11.03.2024

Amazing15: Neue Wege am Arbeitsmarkt für neurodivergente Menschen

Anna Marton bietet mit Amazing15 neue berufliche Perspektiven für Menschen mit vermeintlichem Handicap. Amazing15 vermittelt neurodivergente Personen mit Unternehmen und fokussiert sich dabei auf deren Stärken.
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Anna Marton bei Amazing15 Relaunche-Event (c) Paul Gruber
Anna Marton beim Amazing15 Relaunch-Event (c) Paul Gruber

Amazing15 (zuvor Specialisterne) vermittelt Personen aus dem neurodiversen Spektrum- also jene, mit beispielsweise ADHS oder Autismus – an Unternehmen, die auf der Suche nach Talenten sind. Denn 15 Prozent der Menschen in Österreich gehören zu diesem Spektrum und haben es am Arbeitsmarkt oft schwer.

Die Specialisterne Austria – Verein zur Förderung der Integration von Menschen im neurodivergenten Spektrum gründete die Jobplattform im Jahr 2011, damals waren Menschen mit Autismus die Hauptzielgruppe. Amazing15 konzentriert sich unterdessen erweitert auf das gesamte neurodivergente Spektrum. Im Vordergrund stehen dabei vor allem Stärken von neurodiversen Menschen, um sie so als wichtiges Humankapital an Unternehmen in der DACH-Region zu vermitteln. (brutkasten berichtete über Menschen aus dem Autismus-Spektrum als Lösung für Startups)

It’s a match: Recruiting und mehr

Ausgangspunkt dafür bildet ein spezieller Recruiting-Prozess, der die Skills der neurodiversen Personen herausarbeitet. In einem zweiten Schritt werden diese mit interessierten Unternehmen gematcht.

Zusätzlich zur Jobvermittlung bietet Amazing15 aber noch mehr: In Coachings werden Neurodivergente auf das Arbeitsleben vorbereitet und ihnen der Einstieg bei einem Unternehmen leichter gemacht. Darüber hinaus gibt es Fortbildungen, welche für Neurodivergente optimiert sind. Nicht zuletzt stellt Amazing15 Informationen bereit, die den Unternehmen vermitteln wie und in welchen Tätigkeitsbereichen neurodivergente Personen als Idealbesetzung verstanden werden können.

Skillcard statt klassischem Lebenslauf

Geld verdient Amazing15 unter anderem mit klassischer Unternehmungsberatung. „Wie erarbeiten mit den Firmen eine Diversitätsstrategie ganz nah an der Unternehmensstrategie“, erklärt Geschäftsleiterin und Gründerin Anna Marton. Damit werden Potenziale in den bestehenden Strukturen erkannt und Anknüpfungspunkte, beziehungsweise ein optimales Arbeitsumfeld für Neurodivergente ausgearbeitet.

Außerdem bietet Amazing15 Personalberatung an und unterstützt im Recruiting von neurodivergenten Personen. Dabei setzt das Unternehmen auf einen zweieinhalbwöchigen Assesementprozess, der jobsuchende Menschen mithilfe einer Skillcard vermitteln soll. „Mit der Skillcard zeigen wir Arbeitgeber:innen, welches Potenzial die Mitarbeiter:innen haben“, so Marton im Gespräch mit brutkasten. „Es geht nicht, wie im klassischen Lebenslauf, darum, was deine Mitarbeiter:innen vorher gemacht haben, sondern welches Potenzial noch in ihnen steckt.“

Umsatz von 3 Millionen Euro

Wirtschaftlich ist Amazing15 gut aufgestellt mit einem Umsatz von rund 3 Millionen Euro im vergangenen Jahr. „Wir wachsen stetig aus eigener Kraft“, konstatiert Marton. Um Amazing15 als Jobplattform noch bekannter zu machen, will das Unternehmen nun mehr in Marketing-Strategien investierten. Darüber hinaus soll ein Online-Consulting-Tool eingerichtet werden, welches Wissen aus den Workshops auffrischt und vertieft. „Um diese Infrastruktur aufzubauen, wollen wir jetzt ein Investment reinholen“, sagt Anna Marton zum brutkasten. „Außerdem glauben wir, dass wir aufgrund des Fachkräftemangels als Berufsplattform schneller wachsen müssen.“

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Die Geschäftsführer der cycoders GmbH: CTO – DI (FH) Martin Guess, CEO – Thomas Mörth Bildrechte: cycoders GmbH
(c) cycoders GmbH - Die Geschäftsführer von cycoders Martin Guess und CEO Thomas Mörth.

Getuschel. Hinter vorgehaltener Hand wird geflüstert, Gespräche erst fortgesetzt, wenn die Führungskraft außer Hörweite ist. Man mutmaßt, man nimmt an. Man glaubt, dass die Firma Probleme hat und sich womöglich von Leuten trennen muss. Die Sorge wächst und man fürchtet, dass es einen treffen könnte. Und an die Arbeit zu denken, ist mit einem solchen Gefühl nur schwer möglich. So ähnlich geht es zu Krisenzeiten in Unternehmen zu, weiß Lolyo Co-Founder und CEO Thomas Mörth, der auch gemeinsam mit Martin Guess Geschäftsführer von cycoders ist. Er möchte mit seiner App Ängste von Mitarbeiter:innen lindern.

Lolyo mit direktem Draht

Die Idee dazu kam ihm vor ein paar Jahren, als er in seiner Werbeagentur kundenseitig den Wunsch verspürte, eine verbesserte digitale und interne Kommunikation zu entwickeln. “Es gab am Markt bereits einige Lösungen, aber die waren zu teuer oder zu kompliziert”, erzählt er. “Also haben wir entschieden, das wir uns der Sache annehmen.”

Heraus kam Lolyo, eine Mitarbeiter:innen-Mitmach-App als Kommunikationstool, das man aufs eigene Smartphone laden kann und so direkten Zugang zum Führungsteam erhält.

“Wenn man Mitarbeiter binden möchte, mitteilen, was man alles tut, dann war das bisher mit klassischen Kanälen schwierig”, so Mörth weiter. “So ein Tool ist heutzutage jedoch unverzichtbar und funktioniert nicht bloß einseitig, sondern auch umgekehrt. Es ist ein direkter Draht zur Unternehmensführung.”

Das Zeitalter der Verunsicherung

Gerade jetzt, wo Unternehmen Personal abbauen müssen oder zumindest die Gefahr dazu groß sei, herrsche in der Regel große Verunsicherung, weiß der Founder. “Das schlägt sich negativ in der Produktivität nieder, denn ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten.”

Die Folgen dieser negativen Gefühle können für alle Seiten verheerend sein: Die Arbeitsmoral verschlechtert sich und eine sinkende Produktivität, erhöhter Stress und Burnout-Gefahr schleichen sich ein und lähmen den täglichen Betrieb.

Mit den psychischen Folgen für die verbleibenden Mitarbeiter:innen hat sich Alexander Ahammer mit seinem Team vom VWL-Institut der Johannes Kepler Universität Linz in einer Studie beschäftigt. Eine der Erkenntnisse: Innerhalb eines Zeitraums von eineinhalb Jahren nach dem Personalabbau der untersuchten Firmen erfolgten 6,8 Prozent mehr Medikamentenverschreibungen sowie 12,4 Prozent mehr Krankenhaustage, erwähnte der Ökonom 2022 in einem APA-Gespräch. Dass diese Ängste Arbeitgeber:innen viel Geld kosten können, wurde auch in einer Studie der FH Köln aus dem Jahr 2000 belegt, wie Mörth erwähnt. “Diese Angst kann man aber mit den richtigen Instrumenten wegnehmen.”

Lolyo als mobiles Intranet

Lolyo ist im Detail ein mobiles Intranet, das Mitarbeitende miteinander vernetzt. Die drei primären Kanäle – News, Pinnwand und Chat – sollen dabei einen optimalen Informationsfluss garantieren. Zudem enthält die App eine Vielzahl an Features, die das Engagement erhöhen und interne formelle Abläufe wesentlich vereinfachen soll. Im Idealfall soll sie für alle Mitarbeitenden den Zugang zu allen digitalen Services des Unternehmens anbieten.

Insgesamt gibt es 30 verschiedene Features, die von Terminen, Formularen, Umfragen über automatische Übersetzung bis hin zum Start eines eigenen Podcast-Kanals verschiedene Angebote parat halten. Der Mitmach-Booster von Lolyo ist zudem als Anreiz gedacht, aktiv zu bleiben. Wenn man sich Nachrichten durchliest, liked oder kommentiert, erhält man Punkte, die dann in einem vom Unternehmen aufgesetzten “Goodies Store” eingelöst werden können. “Das ist unser USP”, sagt Mörth. “Wir haben diese Art von ‘Gamification’ von Anfang an integriert.”

300 Kunden

Seit dem Beginn im Jahre 2018 konnte Lolyo 300 Kunden (Anm.: darunter Liebherr, Efco, Recheis, Wutscher Optik) aus 15 Ländern für sich gewinnen. “Corona war für uns ein glücklicher Fall, denn die Unternehmen mussten umdenken”, erinnert sich Mörth. “Der Bedarf nach guter Kommunikation hat sich ja damals plötzlich erhöht.”

Auch die Mundpropaganda war für das 16-Personen starke Team wesentlich. “Wir sind ein kleines Unternehmen und nicht investorengetrieben”, erklärt der Founder. “Und haben keine Millionen an Marketing-Budget. Der Erfolg kam über unsere ‘Word of Mouth-Taktik’. Damit konnten wir bisher unseren Umsatz jährlich verdoppeln.”

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