11.03.2019

SteadySense: 6 Mio. Euro Kapital für Grazer Kinderwunsch-Startup

Das Grazer MedTech-Startup SteadySense geht mit temperaturbasierten Fruchtbarkeits-Mess-Patches auf den Markt. Im Hintergrund steht ein Millioneninvestment der Grazer eQventure.
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SteadySense: Werner Koele und Co-Founder Peter Gasteiner
(c) SteadySense: Werner Koele und Co-Founder Peter Gasteiner.

“Die Temperaturmethode zur Ermittlung des Zeitpunkts des Eisprungs wird zurecht kritisiert”, sagt Werner Koele, Gründer des Grazer Startups SteadySense, “denn wenn man nicht extrem genau ist, ist sie unsicher. Man muss etwa immer Millimeter-genau an der selben Stelle messen”. Dabei sei das Problem nicht die Wissenschaft dahinter. Beim Eisprung steigt die Körpertemperatur um 0,2°C bis 0,5°C – das wurde bereits Anfang 1928 wissenschaftlich nachgewiesen. “Die Herausforderung ist es, das zuverlässig zu erfassen”, sagt Koele.

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FemSense: NFC-Pflaster unter der Achsel

Genau das will er mit dem nun gelaunchten Produkt FemSense geschafft haben, das Paare – im ersten Schritt – bei der Erfüllung ihres Kinderwunschs unterstützen soll. Der FemSense-Patch ist ein Thermometer in Form eines Pflasters, der während des Zyklus für drei bis fünf Tage unter der Achsel angebracht wird. Koele, der zuvor bei Infineon tätig war, hat den Patch mit dem Unternehmen entwickelt. Via NFC kann man mit dem Smartphone die intern gespeicherten Temperaturdaten auslesen, die von einer App verarbeitet werden. “Unser Patch misst immer an der selben Stelle und vor allem misst es kontinuierlich, alle zwei Minuten. Die vielen Faktoren, die zu Temperaturschwankungen führen können, werden dadurch irrelevant. Der selbstlernende Algorithmus erkennt das Gesamtbild und wird mit der Zeit auch immer genauer.”, sagt Koele.

SteadySense: Der FemSense-Patch
(c) SteadySense: Der FemSense-Patch

Mentoren aus dem Science Park Graz als Gamechanger

Dass SteadySense sich des Themas Fruchtbarkeit annimmt, sei nicht von Beginn an klar gewesen, erzählt der Gründer. “Wir hatten es ursprünglich einfach als Thermometer konzipiert. Im Science Park Graz hatte ich dann unter anderem Michael Schenk als Mentor”. Der Gynäkologe habe den entscheidenden Input gegeben und wurde zum “wissenschaftlichen Gewissen” des Unternehmens, wie Koele es nennt. Ein weiterer Mentor im Science Park sorgte für das nötige Kapital: Herbert Gartner.

SteadySense: Erstes B2C-Investment von eQventure

Der Business Angel des Jahres 2017 investiert mit seinem “Investorenklub” eQventure insgesamt sechs Millionen Euro in das Grazer Startup. Es ist damit nicht nur das erste Investment in ein B2C-Startup durch eQventure. Es ist nach den zwei USound-Investments auch das dritthöchste bislang. Ein Teil des Geldes sei bereits geflossen, erzählt Koele. Insgesamt habe man bislang rund fünf Millionen Euro in Produktentwicklung und Unternehmensaufbau investiert.

Zulassung als Verhütungsprodukt als großes Ziel

Seitens des Investors baut man auf einen Usecase, der derzeit noch nicht abgebildet werden kann: Verhütung. “Ein Kinderwunsch-Produkt ist deutlich einfacher zuzulassen”, sagt der SteadySense-Gründer. Und eine entsprechende Medizinproduktzulassung für die EU liegt bereits vor. In den USA soll es bald soweit sein. “Um FemSense als Verhütungsprodukt zuzulassen, benötigen wir unter anderem eine wissenschaftliche Studie mit 100 Personen über ein Jahr”, sagt Koele. Die werde nun gestartet, ein Teil des Kapitals werde dafür genutzt. Weiteres Geld soll in Marketing-Maßnahmen und die geplante US-Expansion fließen. Zudem will man bald auch einen smarten Kinder-Fieberthermometer anbieten.

Mit besserer Usability in den 200 Mrd. Euro-Markt

Die Zahlen seien jedenfalls eindeutig. “Der Kinderwunsch-Markt hat ein globales Volumen von ca. zwei Milliarden Euro im Jahr. Im Verhütungsmarkt sind es rund 200 Milliarden Euro”, sagt Koele. Denn Kinder bekommen wollen Paare im Durchschnitt ein bis drei Mal im Leben. “Verhüten wollen sie in jedem anderen Monat”. Gegenüber der Konkurrenz, die ebenfalls hormonfreie Methoden anbietet, will man sich neben Verlässlichkeit auch durch Usability absetzen. “Es gibt durchaus zuverlässige Produkte. Die sind aber etwa über die Nacht, oder über mehrere Tage hinweg in der Vagina anzubringen. Ich kann natürlich nicht für Frauen sprechen, bekomme aber die Rückmeldung, dass wir mit dem Patch in der Achsel eine angenehmere Alternative bieten”, sagt Koele.

Preis soll drastisch reduziert werden

Rund 150 Euro zahlen Kundinnen im Moment für sechs Patches, also ein halbes Jahr Kinderwunsch-Monitoring. “Länger sollte man typischerweise nicht brauchen”, sagt Koele. Sobald die Zulassung als Verhütungsprodukt steht, soll der Preis deutlich reduziert werden. “Verhütung muss billiger sein. In dem Bereich ist das Produkt für den Preis unverkäuflich”, räumt der Gründer ein.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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