11.05.2017

„Agrar-Startups haben es schwer bei der Investorensuche”

David Saad entwickelt das Programm für Europas ersten Corporate Accelerator im Agrar-Bereich. Im Interview mit dem Brutkasten spricht er über die größten Trends und Herausforderungen im AgTech-Bereich.
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Ein Problem am europäischen Agrarmarkt ist die Regulierung. Gerade internationale Startups haben Europa deshalb weit hinten in ihrer Prioritätenliste – Märkte wie Asien sind da viel attraktiver.

Welche großen Trends zeichnen sich derzeit im AgTech-Bereich ab?

(c) Screenshot Agro Innovation Lab

David Saad: Der große Trend war letztes Jahr definitiv Smart Farming, also Farm-Management-Systeme, und Konzepte, die den Landwirt dabei unterstützen, noch präziser zu arbeiten. Bewässerung war auch ein großer Trend – vor allem bei außereuropäischen Startups, weil Wasser eine wichtige und knappe Ressource ist. Ein dritter starker Trend ist Urban Farming, also die Nutzung von Dachflächen und anderen ungenutzten Flächen in Städten. Der Hintergrund ist, dass verfügbare Landwirtschaftsflächen immer rarer werden, weil die Städte sich immer mehr ausbreiten. Gleichzeitig steigt aber der Bedarf an Landwirtschafts-Produkten.

Und welche Bereiche sind von ihrem Unternehmen, der Raiffeisen Ware Austria (RWA), am stärksten nachgefragt?

Wir sind da sehr offen, weil Startups oft ja noch nicht wissen, in welchem Feld man ihre Technologie einsetzen könnte. Letztes Jahr haben wir uns für Startups aus dem Bereich Automatisierung und Bewässerung entschieden und ein österreichisches Startup aus dem Bereich Bio-Landwirtschaft – die kommen ursprünglich aus der Pharmabranche.

“Der große Trend im vergangenen Jahr war definitiv Smart Farming.”

Die RWA betreibt seit letztem Jahr das Agro Innovation Lab. Was genau passiert dort?

Wir sind zuständig für die Akquisition von Innovationen außerhalb des Unternehmens für die RWA. Der erste Schritt, den wir gewählt haben, ist Innovationen über Startups hereinzuholen. Wir haben Europas ersten Corporate Accelerator im AgTech-Bereich gegründet. Im Herbst 2016 haben wir den ersten Durchlauf gehabt. Wir bieten ein vier bis fünfmonatiges Programm, mit dem wir den Startups am Weg zum nächsten Level unter die Arme greifen. Wir stellen dabei unser Netzwerk, unser Knowhow und unsere Beratung zur Verfügung.

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Was ist ihre Rolle im Innovation Lab?

Ich bin verantwortlich für das Acceleration-Programm. Das Innovation Lab hat auch noch andere Aufgabengebiete, der Hauptteil ist aber das Acceleration-Programm. Wir machen Startups auf das Programm aufmerksam, entwickeln das Programm und wählen mit verschiedenen Gremien – intern und extern – die Teilnehmer aus. Innerhalb des Programms sind die Startups nicht wie bei einem Inkubator durchgehend bei uns im Büro. Die Startups die wir suchen und die uns brauchen können, sind in der Regel bereits “later stage” – die können es sich nicht leisten, vier Monate nach Wien zu ziehen. Wir haben deshalb einzelne Anwesenheitswochen und geben dann Aufgaben mit, die sie in der jeweiligen Region bearbeiten können. Im letzten Jahr hatten wir 162 Bewerbungen aus 49 Ländern. Ins Programm aufgenommen haben wir dann vier Startups.

Sind Übernahmen ein Thema für die RWA?

Unser Ziel ist es nicht, Finanzinvestitionen aufzubauen. Im Einzelfall kann es aber zum Beispiel bei einer langen Kooperation zu einer Erhöhung der Anteile kommen, wenn das von beiden Seiten gewünscht ist. Wir schließen nicht komplett aus, ein Startup zu übernehmen. Aber Übernehmen sind auch nicht von vorne herein unser Ziel. Unser Ziel sind langfristige Kooperationen in Vertrieb, Forschung oder Feldversuchen.

+++Kommentar: Österreich vergibt im AgTech-Bereich gerade eine Chance+++

Wie stark ist die österreichische Agrar-Startup-Szene entwickelt?

Wir hatten letztes Jahr aus Zentral- und Ost-Europa 45 Bewerbungen und 19 davon waren aus Österreich. Wir erreichen nicht jedes Startup, aber ich habe schon den Eindruck, dass der Agrar-Bereich immer interessanter wird für Startups.

“Wenn man als europäisches Startup schnell skalieren will, ist es besser, von Europa wegzugehen.”

Woran glauben Sie liegt das?

Jetzt gerade ist Entrepreneurship ein wenig ein Trend. Dieser Generation ist auch Nachhaltigkeit wichtig, ihr ist wichtig, dass man mit wertvollen Ressourcen verantwortungsvoll umgeht. Und durch neue Technologien ergeben sich Möglichkeiten in genau diesen Bereichen.

Worin sehen Sie Herausforderungen für Agrar-Startups in Österreich?

Ein Problem am europäischen Agrarmarkt ist die Regulierung. Gerade internationale Startups haben Europa deshalb weit hinten in ihrer Prioritätenliste – Märkte wie Asien sind da viel attraktiver.Wenn man als europäisches Startup schnell skalieren will, ist es besser, von Europa wegzugehen. Ein grundsätzliches Problem von Agrar-Startups ist auch, dass es nicht so einfach ist Investoren zu finden, wie in anderen Bereichen. Das Problem beim Proof of Concept im Agrar-Bereich ist, speziell in der Bewässerung und Pflanzenzucht, dass man immer auf die Vegetationsperiode angewiesen ist. Die Zyklen, um zu beweisen, dass eine Idee aufgeht, sind einfach länger als in anderen Bereichen.

Ist das Risiko im Agrar-Bereich höher?

Ein IT-Startup programmiert etwas und kann es sofort herzeigen. Hinzu kommt, dass Landwirte mit sehr niedrigen Margen kämpfen und oft ein enges Vertrauensverhältnis zu Zulieferern haben. Landwirte können es sich oft nicht so gut leisten, viel herumzuexperimentieren. Es steht einfach zu viel am Spiel. Setzt ein Landwirt zum Beispiel auf ein Startup mit einer neuen Sprühtechnik für Dünger, muss das für einen repräsentativen Feldversuch ja auf eine große Fläche aufgebracht werden. Soetwas lässt sich einfach nicht schnell und ohne Risiko testen. Deshalb sind leider im Vorfeld auch höhere Investitionen notwendig und es braucht länger, um diese Investitionen wieder hereinzuholen.

HIER gehts zum Agro Innovation Lab

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Das Wiener Startup PowerBot automatisiert den physischen Stromhandel an Strombörsen. Damit leistet es einen Beitrag zur Energiewende. CEO Helmut Spindler hat uns vergangenen April mehr über die Technologie erzählt.

Das SaaS-Unternehmen wurde im Jahr 2020 von Felix Diwok, Manuel Giselbrecht und Helmut Spindler gegründet. Mit dem Ziel, Handelsabläufe an den europäischen Strombörsen zu automatisieren und zu verbessern. Und damit die Energiewende voranzutreiben. CEO Spindler war jahrelang als Berater für Energiemarktfragen tätig. Als Spin-off der Energiemarktberatung Inercomp GmbH entstand dann 2020 PowerBot.

Exit an norwegischen Tech-Konzern

Am gestrigen Mittwoch verkündete das Wiener Startup, vom “europäischen Marktführer für Energiesoftware, Volue, offiziell übernommen” worden zu sein. Eine konkrete Summe wird nicht genannt. Gemeinsam habe man sich das Ziel gesetzt, den Markt “im algorithmischen kurzfristigen Stromhandel” anzuführen.

Das Käufer-Unternehmen Volue positioniert sich als Technologielieferant grüner Energie. Das norwegische Unternehmen arbeitet an Lösungen zur Optimierung von Produktion, Handel, Verteilung und Verbrauch von Energie.

Co-Founder Diwok hielt bislang 37,5 Prozent, Spindler und Giselbrecht je 18,74 Prozent. Auch das Partnerunternehmen der Armstrong Consulting GmbH unter Geschäftsführer Roger Armstrong hielt bislang 25,01 Prozent der Firmenanteile.

Schrittweise Integration

Mit dem Kauf des Wiener Energy-Startups soll das bestehende Portfolio von Volue erweitert werden. Die Integration soll Schrittweise erfolgen, ab Jänner 2025 sei die PowerBot-Lösung vollständig in das Volue-Portfolio integriert.

Volue-CEO Trond Straume wird in einem LinkedIn-Post von PowerBot zitiert: „Diese Übernahme ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg, bis 2030 der führende SaaS-Anbieter für das globale Energiesystem zu werden. Die hochmoderne Plattform von PowerBot ergänzt den Volue Algo Trader perfekt, indem sie Quants befähigt und unsere Expansion über Westeuropa hinaus beschleunigt.“

Das Wiener Energy-Startup soll fortan die bestehende Lösung des Käufers – namentlich “Volue Algo Trader Power” ergänzen. Dabei handelt es sich um eine SaaS-Lösungen für den kurzfristigen Stromhandel, kurz für “Intraday”-Stromhandel.

“Keinen besseren Partner”

Wie PowerBot weiter vermeldet, soll die Integration die Entwicklung von traderfreundlichen Benutzeroberflächen und Lösungen für Unternehmen begünstigen. PowerBot wird dabei eng mit dem Team rund um die SaaS-Lösung Volue Algo Trader Power zusammenarbeiten.

Für das PowerBot-Team sei der Exit “nur der nächste wichtige Schritt auf dem Weg des Wachstums”, heißt es. Auch weiterhin soll das bestehende PowerBot-Team, darunter Helmut Spindler, Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer, “die Entwicklung des Produkts weiter vorantreiben und für Kontinuität und Innovation sorgen”. Das Startup will indes bereits baldige neue Produkte auf dem Markt verkünden.

Helmut Spindler, CEO von PowerBot, kommentiert: „Wir haben in den letzten Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt, und um weiter zu skalieren und zu internationalisieren, brauchten wir einen starken Partner. Volue ist aufgrund seiner umfassenden Branchenkenntnisse und seiner gemeinsamen Vision die perfekte Wahl. Ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen“.

Stärken kombinieren

Mittlerweile soll das Wiener Energy-Startup über 85 Kunden in 26 Ländern vorweisen. Handeln soll es derzeit an neun Börsen. Das Team sei 25-köpfig und in Wien sitzend. Auch die Zertifizierungen ISO 27001 und SOC2 Typ 2 – beides Zertifizierungen für Cybersicherheit und Datenschutz – weise man vor.

Roland Peetz, SVP von Volue Energy Software, fügt hinzu: „Indem wir unsere Stärken kombinieren, schaffen wir ein unübertroffenes Angebot, das den Anforderungen des sich schnell verändernden Stromhandelsmarktes gerecht wird.“

Aus dem Archiv: PowerBot-CEO Helmut Spindler im Studio

Der PowerBot-CEO und Mitgründer Helmut Spindler war zu Gast im brutkasten Studio.

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