16.04.2020

Altrichter als Startup-Beauftragter und der unausgesprochene Riss in der Szene

Dass Michael Altrichter Startup-Beauftragter im Wirtschaftsministerium wird, schmeckt einigen in der Szene nicht. Das liegt primär an seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender von startup300. Öffentliche Kritik direkt aus dem Ökosystem bleibt aber aus oder ist sehr verhalten.
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startup300 - Michael Altrichter, Startup-Beauftragter, ist startup300 Aufsichtsratsvorsitzender und trat in den letzten Jahren öffentlich bevorzugt mit startup300-T-Shirt auf
(c) startup300 - Michael Altrichter ist startup300 Aufsichtsratsvorsitzender und trat in den letzten Jahren öffentlich bevorzugt mit startup300-T-Shirt auf

Michael Altrichter hat als Co-Founder von Paysafecard ein Paradebeispiel für ein heimisches Tech-Unternehmen mit aufgebaut und Payolution in Rekordzeit zum Exit geführt. Er ist als Business Angel in aktuell 37 Startups investiert und ist als ehemaliger langjähriger Juror der Puls4-Show 2 Minuten 2 Millionen einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Er ist beliebtes Testimonial und wird von Mainstream-Medien regelmäßig als Ansprechpartner herangezogen. Es hat eine gewisse Logik, dass er jetzt Startup-Beauftragter im Wirtschaftsministerium ist. Das sieht auch ein großer Teil der Startup-Szene so.

+++ Startup-Corona-Paket: So reagieren Österreichs Gründer und Investoren +++

Video-Talk zum Corona-Startup-Rettungspaket:

Das Startup-Rettungspaket | Bundesministerin Schramböck und Startup-Beauftragter Michael Altrichter im Live-Talk

Das Startup-Rettungspaket | Bundesministerin Schramböck und Startup-Beauftragter Michael Altrichter im Live-TalkWirtschaftsministerin Margarete Schramböck und der neue Startup-Beauftragte Michael Altrichter über alle Hintergründe des Startup-Rettungspakets.

Gepostet von DerBrutkasten am Donnerstag, 16. April 2020

Befangenheit durch 37 Startup-Beteiligungen?

Aber ein anderer – gar nicht so kleiner Teil – sieht es anders. Nun kann man freilich argumentieren, dass die 37 Beteiligungen eine Befangenheit herstellen – vor allem im Hinblick auf das heute präsentierte Corona-Startup-Paket. (Andererseits hätte es natürlich für regelrechte Empörung in der Startup-Szene gesorgt, wäre jemand Startup-Beauftragter geworden, der nicht “aus der Szene” ist, sprich nicht mit irgendeinem oder mehreren Startups verbandelt ist). Nein, es ist etwas anderes, das für Aufregung sorgt: Altrichters Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der startup300 AG.

Altrichter, startup300 und der unausgesprochene Riss in der heimischen Szene

Diese Aufregung passiert allerdings nicht öffentlich. Nach außen hin wird fleißig gratuliert und es werden – wenn überhaupt – verhaltene “Bedenken” geäußert. Off the Record klingt es anders. Da ist etwa von “Wahnsinn” die Rede, die die Bestellung Altrichters sei. Im Hintergrund steht ein unausgesprochener Riss in der heimischen Startup-Szene: startup300 polarisiert. Fast niemand ist zum wohl ambitioniertesten Player im heimischen Startup-Ökosystem neutral eingestellt. Und auch wenn “Aufsichtsratsvorsitzender” üblicherweise keine operative Tätigkeit ist – Altrichter wird allein schon wegen seiner Vorliebe, öffentlich mit startup300-T-Shirt aufzutreten, als Teil des engeren Kreises wahrgenommen. Und das dürfte durchaus beabsichtigt sein.

Ein Statement des neuen Startup-Beauftragten im brutkasten-Video-Talk (siehe oben) wird an der Gefühlslage in Teilen der Szene wohl wenig ändern: “Interessenkonflikt sehe ich überhaupt keinen. Meine Startups werden genau so behandelt, wie alle anderen Startups. Wenn sie die Voraussetzungen für Förderungen erfüllen, werden sie diese bekommen. Wenn nicht, dann nicht”. Der eigentliche Konflikt ist eben schon länger da.

Der Platz neben startup300 wird immer enger

Aber warum polarisiert startup300 so sehr? Es ist freilich ein beachtliches Ökosystem im Ökosystem, das da von Linz aus aufgebaut wurde. Der Anspruch, einen “One-Stop-Shop” für Startups (nun mit der neuen Marke Zero21) zu bieten, wird nach zahlreichen Übernahmen soweit erfüllt. Einige der übernommenen Marken zählen zu den bedeutendsten in der Szene, etwa Pioneers, Conda und Startup Live. Um startup300 kommt man also kaum herum. Der Platz für davon unabhängige Player scheint in Österreich immer enger zu werden. Es ist klar, dass das all jenen nicht gefällt, die aus dem einen oder anderen Grund nicht gemeinsame Sache mit den Linzern machen wollen.

Kritik an Strategie und Symbolik

Ins Treffen führen die Kritiker (natürlich unter der Hand) neben persönlichen Animositäten auch fehlenden Glauben an die langfristige Strategie der Linzer AG. Viele der akquirierten Unternehmen sollen zuvor wirtschaftlich nicht besonders gut dagestanden sein, so wird gemunkelt. startup300 kaufe, wie auf einem Monopoly-Spielfeld, einmal alles was geht auf – egal ob lukrativ oder nicht – in der Hoffnung, am Ende damit zu gewinnen. Überdies sei der Börsengang zumindest zu früh angesetzt gewesen, wenn nicht überhaupt unangebracht, wie sich an der Kursentwicklung seit Start zeige (derzeit ist die Aktie, wohl aufgrund der Coronakrise, im All-Time-Low). So manchem gefällt auch die Sparta-Symbolik mit ihren Schildern, Helmen, Speeren und Schlachtrufen nicht. Sie wird (wie auch die ganze Organisation) von den einen Kritikern als chauvinistisch, von den anderen als lächerlich bezeichnet – natürlich off the Record.

Viele schauen Altrichter nun auf die Finger

Doch warum sagt oder schreibt all das niemand öffentlich? Weil man sich das inzwischen mächtige Netzwerk und dessen Freunde, mit denen man über andere Wege verbandelt ist, eben doch nicht zum Feind machen will – auch das wird unter der Hand gesagt. Denn am Ende ist im heimischen Ökosystem ohnehin alles verbandelt. Der sich seit Jahren verstärkende Riss bleibt lieber doch unausgesprochen. Nach außen hin hat Michael Altrichter als Startup-Beauftragter daher nicht mit Gegenwind aus der Szene zu rechnen. Doch einige Player werden ihn sehr genau beobachten und das, was ihnen auffällt, etwa an Medien und politische Gegner weiterleiten – natürlich unter der Hand.

NEU: Community-Opinion-Corner

Gerne würden wir natürlich auch eure Meinung zum Startup-Hilfspaket und Michael Altrichter als neuen Startup-Beauftragen wissen. Hierfür haben wir einen Community-Opinion-Corner eingerichtet:

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(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR
(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR / tech2b / My Esel / Simventure

Der Begriff “Co-Working-Space” wäre bei TECH HARBOR in Linz eindeutig zu kurz gegriffen. Viel zu kurz gegriffen. Denn hochwertige Büroräume für Startups gibt es an den zwei Standorten TECHCENTER und NEUE WERFT zwar durchaus. In einem üblichen Co-Working-Space würde man aber wohl sehr schnell an die Grenze stoßen, wenn man dort eine Serienproduktion für Fahrräder oder eine Produktionsstätte für hochpräzise chirurgische Geräte aufbauen wollte.

Genau das und noch viel mehr passiert in den TECH HARBOR-Standorten. Sie bieten Hardware-Startups mit komplexen technischen Anforderungen und teilweise viel Platzbedarf eine Heimat. Große Werkstattbereiche, Techlabs für Forschung und Entwicklung und Lagermöglichkeiten machen dabei den entscheidenden Unterschied.

My Esel: Vom Prototypen bis zur Serienproduktion im TECHCENTER

Ein Unterschied, der etwa dem mittlerweile einer breiten Öffentlichkeit bekannten Holzfahrrad-Startup My Esel mehr als nur die ersten Schritte ermöglichte. “In der Zeit im TECHCENTER fand die Entwicklung von den ersten Prototypen hin zur Serienproduktion statt”, erzählt Gründer Christoph Fraundorfer. 2016 sei nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne von dort aus der Markstart erfolgt. “Parallel wurde an der Optimierung der Rahmenkonstruktion und an den My Esel E-Bikes gearbeitet. 2019 konnten noch aus dem TECHCENTER die ersten E-Bikes ausgeliefert werden.”

Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) TECH HARBOR
Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) My Esel

Ebenfalls im Jahr 2019 Jahr zog My Esel dann um. “In Traun fanden wir in den ehemaligen Produktionsstätten der Carrera-Brillen unseren neuen Standort. Inzwischen nutzen wir hier über 800 Quadratmeter und konnten 2023 mit etwas mehr als 1.000 Bikes zirka 2.7 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften”, erzählt Fraundorfer.

Simventure: Im TECH HARBOR-Standort zum Wingsuit-Simulator

Die Räumlichkeiten im TECHCENTER blieben danach freilich nicht leer. Auch aktuell arbeiten viele spannende Startups im TECH HARBOR-Standort und schreiben die Erfolgsgeschichten der Zukunft. Einer der Mieter ist etwa Simventure. Das Startup baut Geräte, mit denen Extremsportarten vollimmersiv simuliert werden können. Das erste dieser Geräte – WingSim – simuliert den Flug in einem Wingsuit – in Realität bekanntlich ein hochriskantes Unterfangen.

“Seit dem Einzug im TECHCENTER Anfang 2023 haben wir die Hard- und Software für unseren Prototypen entwickelt. Wir haben diesen Prototypen im Techlab gebaut und umfangreich getestet. Nun können wir den Demonstrator Kunden und potentiellen Investoren vorführen. Wir haben den Firmenwert seit dem Einzug vervielfacht”, sagt Gründer Norman Eisenköck.

Das Simventure-Team baut im TECHCENTER seine Simulatoren | (c) Simventure

Das TECHCENTER biete die idealen Voraussetzungen für das Startup und seine Wachstumsherausforderungen, so der Simventure-Gründer. “Ein Startup ist während der Unternehmensgründung und dem Unternehmens-Aufbau Schwankungen im Bedarf an Büroflächen und – in unserem Fall – eines Mechatronik Labors unterworfen. Die Flexibilität des TECHCENTER hat uns geholfen, diese Schwankungen sehr gut zu berücksichtigen.” Und die Infrastruktur diene nicht nur dem Team zur Arbeit, sondern biete auch schöne Repräsentationsräume, um Partner und Kunden zu empfangen.

cortEXplore: Von der NEUEN WERFT zu Yale und MIT als Kunden

Absolute HighTech-Produkte sind auch aus dem Standort NEUE WERFT schon vielfach hervorgegangen. Bis 2024 hatte dort etwa das Startup cortEXplore seinen Sitz, das eine Technologie für Gehirn-OPs für Forschungszwecke entwickelt hat. “Wir verkaufen unsere Technologie international in die EU, die USA und China und haben Kunden wie die US-Unis Berkeley, Yale und MIT”, sagt Gründer Stefan Schaffelhofer. Diesen April wurde das Unternehmen mehrheitlich von einem internationalen Medizintechnikkonzern übernommen.

Den Grundstein dafür legte cortEXplore am TECH HARBOR-Standort. “Wir haben in der NEUEN WERFT gestartet. Wir hatten zunächst Platz für die Entwicklung, hatten aber auch später ein Lager dort und Platz für Assemblierungen unserer Produkte”, erinnert sich der Gründer. “Es ist die optimale Location in Linz. Sie ist gut für Anlieferungen und den Versand der Produkte. Und es gibt Räumlichkeiten für Veranstaltungen und die Einladung von Kunden.”

cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon
cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon

Everest Carbon: “Unser Fortschritt übertrifft unsere Erwartungen”

Und auch in der NEUEN WERFT kamen seitdem viele spannende Unternehmen nach, etwa Everest Carbon, das diesen Sommer eingezogen ist. “Momentan entwickeln wir unser erstes Produkt, einen digitalen Umweltsensor für die Bindung von CO2 in Projekten basierend auf dem Prozess des beschleunigten Verwitterns, und testen es in Feldern hier in der Umgebung”, erklärt Gründer Matthias Ginterseder.

In der NEUEN WERFT baue man seit dem Einzug den primären Forschungs- und Produktionsstandort auf. “Wir sind gerade dabei, unser Team in der NEUEN WERFT zu vervollständigen, um Anfang nächsten Jahres die Produktionszahlen unserer ersten Produktlinie bedeutend erhöhen zu können”, sagt der Everest Carbon-Gründer. “Unser Fortschritt dabei übertrifft unsere Erwartungen, nicht zuletzt wegen der proaktiven Unterstützung durch Georg Spiesberger und sein Team hier im TECH HARBOR.” Und auch die Location selbst sei “hervorragend” für das Startup: “Das flexible Platzangebot sowie die zahlreichen Events, helfen uns sehr dabei, unsere Bedürfnisse in verschiedenen Entwicklungsstadien zu decken”, so Ginterseder.

Everest Carbon baut in der NEUEN WERFT gerade seine Produktion auf | (c) TECH HARBOR

Große Zukunftspläne – vom TECH HARBOR in die ganze Welt

Die Voraussetzungen für große Zukunftspläne und weitere Erfolgsgeschichten, wie die oben genannten, sind damit also perfekt gegeben. Der Everest Carbon-Gründer gibt einen Einblick: “Wir wollen in naher Zukunft unser erstes Produkt am Markt etablieren und unsere Technologie als eine bahnbrechende Lösung für zukunftsträchtige Formen von negativen Emissionen etablieren.”

Auch Simventure will am TECH HARBOR-Standort noch viel erreichen, wie Gründer Norman Eisenköck erklärt: “Wir werden weiterhin sowohl die Büroflächen als auch das Techlab für die Entwicklung weiterer Bewegungsplattformen nutzen. Es ist geplant, das weitere Wachsen des Teams und der Produktlinien im TECHCENTER zu machen.” Der erste WingSim werde aber schon bald ins Ars Electronica Center übersiedelt, um dort – ganz in der Nähe – für Kundenvorführungen zur Verfügung zu stehen. “Im Techlab werden dann neue Produkte entwickelt”, so der Gründer.

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Altrichter als Startup-Beauftragter und der unausgesprochene Riss in der Szene

  • Die Bestellung von Michael Altrichter als Startup-Beauftragter im Wirtschaftsministerium sorgt in Teilen der Szene für Aufregung.
  • Im Hintergrund steht ein unausgesprochener Riss in der heimischen Startup-Szene: Altrichter ist startup300 Aufsichtsratsvorsitzender und startup300 polarisiert.
  • Denn der Platz für davon unabhängige Player scheint in Österreich immer enger zu werden.
  • Kritik wird aber nur unter der Hand geäußert.
  • Weil man sich das inzwischen mächtige Netzwerk und dessen Freunde, mit denen man über andere Wege verbandelt ist, eben doch nicht zum Feind machen will.

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  • Denn der Platz für davon unabhängige Player scheint in Österreich immer enger zu werden.
  • Kritik wird aber nur unter der Hand geäußert.
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Altrichter als Startup-Beauftragter und der unausgesprochene Riss in der Szene

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Altrichter als Startup-Beauftragter und der unausgesprochene Riss in der Szene

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Altrichter als Startup-Beauftragter und der unausgesprochene Riss in der Szene

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Altrichter als Startup-Beauftragter und der unausgesprochene Riss in der Szene

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