der Vergangenheit ausgetauscht, und daher wusste er, wie es uns in den letzten zwei Jahren wirtschaftlich ging.“ Dass Fojtl den Zuschlag und somit auch die Markenrechte erhielt, lag außerhalb des Entscheidungsbereichs von Abermann und Fojtl. Die Masseverwalterin musste sich dem Insolvenzrecht zufolge im Interesse der Gläubiger nämlich für den Bestbieter entscheiden.

Neue Unternehmensgründung

Mit dem Kauf der Unternehmenswerte verfolgte Fojtl einen unternehmerischen Plan. Er wollte die Vision von Pona und die Marke in einer neuen Firma weiterleben lassen. Kurz vor Weihnachten gründete er mit der Wonderful Biodrinks GmbH eine neue Gesellschaft und überführte die in der Holding geparkten Markenrechte in das neue Unternehmen. Kurz danach folgte ein Schritt, der für Außenstehende unüblich erscheint: Fojtl holte Abermann ins neue Unternehmen als Geschäftsführerin zurück und machte sie zur Mehrheitseigentümerin. Abermann beschreibt seine Intention: „Er hat das Unternehmen nicht gekauft, um es selbst zu führen; er ist nämlich bei Verival selbst operativ sehr eingespannt. Durch die Mehrheitsanteile am Unternehmen sollte ich incentiviert werden, um meine Vision im neuen Unternehmen weiter voranzutreiben.”

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Trotz der neuen Chance muss Abermann 2024 zahlreiche Herausforderungen meistern | (c) Griselda Photography

Neustart mit Einschnitten

Abermann beschreibt den Neustart von Pona als „Chance, die man im Leben nicht zweimal bekommt“. Mit ihrem Geschäftspartner möchte sie nun gemeinsam Vertriebsstrukturen nutzen. Die Chance zum Neuanfang ging jedoch auch mit Einschnitten einher – so ist die neue Firma schlanker aufgestellt. Dazu zählt nicht nur ein kleineres Team, sondern auch die vorläufige Einstellung der Marke „Ich bin Was?er“. Während ihre alte Firma in ihrer Hochphase bis zu zwölf Mitarbeiter:innen zählte, muss Abermann der Neustart nun mit nur drei Leuten gelingen.

Die Geschichte des Neustarts klingt wie eine typische Startup- Success-Story. Am ande- ren Ende sitzen aber auch Verlierer:innen.

Zudem soll der Neustart nun mit größtmöglicher Voraussicht erfolgen. „Wir werden generell vorsichtiger sein. In der Vergangenheit hatten wir eine klare Wachstumsstrategie, die für Getränke am Markt üblich war bzw. ist. Diese Strategie bedingt jedoch auch größere Marketingverpflichtungen, gerade im Handel und im Export. Das werden wir in Zukunft genauer überdenken und uns eventuell auch gegen eine Listung oder Partner entscheiden.“ Einen kritischen zweiten Blick soll hier Abermanns neuer Geschäftspartner Fojtl liefern, der über 30 Jahre Branchenerfahrung verfügt: „Wir wollen beide nicht auf die nächste Katastrophe zusteuern“, so Abermann. Aktuell wird die Entwicklung des Konsumverhaltens genau analysiert, um die weiteren Schritte in Produktion und Vertrieb zu planen. Ein erster Schritt ist aber bereits vor Weihnachten erfolgt. So wurden mit der neuen Firma bereits die ersten Getränke produziert. Trotz der Unsicherheiten und des Konkurses hat der Abfüllpartner die Beziehung zu Pona aufrechterhalten. Hier machte sich laut Abermann ihre offene Kommunikation zu Beginn der Insolvenz bezahlt.

Schmerzhafte, aber wertvolle Learnings

Aufgrund des unternehmerischen Rollercoasters der vergangenen Monate hat Abermann aber auch viele Learnings gesammelt. „Was ich alles gelernt habe, wird mir erst jetzt bewusst. Zu Weihnachten hatte ich das erste Mal eine Pause und konnte in Ruhe darüber reflektieren“, so Abermann. Ihre Erkenntnisse möchte sie nun in der neuen Firma umsetzen. Dazu zählt auch die Selbsteinsicht gegenüber persönlichen Schwächen. “In der Vergangenheit war ich nie besonders gut darin, um Hilfe zu bitten. Sollte ich wieder in eine der artige Situation kommen, würde ich jetzt womöglich früher Rat suchen.” Zudem möchte sie auch eine rationalere Beziehung zu ihrem Produkt entwickeln. “Wir haben mit der alten Firma sicherlich zu viele Sorten produziert. Wir waren verliebt in die Produkte und überzeugt, dass die ganze Welt sie braucht.“ Ihr Learning: Wenn eine Sorte künftig nicht stark gefragt ist, wird sie früher den Stecker ziehen.

Trotz der zweiten Chance, die ihr als Gründerin geboten wurde, überwiegt bei Abermann ein Gefühl der Demut. “Die Geschichte des Neustarts klingt wie eine typische Startup-Success-Story. Am anderen Ende sitzen aber auch Verlierer:innen. Darunter befinden sich auch Menschen, die an meine Vision geglaubt und diese erst möglich gemacht haben.“ Und sie ergänzt: „Einfach nur herumzusitzen und die Insolvenz zu bejammern bringt aber auch nichts. Umso bestrebter bin ich nun, dass der Neustart zu einem positiven Outcome führt.“ Die nötige Motivation dafür bringt Anna Abermann mit: „Ich war während der Insolvenz im Überlebenskampf-Modus – nun bin ich in einem positiven Kampfmodus.


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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.

Kollaborativ, transparent, frei zugänglich und nicht profit-orientiert – mit Open-Source-Software wird eine Reihe von Eigenschaften assoziiert. Und oftmals stehen bei der Nutzung ethische Überlegungen im Zentrum. Dabei gibt es auch ganz praktische Gründe, die für eine Verwendung durch Unternehmen sprechen – auch bei der Implementierung von KI-Anwendungen, ist Stephan Kraft, Community Advocate & Business Development OpenShift & Application Services bei Red Hat, überzeugt. In Folge fünf der Serie “No Hype KI” diskutierte er dieses und weitere Themen mit Florian Böttcher, Solution Architect bei CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac, Policy Lead bei Women in AI und Patrick Ratheiser, Gründer & CEO von Leftshift.One.

“Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”

“Ich will das Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”, sagt Stephan Kraft. Für Red Hat als weltweit führenden Anbieter für Open-Source-Lösungen für Unternehmen gehen die Argumente für eine Nutzung nämlich weit darüber hinaus. “Es geht nicht darum, Open Source als Selbstzweck zu sehen, um zu den Guten zu gehören”, so der Experte. Tatsächlich sei die Verwendung von Open Source gerade bei der Etablierung von KI im Unternehmen für Startups und KMU eine wichtige Weichenstellung.

Offenheit, um Diskriminierung entgegenzuwirken

Auch Natalie Ségur-Cabanac sieht Open Source als “Key Technology” im KI-Bereich. Für “Women in AI” spiele die Offenheit eine zentrale Rolle: “Diese Offenheit braucht es, um Diskriminierung entgegenzuwirken.” Open Source verbessere den Zugang für Frauen zur Technologie, die Abbildung von Frauen in den Daten und es vergrößere die Möglichkeiten in der Forschung. Man müsse aber auch aufpassen, ob Software wirklich so offen sei, wie behauptet, sagt sie bezogen auf die aktuellen Diskussionen rund um OpenAI, das sich – ursprünglich als offenes Projekt gestartet – zum profitorientierten Unternehmen entwickelte. Es brauche auch eine klare Definition, was “open” sei.

Masse an Möglichkeiten

Leftshift.One-Gründer Patrick Ratheiser betont auch die schiere Masse an Möglichkeiten, die Open Source bietet. “2021 hatten wir weltweit Zugriff auf circa 5.000 Open-Source-Modelle. Jetzt sind es bereits mehr als eine Million.” Die Nutzbarkeit sei also klar gegeben, zudem biete die Technologie eine gewisse Unabhängigkeit und werde über ihre Vielfalt zum Innovationstreiber.

Ist Open Source immer die beste Lösung?

Doch bedeutet das, dass Open Source immer die optimale Lösung ist? Ratheiser sieht das differenziert: “Es ist ganz wichtig zu erkennen, was der Kunde braucht und was in dem Fall gerade notwendig ist. Egal, ob es nun On-Premise, in der Cloud, Open Source oder Closed Source ist.” Florian Böttcher von CANCOM Austria pflichtet hier bei: “Wir setzen genau so auf hybrid.”

Datenstruktur im Hintergrund ist entscheidend

Ein Thema, bei dem bei Open Source Vorsicht geboten ist, spricht Natalie Ségur-Cabanac an. Besonders wichtig sei es bei KI-Anwendungen, eine gute Datenstruktur im Hintergrund zu haben. “Die Verantwortung, dass ein Modell mit sauberen Daten trainiert worden ist, liegt bei den Anbietern. Bei Open Source verschwimmt das ein bisschen. Wer ist wofür zuständig? Das ist eine Herausforderung für die Compliance zu schauen, wo man selbst verantwortlich ist und wo man sich auf einen Anbieter verlassen kann.”

Compliance: Großes Thema – mehr Sichereheit mit professioneller Unterstützung

Stephan Kraft hakt hier ein. Genau aus solchen Gründen gebe es Unternehmen wie Red Hat, die mit ihrem Enterprise-Support für Open-Source-Lösungen die Qualitätssicherung auch im rechtlichen Bereich übernehmen. “Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Versprechens gegenüber Kunden”, so Kraft. Unbedacht im Unternehmen mit Open Source zu arbeiten, könne dagegen in “Compliance-Fallen” führen, pflichtet er Ségur-Cabanac bei.

Das sieht auch Patrick Ratheiser als Thema bei Leftshift.One: “Unsere Lösung ist Closed Source, wir setzen aber im Hintergrund Open Source ein. Wichtig ist, dass wir dem Kunden Compliance garantieren können.” Stephan Kraft empfiehlt Unternehmen bei der Open-Source-Nutzung: “Man kann nicht immer gleich die neueste ‘bleeding edge’-Lösung nehmen sondern sollte etwas konservativer herangehen.”

Infrastruktur: Gut planen, was man wirklich braucht

Unabhängig davon, ob man nun Open Source oder Closed Source nutzt, braucht es für die Nutzung von KI die richtige Infrastruktur. “Es kommt natürlich auf den Use Case an, den ein Unternehmen umsetzen will. Da sind die Anforderungen an die Infrastruktur sehr unterschiedlich”, grenzt Florian Böttcher ein. CANCOM Austria unterstützt seine Kunden in genau der Frage. Anwendungen wie das Training von KI-Modellen würde aus gutem Grund kaum in Österreich umgesetzt. “KI ist sehr stromhungrig und entwickelt viel Hitze. Das ist schwierig für ein eigenes Data-Center im Unternehmen, gerade wenn man die Strompreise in Österreich ansieht”, so Böttcher.

“Rechenleistungs-Hunger” von KI könnte sich in Zukunft verringern

Wichtig sei es letztlich, sich als Unternehmen sehr klar darüber zu sein, was man umsetzen wolle. “Danach, welche Software-Lösung man für seinen Use Case einsetzen muss, richtet sich auch die Infrastruktur”, so Böttcher. Er erwarte aber auch, dass die KI-Modelle im nächsten Entwicklungsschritt effizienter werden und der “Rechenleistungs-Hunger” sich verringere.

Patrick Ratheiser ergänzt: “Es ist grundsätzlich eine Kostenfrage.” Unternehmen müssten sich sehr gut überlegen, ob sie ein eigenes LLM (Large Language Model) betreiben und dieses sogar selbst trainieren wollen, oder lieber doch eine Usage-basierte Lösung wählen. Er sehe bei österreichischen Unternehmen – auch bei größeren – eine klare Tendenz zur zweiten Variante. “Es lässt sich deutlich schneller einrichten, ist kalkulierbarer und auch viel schneller skalierbar”, erklärt Ratheiser.

Etwa im Forschungsbereich sei es jedoch wichtig und notwendig, auch eigene LLMs und die damit verbundene Infrastruktur zu betreiben. Doch auch die Möglichkeit von hybriden Lösungen biete sich an. “Man kann mittlerweile auch Teile in der Cloud lassen und Teile On-Premise. Man kann etwa nur ein datenschutzsicheres LLM selbst betreiben”, erklärt der Experte, der auch bei der Wahl der genutzten Modelle einen hybriden Ansatz empfiehlt: “Man braucht nicht für alle Use Cases das neueste Modell. Manchmal braucht man überhaupt kein LLM.”

Datenschutz: Einige Herausforderungen bei LLMs

Stichwort: Datenschutz. Hier schafft die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im KI-Bereich besondere Herausforderungen, weiß Natalie Ségur-Cabanac, die vorab betont: “Ich persönlich halte die DSGVO für ein gutes Regulierungswerk, weil sie sehr viel Spielraum gibt. Ich sage immer: Datenschutz ist sehr komplex, aber nicht kompliziert.” Konkret seien etwa der Grundsatz der Zweckbezogenheit, also dass man Daten nur für konkrete Zwecke einsetzen darf, und dass man sie minimierend einsetzen muss, relevant für den KI-Bereich. “Da haben wir schon einen Konflikt, weil man ja [bei LLMs] erst einmal schaut, was man aus möglichst vielen Daten machen kann”, so die Expertin.

Ist KI rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich?

Auch Transparenzbestimmungen – sowohl in der DSGVO als auch im AI-Act der EU – seien zu beachten. “Wenn ich KI verwende, muss ich auch wissen, was drinnen ist”, fasst Ségur-Cabanac zusammen. Ist KI also rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich? “Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss seine Hausaufgaben schon gut machen”, sagt die Expertin. Wichtig sei daher auch die im Rahmen des EU-AI-Acts eingeforderte KI-Kompetenz in Unternehmen – im technischen und rechtlichen Bereich.

KI-Kompetenz als zentrales Thema

Patrick Ratheiser stimmt zu: “Neben der Technologie selber sind bei unseren Kunden die Mitarbeiter ein Riesen-Thema. Man muss sie nicht nur wegen dem AI-Act fit bekommen, sondern es geht darum, sie wirklich auf die Anwendungen einzuschulen.” Wichtig seien dabei auch die Kolleg:innen, die sich bereits mit dem Thema auskennen – die “Pioniere” im Unternehmen. “AI Literacy ist sicherlich das Thema 2025 und in nächster Zeit. So, wie wir gelernt haben, mit dem Smartphone umzugehen, werden wir es auch mit generativer KI lernen”, so Ratheiser.

“Einfach einmal ausprobieren”

Stephan Kraft ergänzt: Neben einer soliden Datenbasis und der notwendigen Kompetenz brauche es bei KI – gerade auch im Bereich Open Source – noch etwas: “Einfach einmal ausprobieren. Es braucht auch Trial and Error. Das ist vielleicht oft das Schwierigste für CFOs und Geschäftsführer.” Dieses Ausprobieren sollte aber innerhalb eines festgelegten Rahmens passieren, damit die KI-Implementierung gelingt, meint Natalie Ségur-Cabanac: “Unternehmen brauchen eine KI-Strategie und müssen wissen, was sie mit der Technologie erreichen wollen.” Auch sich mit den zuvor angesprochenen rechtlichen Anforderungen – Stichwort Compliance – zu beschäftigen, komme zeitlich erst nach der Festlegung der Strategie.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI
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