20.11.2018

Esports in fünf Jahren: Zweistellige Wachstumsraten bleiben

Mit 21,7 Prozent wird die jährliche Wachstumsrate weltweit in den nächsten fünf Jahren im Esports von PricewaterhouseCoopers eingeschätzt. Marktforscher Newzoo sagt für 2020 ein weltweites Publikum von knapp 600 Mio. Zuschauern voraus. Esports in fünf Jahren? Der wahrscheinlich wichtigste (Sport-)Markt der Welt.
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Esports
(c) Red Bull Contentpool.

2017/2018 hat sich einiges im heimischen Esports-Markt getan. Mobilfunker A1 gründet eine eigene Liga, die Bundesliga grätscht sich mit der eBundesliga in den umkämpften Markt und Events wie das Electronic Sports Festival oder das Red Bull pLANet one zeigen auf, die LAN wieder zu einer richtigen Party zu machen. Ambitioniert, aber natürlich insgesamt viel zu wenig, sieht man sich den Markt im Ausland an, wo das Thema schon seit Jahren neue Strukturen und Wirtschaftszweige schafft.

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Die Evolution in fünf Sätzen

Eine lange Geschichtsstunde soll an dieser Stelle auf keinen Fall erzählt werden. Nur die Eckpunkte. 1980 treten rund 10.000 Spieler erstmals in einem Computerspiel (Space Invaders) in Form eines Turniers gegeneinander an. Anfang der 1990er boomen lokale Netzwerke und Spieler duellieren sich auf Privatpartys oder öffentlich in Spielen wie Doom. Ein paar Jahre später etabliert sich Breitband-Internet und Spieler bekommen die Möglichkeit die ganze Welt in diversen Games zu fordern.

Während im Rest der Welt das Meiste davon unter dem Radar großer Firmen läuft, wird das Phänomen Esports in Südkorea zu einer nationalen Euphorie. Spieler werden zu Superstars, bekommen Sponsoring-Verträge und Turniere vor zehntausenden Live-Zuschauern werden im Fernsehen übertragen. Die USA zieht langsam nach, Firmen wie Dr. Pepper werben auf Plakaten mit professionellen Computerspielern. Im Jahr 2000 wird in Deutschland die ESL gegründet – heute eine der stärksten Kräfte in Sachen Esports-Turnierorganisation und ein nachhaltiges Unternehmen.

Sprung in die Gegenwart

Mehrere Millionen Zuschauer bei großen Turnieren und ebenso hohe Preisgelder haben viele Firmen in den letzten Jahren auf Esports aufmerksam gemacht. Mittlerweile liest man täglich von neuen Engagements. Teams in der Formel 1 und in der MotoGP haben zuletzt Computerspiel-Fahrer angeworben, die ab jetzt unter ihrer Flagge fahren – in digitalen Rennen. Sportvereine aus allen Ligen der Welt (Basketball, Football, Fußball) sichern sich schon seit Jahren bestehende Esports-Vereine/Clans, die nun unter neuer Flagge in Spielen wie League of Legends oder Overwatch für sie antreten.

Berichtet wird über all das mittlerweile in bekannten Medien wie kicker.de, sport1.de oder in Österreich in Games-Sektionen einzelner Tageszeitungen oder einschlägiger Esports-Medien wie redbull.com oder esports.at. Sky überträgt in Deutschland mittlerweile große Turniere, die Washington Post startet im Juli 2018 ihren ersten Twitch-Kanal. Twitch?

Twitch wird 2014 um 970 Millionen US-Dollar von Amazon gekauft. Zu diesem Zeitpunkt hat der Internet-Sender, der nur Jugendliche beim Spielen von Computergames zeigt, rund 100 Millionen Zuschauer im Monat. Heute sind es rund 15 Millionen aktive User pro Tag und über zwei Millionen Streamer – also Content-Creator. Popularität: steigend.

Esports: der wirtschaftliche Faktor

2016 stiegen die Umsätze auf weltweit 300 Millionen Euro, was einem Plus von 27,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr (236 Mio. Euro) entsprach. Auf Basis eigener Analysen rechnet PricewaterhouseCoopers für die nächsten fünf Jahre mit einem weiteren jährlichen Wachstum von durchschnittlich 21,7 Prozent. Damit käme der globale Esports-Markt bis 2021 auf einen weltweiten Gesamtumsatz von rund 790 Millionen Euro.

Dabei werden der Prognose zufolge 2021 allein 353 Millionen Euro bzw. 44,7 Prozent des Gesamtumsatzes auf Werbeerlöse entfallen, die über Streamingplattformen generiert werden. Dies entspricht für den Zeitraum 2016 bis 2021 einem jährlichen Zuwachs von durchschnittlich 31,9 Prozent. An zweiter Stelle folgen mit 236 Millionen Euro bzw. 29,9 Prozent des Gesamtumsatzes die Einnahmen aus dem Sponsoring.

Das Business boomt, doch an Regularien fehlt es meist noch. In welchem Umfang sind welche Einkünfte (z.B. Prämien) im Ausland entstanden? Welches Land hat das Besteuerungsrecht? Bei den steigenden Umsätzen ein wachsendes Problem. Der globale Markt Esports überfordert in vielerlei Hinsicht. Doch immer mehr Verbände formieren sich, um hier Regeln aufzustellen. Neben zahlreichen nationalen und internationalen Verbänden gibt es in Deutschland seit 2016 den eSport Verband Deutschland (eSVD) und in Österreich den eSport Verband Österreich (ESVÖ). Hier können sich Interessierte bzw. „Betroffene“ mit Fragen an die zuständigen Stellen wenden.

Sprung in die Zukunft

Nun wurde viel über Dinge gesprochen, die schon passiert sind, aber eigentlich geht es ja um den Blick in die Zukunft. Nun, in erster Linie wird Esports in fünf Jahren noch präsenter sein als heute – auch in Österreich. Die attraktive, junge Zielgruppe wird von Sportvereinen und Autoherstellern umworben, denn sie sind der Stadtionbesucher bzw. Käufer von morgen und oft schon von heute. Das Wetten auf Turniere ist dank innovativer Startups, etwa dem Wiener Unternehmen HERO, bereits heute möglich. In fünf Jahren werden auch in den Wettbüros nicht nur Pferderennen und Fußballspiele übertragen, sondern mindestens gleichwertig Counterstrike und FIFA.

Ausbildungen zum bzw. Stipendien für Profi-Spieler gibt es bereits in Asien und den USA. In Deutschland startet im Sommer 2018 der erste Esports-Studiengang auf der Hochschule für angewandtes Management in Ismaning. Bald wird es Akademien geben, die für die Fitness von Pro-Gamern und einem hochwertigen Nachwuchs sorgen. Esports als eine weitere Sportart, die für Jugendliche zum Beruf werden kann. Alles kein Wunschdenken, sondern Realität. Zudem wird Esports endgültig als Sportart anerkannt und bereits 2022 werden bei den Asian Games Medaillen in FIFA, StarCraft und anderen Spielen vergeben.

Die Breitenwirksamkeit ist nicht aufzuhalten. Bereits 2017 sagen in einer in Deutschland durchgeführten Studie über 20 Prozent der Befragten, dass sie sich Esports-Spiele auf Twitch.tv ansehen. Über 34 Prozent sagen, dass sie zwar noch nicht zuschauen, es sich aber vorstellen können. Das Potenzial für Übertragungen großer Turniere – und davon wird es jedes Jahr mehr geben – wächst unaufhörlich. Auch, weil knapp 40 Prozent der Befragten sagen, sie würden für diese Übertragungen auch Geld zahlen. Ein noch kaum geöffnetes Fass im Bereich Esports.

Gefahren und Möglichkeiten

Bei all der Vielseitigkeit des Marktes sollte man eines nicht aus den Augen verlieren: Esports wächst mit hohen und attraktiven Zuwachsraten, aber es wird keine „Explosion“ mehr geben. Der Markt ist etabliert – der größte Fehler ist mit falschen Erwartungen zu investieren. Die Angst, Esports könnte wieder verschwinden, ist unbegründet. Auch in Österreich muss weiter investiert werden, sagt auch Stefan Baloh, Präsident des eSport Verbandes Österreich (ESVÖ): „Wir freuen uns, wenn der Esports in Österreich in eine stabile Wachstumsphase übergeht. Kurzfristige Hypes stärken zwar die Awareness, aber am Ende muss es nachhaltige Strukturen geben auf welche alle Stakeholder zurückgreifen können.“ Diese nachhaltigen Strukturen müssen heute geschaffen werden, um diese Nachhaltigkeit auch in Österreich zu gewährleisten. Abwarten sollte man sich nicht mehr leisten, wenn man den Schritt in die Zukunft gehen will.

Gut, dass bereits Firmen wie willhaben oder A1 an diese Zukunft glauben, bestätigt auch Irina Kuntze, Projektleitung A1 eSports League Austria: „In den letzten Monaten hat Esports in Österreich einen großen Aufschwung erlebt: Ligen sind entstanden, Teams haben sich neu formiert, immer mehr Sponsoren und Partner sind eingestiegen und auch Veranstaltungen haben das Thema in den Mittelpunkt gerückt. Wenn es jetzt Community, Unternehmen und Fans gemeinsam schaffen diesen Schwung mitzunehmen, dann wird uns das Thema langfristig im digitalen Zeitalter begleiten.”

Dieser Beitrag erschien in gedruckter Form im brutkasten Magazin #7 “Die Welt in 5 Jahren”.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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