10.10.2023

Jan Pöltner von 1000things: Wann unbegrenzter Urlaub im Unternehmen funktioniert

4.000 Tage Arbeit im Leben sind zu viel und mehr Urlaub wäre nicht schlecht? Als New Work Maßnahme setzt Jan Pöltner von 1000things unbegrenzten Urlaub um - und erklärt, wann das funktionieren kann.
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Jan Pöltner, Gründer und CEO von 1000things (c) 1000things / Lena Müllner

Auf’s Leben gerechnet arbeiten wir genauso lange, wie wir uns mit Haushalt, Essen und Trinken beschäftigen. Also rund 4.000 Tage und 16 Prozent unserer Lebenszeit. Klingt per se nicht viel, dennoch kommen Urlaub und Freizeit manchmal zu kurz.

Nicht unbedingt bei 1000things-Gründer Jan Pöltner. Der CEO und sein Team urlauben unbegrenzt. Zwar nicht unbedingt häufiger, aber unter Umständen selbstverständlicher als der oder die Otto-Normal-Urlauber:in. Wie das geht? Jan Pöltner hat dem brutkasten mehr erzählt.

CEO mit Freiheitsliebe

“Ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch, sowohl was Arbeit, als auch meinen Lebensstil betrifft.” Pöltner hat das heutige Medienhaus 1000things als Facebook-Gruppe gestartet und 2017 in eine GmbH umgewandelt. “Nach unserer White-Page-Gründung, als ich das Ganze professionalisieren wollte, dachte ich mir: Wie kann ich dieses Freiheitskonzept in ein skalierbares Geschäftsmodell integrieren?”

Geschäftsmodell bei 1000things: Freizeit!

“Bei 1000things haben wir die schönste Aufgabe überhaupt, nämlich Menschen für Freizeit zu inspirieren. Freizeit ist die wertvollste Zeit, die wir haben. Und diesen Purpose setzen wir in unseren Arbeitsstrukturen um”, erklärt Pöltner.

Die österreichische Medienbranche bietet jedoch durchaus schwierige Voraussetzungen für freiheitsliebende Geschäftsmodelle. New-Work-Konzepte, wie jenes von 1000things, könnten aber als Wettbewerbsvorteil für Jungunternehmen dienen:

#1 Sinn + Wertschätzung = New Work

“Bei New Work gibt es kein allgemeingültiges Regelwerk, es geht lediglich um die Kombination von Sinn und Wertschätzung. Wertschätzung bedeutet für mich nicht nur Danke zu sagen, sondern auch auf die Bedürfnisse meines Teams einzugehen. Das betrifft Dinge wie unser unbegrenztes Urlaubsmodell, flexibles Arbeiten, der verrufene Obstkorb in der Küche oder unsere Office-Terrasse”, erzählt Pöltner. “Darunter steht die Vision, auf die wir hinarbeiten, nämlich das größte Medienhaus für Freizeit im DACH-Raum zu werden.”

#2 Fokus statt Stunden sammeln

Neben Sinn, Wertschätzung und Vision steht noch eine Gleichung dick markiert im Formelheft des Unternehmers: Mehr Arbeitszeit ≠ mehr Erfolg. Ziele gehören fokussiert und Arbeitsprozesse strukturiert, so der Gründer: “Wenn du den Fokus hast und effizienter und produktiver in deiner Arbeitszeit wirst, dann gelingt organisches Wachstum trotz weniger Arbeitszeit.” Mit diesem Konzept liegt 1000things mittlerweile bei 37 Wochenstunden, mit Neujahr werde man die Wochenarbeitszeit um eine Stunde verringern, heißt es.

#3 Team Trips planen und tatsächlich machen

Gemeinsame Trips verbinden das Team menschlich und beruflich, lockern stressige Alltagsroutinen und helfen dabei, sich der gemeinsamen Vision bewusst zu werden, erzählt Pöltner vom letzten 1000things-Trip nach Kroatien. Was auf Team Trips passiert, bleibt aber nicht zwingend dort: “Wir machen Workshops, stärken unseren Teamspirit und setzen das Gelernte und Gewünschte, also unsere low hanging fruits, zuhause dann asap um.”

#4 Anonyme, digitale Postkästen betreiben

Ein weiteres Tool, mit dem das Medienhaus die gewünschten low hanging fruits erntet, sind anonyme Mitarbeiterumfragen: “Einfach zehn kurze Fragen mit anonymen Antwortmöglichkeiten und zack, ich kenn mich besser aus und weiß, wo mein Team steht.” Ab 2024 soll es zudem ein Netzwerk an Vertrauenspersonen und digitale Postkästen für anonyme Anliegen geben.

#5 Townhall Meetings veranstalten

“In unseren monatlichen Townhall Meetings informieren sich unsere Teams gegenseitig über die Entwicklungen und Projekte der letzten Zeit, mit allen Ups und Downs”, erzählt Pöltner. Dazu zählt das gemeinsame Feedback-Geben, Evaluieren und Verbessern: “Ein Mitarbeiter von uns war beispielsweise sechs Wochen in Japan, davon drei Wochen auf Workation. Er hat uns von seinen Learnings erzählt und damit gezeigt, dass unser Business- und Urlaubsmodell funktioniert.”

#6 Unbegrenzten Urlaub durchsetzen

Ein Knackpunkt im Businessmodell des Medienhauses: der unbegrenzte Urlaub. “Es ist verdammt harte Arbeit, das hinzubekommen – und vor allem gut hinzubekommen”, erzählt Pöltner dem brutkasten. Wenn in Unternehmen eher wenig Urlaub genommen wird, könne die Umsetzung schwierig werden. Hier kommen Vorbildfunktionen ins Spiel: “Wie ich das Konzept vorlebe, nicht nur als Geschäftsführer, sondern auch als Lead und im Team intern, wie ich von meinen Urlauben berichte und wie ich mir Urlaub nehme, das beeinflusst das Urlaubsverhalten im Unternehmen enorm.”

Aus Erfahrungswerten erweist sich das Team-Urlaubsverhalten mittlerweile als modellkonform: Durchschnittlich nehme sich jede:r Mitarbeitende rund sechs Wochen Urlaub. “Ich bin Geschäftsführer und Team Lead und ich liebe Urlaub”, sagt Pöltner. “Wichtig ist, dass man diesen Lifestyle als Führungskraft vorlebt.” Eine sechste Urlaubswoche sollte auch in der österreichischen Medienbranche eingeführt werden, meint der Gründer. “Da sind wir im internationalen Vergleich hinten nach.”

Am Ende zählt nicht der Exit

Erst kürzlich tätigte das Medienhaus einen Geschäftsführerwechsel (brutkasten berichtete). Trotz organischem Wachstum lebt Pöltner vor, wie wichtig Flexibilität und Freiheiten sind. “Es gibt Startups, die sagen: Ich will den Exit und ich will Millionen. Das ist eine Philosophie, die ich nicht unterstützen kann.”

Neben unbegrenztem Urlaub oder dem Kickertisch auf der Office-Terrasse weiß Pöltner, warum er sich für seine Tätigkeit entschieden hat: “Wir arbeiten bis zu 4.000 volle Tage in unserem Leben, das sind 16 Prozent unserer Lebenszeit. Die müssen wir lebenswert gestalten. Am Ende geht es nicht um den Exit, es geht um das organische Wachstum mit Hirn und Herz sowie um Sinn und Wertschätzung in unserer täglichen Arbeit.”


Welche New-Work-Maßnahmen setzt ihr in eurem Unternehmen um und was bedeutet New Work für euch? Schreibt uns auf [email protected].

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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