10.08.2017

Wiener Techbold schließt 1,5 Mio Euro Finanzierungsrunde ab

Leo Willert und Andreas Rockenbauer komplettieren eine 1,5 Millionen Euro Series A-Finanzierungsrunde des Wiener Startups Techbold. Der Einstieg von startup300 und der Compass-Gruppe war bereits vergangenen Dezember kommuniziert worden.
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(c) Techbold: Founder Damian Izdebski

“Ich habe einmal reingeschnuppert und es ist sofort ein gigantischer Sog entstanden”, erzählt Andreas Rockenbauer im Gespräch mit dem Brutkasten. Der Geschäftsführer der Motopress GmbH und Herausgeber des Elektro- und Telekom-Magazins E&W komplettiert gemeinsam mit Leo Willert, Geschäftsführer der Arts Asset Management GmbH und Pionier der computerbasierten Trendfolge-Strategie, die Series A-Finanzierungsrunde des Wiener IT-Startups Techbold, das auf High-Performance-Computer-Systeme spezialisiert ist. Der Einstieg des Investorennetzwerks startup300 und der Compass-Gruppe war bereits vergangenen Dezember von Techbold kommuniziert worden. Insgesamt kamen nun 1,5 Millionen Euro Finanzierung zusammen.

+++ Live Stream: Damian Izdebski, der CEO von techbold +++

Kalteis, Altrichter und Hansmann als Business Angels im Hintergrund

“Das ist unsere erste echte Finanzierungsrunde”, sagt Damian Izdebski gegenüber dem Brutkasten. Der ehemalige DiTech-Founder hatte Techbold 2015 zusammen mit Fabian Zeeb gegründet. Später kam Ex-Samsung-Europa-Vertriebschef Gerald Reitmayr als COO und Gesellschafter dazu. Mit seiner Aussage stapelt Izdebski ein wenig tief: Bereits kurz nach der Gründung hatte er Stefan Kalteis, Michael Altrichter und Hansi Hansmann als Business Angels gewinnen können. Über eine Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Conda waren erst dieses Jahr rund 700.000 Euro hereingekommen. Nach der nun abgeschlossenen Runde halten die drei Gesellschafter noch 66,5 Prozent der Anteile. Dass man damit haarscharf unter der Zweidrittel-Mehrheit liegt, ist laut Izdebski reiner Zufall. “Wir haben vertraglich keine Klauseln, die eine Zweidrittel-Mehrheit erfordern”, erklärt er.

“Erwarte keine operativen Handlungen von ihnen”

Im Gegensatz zu den Business Angels, die fast von Beginn an dabei waren, allen voran Stefan Kalteis, treten die beiden neuen Teilhaber nach eigenen Angaben primär als reine Kapitalinvestoren auf. “Ich kann mir aber vorstellen, mich einzubringen”, sagt Rockenbauer. Jedenfalls werde er in einem ersten Schritt die Dienste von Techbold für sein Unternehmen nutzen. Izdebski erwartet sich von den beiden, die er als “nicht typische Investoren aus der Business-Angel-Szene” bezeichnet, dass sie, “wie jeder gute Investor”, als Sparring-Partner auftreten und nützliche Kontakte herstellen. “Ich erwarte aber keine operativen Handlungen von ihnen”, sagt er.

Redaktionstipps

Kombination aus konservativ und visionär

Im Gespräch mit dem Brutkasten sind sich beide neuen Investoren einig, dass sie vor allem von den handelnden Personen und den Visionen des Wiener Startups vom Investment überzeugt wurden. “Ich kenne Damian schon lange und bin absolut von seinen persönlichen und unternehmerischen Fähigkeiten überzeugt”, sagt Willert. COO Reitmayr würde Izdebski dabei perfekt ergänzen. Besonders pointiert drückt es Rockenbauer aus: “Die beiden sind ein geniales Team. Damian sprüht vor Ideen und Gerald schließt die Asphaltdecke, die Damian aufgerissen hat.” Diese Kombination schlage sich auch im Business-Modell nieder, sagt Willert: “Der konservative Teil des Geschäftsmodells als Dienstleister für KMU bringt stetiges Einkommen und wird perfekt von den visionären Projekten ergänzt.”

“Da sind Dinge in der Pipeline, auf die ich sehr setze.”

In fünf Jahren börsennotiert?

Was diese visionären Projekte sind, wollen Izdebski, Rockenbauer und Willert noch nicht verraten. Bekannt ist ja bereits ein Fokus auf den Virtual Reality-Bereich. Rockenbauer gibt sich jedenfalls sehr sicher: “Da sind Dinge in der Pipeline, auf die ich sehr setze.” Und in der Pharma-Branche habe er gelernt, “wichtig ist nicht welche Medikamente man jetzt anbietet, sondern welche man in der Pipeline hat.” Entsprechend optimistisch sind Rockenbauer und Willert bei der Frage, wo Techbold wohl in fünf Jahren stehen wird. “Ich gehe davon aus, dass Techbold einen signifikanten Marktanteil im IT-Dienstleistungsbereich haben wird. Und dass es ein börsennotiertes Unternehmen sein wird”, sagt Willert. Ob es in der Zeit übrigens noch weitere Finanzierungsrunden geben wird, lässt Izdebski offen: “Wir müssen uns jetzt auf die Arbeit konzentrieren. Die Auftragslage ist super. Man kann ja nicht die ganze Zeit nur Fundraising betreiben, man muss auch arbeiten.”

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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